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Jasika

Bewertungen

Insgesamt 719 Bewertungen
Bewertung vom 26.09.2025
Strauss, Annika

Nachtfahrt


gut

Katharina kehrt nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters zurück in ihre Heimat. Neben der Fahrschule des Vaters liegt nun auch die Verantwortung für ihre Nichte Ronja auf ihren Schultern. Doch als Ronja verschwindet, wird aus Trauer und Pflichtgefühl eine dramatische Suche nach der Wahrheit. Der Einstieg ist spannend, die Bedrohung greifbar, und genau das hat mich sofort an die Seiten gefesselt.

Im weiteren Verlauf verstrickt sich die Handlung allerdings in immer mehr Richtungen. Statt die Spannung zu bündeln, häufen sich Handlungsstränge, die für mich eher verwirrend wirkten. Manche Figuren traten auf und verschwanden wieder, ohne wirklich greifbar zu werden. Auch Katharina selbst blieb emotional auf Distanz, was es schwer machte, mit ihr mitzufühlen. Dramatische Ereignisse wie Leichenfunde hatten dadurch wenig Gewicht, weil sie kaum ausgearbeitet wurden.

Das große Finale bringt zwar Action und Tempo, wirkte auf mich aber chaotisch und überladen. An manchen Stellen fragte ich mich eher, wie plausibel die Abläufe überhaupt noch sind, statt in der Geschichte aufzugehen. Die Grundidee fand ich stark, doch die Umsetzung konnte diese Spannung nicht bis zum Ende tragen.



Fazit:

Ein Thriller mit vielversprechendem Anfang und einer interessanten Ausgangssituation, der sich jedoch in zu vielen Handlungssträngen verliert. Spannung ist vorhanden, doch sie zerfasert nach und nach. Für mich bleibt ein zwiespältiger Eindruck – lesbar, aber nicht ganz überzeugend.

Bewertung vom 26.09.2025
Suchanek, Andreas

Das vergessene Museum (eBook, ePUB)


sehr gut

Liam, 27 Jahre alt und eigentlich Fahrradkurier, stolpert durch einen Überfall in ein völlig neues Leben: Er wird zum Siegelwahrer eines geheimnisvollen Museums und steht plötzlich mitten in einer Welt aus Artefakten, Magie und Gefahren. Unterstützt von seinem Freund Harry und dem Geist des verstorbenen Kurators Bradford stürzt er sich in ein Abenteuer, das von der ersten Seite an rasant erzählt wird.

Besonders gefallen haben mir die lebendigen Dialoge, der humorvolle Ton und die originellen Ideen rund um das Museum. Andreas Suchanek schreibt locker, lässt jede Figur ihre eigene Stimme haben und verankert die Magie glaubwürdig im Alltag. So entstehen spannende Kontraste zwischen normalem Leben und fantastischen Bedrohungen.

Allerdings ist die Handlung nicht immer leicht zu verfolgen. Durch die temporeichen Szenen und einige Zeitsprünge wirkt der Showdown stellenweise verwirrend. Auch sollte man wissen: Das Buch ist als Reihe angelegt, vieles bleibt bewusst offen und endet in einem Cliffhanger.

Trotz des jugendlichen Covers richtet sich die Geschichte klar an erwachsene Fantasyfans. Mit einem 27-jährigen Protagonisten und einem komplexen Weltenbau ist es eher nichts für jüngere Leser, die schnell den Überblick verlieren könnten. Eine Altersempfehlung ab etwa 16 Jahren wäre hier sinnvoll.



Fazit:

Actionreich, witzig und voller Ideen, mit kleinen Schwächen in der Übersichtlichkeit. Ein starker Auftakt für Fantasyfans, die Lust auf eine neue Reihe haben.

Bewertung vom 21.09.2025
Braun, Anastasia

Fay Melody - Die magische Musikakademie


ausgezeichnet

Fay Melody lebt in einer Welt, in der Musik nicht nur Freude bereitet, sondern auch Schmerz und Chaos bringen kann. Jeder Ton, der ungeschützt in ihre Ohren dringt, wirft sie aus der Bahn, sodass sie Partys meidet, die Schule als Außenseiterin erlebt und das Leben hinter einem Gehörschutz verbringt. Dann, an ihrem 13. Geburtstag, zieht eine geheimnisvolle Melodie sie in ein Café in New Orleans und öffnet ihr den Zugang zur Musikakademie Clef Hall – ein Ort voller Zauber, Geheimnisse und musikalischer Magie, der ihr Leben von Grund auf verändert.

Was sofort fasziniert, ist die Welt, die Anastasia Braun hier erschafft. Clef Hall ist ein fantastisches Setting, lebendig, geheimnisvoll und überraschend kreativ. Vom ersten Moment an spürt man die Energie der Musik, die hier nicht nur Klang, sondern Macht, Ausdruck und Verbindung ist. Fay, die der Musik zunächst skeptisch gegenübersteht, lernt nach und nach, sie nicht nur zu ertragen, sondern ihre Kraft zu spüren und zu verstehen. Diese Entwicklung macht sie nahbar und authentisch.

Die Charaktere sind ebenso facettenreich wie die Welt, in der sie leben. Fay ist verletzlich, aber neugierig; sie zweifelt, stolpert und wächst dabei über sich hinaus. Unterstützt wird sie von Jazz, einer jungen Musikmagierin, die sie akzeptiert und begleitet. Die Freundschaft der beiden ist eines der vielen Highlights der Geschichte und bringt Wärme und Humor in die Erzählung. Dazu kommen originelle Ideen wie die Wolkenbetten und kleine Wortspiele, die das Lesen zu einem besonderen Vergnügen machen.

Die Handlung hält ein ausgewogenes Spannungsniveau. Geheimnisse ziehen sich durch die Geschichte, Wendungen überraschen, selbst wenn man sie erahnt, und Gefahren schwelen im Hintergrund.

Am Ende bleibt das Gefühl, dass man gerade erst begonnen hat, Clef Hall zu entdecken. Der Cliffhanger weckt Neugier und die Lust auf eine Fortsetzung.



Fazit:

"Fay Melody – Die magische Musikakademie" ist ein fantasievoller, atmosphärischer und lebendig erzählter Auftakt, der Musik, Magie und Freundschaft auf wunderbare Weise miteinander verbindet. Ein Buch, das lange nachklingt und Lust auf mehr macht.

Bewertung vom 02.09.2025
Onhwa, Lee

Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei


ausgezeichnet

Manche Geschichten entfalten ihre Wirkung leise – und hinterlassen genau deshalb einen bleibenden Eindruck. "Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei" von Lee Onhwa ist ein solches Buch: einfühlsam erzählt, voller Wärme und trotz des Themas Tod überraschend leicht. Ein Roman, der Trost spendet und Hoffnung schenkt.

Im Zentrum steht Yeonhwa, die das Hwawoldang ihrer Großmutter übernimmt – eine Konditorei, die nur zwischen 22 Uhr und Mitternacht geöffnet ist. Bald erkennt sie, dass dieser Ort weit mehr ist als ein Geschäft: Er bildet eine Brücke zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Die Gäste, die hier erscheinen, sind Verstorbene. Sie zeigen Yeonhwa in eindringlichen Bildern ihre Lebensgeschichte – Momente von Glück, verpasste Chancen, unerfüllte Wünsche. Dabei offenbart sich stets ein Gericht, das für sie von besonderer Bedeutung ist.

Diese Köstlichkeiten sind nicht nur kulinarische Erinnerungen, sondern tragen spirituelle Energie in sich. Wenn Yeonhwa sie backt und sorgfältig verpackt, gelangen sie zu den Hinterbliebenen – als Geschenk, als Botschaft, als Zeichen, dass die Verbindung nicht abgerissen ist. Für die Lebenden bedeutet das Trost, für die Toten eröffnet es den Weg zur Wiedergeburt. Eine Vorstellung, die nicht schwer, sondern zutiefst tröstlich wirkt.

Der Roman erzählt vier solcher Schicksale, jedes einzigartig und berührend. Alle Figuren, die das Hwawoldang betreten, finden am Ende Frieden mit ihrem Schicksal. Sie verabschieden sich nicht im Schmerz, sondern in Dankbarkeit und mit dem Gefühl, das Wichtigste noch gesagt zu haben. So sind es nicht dramatische Wendungen, sondern stille, tiefe Momente, die die Geschichte prägen.

Besonders eindrucksvoll ist, wie Lee Onhwa Kulinarik und Spiritualität miteinander verwebt. Koreanische Süßspeisen und Backwaren werden detailliert beschrieben und zugleich symbolisch aufgeladen – als Träger von Erinnerung, als Schlüssel für Trost und Neubeginn. „Das Hwawoldang bildete eine Brücke zwischen den Lebenden und den Toten, und ich war dankbar für all die neuen Verbindungen, die ich an diesem Ort hatte knüpfen können“ – dieser Satz fasst die Essenz des Romans in wenigen Worten zusammen.

Trotz der Schwere des Themas bleibt die Erzählung leicht und hoffnungsvoll. Die klare, atmosphärisch dichte Sprache verleiht der Geschichte Zartheit, ohne an Kraft zu verlieren. Am Ende fügt sich alles harmonisch zusammen: Yeonhwas eigene Entwicklung, die Schicksale der Gäste und die Magie des Hwawoldang ergeben ein stimmiges, tröstliches Gesamtbild.


Fazit:

"Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei" ist ein kleines Juwel am Bücherhimmel – sanft, poetisch und voller Hoffnung. Der Roman zeigt, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern dass Verbindung, Trost und sogar Neubeginn möglich sind. Ein leises, aber tief bewegendes Buch, das noch lange nachklingt.

Bewertung vom 01.09.2025
Verley, Vivien

Das Geheimnis von Port Mint / Thea Magica Bd.1


ausgezeichnet

Als meine zehnjährige Tochter das Buch zum ersten Mal in die Hand nahm, fielen ihr sofort das Cover und der wunderschöne Farbschnitt ins Auge – doch schon nach wenigen Seiten wird klar, dass die wahre Magie zwischen den Buchdeckeln wartet.

Bereits der Einstieg entführt in eine Welt, die zugleich geheimnisvoll und erstaunlich alltagsnah wirkt. Die Idee, dass besondere Kräfte erst durch den speziellen Tee Thea Magica freigesetzt werden, ist originell und macht sofort neugierig. Für Robin, die gerade an ihrer neuen Schule angekommen ist, bedeutet dieser Moment jedoch vor allem Stress. Sie fühlt sich fehl am Platz, muss sich in der ungewohnten Umgebung behaupten und gleichzeitig ihre verborgene Gabe geheim halten.

Die Schilderung der Prüfung, bei der ihre Kraft erstmals sichtbar wird, ist packend und erzeugt dichte Spannung. Robins Ich-Perspektive lässt ihre Nervosität, ihren Widerwillen und das Gefühl, bewertet zu werden, sehr lebendig spürbar werden. Als sie schließlich nicht nur die Gedanken einer einzelnen Person, sondern die des gesamten Publikums wahrnimmt, kippt die Szene ins Hochspannende – und wirft sofort Fragen auf: Warum darf niemand von dieser Fähigkeit erfahren? Und warum ist sie so gefährlich?

Unterstützt wird Robin von Mailin, die sich unsichtbar machen kann, und Cornelius. Gemeinsam bilden sie ein Team, das Abenteuerlust, Mut und Zusammenhalt verkörpert. Gleichzeitig bleibt die Bedrohung durch einen Gegenspieler im Hintergrund spürbar, wodurch die Handlung permanent unter Spannung steht. Magie, Geheimnisse, Freundschaft und ein drohender Konflikt verbinden sich hier zu einer fesselnden Mischung, die junge Leserinnen und Leser sofort in ihren Bann zieht.

Vivien Verleys Schreibstil ist lebendig, bildhaft und temporeich. Port Mint wirkt wie ein Ort voller Geheimnisse, hinter dessen scheinbar alltäglichen Fassaden sich Gefahren und Rätsel verbergen. Die Balance aus Spannung, Humor und kleinen Details macht das Lesen besonders reizvoll – man spürt die Magie und die ständige Unsicherheit, die über Robin schwebt.



Fazit:


"Thea Magica – Das Geheimnis von Port Mint" ist ein aufregender Auftakt voller Rätsel, Abenteuer und Freundschaft. Die Geschichte lässt kaum Zeit zum Luftholen und macht neugierig auf den nächsten Band, der die Geheimnisse von Port Mint weiter enthüllen wird.

Bewertung vom 31.08.2025
Yarros, Rebecca

Alles, was ich geben kann - The Last Letter


sehr gut

Ein einziger Brief kann ein Leben verändern – dieser Gedanke zieht sich wie ein leiser Unterton durch Rebecca Yarros’ Roman Alles, was ich geben kann – The Last Letter. Zwischen Hoffnungen, Verlusten und unausgesprochenen Wahrheiten entfaltet sich eine Geschichte, die den Leser mitten ins Herz trifft.

Ella ist eine junge Frau, die mit der Verantwortung für ihre Zwillinge und den Schicksalsschlägen ihres Lebens kämpft. Ihre einzige Konstante ist zunächst die Brieffreundschaft mit einem anonymen Soldaten, der sich „Chaos“ nennt. In seinen Worten findet sie Halt, Nähe und einen Funken Hoffnung. Als jedoch die Briefe ausbleiben, glaubt sie, auch diese Stütze verloren zu haben. Dass Beckett, der stille Soldat aus Ryans Einheit, hinter „Chaos“ steckt, bleibt ihr verborgen – und genau in diesem Geheimnis liegt die große Spannung der Handlung.

Besonders eindrücklich ist die Erzählweise. Die Autorin kombiniert klassische Kapitel mit eingestreuten Briefen, die nie ganz chronologisch sind. Dieses Stilmittel sorgt dafür, dass sich die Vergangenheit von Ella und Beckett nach und nach wie ein Puzzle zusammensetzt. Man erfährt nicht alles auf einmal, sondern wird behutsam durch Andeutungen und Rückblicke an die tieferen Gefühle der Figuren herangeführt.

Beckett ist eine Figur, die durch seine Zerrissenheit und seine tiefe Loyalität fasziniert. Aufgewachsen ohne feste Familie, sucht er seinen Platz in der Welt und findet ihn ausgerechnet bei Ella und ihren Kindern. Seine Fürsorge für die Zwillinge ist einer der bewegendsten Aspekte des Romans – sie macht ihn greifbar und liebenswert, jenseits des harten Soldatenlebens. Ella hingegen steht für Stärke und Verletzlichkeit zugleich. Ihre Abneigung gegen Lügen kollidiert unausweichlich mit Becketts Geheimnis, und dieser innere Konflikt treibt die Geschichte voran.

So sehr mich die zarte Annäherung zwischen Ella und Beckett berührt hat, so schwer empfand ich die Häufung dramatischer Schicksalsschläge. Immer wieder wurde die Handlung durch tiefgreifende Tragödien erschüttert, sodass meine anfängliche Erwartung an eine hoffnungsvolle Liebesgeschichte zunehmend überschattet wurde. Gerade am Ende wog für mich die Härte der Ereignisse schwerer als die romantischen und zarten Momente.

Die Sprache bleibt dabei eindringlich und emotional, manchmal fast poetisch – besonders in den Briefpassagen, die kleine literarische Inseln im Strom des Dramas bilden. Und doch konnte die Intensität der Sprache nicht immer das Gefühl ausgleichen, dass mir die Lektüre stellenweise zu bedrückend wurde.


Fazit:

"Alles, was ich geben kann – The Last Letter" ist ein Roman, der mit voller Wucht ans Herz geht. Für mich war die Fülle an schweren Themen allerdings zu viel, sodass die Lesefreude getrübt wurde. Wer eine Geschichte sucht, die gleichermaßen Liebe, Schmerz und tiefe Verzweiflung auslotet, wird hier fündig – ich selbst hätte mir an manchen Stellen etwas mehr Leichtigkeit gewünscht.
3,5 Sterne.

Bewertung vom 29.08.2025
Clarke, Lucy

The Surf House


weniger gut

Die Ausgangssituation klingt vielversprechend: Bea, die vor ihrem Leben als Model flieht, wird in den Straßen von Marrakesch überfallen, verliert Geld und Pass und entgeht nur knapp einer Vergewaltigung. Gerettet von Marnie findet sie schließlich Unterschlupf in einem Surfhotel an der marokkanischen Küste. Dort entfaltet Lucy Clarke eine paradiesische Kulisse – das Meer, die Wellen, die farbigen Sonnenuntergänge –, die sehr bildhaft beschrieben wird und zweifellos zu den Stärken des Romans zählt.



Doch genau an diesem Punkt hört die Begeisterung auf. Was als Thriller beworben wird, entpuppt sich schnell als vorhersehbare Geschichte ohne echten Nervenkitzel. Von Spannung, Gänsehaut oder schlaflosen Nächten kann hier keine Rede sein. Bereits nach wenigen Kapiteln ist offensichtlich, in welche Richtung sich die Handlung bewegt, und am Ende bestätigt sich genau das. Überraschende Wendungen? Fehlanzeige.



Das macht die Lektüre leider zu einer Enttäuschung. So stimmungsvoll die Surfkulisse auch geschildert ist, so schwach bleibt die eigentliche Handlung. Ein Thriller lebt von Tempo, Unvorhersehbarkeit und psychologischer Dichte – all das fehlt hier. Für mich waren das zu wenig Spannung und zu viel Oberflächlichkeit, um das Buch überzeugend zu finden.



Fazit:

Lucy Clarke gelingt es, das Flair der marokkanischen Küste intensiv einzufangen. Wer aber einen packenden Thriller erwartet, wird kaum auf seine Kosten kommen. Für mich überwogen die Längen und die Vorhersehbarkeit – atmosphärisch schön, inhaltlich schwach.

Bewertung vom 28.08.2025
Kabus, Christine

Das Polarlichtcafé


gut

Norwegen ist auch für mich ein ganz besonderes Land, eines, das mich immer wieder in seinen Bann zieht. Auch wenn ich selbst noch nicht so weit in den Norden vorgedrungen bin wie Jule in diesem Roman, konnte ich mich sofort in die Beschreibungen der Fjorde, Küsten und kleinen Inseln hineinversetzen. Besonders schön fand ich die atmosphärischen Details, die Reise auf der Hurtigruten, das Café auf Fyrøya oder kleine kulinarische Einblicke wie Skoleboller und Brunost, die ein Stück norwegische Lebensart vermitteln.



Die Handlung dagegen konnte mit dieser Kulisse für mich nicht mithalten. Von Beginn an war klar, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln würde. Das tragische Geheimnis, das mit Jannas Begegnung verbunden ist, zeichnete sich schnell ab, sodass kaum Spannung aufkam. Ein Roman, der eigentlich von Enthüllungen und Überraschungen leben könnte, verlor dadurch früh an Reiz und wurde für mich zunehmend vorhersehbar.



Auch die Figuren blieben etwas blass. Jule wirkte oft wie eine Beobachterin, die ihre Reise dokumentiert, anstatt sie wirklich zu durchleben. Janna erschien zwar sympathischer, doch auch ihre Geschichte konnte mich nicht so fesseln, wie ich es mir gewünscht hätte. Die eingeflochtenen Liebesgeschichten fühlten sich eher oberflächlich an, eher schmückendes Beiwerk als echte emotionale Entwicklung.



Dazu kam eine Vielzahl an Themen, die Kabus in den Roman einbaut: DDR-Vergangenheit einschließlich Stasi,deutsch-norwegische Beziehungen, Atomtests, Diskriminierung der Sámi. Jedes für sich interessant, aber in der Masse überladen und dadurch wenig fokussiert. Statt einer stringenten Erzählung entsteht so ein Geflecht aus Nebensträngen, die den roten Faden schwächen.



Am stärksten bleiben für mich die Landschaftsbilder – die Weite des Meeres, die Ruhe im hohen Norden, aber auch die Abgeschiedenheit. Diese Atmosphäre trägt den Roman, auch wenn die eigentliche Handlung zu durchschaubar blieb und mich nicht wirklich überraschen konnte.

Bewertung vom 24.08.2025
Mirasol, Eva

Staying Alive


gut

Schon auf den ersten Seiten stolpert man mit Nicki mitten hinein in den Ausnahmezustand einer Rettungsstelle, in der es laut, chaotisch und von skurrilen Situationen nur so wimmelt. Eva Mirasol hat ein feines Gespür für Pointen, ihr Blick für die Absurditäten des Krankenhausalltags sorgt für Tempo und Witz. Viele Szenen lesen sich spritzig, entlarven die Schattenseiten des Systems und lockern zugleich mit scharfem Humor auf. Dabei klingt manches fast wie eine Kolumne – pointiert, knackig, unterhaltsam –, weniger wie ein Roman mit durchgehender Handlung.

Gerade diese Form ist es, die den Lesefluss ambivalent macht: Die Kapitel reihen sich wie Anekdoten aneinander, mal skurril, mal sarkastisch, immer nah am Klinikgeschehen. Das ist leichtfüßig zu lesen und unterhält gut, doch der rote Faden bleibt dünn. Statt einer klaren Entwicklung entsteht eine lose Folge von Geschichten, die zwar Spaß machen können, aber nie so recht in eine erzählerische Tiefe führen.

Deutlich wird das besonders an der Liebesgeschichte zwischen Nicki und ihrem Chef Micha. Von einer Seite zur nächsten sind die beiden bereits in einer Affäre, ohne dass die Annäherung, die Spannung oder auch nur ein Funken Beziehungsgeschichte erzählt würde. Das Zusammenspiel der beiden beschränkt sich im Wesentlichen auf Bettszenen; emotionale Nuancen oder eine wirkliche Ausgestaltung bleiben außen vor. Am Ende deutet sich zwar noch eine verbindendere Handlung an, doch sie kommt zu spät, um das Buch erzählerisch zu retten.

So sehr der brillante Humor trägt – bisweilen auch ins Klamaukige kippend –, so wenig Tiefe besitzen Figuren und Handlung. Trotz Ich-Perspektive fällt es schwer, sich mit Nicki zu identifizieren oder sie jenseits ihrer ironischen Pointen als wirkliche Person zu begreifen. Das Ganze liest sich dadurch eher wie eine Reihe von Kolumnen, unterhaltsam und scharf beobachtet, aber ohne die Stringenz und den erzählerischen Sog, den man sich von einem Roman erhofft.

Bewertung vom 21.08.2025
Völler, Eva

Der Sommer am Ende der Welt


gut

"Es geschieht binnen eines Augenblicks. Jemand wirft einen Stein ins Wasser, und alles gerät in Bewegung. Eine Welle folgt auf die nächste, dicht an dicht und in kürzester Zeit, und nach wenigen Sekunden ist nichts mehr zu sehen. Trotzdem ist die Welt danach nicht wie vorher, es hat sich etwas verändert. Manchmal sogar alles."


Ein verlassenes Kurheim, die salzige Luft der Nordsee und eine unbequeme Familiengeschichte – das sind die Eckpfeiler dieses Romans, der ein gesellschaftlich lange totgeschwiegenes Kapitel aufgreift. Eva Völler beleuchtet die Kinderverschickungen der Nachkriegszeit, bei denen Millionen Kinder vermeintlich zur Erholung geschickt wurden – und stattdessen oft Gewalt, Demütigung und Isolation erfuhren.

Im Zentrum steht Hanna, eine Journalistin, die nach Borkum reist, um über das ehemalige Heim zu recherchieren, in dem ihre Mutter in den 1960ern untergebracht war. Die Villa Aurelia, inzwischen zum Luxushotel umfunktioniert, birgt düstere Erinnerungen. Unterstützt von Sabine, einer weiteren Betroffenen, versucht Hanna Licht ins Dunkel zu bringen. Was sie über den Alltag in den Heimen erfährt, ist erschütternd – und leider alles andere als Fiktion.

Die Stärke des Romans liegt genau dort: im Blick auf die systematische Grausamkeit, der viele Kinder ausgeliefert waren. Besonders die Gespräche mit Sabine oder Auszüge aus einem alten Tagebuch vermitteln ein Gefühl davon, wie tief die Erlebnisse nachwirken. Der Schreibstil bleibt dabei angenehm lesbar und atmosphärisch dicht, ohne das Thema zu beschönigen.

Doch je weiter die Handlung fortschreitet, desto mehr verliert der Roman an Fokus. Statt der dringend nötigen Vertiefung des Hauptthemas rücken plötzlich Nebenschauplätze in den Vordergrund – allen voran eine jugendliche Lovestory zwischen Hannas Tochter Katie und dem Sohn der Hotelbesitzerin. Diese Beziehung wirkt wie aus einem Jugendroman entliehen, konstruiert und völlig deplatziert in einem Buch mit dieser Thematik. Auch die Liebesgeschichte der Mutter trägt wenig zur Handlung bei, bleibt blass und vorhersehbar. Beide Stränge nehmen unnötig Raum ein – Raum, den die Geschichte der Verschickungskinder dringend gebraucht hätte.

In der zweiten Hälfte kommen noch weitere Themen dazu: NS-Vergangenheit, familiäre Spannungen, ein plötzlicher Kriminalfall. All das mag für sich genommen erzählenswert sein, aber im Zusammenspiel wirkt es wie eine Überladung. Die Geschichte beginnt sich zu verzetteln, das eigentliche Anliegen – das Sichtbarmachen eines verdrängten Unrechts – gerät zunehmend ins Hintertreffen.

Was der Geschichte zusätzlich Tiefe und emotionale Wucht verliehen hätte, wäre eine konsequente Erzählstruktur auf zwei Zeitebenen gewesen. Die Vergangenheit – das, was Sabine oder Hannas Mutter damals im Heim durchlitten – bleibt in Rückblenden und kurzen Einschüben präsent, aber oft zu distanziert. Statt durchgängig in das Erleben der damaligen Kinder einzutauchen, bleibt der Leser außen vor, betrachtet vieles nur durch die Linse der Gegenwart. Ein Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart hätte nicht nur für mehr Dramatik und Nähe gesorgt, sondern auch einen stärkeren emotionalen Sog erzeugt. So aber wird der historische Strang immer wieder unterbrochen, statt in seiner ganzen Tragweite spürbar zu werden. Die Vorstellung, als Leser die Schrecken dieser „Kuren“ direkt mitzuerleben, hätte dem Roman eine ganz andere Dimension gegeben – unmittelbarer, greifbarer, intensiver. Gerade bei einem so sensiblen Thema wäre das eine große Chance gewesen.


Fazit:

„Der Sommer am Ende der Welt“ greift ein wichtiges und erschütterndes Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte auf – doch es bleibt zu oft an der Oberfläche. Statt sich auf das emotionale Zentrum der Handlung zu konzentrieren, verliert sich der Roman in unnötigen Nebenhandlungen und schwach gezeichneten Liebesgeschichten. Der ernsthafte Ton des Anfangs weicht einer Beliebigkeit, die dem Thema nicht gerecht wird. Mit einer klareren Struktur, weniger Ablenkung und einem stärkeren Fokus auf das Erleben der betroffenen Kinder hätte dieses Buch tief berühren können. So bleibt am Ende der Eindruck einer vertanen Chance.