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bolie
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Langscheid

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Insgesamt 950 Bewertungen
Bewertung vom 24.09.2025
Horncastle, Mona

Peggy Guggenheim


ausgezeichnet

Peggy Guggenheim kaufte nicht ausschließlich Werke junger und unbekannter Künstler. Viele von ihnen konnten ihre Miete nicht bezahlen und wurden nur selten satt. Als die Nationalsozialisten in vielen Staaten Europas die Herrschaft übernahmen, gab es den Begriff „entartete Kunst“. Dabei handelte es sich um Werke, die von jüdischen Künstlern kreiert wurden. Frau Guggenheim war selbst Jüdin und widersetzte sich den Verboten. Sie kaufte auch diese Gemälde und ihre Sammlung nahm schnell Dimensionen ein, die keinen Wandschmuck für ein Einfamilienhaus darstellten. Ihr haben wir zu verdanken, dass Werke von Munch, Kandinski, Legér, Klee und weiteren guten Künstlern bis heute erhalten blieben.

Was für ein Buch. Obwohl als Sachbuch veröffentlicht, war es zu keinem Zeitpunkt abgehoben oder gar langweilig. Wer Salvador Dali als „wandelnde Schnapsbar“ betitelt, hat eine große Portion Humor, die er in seinem Buch verarbeitet. Frau Guggenheim eröffnete auch Frauen den Zutritt zu ihren Ausstellungen. Surrealisten waren so borniert, dass sie nicht wahrhaben wollten, dass Frauen auch gut malen können.

Frau Guggenheim ließ 7 Abtreibungen zu. Einmal wurde sie und zudem auch die Ehefrau ihres Geliebten gleichzeitig schwanger. Sie war ein Abbild dieser Zeit. Eine Geliebte, oder Mätresse, zu haben, gehörte zur Normalität, zum „guten Ton“. Es war nicht verwerflich.

Peggy Guggenheim hatte ein großes Herz und einen ebenso großen Geldbeutel. Sie verhalf nicht nur Marc Chagall und Max Ernst zur Flucht vor den Nationalsozialisten. Dieses Buch ist eine würdige Biografie für diese außergewöhnliche Frau. Was mir besonders gefiel, das sind die vielen Fotos. Je mehr ich über diese Dame lese, desto beeindruckter bin ich von ihr.

Bewertung vom 20.09.2025
Mullen, Kelly

Die Einladung - Mord nur für geladene Gäste (eBook, ePUB)


sehr gut

Mimi kann es nicht fassen. Da denkt sie, dass sie im Paradies wohnt und dann das. Nur wenige Minuten entfernt lebt eine Erpresserin. Und Mimi war sich sicher, dass sie die Fehler der Vergangenheit erfolgreich hinter sich bringen konnte. Jetzt ist sie 77 Jahre alt und lebte die letzten 23 Jahre zufrieden und ohne Sorgen auf der Insel Mackinac. Sollte das jetzt vorbei sein? Nein, das darf nicht sein. Wie soll sie auf diesen unsäglichen Erpresserbrief reagieren? Es ist nicht nur ein Brief, sondern eine Einladung zur Party mit etlichen Gästen.

Mimi ist eine taffe ältere Dame. Sie lebt ohne Geldsorgen alleine in einem großen Haus. Ihre einzige Familie ist ihre Enkelin Addie. Leider hatten die beiden eine heftige Auseinandersetzung und seitdem keinen Kontakt. Tja, nicht nur daran merken Außenstehende, dass sie verwandt sind. Ihre Sturheit wirkt sich oft nachteilig auf ein Zusammenleben aus. Mimi springt über ihren Schatten und kontaktiert ihre Enkelin. Beide folgen der Einladung und besuchen das Fest der Erpresserin. Leider wird diese schon nach wenigen Stunden ermordet. Und es bleibt an diesem Abend nicht bei einer Toten.

„Die Einladung“ konnte mich nur mäßig überzeugen. Zu viele Namen verwirrten und die Suche nach dem Täter oder der Täterin hätte nicht so ausgedehnt erfolgen müssen. Interessant fand ich das Verdeutlichen von Zusammenhängen. Wer war mit Jane, der Gastgeberin, verwandt? Wer gut oder nur flüchtig bekannt? Im Verlauf der Ermittlungen gibt es einige Überraschungen, die so nicht vorhersehbar waren.

Bewertung vom 20.09.2025
Lühmann, Hannah

Heimat (MP3-Download)


sehr gut

Jana fühlt sich auf dem Land sehr wohl. Sie lernt Menschen kennen, die bald ihre Freundinnen werden. Mit Karolin versteht sie sich am besten. Sie bewundert, wie sie lebt und mit den Problemen des Alltags umgeht. Aber auch hier, wie bei vielen anderen Familien gilt, dass der Schein oft trügt. Jana lässt sich von Karolin dazu überreden, bei Werbeaktionen für die AfD mitzumachen. Leider wird das Thema nicht vertieft.



Was bringen viele Follower bei Instagram, wenn die Idylle nur gespielt ist? Mit der Zeit schaut Jana hinter die Fassaden und merkt, dass es ihr eigentlich recht gut geht. Die Story plätscherte dahin und ich wartete immer auf den Höhepunkt sowie die Lösung einiger Rätsel. Die kam nicht und das Ende war abrupt. Mir kam es vor als seien der Autorin plötzlich die Ideen ausgegangen. Die Sprecherin Heike Warmuth wiederum gefiel mir sehr gut. Das Hörbuch ist eine digitale Ausgabe und nicht als CD erhältlich.

Bewertung vom 20.09.2025
Johnson, Maureen

Death at Morning House


ausgezeichnet

Marlowe ist unsterblich verliebt. In ein Mädchen. Sie heißt Akilah. Gemeinsam wollen sie einen lauschigen Nachmittag verbringen. Marlowe lädt ihre Flamme ein. In ein Haus, das sie regelmäßig besucht. Die Besitzer sind nämlich verreist und verlassen sich voll und ganz auf Marlowe. Das Haus ist groß und sie möchte gegenüber Akilah ein wenig angeben. Aber nicht nur das. Sie kauft sogar extra eine Kerze mit Akilahs Lieblingsduft. Alles soll dem ersten Date eine besondere Note geben. Dass der Kauf dieser Kerze ein großer Fehler war und sie in größte Schwierigkeiten bringen würde, das erfuhr Marlowe leider erst zu spät.

Nach dem furchtbaren Geschehen trennen sich die Wege von Marlowe und ihrer Freundin. Marlowe nimmt einen Ferienjob an. Der sieht so aus, dass sie interessierte Touristen durch ein altes Haus führt. Hier lebte ein Arzt mit seiner Familie. Was damals hier geschah, ist gruselig und die Beklemmung hält sich bis heute. Bei allen, die von den Ereignissen der Vergangenheit wissen. Dass es aber auch in der Gegenwart mysteriöse Tötungsdelikte gibt, lässt nicht nur Marlowe verängstigen.

Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen. Neben den Ereignissen im Heute gibt es immer wieder Kapitel, die Geschehnisse in der Vergangenheit zum Thema haben. Die Autorin hat es perfekt verstanden, mich zu fesseln. Der Spannungsbogen ist dauerhaft gespannt und alle Episoden sind nachvollziehbar. Zu keinem Zeitpunkt empfand ich die Story als langweilig. Zumal sie auch auf die Gefahr der Verbreitung von Thesen über sogenanntes „lebensunwertes Leben“ eingeht. Mir gefiel der Roman sehr gut und ich empfehle ihn keineswegs nur Jugendlichen.

Bewertung vom 19.09.2025
Elvedal, Anne

Station 22. Wo bist du sicher? (MP3-Download)


sehr gut

Ida arbeitet mit Freuden auf einer Station für psychische Erkrankungen. Sie ist empathisch und die Patienten sprechen gerne mit ihr. Sie merken wohl, dass Ida als Kind traumatisiert wurde und vielleicht auch aus diesem Grund so zugewandt ist. Lange konnte sie ihre Vergangenheit hinter sich lassen und hatte nur noch sehr selten Alpträume. Als aber eine junge Frau verschwindet, werden ihre Traumata wieder wach. Nicht das, sie hat auch eine Befürchtung, die sie nicht zur Ruhe kommen lässt.

„Station 22. Wo bist du sicher?“ zeigt, wie Psychiater mit ihren Patienten arbeiten. Ida kennt sich also bestens aus und nutzt ihre Arbeit, um das Mittel der Hypnose zu testen. Falls sie in die Vergangenheit geführt werden kann so denkt sie, wird sie auch den Menschen finden, der ihr und anderen Kindern Leid angetan hat. Nicht nur Ida leidet noch immer. Auch ihre Mutter. Die wurde zur Alkoholikerin und kann ebenfalls die Ängste und Sorgen vergangener Tage nicht vergessen.

Das Highlight dieses Hörbuches war für mich die Sprecherin Sarah Dorsel. Bei der Story fehlte mir immer wieder der Bezug zur Realität. Sie kam mir ein wenig zu abgehoben vor. Spannung war gleichbleibend und kurz vor der Lösung stieg sie nochmals kräftig. Wer Psychothriller mag, wird auch diesen gerne hören.

Bewertung vom 16.09.2025
Schlee, Ann

Die Rheinreise


ausgezeichnet

Das kann nicht wahr sein. Er steht tatsächlich unten und schaut zu ihr hinauf. Ihre einzige Liebe, die leider nicht sein durfte, da ihr Bruder mit der Verbindung absolut nicht einverstanden war. Desmond Farmer schaut hoch zu ihr. Sein Anblick lässt ihre Tränen fließen und sie muss laut schluchzen. Eigentlich wähnte sie sich über den heftigen Herzschmerz hinweg. Aber weit gefehlt. Charlotte atmet auf als sie erkennt, dass es doch nicht ihre verlorene Liebe ist, die unten im Hafen steht. Dass sie allerdings im Tagesverlauf mit ihren Gedanken nicht bei ihrer Familie ist, fällt nicht nur ihr selber auf. Dabei freute sie sich so sehr auf diese Reise.

„Die Rheinreise“ von Ann Schlee spielt im Jahr 1851 und ist eine Wiederentdeckung. Der Roman wurde vor 40 Jahren geschrieben und schildert die Reise von vier Menschen. Diese leben im viktorianischen England und so verhalten sie sich auch. Mich beeindruckte die Sprache, welche so recht in diese Zeit passt. Dann das geschwollene Verhalten der Akteure, herrlich amüsant. Die Reise ging von Koblenz nach Köln und sowohl Ehrenbreitstein als auch Remagen finden Erwähnung. Damals gab es noch nicht so viel Schiffsverkehr auf dem Rhein und die Fahrten mit Dampf waren üblich.

Nein, es ist kein nullachtfünzehn Roman. Das zeigt alleine die Aufmachung des Buches. Das Cover wurde wertig gestaltet und ein rotes Lesebändchen gehört zwingend dazu. Im Anhang gibt Lauren Groff interessante Hintergrundinformationen. Für mich ein Juwel und literarisch ein Genuss. Meine Leseempfehlung gilt also ohne Einschränkung.

Bewertung vom 15.09.2025
Abel, Susanne

Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104


ausgezeichnet

Es gibt so viele unglaubliche Dinge, die sich nach dem Krieg in deutschen Kinderheimen abspielten. „Du musst meine Hand fester halten Nummer104“ hat diese übelsten Unsitten zum Thema. Ein Junge verliert im Krieg seine Familie und landet in einem Heim. Hier bekommt er zwar einen Namen, wird aber von den strengen Schwestern nur mit 104 gerufen. Welch eine Qual für den Kleinen. Die sogenannte Erziehung ist streng und vereinbart sich absolut nicht mit dem Gebaren derjenigen, die für die Kinder verantwortlich sind. Bei kleinsten Unregelmäßigkeiten warten drakonische Strafen auf alle Kinder. Nur Sonntags versammeln sich alle in der Kapelle und beten gemeinsam für ihr Seelenheil. Welch eine Farce.

Hartmut, so heißt Nr. 104, macht Misshandlungen bis zu sexuellem Missbrauch mit. Wäre nicht seine große Freundin Margret an seiner Seite, er hätte seinem Leben schon längst ein Ende gesetzt. Was die beiden an Schikanen durchlitten, das können sie nie vergessen. Ist es ein Wunder, dass sie nicht so sind, wie Menschen, die ähnliches Leid nicht hinnehmen mussten? Leider erkennt ihre Tochter, Enkelin und ihre Urenkelin nicht, was in den beiden schlummert.

Vera Teltz ist eine Sprecherin, die das Hörbuch perfekt vermittelt. Das führte dazu, dass mich die Geschichte völlig gefangen nahm. Diese Grausamkeit gegenüber den Kleinen, das war für mich schwer auszuhalten. Nicht ohne Grund gibt die Autorin vorab eine Triggerwarnung. Und ich denke, dass sie gerechtfertigt ist. Nein, es ist keineswegs ein Buch, das zur Unterhaltung geschrieben wurde.

Bewertung vom 13.09.2025
Parusel, Helen

Die verlorenen Kinder vom Fjord (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Laila und ihre Familie bekam nicht viel mit vom Krieg. Er war weit weg, so dachten sie. Bis plötzlich, mitten in der Nacht, Bomben fielen. Hals über Kopf mussten sie fliehen. Ihr einziger Wunsch war, dass sie überlebten. Aus dem neutralen Land Norwegen wurde über Nacht eine belagerte Nation. Wie so viele ihrer Landsleute wollte Laila den Eindringlingen entgegentreten und engagierte sich im Widerstand. Das war gefährlich und alle Beteiligten spielten mit ihrem Leben. Laila hatte das Glück, nicht erwischt zu werden. Diesen Umstand verdankte sie unter anderem einem jungen Wehrmachtssoldaten, der so ganz anders war als seine Kollegen.

„Die verlorenen Kinder vom Fjord“ ist eins von vielen Büchern rund um den zweiten Weltkrieg. Auch Norwegen wurde von den Nationalsozialisten überfallen. Die junge Laila arbeitete in einem Hotel, das vornehmlich für hohe Militärs eine Unterkunft bot. Die Einheimischen waren verstört und kaum jemand traute sich offen seine Meinung zu äußern. Hart verurteilt wurden norwegische Frauen, die sich in einen deutschen Soldaten verliebten. Falls sie dann auch noch schwanger wurden, waren sie für die Norweger „gestorben“. Auch ihre Eltern waren vor den Anfeindungen nicht sicher.

Er ist eine Mischung aus Roman und Tatsachenbericht. Er berührt, weil so viele junge Frauen in einem Heim untergebracht wurden, das ihnen und ihren Babys eigentlich Schutz versprach. Wer sich einmal mit dem Thema „Lebensborn“ befasste weiß, wie es dort zuging. Alleine für diese aufwändige Recherche hat die Autorin fünf Sterne verdient.

Bewertung vom 07.09.2025
Jones, Dan

Kreuzfahrer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Endlich waren sie erfolgreich. Im Jahr 1099 war Jerusalem wieder in christlicher Hand. So viele Tote und Verletzte, so viel Geld und noch mehr Verwundete. War es das wert? Aber Gehorsam stand für die Menschen damals wohl an erster Stelle. Sie folgten ihrem Herrscher und dem aktuell regierenden Papst bedingungslos. Aber nicht nur Erfolge konnten die Kreuzfahrer verbuchen. Immer häufiger kam es vor, dass sie hohe Niederlagen hinnehmen mussten. Die „Feinde“ waren stärker oder gewitzter als sie. Kreuzfahrer kämpften keineswegs nur für ihren Glauben. Viel mehr waren es Gold und Macht, die sie zu den gefahrvollen Reisen antrieben.

Es gibt etliche Bücher zum Thema und ich las einige davon. Dan Jones mit seinem neuesten Sachbuch konnte mich überzeugen. Das Buch beginnt mit dem ersten Kreuzzug und schlägt eine Brücke in die heutige Zeit. Die Brutalität der Kreuzfahrer erschreckt mich immer wieder. Aber nur so kann das Geschehen aufrichtig übermittelt werden. Schon beim ersten Kreuzzug wurden Juden abgeschlachtet und Muslime als „Ungläubige“ verurteilt. Was ich mich beim Lesen immer wieder fragte: Mit welchem Recht kann ein Papst versprechen, dass die Kreuzfahrer den Ablass aller Sünden genießen dürfen?

Einige Namen waren mir bekannt und ich konnte ihre Praktiken bei den Kampagnen gegen Andersgläubige hautnah miterleben. Das lag an der lebendigen Sprache des Autors, die keineswegs trocken oder im lehrerhaften Tonfall daherkam. Bemerkenswert war für mich die akribische Recherche. So viele Quellen wurden verwendet und aus dem Grund gibt es auch einen ausführlichen Anhang. Das Buch werde ich mit Sicherheit erneut lesen, da ich beim ersten Durchgang ganz bestimmt etliche Fakten übersah. Ein wertvolles Buch, das den Blick auf die Kreuzzüge von vielen Perspektiven beleuchtet.

Bewertung vom 03.09.2025
Aly, Götz

Wie konnte das geschehen? Deutschland 1933 bis 1945 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Das Unheil beginnt damit, dass Hitler nebst Anhang sich wohl unter anderem die Türkei als Vorbild nahm. Massenmord an den Armeniern und das als „Reinigung der Rasse“. Und der Führer hatte zudem noch viele Gefälligkeiten für seine Anhänger parat. Das waren zum Beispiel: Der Besuch des Gymnasiums war künftig auch für sozial schwache Jugendliche möglich. Denn, man höre und staune, die Juden hatten höhere Abschlüsse als Christen. Sie lasen halt mehr und diskutierten ausgiebig. Das wiederum erlaubte ihnen bessere Berufe zu ergreifen und so höhere Einkünfte zu erzielen. Der Neid war also schon vorprogrammiert.

Eine breite Zustimmung bekam Hitler im Saarland. Die Menschen wollten zurück nach Deutschland. Und dann gab es diese sogenannten „Pfaffenprozesse“. Sie wurden vom Volk bejubelt. Endlich, so meinten die Betroffenen, greift der Führer durch. Er beschützt unsere Kinder. So viele weitere Neuerungen führten dann zur Wahl der NSDAP und ihrem erdrutschartigen Sieg.

Herr Aly berichtet in seinem Buch „Wie konnte das geschehen? Deutschland 1933 bis 1945“, dass selbst im Jahr 1989 noch gravierende Fakten aus der Zeit des „Dritten Reiches“ verschwiegen wurden. Und das sogar von „Historikern“. Was versprachen sie sich davon? Schämten sie sich etwa? Begriffe wie „Judenbuße, Reichsfluchtsteuer, Vierjahresplan, blöder Gefühlsakrobat und Gemeinschaftsfremde“ werden in dem Sachbuch erläutert.

Ein Kapitel hat mich besonders bewegt. Das war der Bericht über den Bischof von Münster, Herrn Galen. Er predigte klar und deutlich, was er von der Ermordung Behinderter hielt. Das veranlasste die Täter, diese Aktionen zunächst einzustellen. Fakt ist allerdings, dass dieser Bischof ganz alleine für das Recht der Betroffenen eintrat. Weder geistliche Würdenträger, noch Künstler noch andere in der Öffentlichkeit stehende Personen unterstützten ihn.

Im weiteren Verlauf des Krieges wird klar, dass Deutschland pleite und Hitler praktisch gezwungen ist, weiter Krieg zu führen. Nur so kann er hoffen, dass er das Dilemma vor seinen Anhängern verbergen kann. Dass das nicht funktionierte, wissen wir. Am Schluss des Buches gibt es einen Umfangreichen Anhang. Wer also noch weiter eintauchen möchte in das Grauen, der wird hier Adressen finden, die ihm bei seinen Recherchen behilflich sind.

Heute las ich folgenden Satz: „Götz Aly legt sein letztes großes Werk vor.“ Das stimmt mich traurig. Seine Bücher sind für mich das Sinnbild von Aufklärung. Darüber, wie es sich zur Zeit des Nationalsozialismus leben ließ. Sein Wissen und seine gewissenhaften Recherchen sind einzigartig in der Welt der Historiker. Ohne krampfhafte Versuche, das Vorgehen damals zu entschuldigen, schreibt er klar und deutlich, wie selbst kluge Frauen und Männer sich von den Rattenfängern vereinnahmen ließen. Keine Frage, für mich war das Lesen ein Muss und das empfehle ich allen Menschen, die mitreden wollen.