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carola1475

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Insgesamt 229 Bewertungen
Bewertung vom 27.09.2025
Huwyler, Marcel

Frau Morgenstern und die Offenbarung


ausgezeichnet

Wieder ein großes Lesevergnügen, witzig, skurril und spannend

Die pensionierte Lehrerin und Auftragsmörderin Frau Morgenstern lebt inzwischen mit Freund und Kollege Miguel Schlunegger und seinen 5jährigen Zwillingstöchtern als Patchworkfamilie in ihrem Haus und teilt sich mit Miguel eine Stelle beim Tell-Killerministerium. Falls der Lila-Lady das Familienleben mal zu viel wird, kann sie nach Gozo zu ihrem Geliebten Maurice flüchten. Ein neuer Auftrag, bei dem es um die Eliminierung von gleich 11 Personen geht, macht die Teilzeitarbeit vorübergehend unmöglich, zum Glück kann Violettas zweiter Liebhaber Rittmeyer als Babysitter einspringen, da Frau Morgenstern und Herr Schlunegger bei Tell momentan voll eingespannt sind.
Sowohl beruflich als auch privat geht es turbulent zu bei der Mordslady und Miguel.
Marcel Huwyler bindet wichtige Details aus den vorangegangenen Büchern sehr gekonnt in die aktuelle Handlung ein, so dass meiner Meinung nach auch Neueinsteiger gut mitkommen. Mit schwarzem Humor, Wortwitz, Situationskomik und lebendige Bilder erzeugenden Wortschöpfungen erzählt der Sprachakrobat Huwyler eine originelle Geschichte, die einfallsreich und spannend nicht nur das Agententhriller-Genre parodiert.

Auch verschiedene Perspektiven sorgen für ein rasantes, kurzweiliges Lesevergnügen, wobei die Figurenzeichnung bei allen Charakteren überzeugt, sie haben Tiefe und wirken authentisch. Marcel Huwyler ist es in diesem siebten Band großartig gelungen, seine Protagonisten und damit ihre Geschichte weiter zu entwickeln. Violetta hat ungewöhnliche Ideen wie eh und je, aber sie ist jetzt auch eine liebevolle Oma, der ehemalige Söldner Miguel ist zum hingebungsvollen und stolzen Vater geworden, die neuen Charaktereigenschaften bereichern beide Figuren und machen sie noch liebenswerter, was ich kaum für möglich gehalten hätte. Ich hatte sehr viel Spaß, habe gelacht und geschmunzelt, auch dieser geniale siebte Band um Frau Morgenstern hat mich bestens unterhalten.

Bewertung vom 22.09.2025
Suchanek, Andreas

Das vergessene Museum (eBook, ePUB)


sehr gut

Mitreißende Urban Fantasy mit Spannung, Humor und sympathischen Charakteren

Liam ist Fahrradkurier in London. Als er ein Paket zu einem Privatmuseum liefert, wird er dort Zeuge eines Überfalls. Er kann nichts mehr für den sterbenden Kurator Bradford tun, doch dieser überträgt ihm ein Symbol aus schwarzer Tinte auf seine Haut und macht ihn somit zum neuen Siegelwahrer und Kurator des Museums.
Glücklicherweise kann der tote Mr. Bradford sich 'astral manifestieren' und Liam helfend zur Seite stehen. Unterstützt wird Liam auch von seinem Freund und Mitbewohner Harry, einem fähigen IT Nerd, der der Magie pragmatisch gegenüber steht und der unermüdlich versucht, das Gebäude mit Internet zu versorgen. Liam muss sehr viel sehr schnell lernen, denn die Angriffe auf das Museum gehen weiter. Zum Glück zeigt sich schon bald seine Begabung im Umgang mit den Artefakten.

Aus Liams Ich-Perspektive erlebe ich seine erstaunlichen und auch gefährlichen Abenteuer mit. Die Sprache ist den jeweiligen Figuren angepasst, was zu sehr unterhaltsamen Dialogen zwischen Liam und Mr. Bradford führt. Andreas Suchanek schreibt locker und humorvoll und in magische Schilderungen mischen sich auch Liams Alltagsgedanken, wodurch die Magie in der Realität verankert wird. Die magische Welt der Artefakte und des Museums ist einfallsreich und komplex erdacht und detailreich und bildhaft beschrieben, ich hatte viel Spaß beim Lesen dieser spannenden, mitreißenden Geschichte.
In diesem ersten Buch werden nicht alle Fragen beantwortet und ich bin neugierig auf den Folgeband, ich möchte zum Beispiel unbedingt wissen, was Liams Vergangenheit im Waisenhaus mit dem Museum zu tun hat. Obwohl ich es beim Showdown in Berlin schwierig fand, den Überblick zu behalten, freue ich mich, dass mein erstes Buch von Andreas Suchanek mir auf Anhieb gefallen hat.

Bewertung vom 16.09.2025
Izquierdo, Andreas

Über die Toten nur Gutes / Ein Trauerredner ermittelt Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Unterhaltsamer und auch tiefgründiger Krimi mit einem ungewöhnlichen Ermittler

Mads Madsen ist Trauerredner und lebt mit seinem Vater zusammen in Glücksburg an der Ostsee. Beim Erstellen seiner Reden leistet Mads oft Detektivarbeit, damit seine Worte dann auch passen und dem Verstorbenen gerecht werden.
Als sein Kindheitsfreund Patrick getötet wird und Mads merkwürdige Hinweise erhält, versucht er mehr über ihn herauszufinden, denn sein Kontakt zu Patrick war vor vielen Jahren abgebrochen. Weil er trotzdem eine gute Trauerrede halten will, beginnt er mit den Recherchen, die sich als schwierig und verwirrend erweisen.

Andreas Izquierdo ist seinen Figuren ebenso zugewandt wie Mads den Menschen. Mads verschrobener Vater Fridtjof widmet sich immer mal wieder einem neuen Hobby, für das er dann auch seinen Sohn zu begeistern versucht, und er vermisst nach 20 Jahren immer noch seine verstorbene Frau. Neugierig macht mich ebenso der verschlossene Thanatopraktiker Herr Barnardy vom Bestattungsunternehmen Amelung, dessen Juniorchef Fiete Mads' bester Freund ist. Manche Charaktere sind etwas überspitzt dargestellt, was der Unterhaltsamkeit für mich keinen Abbruch tat, im Gegenteil.

Rückblenden zu Mads' Kindheit, seiner Freundschaft mit Patrick, dessen Jugend und Entwicklung und auch ein unerwartet enthülltes Familiengeheimnis der Madsens, das zu Diskussionen mit Fridtjof und den Geschwistern führt, zeigen, dass man sich der Auseinandersetzung mit den Überraschungen des Lebens nicht entziehen kann.

Izquierdo schreibt einfühlsam, lebendig und bildhaft. Die Geschichte hat Wortwitz, ist humorvoll und auch tiefgründig, wenn es um Trauer, Verlust und Freundschaft geht.
Besonders gefallen hat mir, wie der Autor schon zu Beginn mit den Erwartungen des Lesers spielt und auch das Lokalkolorit Flensburgs und Glücksburgs hat er gut eingefangen. Richtig spannend wird der Krimi etwa ab der zweiten Hälfte. 'Über die Toten nur Gutes' hat mir gut gefallen und ich freue mich auf den zweiten Band der neuen Reihe dieses vielseitigen Autors.

Bewertung vom 14.09.2025
Revers, Andrea

Alles hat ein Ende


ausgezeichnet

Mehr als ein Regionalkrimi

Die pensionierte Kriminalkommissarin Frederike Suttner lebt mit ihrem Kater Hannelore in der Vulkaneifel, sie hat ihre Neugier und ihren Spürsinn nicht verloren und wird auf den rätselhaften Todesfall einer vorher gesunden Frau aus einem Nachbardorf aufmerksam, die über ihrer herzhaften Mahlzeit 'Himmel un Ääd' tot zusammengebrochen ist. Und ihre Nichte Angela quartiert sich bei ihr ein, sie verdächtigt ihren Lebensgefährten Frank, eine andere zu haben, so dass sie ihm noch nichts von ihrer Schwangerschaft erzählt hat.

Einige wenige Male werden vergangene Begebenheiten kurz erwähnt, was die Beziehung der Figuren zueinander deutlicher macht, aber die gelungene Charakterisierung der sympathischen Protagonisten und auch der interessanten Nebendarsteller macht es mir leicht, mit diesem 6. Band in die Reihe einzusteigen, ich hatte nie das Gefühl, dass mir Vorwissen fehlt.

Frederike ist einfallsreich, scharfsinnig und unerschrocken, sie will mehr zum Todesfall herausfinden und sie will wissen, was mit Frank los ist. Unterstützt wird sie bei ihren Nachforschungen von Franks Onkel Willi, ehemaliger forensischer Psychologe, und seinen lebhaften Mitbewohnern im Stift und auch die Bekanntschaft von Franks Chef bei der Mordkommission und Kollegen in anderen Dezernaten weiß Frederike zu nutzen.

Andrea Revers schreibt lebendig und humorvoll, ihre Figuren sind vielschichtig und psychologisch glaubwürdig, Frederike lässt an ihren Gedanken und Überlegungen teilhaben, so dass ich nah am Geschehen bin und miträtseln kann.
Die Autorin zeichnet ein realistisches Bild der ländlichen Eifel, in der Geschäftsleute keine Nachfolger finden und sich Neuigkeiten zuverlässig und schnell von Dorf zu Dorf verbreiten, wo aber auch der Zusammenhalt der Menschen groß ist. Die Autorin bringt durch ihr Wissen um Süchte, Drogenkonsum und Vertriebswege von Drogenkartellen auch ernste und aktuelle Aspekte in die spannende Handlung ein.
Ich habe den wendungsreichen Krimi mit seinem nervenaufreibenden Showdown und der komplexen Auflösung sehr gern gelesen, er hat mich bestens unterhalten.

Bewertung vom 11.09.2025
Enders, Giulia

Organisch


ausgezeichnet

Über die unglaubliche Intelligenz des Lebens

Begegnungen mit Patienten, deren Symptome andeuten, dass sie mit sich und ihrer Lebenssituation unzufrieden sind, lassen die Ärztin Giulia Enders darüber nachdenken, ob der Mensch nicht von der Interaktion seines Körper mit der Außenwelt lernen kann. Unsere Organe zeigen uns, welche Bedürfnisse da sind und wie sie sie befriedigen.
Für medizinische Laien verständlich, lebendig, unterhaltsam und streckenweise sogar spannend erzählt die Autorin von erstaunlichen evolutionären Entwicklungen, aktuellen Forschungsergebnissen, flicht dabei persönliches ein und die Illustrationen ihrer Schwester Jill Enders setzen eigene Akzente.
Giulia Enders zieht Vergleiche, um das Verständnis komplexer Vorgänge zu erleichtern und bricht diese vielschichtigen Prozesse der Zusammenarbeit im Körper bis auf die Zellebene herunter, zeigt aber auch, wie alles mit allem zusammenhängt und dass, was für den Körper gut ist, es auch für die Umwelt ist.
Nach dem Bestseller 'Darm mit Charme' ist der Autorin mit 'Organisch' erneut ein unbedingt lesenswertes Buch gelungen, reifer und tiefgründiger als der Vorgänger, ein Plädoyer für das Verstehen und Wertschätzen der Fähigkeiten unseres Körpers und für Vertrauen in uns selbst.

Giulia Enders neues Buch ist mehr als ein Sachbuch, ich habe nicht nur Neues und Erstaunliches über die Lunge, das Immunsystem, die Haut, Muskeln und vor allem das Gehirn gelernt, sondern verstehe 'Organisch' auch als Anstoß. Es wird ein spannender Versuch sein, aus der Perspektive meines Körpers herauszufinden, was mir in der Außenwelt gut tut und was eher nicht.

Das schöne, überraschend gestaltete Cover zeigt für mich ein Raumschiff, das aus zarten, einander stabilisierenden menschlichen Organen besteht. Wer weiß, wohin die Reise geht...

Bewertung vom 07.09.2025
Abel, Susanne

Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104


ausgezeichnet

Erschütternde und berührende Geschichte zweier Heimkinder

Margret und Hardy kennen sich seit ihrer Kindheit im Kinderheim. Die sechs Jahre ältere Margret versucht Hardy zu beschützen, so gut sie kann. Inzwischen ein altes Ehepaar, kümmern sie sich um ihre Urenkelin Emily, deren Mutter mit ihrem Kind überfordert ist.
Auf zwei Zeitebenen erzählt Susanne Abel Margrets und Hardys Geschichte ab Mitte der 1940er Jahre bis 2017 und verknüpft dabei verschiedene Episoden aus Vergangenheit und Gegenwart gekonnt, passend und in ausgewogenem Verhältnis miteinander. Von Beginn an haben mich beide Handlungsstränge gepackt und auch nach Beenden des Buchs nicht losgelassen. Reale zeitgeschichtliche Ereignisse werden eingeflochten und tragen zur Glaubwürdigkeit der Geschichte bei.
Auch ohne explizite Beschreibungen werden die unmenschlichen Bedingungen im Kinderheim deutlich, die Kinder werden von den Nonnen gequält, erniedrigt und für Kleinigkeiten bestraft. Susanne Abel schreibt anschaulich und bildhaft, ihre einfühlsame Sprache vermittelt das Leid der Kinder schmerzhaft eindringlich.
Erzählt wird hauptsächlich aus Margrets, Hardys und Emilys Perspektive, die Protagonisten sind glaubhafte, nahbare Figuren, die tief berühren. Die Unfähigkeit der ehemaligen Heimkinder, über ihre Erlebnisse zu sprechen kann ich verstehen, aber sie führt auch zu einer Sprachlosigkeit innerhalb der Familie. Die in der Kindheit gemachten Erfahrungen prägen das ganze Leben und unverarbeitete Traumata erzeugen weiteres Leid und Schmerzen auch für nachfolgende Generationen. Das zeigt Susanne Abel am Beispiel von Margrets und Hardys Familie so bedrückend wie überzeugend.

Der Autorin ist nach den beiden 'Gretchen'-Büchern um Familie Monderath mit 'Du musst meine Hand fester halten, Nr. 104' erneut ein großartiger und wichtiger Roman gelungen, sehr gut recherchiert, realitätsnah und bewegend. Schon das Cover mit dem traurigen, verloren aussehenden kleinen Jungen berührt, um so mehr, als es sich um eine Fotografie handelt, wie Susanne Abel im Nachwort schreibt.

Erwähnen möchte ich die mangelhafte Bindung des Buchs, jedenfalls bei meinem Exemplar. Schon beim einmaligen Blättern lösten sich die Seiten, zumindest auf den ersten etwa 50 Seiten. Schade, dass der Verlag hier an der falschen Stelle gespart hat!

Bewertung vom 07.09.2025
Tuokko, Kaisu

Gerächt sein sollst du / Die Morde von Kristinestad Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

Persönliche Sorgen der Erwachsenen überschatten aktuelle und schwerwiegende Probleme Jugendlicher


Im idyllischen Küstenort Kristinestad wird die Leiche des siebzehnjährigen Jonas im Meer gefunden. Die Ermittlungen unter Leitung von Kriminalkommissar Mats Bergholm ergeben ein verstörendes Bild des zurückhaltenden Jungen, wie war Jonas wirklich? Auch die Journalistin Eevi Manner recherchiert zu dem Fall, der den kleinen Ort aufwühlt, in dem jeder jeden kennt.
Erzählt wird aus den wechselnden Perspektiven Mats' und Eevis. Beide stammen aus Kristinestad, kennen sich seit der Jugend, und Gefühle füreinander flackern wieder auf, obwohl es eine Ehefrau bzw. einen Lebenspartner gibt. Mats' Gedanken kreisen oft um seine unglückliche Ehe und Eevis Gefühlswelt wird von ihrem unerfüllten Kinderwunsch beherrscht, diese privaten, oft wiederholten Sorgen waren mir schnell zu viel und störten für mich auch den eher flachen Spannungsbogen.

Kaisu Tuokkos Schreibstil ist angenehm zu lesen, aber ihr Textrhythmus zu gleichförmig, ein Cafébesuch wird genau so detailliert beschrieben und scheint genau so wichtig wie die Befragung eines Angehörigen. Ermittler verhalten sich unprofessionell oder bleiben Stereotypen, im allgemeinen ist die Figurenzeichnung blass, während die angesprochenen Themen Mobbing, physische und psychische Gewalt und Misogynie, real und in den Social Media, durchaus empathisch und glaubhaft dargestellt werden, aber leider fast in den Sorgen der Erwachsenen untergehen. Die überraschende Auflösung des Falls ist stimmig.
Das atmosphärische Cover passt zum Krimi und man merkt der finnischen Autorin ihre Verbundenheit zum Heimatort an. Ungeklärte Fragen zur Vergangenheit von Eevi und Mats werden bis zu einem Folgeband warten müssen, denn 'Gerächt sein sollst du' ist ein Reihenauftakt. Ich vergebe 2,5 Sterne für diesen Debütroman.

Bewertung vom 27.08.2025
Slupetzky, Stefan

Nichts wie weg (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Überraschend, schräg und sehr unterhaltsam

Vera Baum verliert plötzlich ihren Geruchs- und Geschmackssinn. Für die Zuckerbäckerin, die sich in der Küche ihres Cafés auslebt und verwirklicht, bricht eine Welt zusammen. Und dann erwischt sie auch noch ihren Mann und ihre beste Freundin in flagranti.
Als sie verstört und voller Selbstmitleid durch Wiens Straßen irrt, stößt sie auf den gerade aus der Haft entlassenen finnischen Geldfälscher Onni Vitala, dem von zwei albanischen Ganoven fehlerhaftes Falschgeld gestohlen wurde, das er zurückholen und entsorgen will. Diese zufällige Begegnung entwickelt sich zu einer so anrührenden wie überraschenden Geschichte.

Stefan Slupetzky schreibt bildhaft und sprachgewandt, sein trockener Humor und sein Wortwitz haben mich nicht nur schmunzeln, sondern bei manchen Szenen voller Situationskomik auch lachen lassen, während tiefsinnige Aussagen an anderen Stellen mich innehalten und nachdenken ließen.
Der Autor ist seinen Figuren zugewandt und macht sie mit ihrem jeweiligen ungewöhnlichen Hintergrund zu glaubwürdigen und liebenswerten Protagonisten, deren Handeln durchaus mal überrascht, aber auch plausibel ist. Die Charaktere trauen sich was und es hat mir viel Spaß gemacht zu verfolgen, wohin das alles führt.

'Nichts wie weg' mit dem passenden, Fernweh weckenden Cover hat mir sehr gefallen, für schöne Lesestunden gesorgt und mich bestens unterhalten. Ich freue mich, Stefan Slupetzky als für mich neuen Autor entdeckt zu haben.

Bewertung vom 24.08.2025
Navarro, Fabian

Vienna Falling (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Humorvoll, skurril und spannend

Der Titel von Navarros neuem Roman hat mich neugierig gemacht und sofort an Falcos 'Vienna calling' denken lassen und tatsächlich haben Buch und Song auch Themen gemeinsam.

Der deutsche Tourist Jürgen Weber stürzt in den Spalt vor dem Stephansdom, der sich nach einem starken, aber örtlich sehr begrenzten Erdbeben aufgetan hat. Die Ursache des Bebens gibt Rätsel auf. Jürgens Frau Renate fühlt sich von den Behörden allein gelassen und versucht einfallsreich und zielstrebig auf eigene Faust, ihren Mann wieder zu finden, nachdem sie den ersten Schock verarbeitet hat. Renate erhält bald doch noch Hilfe und Unterstützung durch den semi-seriösen Geisterjäger Reinhold, Elif von der Wiener Stadtverwaltung, Irina aus dem Landesarchiv und der Pfannenzauber Community, einem Koch- und Backforum, in dem auch Renate Rezepte und ihre unschönen Erfahrungen in Wien teilt. So unterschiedlich wie die Figuren sind auch die wechselnden Perspektiven, aus denen die schräge Geschichte erzählt wird. Sehr witzig fand ich, dass sich manche der Charaktere auch in ganz anderem Zusammenhang kennen, was sich erst allmählich erschließt.

Fabian Navarro macht in 'Vienna falling' die Stadt selbst zu einer Hauptfigur, vermittelt einen faszinierenden Aspekt der Wiener Stadtgeschichte, erklärt Kaffeehaus-Besonderheiten, teilt Rezepte, nimmt Wiener und Piefkes gleichermaßen aufs Korn, lässt die Protagonistin sich entwickeln und verleiht jeder Perspektive nicht zuletzt durch die jeweils passende Sprache Glaubwürdigkeit und Authentizität. Dabei bleibt der Schreibstil immer humorvoll, lebendig, bildhaft und angenehm zu lesen.
Obwohl für mich am Ende noch kleinere Fragen offen bleiben, hat mir 'Vienna falling' mit seinem auffälligen, passenden Cover und seiner ungewöhnlichen, skurrilen und überraschenden Geschichte gefallen und mich sehr gut unterhalten. Fabian Navarros erster Roman mit menschlichen statt tierischen Protagonisten ist gelungen und bekommt von mir 4,5 Sterne.

Bewertung vom 17.08.2025
Shusterman, Neal

All Better Now (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Kann ein pandemischer Virus auch eine Chance sein?

Die nächste Pandemie nach Corona hat eine höhere Sterberate, aber wer Crown Royale überlebt, ist glücklich und zufrieden, ist ein gütiger Mensch geworden, der in sich ruht und anderen mit Empathie begegnet. Das Konsumverhalten der Genesenen ändert sich radikal, Sachen werden repariert statt neu gekauft, 2nd Hand ist angesagt. Wirtschaftsbosse und Ökonomen sind alarmiert und versuchen, die Genesenen zu diskreditieren, sie setzen Fake News und Gerüchte in die Welt, während Wissenschaftler im Geheimen an einem 'Gegenmittel' arbeiten.

Erzählt wird dieser Near Future Science Fiction Roman aus mehreren Perspektiven, die Crown Royale von verschiedenen Seiten beleuchten, seine Vorzüge, Risiken und mögliche Folgen aufzeigen. Die pragmatische Mariel hat ihre Mutter an den Virus verloren und würde sich auch gern anstecken, um endlich glücklich zu sein, der depressive Rón gehört zu einer Risikogruppe und ist das Sorgenkind seines reichen Vaters, die clevere und ehrgeizige Morgan hat sich das Ziel gesetzt, Crown Royale von der Erde zu tilgen.
Die Charaktere sind unterschiedlich glaubwürdig ausgearbeitet, die Liebesbeziehung der beiden Jugendlichen Mariel und Rón hat mich nicht überzeugt, anders als ihre Zweifel und Hoffnungen. Ihre Überlegungen regen mich an, über meinen eigenen Standpunkt nachzudenken.
Die Geschichte ist packend und überraschend, häufige Perspektivwechsel tragen zur Spannung bei. Neal Shusterman schreibt flüssig, bildhaft und mit feinem Humor, übt Gesellschaftskritik und spricht wichtige Fragen nach Glück, Zusammenhalt, einem wünschenswerten Miteinander an. Indem er Begriffe benutzt, die uns allen durch die Corona-Zeit geläufig sind, erscheint 'All better now' sehr realistisch und ich finde es mutig vom Autor, seine Geschichte in einer weiteren Pandemie anzusiedeln.

Nach der Vollendet-Reihe und der Scythe-Trilogie hat mir auch dieser Jugendroman mit seinem auffälligen blau-gelben und passenden Cover wieder sehr gut gefallen, ich vergebe 4,5 Sterne und freue mich auf den zweiten Teil der Dilogie.