Benutzer
Benutzername: 
Magda
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 308 Bewertungen
Bewertung vom 23.10.2025
Aoyama, Michiko

Matcha-Tee am Montag


sehr gut

Matscha Tee am Montag von Michiko Aoyama, aus dem Japanischen von Sabine Mangold
Es ist das dritte Buch der Autorin, das ich gelesen habe. Sie bleibt ihrem Stil treu und stellt in jedem Kapitel eine andere Kundin bzw. Kunden des Café Marble vor. Manche treten in mehreren Kapiteln auf, lernen sich dort kennen oder sind bereits befreundet und trinken dort ihren Matscha Tee begleitet vom japanischen Gebäck. Das Café wird vom Master betrieben, der neben dem Café in Tokio eine Kunstgalerie in Kyoto besitzt.
In unregelmäßigen Abständen finden im Café Marble Konzerte oder Theateraufführungen statt. Master liebt es, unbekannte Künstler zu entdecken und ihnen zum Ruhm zu verhelfen.
Mitsu lebt seit zehn Jahren in Tokio, ihre Familie besitzt eine alteingesessene Süßwarenmanufaktur in Kyoto. Da ihre Eltern beruflich immer sehr eingebunden waren, verbrachte sie in ihrer Kindheit viel Zeit bei ihrer strengen Großmutter. Nach dem Abitur zog sie nach Tokio, ihr Hobby ist das traditionelle japanische Schaukastentheater kamishibai.
Sehr gut gefallen hat mir Mihus und Kippeis Geschichte. Miho, 26, ist Verkäuferin in einem Mobilfunkshop, während Kippei der einzige Nachkomme einer alteingesessenen Teehandlung ist. Die beiden lernen sich im Café Marble kennen.
Die Handlung spielt über einen Zeitraum von zwölf Monaten, das erste Kapitel spielt im Januar, das letzte im Dezember. Einige Kapitel haben mir besser gefallen als andere, am schönsten fand ich die Geschichte von Mitsu und ihrer Großmutter.
Ich habe das Buch gern gelesen, auch wenn es nicht an „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“ heranreicht. Ich empfehle es allen, die sich für Japan und die japanische Literatur interessieren.

Bewertung vom 22.10.2025
Bähr, Julia

Hustle


ausgezeichnet

Hustle von Julia Bähr habe ich sehr gern gelesen. Über die Aktionen der Protagonistin in München habe ich mich köstlich amüsiert.
Leonie, 30, zieht nach München. Sie ist Biologin, arbeitet aber bei der Zoologischen Staatssammlung im Archiv. Sie digitalisiert und katalogisiert tote Insekten. Der Job ist schlecht bezahlt, für ihr kleines Zimmer mit Bad zahlt sie eine horrende Miete, doch der Wohnungsmarkt ist leergefegt, sie kann froh sein, überhaupt eine Bleibe zu haben.
Sie findet heraus, dass es auf Vernissagen gratis Häppchen und Sekt gibt und besucht eine nach der anderen, um Geld für Lebensmittel zu sparen. Auf einer solchen Veranstaltung lernt sie Geneviève kennen, die ihre Mentorin wird. Sie macht sie mit ihren Freundinnen Yasmin und Kim bekannt. Alle drei verdienen viel Geld, wenn auch nicht immer auf legalem Wege. Sie bringen Leonie auf eine Geschäftsidee: „Eine Bekannte von mir hat seit ein paar Monaten Liebeskummer, seitdem ist sie in so einem Liebeskummerforum. Sie hat mir erzählt, dass sie sich da gemeinsam ausmalen, was ihren Exen für schlimme Dinge passieren sollen. Damit die auch leiden. Hättest du Ideen für kleine Racheaktionen? Spontan ungefähr zwanzig, sagte sie.“
Leonies neues Geschäft läuft super, sie verdient damit mehr Geld als im Archiv, genau wie Yasmin, die offiziell als Buchhändlerin arbeitet und Kim, die Krankenschwester ist.
Wir erfahren einiges über München und die Wiesn, Leonies Eltern, ihren besten Freund Steffen, ihre Kollegen und Bekanntschaften und nicht zuletzt über ihre größte Leidenschaft: Schleimpilze.
Ich fand das Buch kurzweilig und unterhaltsam. Über einige der Racheaktionen habe ich mich köstlich amüsiert, witzig fand ich die Enthüllung des Geheimnisses um Kims Nebenerwerb. Wenn ihr ins Leben junger Menschen im heutigen München eintauchen und dabei gut unterhalten werden möchtet, dann lest diesen Roman, für den ich gerne fünf Sterne vergebe.

Bewertung vom 17.10.2025
Hart, Emilia

Unbeugsam wie die See


ausgezeichnet

Unbeugsam wie die See von Emilia Hart ist nach ihrem Debütroman Die Unbändigen der zweite Roman der Autorin, den ich gelesen habe. Da ich ihren ersten Roman großartig fand, war ich sehr gespannt auf ihr neues Buch. Ich wurde nicht enttäuscht, auch „Sirens“ wie der Titel im Original lautet, hat mich begeistert.
Die Handlung spielt auf drei Zeitebenen: 2019, 1999 und 1800, im Mittelpunkt stehen vier Schwestern: Mary und Eliza sowie Jess und Lucy.
1800: Mary und Eliza werden aus ihrer Heimat Irland ins Exil nach Australien verschifft, mit ihnen hunderte anderer Frauen, die wegen geringfügiger Vergehen verbannt wurden. Mary beschreibt ihrer blinden Schwester das Schiff:
„Da ist eine Frau am Bug des Schiffes. Sie ist nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Holz und Farbe. Das Haar fällt ihr in geschnitzten Wellen über den Rücken. Statt Beinen hat sie …
Mary? Was hat sie statt der Beine?
Sie hat einen Fischschwanz.
Dann ist sie eine Meerfrau. Genau wie in Mams Geschichte.“ (S. 40)
Die Frauen verbringen die Fahrt fast ausschließlich unter Deck unter katastrophalen hygienischen Verhältnissen. Zu essen bekommen sie gerade so viel, dass es zum Überleben reicht. Manch eine verkauft ihren Körper für ein Stück Brot.
1999: Jess, 16, meidet den Kontakt zum Wasser, sobald ihre Haut nass wird, schält sie sich. Ihre Krankheit macht sie zur Außenseiterin. Sie flüchtet sich in die Malerei, ihr Kunstlehrer fördert sie und stärkt ihr Selbstvertrauen.
2019: Lucy, 19, studiert Journalismus. Als sie von ihrem Freund gedemütigt und bloßgestellt wird, verlässt sie überstürzt die Uni und fährt zu ihrer Schwester Jess nach Comber Bay. Jess ist nicht da. Während sie auf sie wartet, denkt Lucy über ihre Familie nach. Warum leiden nur die beiden Schwestern an der Hautkrankheit?
Den Ort Comber Bay kennt sie von einem True crime-Podcast, im Laufe der Jahre sind in Comber Bay acht Männer verschwunden, außerdem wurde dort vor vielen Jahren in einer Höhle am Strand ein Baby gefunden. Lucy träumt von zwei Schwestern, die sie einerseits beschützen, sie aber andererseits ins Meer locken wollen.
Ich lese kaum Fantasy, dafür sehr oft historische Romane, dieses Buch läuft unter Historische Fantasy und Zeitgenössische Fantasy. Die kleine Meerjungfrau zählt zu meinen Lieblingsmärchen, das Buch hat für mich Märchenelemente und wird zum Ende hin zum Thriller.
Emilia Hart wurde durch ihre Familiengeschichte zu dem Roman inspiriert, einer ihrer Vorfahren war Kapitän eines Sträflingsschiffs, das Iren nach Australien transportierte.
Ich habe den Sirenen-Roman sehr gern gelesen und empfehle diesen Genre-übergreifenden Roman gern an alle weiter, die Märchen, Fantasy, Thriller oder historische Romane mögen.

Bewertung vom 17.10.2025
See, Lisa

Die Geschichte der Lady Tan


ausgezeichnet

Die Geschichte der Lady Tan beruht auf dem Leben von Tan Yunxian, einer Vorfahrin der Autorin Lisa See, die im China des 15. Jahrhunderts als Ärztin praktiziert hatte.
Yunxian wächst wohlbehütet in einem wohlhabenden Haushalt auf, ihr Vater ist hoher kaiserlicher Beamter im Strafministerium. Ihre Mutter stirbt, als Yunxian acht Jahre alt ist. Sie hat das höchste Ziel im Leben einer Frau erfüllt und Söhne geboren. Nachdem diese an der Pockenepidemie gestorben sind, fehlt ihr der Wille weiterzuleben. Sie vernachlässigt die Pflege ihrer gebundenen Füße und stirbt an einer Infektion. Yunxian ist vom Tod ihrer geliebten Mutter tief erschüttert. Die Mutter wurde vom Arzt der Familie behandelt, der sie nie sehen durfte. Verborgen hinter einem Wandschirm stellte er Fragen über ihre Beschwerden.
Yunxians Großmutter ist Ärztin, sie hat sich auf die Behandlung von Frauen spezialisiert und führt ihre Enkeltochter in die Welt der traditionellen chinesischen Medizin ein. „Dieser Band enthält Rezepturen und Behandlungen, die mehr als zweihundert Jahre alt sind. Beginne damit, die ersten drei Rezepturen auswendig zu lernen. Sobald du sie fehlerfrei aufsagen kannst, kommt du zu mir und zählst die Beschwerden auf, bei denen sie am wirksamsten sind und wie man sie am besten anwendet.“ (S. 69).
Die Großmutter macht Yunxian mit Meiling, der Tochter der Hebamme, bekannt. Die beiden bleiben bis ins hohe Alter enge Freundinnen.
Mit fünfzehn Jahren wird Yunxian standesgemäß verheiratet. Sie wird von nun an Lady Tan genannt und widmet sich ihrer Lebensaufgabe, Söhne zu gebären.
Mir hat Die Geschichte der Lady Tan außerordentlich gut gefallen. Vieles war mir neu, vieles hat mich schockiert, allem voran die Tradition der gebundenen Füße, die viele Frauen das Leben gekostet hatte. Auf den verkrüppelten, oft nur zehn Zentimeter langen Füssen konnten sie sich nur langsam und schwankend fortbewegen. Eines von zehn Mädchen ist während der zweijährigen Prozedur des Füßebindens gestorben.
Unglaublich fand ich die Tradition der Konkubinen. Es war üblich, dass Konkubinen neben der Ehefrau im Haushalt eines wohlhabenden Mannes lebten. Wenn die Ehefrau keinen Sohn geboren hatte, wurde dieser stattdessen mit der Konkubine gezeugt und von der Ehefrau als Ritualsohn angenommen.
Die übersetzten chinesischen Namen und Bezeichnungen haben mir sehr gut gefallen: Die Menstruation wird als Monatliches Mondwasser bezeichnet, die Gebärmutter ist Der Palast des Kindes. Die Dienerin heißt Mohnblüte, Lady Tan lebt im Garten der duftenden Freuden.
Für mich hat sich mit diesem Buch eine für mich bisher gänzlich unbekannte Welt eines Frauenlebens und der Frauenmedizin vor mehr als fünfhundert Jahren in China erschlossen. Das Leben der Lady Tan und den Einblick in die traditionelle chinesische Medizin fand ich faszinierend und unglaublich spannend. Gerne empfehle ich das Buch weiter und vergebe fünf Sterne.

Bewertung vom 14.10.2025
Fröhlich, Susanne

Ungezügelt / Andrea Schnidt Bd.13


ausgezeichnet

Von Anfang an lese ich die Susanne Fröhlichs Reihe um Andrea Schnidt. Die Protagonistin und ich sind in einem ähnlichen Alter, wir haben fast zur selben Zeit Kinder bekommen, jetzt sind sie erwachsen.
Andrea, 60, ist in zweiter Ehe glücklich mit dem Orthopäden Paul verheiratet. Nachdem sie ihren Job als Texterin verloren hatte, will sie sich beruflich neu orientieren. Sie beschließt, ein Buch zu schreiben. So schwer kann das ja nicht sein :-; Sie findet einen Verlag und bekommt einen kleinen Vorschluss. Als Gegenpol zu New Adult soll es eine Old Romance werden, also eine Liebesgeschichte mit älteren Protagonisten. Andreas Problem stellt der Wunsch ihrer Lektorin nach „spicy“ Szenen dar. Ihr Mann Paul weiß von nichts und wird sich noch sehr wundern.
Rudi, 90+, ist Andreas geliebter Ex-Schwiegervater. Rudi möchte mindestens 110 Jahre alt werden und überzeugt Andrea von seinem Longevity-Projekt. Gesunde Ernährung und Sport sollen von nun an in ihren Alltag Einzug halten. Andrea fügt sich, auch wenn sich ihre Begeisterung, ihr Wille und vor allem ihre Disziplin sehr in Grenzen halten.
Eine große Rolle in Andreas Leben spielen ihre Enkelsöhne: Halvar und Kolbeinn. Mit dem fünfjährigen Halvar und Rudi macht sie einen Roadtrip nach München zu ihrer Freundin Heike.
Auch bei diesem Band der Reihe habe ich wieder viel gelacht, Susanne Fröhlich hat einen wunderbaren trockenen Humor, der es immer wieder schafft, meine Lachmuskeln zu strapazieren.
Ich hoffe, dass die Reihe noch lange fortgesetzt wird und Andrea Schnidt und ich gemeinsam alt werden. Das Ende lässt mich hoffen, denn Andrea hat ein neues berufliches Projekt, über welches es bestimmt viel zu erzählen geben wird. Gerne empfehle ich das Buch an Frauen 50+ weiter, den Jüngeren empfehle ich, erst noch die Vorgängerbände der Reihe zu lesen.

Bewertung vom 04.10.2025
Kingsolver, Barbara

Die Unbehausten


sehr gut

Die Unbehausten von Barbara Kingsolver habe ich teils gelesen und teils gehört, wunderbar eingelesen von Vera Teltz. Die Geschichte spielt in Vineland, New Jersey auf zwei Zeitebenen und hat auf den über 600 Seiten leider einige Längen.
Das Leben der Journalistin, Mutter, Ehefrau und Schwiegertochter Willa Knox läuft aus dem Ruder: Sie bekommt keine Aufträge, ihr Mann Iano verliert seinen Lehrauftrag an der Uni, Sohn Zeke wird alleinerziehender Vater und die 26jährige Tochter Tik kehrt nach längerer Abwesenheit unerwartet in den Schoß der Familie zurück.
Willas Schwiegervater Nik, großer Anhänger der Republikaner und ihres Präsidentschaftskandidaten, ist pflegebedürftig, doch mangels Krankenversicherung kann sich die Familie keinen Pflegedienst leisten und Willa übernimmt notgedrungen seine Pflege– zusätzlich zur Versorgung ihres neugeborenen Enkels Dusty, dessen Mutter kurz nach seiner Geburt den Freitod gewählt hatte. Willas Sohn Zeke überlässt seinen Sohn nur allzu gern seiner Mutter, um sich statt der Babypflege seiner Karriere zu widmen.
Glücklicherweise verliebt sich Zekes Schwester Tik in ihren kleinen Neffen und hilft ihrer Mutter bei der Versorgung des Babys.
Das Haus, in dem die Familie wohnt, stürzt beinahe zusammen. Ein Gutachter bezeichnet es als Ruine, doch einen Umzug und ein neues Zuhause kann sich die Familie nicht leisten. Da das Haus weit über hundert Jahre alt ist, wendet sich Willa an die Vineland Historical Society. Sie hofft, dass eine berühmte historische Persönlichkeit in ihrem Haus gewohnt hatte und stößt dabei tatsächlich auf die Naturforscherin Mary Treat und ihren Nachbarn, den Naturkundelehrer Thatcher.
150 Jahre zuvor begleiten wir den jungen Lehrer Thatcher, der von seiner Nachbarin Mary Treat fasziniert ist. Diese erforscht Pflanzen und Insekten und korrespondiert mit Charles Darwin.
Der Handlungsstrang in der Vergangenheit konnte mich nicht fesseln. Es waren mir zu viele ausschweifende Gespräche über Darwin, seine Evolutionstheorie und die diesbezügliche kontroverse Meinung der Kirche.
Die Handlung in der Gegenwart hat mir gut gefallen. Ich habe Willa und ihre Familie gern begleitet und einige Kose- und Schimpfwörter auf Griechisch gelernt, erstere von Willas Mann, letztere von ihrem Schwiegervater. Willa mochte ich sehr und habe es bewundert, wie sie Haushalt, Baby- und Altenpflege gemanagt und nebenbei die Geschichte ihres Hauses erforscht hatte. Aufgrund der Längen ziehe ich einen Stern ab und vergebe vier Sterne und eine Lese- und vor allem Hörempfehlung für diese teils komische und teils melancholische Geschichte einer griechisch-amerikanischen Familie aus New Jersey.

Bewertung vom 25.09.2025
Schwenk, Lina

Blinde Geister


sehr gut

Blinde Geister von Lina Schwenk steht auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2025. Das mit knapp 200 Seiten nicht sehr umfangreiche Buch lässt mich etwas ratlos zurück.
Karl und Rita haben zwei Töchter: Olivia und Martha. Die Mädchen werden irgendwann in den 1950er Jahren geboren. Seit dem Krieg hat Karl Angst vor Bombardierungen, regelmäßig packt er einen Koffer, nimmt Vorräte mit und zieht mit Frau und Töchtern in den Keller. Irgendwann weigert sich Martha, ihre Eltern und die Schwester in den Keller zu begleiten.
„Es ist ständig irgendwo Krieg. Bloß stört das die meisten nicht. Für uns hieß das Familienzeit, die Füße in dicken Strümpfen, ohne Tageslicht zusammenhocken, nächtelang.“
Als junge Frau ist Olivia eine Zeitlang in der Psychiatrie. Sie heiratet Paul, der aus einer deutsch-norwegischen Familie stammt. Über Martha und Olivias Tochter Ava erfahren wir nur wenig.
Der Roman besteht aus Momentaufnahmen aus Olivias Leben, ihrer Kindheit, Jugend, ihrem Berufsleben als Krankenschwester bis hin zum Ruhestand. Die großen Zeitsprünge lassen zu viele Fragen offen, Jahresangaben fehlen, so dass ich oft nicht wusste, in welchem Jahr die Handlung gerade spielt. Cover und Schreibstil gefallen mir sehr. Es ist kein Buch, das man in einem Rutsch durchliest, es regt zum Innehalten und Nachdenken an. Es lässt mich bedrückt zurück, das einzig Schöne im Buch ist die tiefe Liebe zwischen Karl und Rita.

Bewertung vom 23.09.2025
Moyes, Jojo

Ein ganz besonderer Ort


ausgezeichnet

Von Jojo Moyes habe ich schon viele Bücher gelesen, ich mag ihren Sprachstil sehr. Auch Ein ganz besonderer Ort hat mir gut gefallen. Aus dem Englischen von Karoline Fell.

1963: Gutsbesitzer Douglas Fairley-Hulme ist schon immer Vivis große Liebe gewesen. Auf einem Fest, das die beiden zusammen besuchen, verliebt Douglas sich in Athene Forster, das Enfant terrible der britischen Oberschicht. Die beiden heiraten, doch es dauert nicht lange, bis Vivi eine zweite Chance bei Douglas bekommt.

Mehr als dreißig Jahre später sind Vivis und Douglas‘ drei Kinder Suzanna, Lucy und Ben erwachsen. Suzanna sieht ihrer Mutter Athene sehr ähnlich, sie kennt sie nur von dem Gemälde in der Ahnengalerie des Familienanwesens. Obwohl Vivi sie genauso liebevoll behandelt wie ihre eigenen Kinder, fühlt sich Suzanna als Athenes Tochter ihren Geschwistern unterlegen.

Suzanna eröffnet in ihrer Heimatstadt Dere Hampton das „Peacock Emporium“ einen kleinen Laden mit Dekoartikeln, in dem sie auch Getränke anbietet. Der Laden findet zunächst nur wenig Zuspruch, doch dann kommt Jessie: Die junge Frau wirbelt den Laden auf, sie kennt alle Dorfbewohner und hält mit jedem ein Schwätzchen, das Peacock Emporium boomt!

Einer der Stammkunden im Laden ist der argentinische Geburtshelfer Alejandro. Wir erfahren einiges über Argentinien und Alejandros Familie. Sowohl Suzanna als auch Jessie freunden sich mit dem sympathischen Ale an, die drei verbringen viel Zeit miteinander. Doch da gibt es noch Jessies Ehemann Jason, der krankhaft eifersüchtig und cholerisch veranlagt ist. Als er Jessie und Alejandro zusammen sieht, brennen bei ihm alle Sicherungen durch.

Ich habe das Buch sehr gern gelesen. Besonders Vivi und Alejandro habe ich ins Herz geschlossen. Witzig fand ich die Anekdoten mit Vivis schwerhöriger Schwiegermutter Rosemary und ihrem betagten Kater. Ich lese gern Bücher Mütter und Töchter und dieses hat mir nicht viel Konzentration, dafür aber das eine oder andere Schmunzeln und auch mal ein Tränchen abverlangt. Ich mochte die Liebesgeschichte und fand es spannend zu erfahren, was damals mit Athene und Suzanna passiert ist. Von mir ⭐⭐⭐⭐⭐ und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.09.2025
Wünsche, Christiane

Es bleibt doch in der Familie (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Christiane Wünsche zählt zu meinen Lieblingsautorinnen, ich habe alle ihre Familienromane sehr gern gelesen und auch mit dem neuesten Es bleibt doch in der Familie hat sie meine Erwartungen erfüllt. Es geht um eine Erbengemeinschaft und deren Umgang mit dem Erbe nach dem Tod ihrer Tante Klara.
Klara lebte seit ihrer Heirat in den 1950er Jahren auf der Rheininsel Hohenwerth. Die Insel ist vom Festland aus nur mit dem Boot erreichbar, Klara lebte dort seit dem frühen Tod ihres Mannes ganz alleine. Bis zu einem Vorfall in den Achtziger Jahren lud sie ihre beiden Schwestern und deren Kinder jeden Sommer zu sich auf die Insel ein. Sie hat ihr Erbe zu gleichen Teilen den sechs Kindern ihrer Schwestern und einer unbekannten siebten Person vermacht, die sie in ihrem Testament als ihre große Liebe bezeichnet.
Klaras älteste Nichte Marlene hat den meisten Kontakt zu ihrer Tante. Sie lebt allein und arbeitet als Klavierlehrerin. Klaras Klavier ist das einzige, an dem sie vom Erbe ihrer Tante interessiert ist. Sie ist traurig darüber, dass Klara ihr nie von ihrer großen Liebe erzählt hatte.
Der Roman ist aus der Perspektive der drei Schwestern Marlene, Esther und Nicky geschrieben. Esther ist verheiratet, hat zwei Söhne und wird bald Oma. Nicky ist geschieden und hat eine erwachsene Tochter, ihr Zwillingsbruder Andy lebt mit seinem Mann in Australien.
Bei der Testamentseröffnung gibt es neben der Enthüllung der Identität von Klaras großer Liebe eine weitere Überraschung für die Familie. Ihnen wird eine Frist von vier Wochen eingeräumt, um zu entscheiden, wie sie mit dem Erbe verfahren wollen, Klaras einzige Bedingung ist, dass die Entscheidung einmütig getroffen wird.
Marlene ist mein Lieblingscharakter in dem Roman, sie ist meiner Meinung nach die Einzige unter Klaras Neffen und Nichten, die das Erbe verdient hatte. „Ihr wurde schmerzlich bewusst, dass sie ihr bisheriges Leben lang auf der Suche gewesen war, was sie als Frau eigentlich ausmachte. In früheren Zeiten hätte man sie vielleicht als alte Jungfer eingestuft, als kinderlose unverheiratete Frau ohne Aussicht, eine eigene Familie zu gründen und damit in der Mitte der Gesellschaft anzukommen. Doch obwohl es sie schmerzte, kein Kind zu haben, war sie zu keiner Zeit gesellschaftlich geächtet oder wegen ihres Singledaseins angefeindet worden.“ Ganz im Gegensatz zu ihrem Bruder Andi, der aufgrund seiner Homosexualität oft angefeindet wurde.
Marlene findet Antworten auf ihre Fragen in Peters Tagebüchern, doch was damals wirklich passiert ist, erfahren wir erst am Ende des Romans.
Ich habe das Buch in kurzer Zeit verschlungen, da immer wieder neue Fragen aufgetaucht sind, auf die ich Antworten haben wollte, allen voran: Wer war Klaras große Liebe und war Peters Tod wirklich ein Unfall? Besonders gut gefallen hat mir die Entwicklung von Michael, der seine ignorante und arrogante Einstellung zu Menschen, die in seinen Augen nicht „normal“ sind, überdacht hatte. Als Familienmensch habe ich mich auch sehr darüber gefreut, dass sich die sechs Cousins und Cousinen im Zuge der Erbangelegenheit wieder angenähert hatten. Christiane Wünsche hat erneut einen spannenden und interessanten Roman geschrieben, den ich sehr gern weiterempfehle.

Bewertung vom 06.09.2025
Ahrens, Henning

Jahre zwischen Hund und Wolf


ausgezeichnet

Jahre zwischen Hund und Wolf von Henning Ahrens ist das erste Buch, das ich von dem Autor gelesen habe. Sein Buch Mitgift wurde 2021 für den Deutschen Buchpreis nominiert, was mich nicht überrascht. Jahre zwischen Hund und Wolf hat mir sehr gut gefallen.
Hardy ist Comiczeichner. Er kommt ursprünglich aus Kiel, lebt aber seit einigen Jahren in einem kleinen Dorf in der Normandie. Seine Freundin Aîné betreibt den örtlichen Blumenladen.
Zwei Ereignisse erschüttern Hardys ruhiges Leben, erstens: Er findet am Strand die Erkennungsmarke eines deutschen Soldaten. Sein Freund Vincent, der capitaine de police, findet die Enkeltochter des in der Normandie während des Zweiten Weltkriegs gefallenen deutschen Soldaten. Gisela Krause reist in die Normandie, um sich persönlich bei Hardy zu bedanken.
Das zweite wichtige Ereignis ist die Traueranzeige einer Frau, deren Name ihm nichts sagt. Neugierig reist er nach Kiel, um an der Trauerfeier teilzunehmen. Es stellt sich heraus, dass er den betagten Golden Retriever Brahma geerbt hatte. Er nimmt den Hundesenior mit in die Normandie, wo er ihm einen schönen Lebensabend beschert.
Wir begleiten Hardy in seinem Alltag als Comiczeichner. Er arbeitet am 12. Band einer Fantasy-Reihe, würde aber viel lieber eine Graphic Novel über die Zeit der deutschen Besatzung in der Normandie schreiben. Dafür befragt er den betagten Veteranen Jean-Jacques: „Ich habe nicht den Eindruck, dass Sie zu den neuen deutschen Nazi-Wölfen im Schafspelz zählen. Übrigens erschreckend, aber was uns Franzosen betrifft, so haben wir nichts vergessen, und wir werden nie vergessen. Wir bleiben wachsam, Monsieur.“ In der Normandie wird jährlich der D-Day groß gefeiert, der Tag, an dem die Alliierten am Strand gelandet und Frankreich befreit haben. Im ganzen Départment finden sich Gedenk- und Erinnerungsstätten an die meist kanadischen und britischen Befreier.
Sehr berührt hat mich die Beziehung zwischen Hardy und seinem Hund. Als Hundehalterin ist mir bei der gemütlichen Zweisamkeit der beiden das Herz aufgegangen. Sehr gelacht habe ich darüber, wie die Dorfbewohner*innen es geschafft haben, Gisela Krause zu vertreiben.
Auch das Setting Normandie und das Dorf Saint-Lazare-sur-Terrette haben es mir angetan, mich teils berührt und teils zum Lachen gebracht. Der Roman endet mit der Feier zu Hardys 60. Geburtstag, zu der auch seine Tochter Lou aus London und sein Schulfreund Peter aus Frankfurt anreisen, mit dem er nach dem Abitur zum ersten Mal die Normandie bereist hatte.
Alles in allem ein sehr gelungener Normandie-Roman, den ich gerne weiterempfehle.