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katharina.51
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Kaiserslautern

Bewertungen

Insgesamt 11 Bewertungen
Bewertung vom 30.09.2025
Yueran, Zhang

Schwanentage


sehr gut

Das Schwanenhotel
Bei Literatur aus China muss man immer bedenken, dass die Autoren sich auf einer Gratwanderung befinden, vieles muss "durch die Blume" gesagt werden, eher subtil als direkt. Hinter jedem Satz kann sich eine versteckte Welt befinden. Die Autoren aus den Ländern in denen Zensur herrscht sind Meister darin, in der Andeutung liegt die Kunst, wer will, der verstehe.
So hat auch die junge Autorin Zhang Yueran ihr Buch "Schwanentage" so leicht und locker geschrieben, dass keine Zensur was darin finden könnte.
Sie hat einfach eine kleine Geschichte erfunden, um eine der superreichen Familien herum, die wie alle anderen ihrer Klasse Bedienstete haben.
Mit ihrem Kindermädchen vom Lande hat diese Familie großes Glück gehabt.
Yu Ling kümmert sich hingebungsvoll um den kleinen Sohn und macht auch sonst mehr als sie müßte - und sie ist loyal. Nach chinesischer Art zeigt man ihr natürlich keine Dankbarkeit oder gar freundschaftliche Zuwendung, im Gegenteil, man wahrt den Abstand.
Das Buch gewährt einen kurzen Blick auf viele Aspekte der chinesischen Gesellschaft, die für uns Menschen des Westens nicht so einfach nachzuvollziehen sind.
Es ist ein Vergnügen dieses kleine Buch zu lesen, leicht, locker, unterhaltsam, aber nicht trivial.
Es lohnt sich die chinesische Gesellschaftsstruktur tiefer zu ergründen.

In ihrer Danksagung weißt die Autorin daraufhin, dass der Originaltitel des Buches "Schwanenhotel" und nicht "Schwanentage" lautet. Sie sagt dazu:"Einmal geht es um Zeit, einmal um Raum. Aber auch die Zeit ist ein Raum; intimer, weiter,"

Ich finde es sehr schade, dass zu dem wunderbaren Umschlagentwurf keine Quelle angegeben ist, außer das Ashmolean museum Oxford.
Da kann ich lange suchen.

Bewertung vom 10.09.2025
Louis, Édouard

Der Absturz


sehr gut

"Ich hasse meinen Bruder"
Von katharina.51

"Ich hasse meinen Bruder",ein schwerwiegender Satz, der einen zum Erschrecken bringt und zum Nachdenken. Was kann es sein, das den Menschen zum Hass gegen den eigenen Bruder bringen kann? Der Autor Édouard Louis beschreibt in seinem Buch "Der Absturz" seine Familiengeschichte, in der er nach einer Erklärung sucht, warum der Bruder so geworden ist, wie er ist. Sind es familiäre oder soziale Determinationen, ein Klassenschicksal, er weiß es nicht. Ihn quälen Fragen wie: "Ab welchem Moment wird aus Handlungen ein Schicksal? Bis zu welchem Moment hätte jemand, zum Beispiel meine Eltern die Richtung beeinflussen können, die sein Leben nahm? Ab wann ist es zu spät?"
Er hat Schuldgefühle, hätte er seinem Bruder helfen können oder müssen, wenn ja, aber wie. Seine eigene Rettung ist die Distanz.
Der Autor lässt den Leser ratlos zurück, er muss sich seine eigene Meinung bilden. Hätte er diesen Bruder auch gehasst, oder wäre er zu retten gewesen?
Ein lesenswertes Buch, dass einen schmerzenden Haken im Herzen zurück lässt.

Bewertung vom 07.08.2025
Dröscher, Daniela

Junge Frau mit Katze


sehr gut

Wunderwaffe Geist
Ela, eine junge Frau, schon fast zehn Jahre im Wissenschaftsbetrieb ihrer Universität bereitet sich auf die Disputation ihrer Arbeit vor. Doch sie hat Angst davor zu versagen. Gequält von vielerlei krankhaften Körperzuständen, denen kein Arzt auf die Spur kommt, ist sie der Verzweiflung nahe, bis sie endlich einen Doktor findet, der ihr den entscheidenden Rat erteilt. Sie sollte die Wissenschaft an den Nagel hängen und Schreiben.
Und sie schreibt, erlebt die Befreiung im Schreiben, beginnt zu sehen und zu begreifen. All das was ihr das Leben schwer gemacht hat fällt von ihr ab.
Die mit Preisen bedachte Autorin hat einen autofiktionalen Roman geschrieben. Ihre bildgewaltige Sprache malt dem Leser Bilder direkt in die Augen und in die Seele. Ihr virtuoser Umgang mit Sprache ist gespeist aus Wissen und Fühlen, aus Beobachtung des Inneren und des Äußeren.
Der Umgang und das Spiel mit Worten und Sätzen, ihre eigenwillige Kombination begeistern. Die in den Text eingestreuten Wörter aus Grimms Wörterbüchern kennt und benutzt heute wahrscheinlich niemand mehr, um so bezaubernder sind sie.
Für manche Leser geht es in diesem Buch vielleicht zu viel um Krankheiten und deren Ausblühungen, es ist ein Buch für Textliebende und Wortbegeisterte.

Bewertung vom 03.08.2025
Fonthes, Christina

Wohin du auch gehst


sehr gut

Ngozi - gesegnet
Der Kongo, heute Demokratische Republik Kongo, hieß auch schon Zaire und hatte auch schon andere Namen. In fünfzehn Jahren hatte es drei Präsidenten, drei Flaggen, unzählige Rebellentruppen und unzählige Multis gegeben, die sich an Coltane, Diamanten und Holz bereichert haben. Eine Flut von Flüchtlingen war die Folge.
In dieser Zeit hat die Autorin die Geschichte ihres Buches angelegt.
1981 in Kinshasa. Mireille ist die schöne Tochter eines wohlhabenden Mannes, dem zukünftigen Gouverneur. Sie ist gut erzogen, besucht das Gymnasium mit der Aussicht auf die Kunstakademie. Sie wird von ihren Eltern sehr geliebt, vor allem hängt sie an ihrem Vater. Noch nicht sechzehnjährig wird sie neugierig auf die Liebe. Nachdem sie schwanger geworden ist, wird sie vom Vater verstoßen und verläßt Afrika.
Die afrikanischen Traditionen und Ehrbegriffe sind streng und patriarchalisch, wehe ein Mädchen wagt es seinen eigenen Weg zu gehen. Es muss die Konsequenzen mit aller Härte tragen.
Einige Jahre später gibt es wieder ein Mädchen in der Familie von Mireille, das sich außerhalb der Norm bewegen will.
Ihre lesbische Neigung soll sogar durch einen Exorzismus ausgetrieben werden.
Schweigen und Verschweigen ist das große Thema in der Familie, wie bei vielen anderen auch, die sich nicht an die schrecklichen Kriegserlebnisse erinnern wollen, die und andere persönliche Verletzungen werden tief im Inneren vergraben, sind aber immer dabei und beeinflussen das ganze Leben.
Quälende Schuldgefühle beherrschen die beiden Protagonistinnen.

Die junge Autorin hat ein Buch geschrieben, dass Einblick gibt in afrikanisches Leben. Modern, informativ, unterhaltsam und hochdramatisch. Sie hat diese Familiengeschichte ineinander verwobenen, kunstvoll wie die afrikanischen Braids, erst am Ende sieht man, wie es wirklich ist.

Das Cover des Buches ist ein typisches Diogenes-Cover. Ein Gemälde von Tamara Tashna Downes mit dem Titel "Ngozi" von 2022. Ngozi ist ein viel gebrauchter Name in der Sprache der Igbo und bedeutet "gesegnet"
Besser hätte es der Verlag nicht auswählen können.

Bewertung vom 27.07.2025
Schoeters, Gaea

Das Geschenk


sehr gut

Politsatire
Eine kleine Änderung in einem deutschen Gesetz, dass den Normalbürger nicht betrifft, der es gar nicht wahrnimmt, weil es in seiner Lebenswirklichkeit nicht stattfindet, hat Auswirkungen in einem Land zehntausen Kilometer entfernt und hat dort Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit der Menschen die dort wohnen. Ein Danaergeschenk folgt darauf, dass die Augen öffnen soll.
Das geschieht aber nicht. Die Wahrheit, das Erkennen geht unter in der uns hinlänglich bekannten Parteienpolitik.
Die Idee zu diesem Buch fand die Autorin in einer liegengelassenen Zeitung im Zug. Der Präsident von Botswana hat Deutschland zwanzigtausen Elefanten angeboten, weil Detschland das Importgesetz für Elfenbein verschärft hatte.

Eine Politsatire, die leider nur allzuwahr die Realität des politischen Geschehens aufs Korn genommen hat. Die Autorin, deren Vater Politiker war, hat schon früh einen Einblick in das tatsächliche Geschachere der Parteienpolitik gewonnen. Man könnte verzweifeln an dem was tatsächlich hinter den Kulissen geschieht und dem Volk mit widerlicher Propaganda verkauft wird.
In ihrem Buch hat die Autorin dem Leser den Ausweg des Lachens angeboten, wie es die Aufgabe der Satire ist.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.06.2025
Bröhm, Alexandra

Yrsa. Journey of Trust / Yrsa - Eine Wikingerin Bd.2


sehr gut

Ehre, Rache, Kampf und Liebe
Die Autorin hat ihre Geschichte im 9.Jahthundert angelegt, in der Zeit als Karl der Große das riesige Frankenreich zu einer einmaligen Blüte gebracht hatte. Es lohnte sich für die Wikinger ihre regelmäßigen Raubzüge in diese Gebiete durchzuführen.

So auch für die Gruppe, der die Romanheldin Yrsa angehört. Sie war eine Kämpferin, von frühester Jugend an ausgebildet und trainiert, als Bogenschützin war sie unübertroffen und wertvoll. Da es nicht üblich war, dass Frauen als Kämpferin ausgebildet waren und es bei manchen als Unglück galt eine Frau dabei zu haben, waren die Konflikte schon vorprogrammiert. Ehre, Rache und Kampf sind die bestimmenden Elemente im Leben eines Wikingers, der auf Raubzüge geht und immer geht es auch um Leben und Tod. Sie sind immer in spiritueller Begleitung ihrer Seherinnen und selbst stehen sie durch ihren heidnischen Glauben in Kontakt mit Naturgeistern, Elfen und Trollen, die ihnen helfen aber auch schaden wollen.

Alexandra Bröhm hat einen spannenden Schmöker von sechshundert Seiten geschrieben. Vergangene Zeiten, Liebesgeschichten, Verrat, Intrige, Verstrickungen, Abenteuer und Nordic Fantasy sind eine bewährte Mischung, die den Leser in ihren Bann ziehen. Besonders erhellend ist das Nachwort der Autorin zum historischen Hintergrund der Wikinger.

Bewertung vom 14.06.2025
Myers, Benjamin

Strandgut


sehr gut

"Trauer ist der Preis der Liebe"
Ein alter Mann mit Schmerzen. Er nimmt Opioide, die ihm ein oder zwei goldene Stunden in der „Wüste des Schmerzes“ schenken. Das ist aus seinem Leben im Alter geworden. Diese Stunden am Tag sind alles was ihm geblieben ist. Früher hat er mal gesungen, da war er noch ganz jung, er war einmal der „ king of soul“, in Amerika, doch die haben ihn längst vergessen. Doch in England anscheinend nicht. Eine Einladung flattert ins Haus, er soll singen auf dem Soulfestival in Scarborough. Trotz der Schmerzen macht er sich auf den Weg. Er hat ja seine Tabletten, doch die vergisst er im Flugzeug. Was jetzt?
Hier beginnt und endet die tragische Geschichte von Earlon "Bucky" Bronco.
Der Autor schreibt aus der rauhen, gnadenlosen Welt sowohl Amerikas als auch Englands. Schmerz, Verzweiflung, Erkenntnis und neue Hoffnung stehen nebeneinander.
Ein sehr schönes Cover, eine Strandszene, wie ein Ölgemälde auf Leinwand verleiht dem Buch einen zusätzlichen Reiz.

Bewertung vom 25.05.2025
Leciejewski, Barbara

Am Meer ist es schön


gut

"... kaputter Mensch"
Eine Familiengeschichte aus den sechziger Jahren mit ihren Auswirkungen auf das Leben der Hauptfigur Susanne bis in das Jahr 2018.
Da öffnet sie sich zum ersten Mal und erzählt am Sterbebett ihrer Mutter, von dem was sie als neunjährige im Verschickungsheim Morgentau an der Nordsee erlebt hat. Sie erzählt es ihrer Tochter im Beisein ihrer Mutter, die ihr damals nicht geglaubt hat. Das Erleben in diesem Heim hat sich tief und schmerzhaft in die Seelen der Kinder gebohrt und viele von ihnen konnten niemals darüber reden, geblieben sind ihnen verstörende Albträume. Oft wurde das Vertrauen zu den Eltern zerstört. In den Büchern von Anja Röhl, auf die sich die Autorin u.a. bezieht und in lexikon@socialnet.de ist nachzulesen wie es den Verschickungskindern erging und vor allem ist zu erfahren, was die skandalösen Hintergründe dieses 100-Millionen Geschäftes waren, dessen Wurzeln der Systeme nicht nur in die NS-Zeit reichen sondern schon in den 1930iger Jahren propagiert, dessen "schwarze Pädagogik" bis in die 1990 Jahre angewendet wurde und erst sehr spät Interesse an Aufklärung weckte.

Die Autorin hat ein einfaches, gut zu lesendes Buch geschrieben, das im besten Fall dazu anregt sich tiefer mit diesem Geschehen zu befassen.
Die Beschreibungen der Charaktere blieben flach und bewegten sich dadurch auf einem literarisch wenig anregenden Niveau. Mehr aufklärende Fakten hätten auch einem Roman gutgetan.

Bewertung vom 16.05.2025
Keintzel, Robert Ralf

Eine Geschichte der Menschen mit Behinderung


ausgezeichnet

Mehr als tausend Jahre im Überblick
Das Buch des Autors R.R.Keintzel ist ein hochinteressantes geschichtliches Sach-und Fachbuch mit dem besonderen Fokus auf die Medizinhistorie mit einer Ausrichtung auf das Thema Seuchen, Krankheiten und Behinderungen in der langen Zeit von 500 - 1620, dem sogenannten dunklen Mittelalter. Schon dieser Terminus impliziert, dass es nicht viel dokumentarisches Material gibt und dass der Autor ein enormes Quellenmaterial sichten musste. Die Machart des Buches erinnert an eine Dissertationsarbeit. Wer sich aus wissenschaftlichen Gründen mit ihm befasst, wird eine große Menge an gut recherchierten Fakten finden und auch der interessierte Laie wird es fasziniert lesen.

Bewertung vom 28.01.2025
Kirakosian, Racha

Berauscht der Sinne beraubt


sehr gut

Die Sehnsucht nach der Gottesvereinigung
Ekstase, ein Wort, das nicht im entferntesten beschreiben kann, was das eigentlich ist und sein kann. Die Autorin selbst bezeichnet ihr Buch, in dem sie vielfältige Themen dazu anspricht, als unzulänglich, "man brauchte ein Werk von zwölf Bänden", um diesem Begriff nahe zu kommen.
Die Professorin Racha Kirakosian ist Mediävistin, im Zuge ihrer Forschungen über das Mittelalter ist sie immer wieder dem Begriff und den Zuständen von Ekstase begegnet, was sie dazu inspiriert hat umfassend zu klären, was es damit auf sich hat.
Sie hat dazu ein enormes Pensum an Quellenstudien und begleitender Literatur absolviert, aus allen Sparten der Wissenschaft. Eine ungeheuere Arbeit!
Für jeden, der sich für alles in und außerhalb dieser Welt interessiert, ein Beitrag, für jeden der mehr wissen will. Ein gewisses Maß an Vorwissen und Bildung erleichtert die Lektüre.

Ein Nachwort zu dem Kapitel:Der Moment des Aufprall - Freude im Schmerz
Ich will darauf hinweisen, dass die Selbstzufügung von körperlichem Schmerz, wie es heute noch im Katholizismus praktiziert wird ganz und gar unbiblisch ist, weder von Gott noch von Jesus Christus gewollt, im Gegenteil!