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meerblick

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Insgesamt 504 Bewertungen
Bewertung vom 02.11.2025
Bähr, Julia

Hustle (eBook, ePUB)


sehr gut

Racheengel

Leonie ist ziemlich sauer, als sie erfährt, dass ihr Chef ihre Arbeit einfach als die seine verkauft. Kurzentschlossen kündigt sie und hinterlässt ihm ein ganz besonderes Abschiedsgeschenk. Ihre neue Arbeitsstelle führt sie nach München. Es ist nicht ihr Traumjob und das Geld reicht eigentlich auch kaum zum Überleben in der luxusverwöhnten Stadt. Der geliebten Pflanzengenetik musste sie auch Lebewohl sagen, dafür hat ihr ehemaliger Chef nach ihrem finalen Auftritt gesorgt. Nun archiviert sie in einem Kellerraum des Staatsmuseums für Zoologie Schmetterlinge, Käfer und dergleichen. Ihre Wohnung gleicht eher einem Loch. Aber mehr kann sie sich nicht leisten. Bis sie eines Tages die Bekanntschaft einer Frau macht, die ihr einen Weg eröffnet, der ihr viel Geld einbringt. Nun trifft sie sich regelmäßig mit ihren drei neu gewonnen Freundinnen, die ebenso ihren kleinen Nebenerwerbsmöglichkeiten haben, die ihnen ein angenehmes Leben ermöglichen.
Julia Bähr erzählt witzig, frech und erfrischend in ihrem Roman ‘Hustle‘ wie man mit zum Teil recht unkonventionellen Ideen zu einem gewissen Reichtum kommen kann. Besonders amüsant ist die Beschäftigung der Protagonistin mit einem Schleimpilz, der stets mit besonderem Interesse gehegt und gepflegt wird, unter ständiger Beobachtung steht. Die Autorin vertieft sich in Themen der Moralvorstellungen, des Konsumverhaltens und freundschaftlicher Beziehungen, die sie mit einer gewissen Portion Ironie betrachtet, dabei die Lachmuskeln nicht selten strapaziert.

Bewertung vom 01.11.2025
Zevin, Gabrielle

Das erstaunliche Leben des A.J. Fikry (eBook, ePUB)


sehr gut

Die große Liebe zu Büchern

Der Roman ‘Das erstaunliche Leben des A.J. Fikry‘ von Gabrielle Zevin wird nicht in chronologischer Reihenfolge erzählt, sondern mit Zeitsprüngen. In den von der Autorin gewählten Erzählstil muss man sich einfinden. Doch sehr schnell erkennt man den Charme des Buches und taucht ein in eine herzerwärmende, humorvolle und etwas melancholische Geschichte. Die Charaktere sind ein wenig skizzenhaft gezeichnet. Leicht folgt man ihren Gedanken und Gefühlen, die mich doch sehr nachdenklich stimmen konnten.
A.J. Fikry ist ein grummeliger Griesgram, der seine Frau verloren hat und die Menschen um sich herum sehr distanziert, ja unfreundlich behandelt. Er besitzt einen kleine Buchlanden auf der pittoresken Insel Alice, der nicht besonders gut läuft. Doch seine Liebe zu den Büchern ist alles was ihm geblieben ist. Da ist es nur allzu verständlich, dass ihm der Verlust eines wertvollen Buches aus der Fassung bringt. Eines Tages jedoch tritt die kleine Maya in sein Leben und von nun an ändert sich nicht nur sein Alltag.
Der Roman erzählt vom Verlust und Neubeginn, stellt die großartige Wirkung von Geschichten in den Mittelpunkt. Die Wandlung von A.J. Fikry hat etwas berührendes. Warum er an Maya immer wieder Buchempfehlungen richtet, wird im Laufe der Erzählung geklärt.

Bewertung vom 01.11.2025
Wahl, Caroline

Die Assistentin


gut

Toxische Arbeitsverhältnisse

Charlotte, die Protagonistin in Caroline Wahls neuen Roman ‘Die Assistentin‘, hat es geschafft. Sie ist die Assistentin des Verlegers in einem renommierten Münchner Verlagshaus. Da muss man schon mal die Zähne zusammenbeißen, sich durchkämpfen und darf nicht zimperlich sein. Das geben ihre Eltern Charlotte als gut gemeinten Ratschlag mit auf den Weg in ihr beginnendes Berufsleben. Eigentlich. hätte sie ja viel lieber Musik studiert. Aber als brave Tochter befolgt sie den Wunsch von Mutter und Vater. Nun erfüllt sie also die Wünsche ihres launischen Chefs, die nicht immer klar definiert und allzu oft auch privater Natur sind. Assistentinnen kommen und gehen, aber sie glaubt ein gutes Verhältnis zu diesem unberechenbaren Mann zu haben, redet sie sich jedenfalls immer wieder mantraartig ein.
Caroline Wahl hat das Hörbuch selbst eingesprochen und sich damit keinen Gefallen getan. Weder ihre Stimme noch ihr Dialekt als auch dieser monotone Redefluss tragen zu einem wirklichen Hörgenuss bei. Häufige Wiederholungen lassen das Interesse weggleiten. Mich hat insbesondere die wiederkehrende Fäkalsprache sehr gestört.
Das gewählte Thema ist aktuell und interessant zugleich. Doch die Umsetzung hat mich diesmal weniger begeistert als ihre beiden Vorgängerromane.

Bewertung vom 31.10.2025
Rainer, Andreas

Der Flügelschlag des Paarfalters


gut

Auszeit, um über das Leben nachzudenken

Jonas ist erfolgreich in seinem Job. Er bereist die ganze Welt, lernt die kulinarischen Köstlichkeiten der Völker kennen, genießt diese. Doch ist das schon alles, was das Leben ihm zu bieten hat, was wirklich zählt, fragt er sich? Was nimmt er als wesentlich für sich als Persönlichkeit wahr?
Eine zunächst undefinierbare Unzufriedenheit macht sich breit und so verlässt Jonas kurzentschlossen den Flughafen in Schwechat, obwohl er bereits sein Gepäck aufgegeben hatte, besteigt die Bahn nach Wien, nutzt das wunderbare Sommerwetter und streift drei Tage durch seine Heimatstadt. Er sucht nach Antworten auf Fragen, die er bis zu diesem Zeitpunkt seines Aufbruchs nicht erahnte. Seine Zufallsbekanntschaften zeigen ihm wie vielfältig Glück oder Unglück im Leben sein kann, welche Wege es gibt voranzukommen, nicht stehen zu bleiben, nach vorn zu blicken, sein Schicksal in die Hand zu nehmen. Es kommt darauf an, bewusste Entscheidungen zu treffen, um Verantwortung für sich zu übernehmen.
Die Menschen, die er auf seinem Weg getroffen hat, standen für mich als Sinnbild für Leidenschaft, Wissensdurst, Fürsorge, Schuld und Wiedergutmachung, Hilfsbereitschaft, Verzweiflung, Einsamkeit. Durch den Verlust seiner Zahlungsmittel, befreite er sich im übertragenen Sinne von der Last ganz alltäglicher, weltlicher Sorgen und begab sich in einen Zustand der Leichtigkeit und Unbeschwertheit. Seine Rastlosigkeit wiederum spiegelte die Suche nach dem sinnerfüllten Dasein wider.
Ich konnte leider nicht in jeder gewählten Metapher die Poesie des Seins erkennen, wurde sehr nachdenklich gestimmt.

Bewertung vom 31.10.2025
Koppel, Benjamin

Großmutters Geheimnis


sehr gut

Generationsübergreifende Konflikte

Benjamin Koppel präsentiert mit seinem Roman ‘Großmutters Geheimnis‘ eine Geschichte, die sich vielschichtig, konfliktreich und verstörend zugleich zeigt. Es ist die weiterführende Schilderung von Schicksalen einer jüdischen Familie, die in ‘Annas Lied‘ ihren Anfang fand. In der Musik, das alles Verbindende, finden die Protagonisten ihre Heimat. Sie fühlen jeden Ton, erleben diesen auf ihre ganz eigene Art im Innersten bewegend, intensiver als jedes Wort es auszudrücken vermag. Musik ist das verbindende Element zwischen Ruth, Lillian und Alexander, eine Sprache, die sie hervorragend verstehen und sprechen.
In den beiden Handlungssträngen des Romans kommt zum einen die sehr betagte, über neunzig jährige Ruth zu Wort, die ihre Lebensgeschichte auf Kassetten aufnimmt, in der Hoffnung, dass ihr Enkel sich diese eines Tages anhören wird. Es sind äußerst bewegende Worte, die ihr nicht leichtfallen, sie auszusprechen, die eine grausame menschenverachtende Zeit unter der Naziherrschaft im Ghetto Theresienstadt beschreiben. Sie schildert darüber hinaus, wie konfliktreich sich ihr weiteres Leben als Konsequenz dessen, was sie als sehr junge jüdische Frau erleiden musste, gestaltet hat. Äußerst berührend und mitfühlend zeichnet der Autor diesen Charakter.
Der andere Handlungsstrang führt nach Kopenhagen der Jahre 2015 und 2016. Alexander, ein talentierter, junger Musiker ist unzufrieden mit sich und dem was um ihn herum passiert. Die Ursachen dafür bleiben lange Zeit im Verborgenen. Nur seine äußerst egozentrische Mutter Lillian könnte ein Grund dafür sein oder ist es eher der übergroße Wunsch seiner langjährigen Freundin, die alles unternimmt, um endlich schwanger zu werden?
Im Roman werden schwerwiegende Themen wie Identitätskrisen, generationsübergreifende Konflikte mit ausgeprägten Angststörungen, Ablehnung und Suchtprobleme angesprochen, die nach Lösungen schreien. Wie diese umgesetzt wurden, ist sicherlich sehr individuell zu betrachten. Für mich kamen die Auflösungen der Konflikte überraschend schnell, ohne den von mir erwarteten Schlussakkord, der dieser spannenden, sich stets steigernden Geschichte letztendlich die ihr gewünschte Tiefe verleiht.

Bewertung vom 27.10.2025
de Meo, Luca

Autos - mi amore!


ausgezeichnet

Ein Fest für jeden Automobil-Liebhaber

In Luca de Meos Sachbuch ‘Autos – mi amore! Eine Reise durch die unglaubliche Welt des Automobils von A-Z‘ kann sich der begeisterte Autoliebhaber von seinen schönsten Träumen einfangen lassen und in die ach so wunderbare, faszinierende Welt der Motorisierung eintauchen. Der Autor weiß nicht nur fundiert und interessant über die rassigen Kisten mit den charmanten PS-Zahlen unter der Haube zu berichten, nein auch die ein oder andere Geschichte rund um die Branche und ihren großen Managern vermittelt er mit großen Unterhaltungswert. Natürlich bekommt auch Michael Schumacher seinen Platz in einem besonderen Artikel. An welchen verstörenden, durchdringenden Blick die Frontpartie des Peugeot 504 erinnert, verrate ich jetzt nicht. Das zeigen aussagekräftige Zeichnungen, die das geschriebene Wort an der ein oder anderen Stelle im Buch wunderbar beleben.

Bewertung vom 27.10.2025
Uketsu

HEN NA IE - Das seltsame Haus


ausgezeichnet

Was kann man glauben?

Der japanische Schriftsteller Uketsu konnte mich auch mit seinem zweiten, beim Bastei-Lübbe Verlag erschienenen Kriminalroman ‘HEN NA IE – Das seltsame Haus‘ begeistern. Sein Schreibstil ist anders, man muss sich darauf einlassen, wie er Geschichten erzählt, sie gestaltet, seine Charaktere formt, um sie urplötzlich wieder in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Nicht nur einmal dachte ich beim Lesen, habe ich hier irgendwas verpasst? Es hilft sehr genau und konzentriert in der Geschichte zu sein, damit man auch die kleinen versteckten Details wahrnimmt, sie einordnet und na ja, dann doch eine falsche Spur verfolgt. So jedenfalls ist es mir ergangen. Mir fällt immer wieder der Vergleich mit dem Film ‘Die üblichen Verdächtigen‘ ein, um das Wesen des Buches annähernd zu beschreiben.
Der Investigativjournalist und Ich-Erzähler, dessen Identität zum Schluss als Überraschung enthüllt wird, tauscht sich mit einem Freund über dessen Wunsch ein Haus in Tokio zu kaufen, aus. Dabei begutachten beide den Grundriss und natürlich die Lage, die sich idealerweise in der Nähe zur nächsten Bahnstation befinden sollte. Beim näheren Betrachten die Baupläne kommen dem Ich-Erzähler Zweifel. Daher tauscht er sich mit einem Architekten aus, der sich in seiner Freizeit mit Okkultismus und dem Lesen von Kriminalromanen beschäftigt. Auch der Leser wird nun aufgefordert, die Baupläne genauer zu betrachten. Und tatsächlich entdeckt man einige Merkwürdigkeiten, die nach Meinung des Architekten und Hobbykriminalisten offensichtlich mit einem finsteren, spirituell geprägten Geheimnis verbunden sind. Doch kann das überhaupt sein?
Die Geschichte entwickelt sich zunächst moderat trotz einer mörderischen Theorie. Es bleibt Zeit, den eigenen Gedanken nachzugehen. Dann plötzlich fügt sich ein Puzzle zum anderen. Man glaubt sich schon auf der Ziellinie der Aufklärung zu befinden, wirft letztendlich eine Aussage noch einmal alles über den Haufen.
Meisterhaft komponiert mit vielen Wendungen und einem lauten finalen Paukenschlag präsentiert sich Uketsus Kriminalroman, den ich Lesern empfehle, die gern neue Pfade im Genre betreten möchten.

Bewertung vom 27.10.2025
na Mara, Loireag;Korsh, Marianna

Keltische Winternächte


ausgezeichnet

Die Magie des hohen Nordens

Das Jahr neigt sich seinem Ende entgegen. Die Sonnenstunden werden weniger, dicke regenschwere Wollen ziehen über den Himmel und lassen schwere Tropfen auf die Erde niederprasseln. Bald schon werden sie sich in Schneeflocken verwandeln und eine weiße Decke über die Landschaft legen. Es wird still und dunkel, nur der Wind streift fauchend über die abgeerntete Felder, um die Häuser, die sich ganz klein machen und aus deren Schonsteinen dicker, weißer Rauch aufsteigt, der eine wohlige Wärme in den Stuben erahnen lässt.
Schon sind wir gefangen in der zauberhaften Welt der Märchen, die uns an langen Winterabenden angenehm unterhalten. Loireag na Mara entführt uns in ‘Keltische Winternächte‘ in das Land der Feen und geisterhaften Erscheinungen, die wundersame Dinge hervorzaubern, manchmal ein wenig gruselig daherkommen. Traumhafte Grafiken von Liga Klavina-Raiska mit kleinen versteckten Details, wenn man genau hinschaut, gestalten diese Buch zu einem Kleinod der Extraklasse. Es macht einfach ungeheuren Spaß sich beim Betrachten zu verlieren und dabei Entspannung zu finden.
Wer auf der Suche nach einem märchenhaften Geschenk ist, kann hier fündig werden mit diesem besonderen Buch aus dem Wunderhaus Verlag.

Bewertung vom 26.10.2025
Konishi, Masateru

Die Bibliothek meines Großvaters (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Rätseln als Kunst erhoben

Masateru Konishi debütiert mit seinem Roman ‘Die Bibliothek meines Großvaters‘, der in Japan eine begeisterte Leserschaft besitzt, bereits ausgezeichnet wurde und als erster Teil einer geplanten Trilogie den Markt eroberte.
Die vielen kleinen Geschichten mit mystischem und kriminalistischem Hintergrund reihen sich ein in eine Familiengeschichte. Dabei steht die Beziehung zwischen der siebenundzwanzig jährigen Kaede Iwata und ihrem an Demenz erkranktem Großvater, die sich beide beim Lösen von rätselhaften Kriminalgeschichten verlieren können, im Mittelpunkt der Handlung, bildet einen Rahmen. Insbesondere der Großvater verfügt in seinen bewussten Zeiten, ein großes, phänomenales Gespür, der Wahrheit hinter den verworrenen Fällen auf die Spur zu kommen. Selbst als Kaede in eine gefährliche Situation gerät, steht ihr Großvater hilfreich an ihrer Seite.
Der Schreibstil ist eher ruhig, fast schon zurückhaltend. Die Charaktere zeichnen sich durch positive Strukturen aus. Der Roman zeigt in seiner Vielschichtigkeit ein berührendes Verhältnis zwischen zwei Menschen mit einem deutlichen Generationsunterschied, eine sich entwickelnde Liebe und jede Menge spannende Unterhaltung.

Bewertung vom 26.10.2025
Wecker, Konstantin;May, Michaela;Astor, Willy

Wir alten Hasen


ausgezeichnet

Gedanken in bewegten Zeiten

Anna Marguerita Schön hat das Vorwort zu ‘Wir alten Hasen – Mut in bewegten Zeiten‘ geschrieben und darin die Geschichten von zehn Personen, die durch ihre Berufe und durch ihre Berufung in der Öffentlichkeit stehen, in einem Buch zusammengefasst. Ihnen allen gemein ist die Liebe zum Leben, einem friedlichen Leben, das vereint anstatt spaltet, wo sich die Menschen ergänzend zueinander finden anstatt in Hass und Verachtung gegenüberstehen. Sie wollen Hoffnung geben in Zeiten, die eher verwirren als friedliche Perspektiven aufzeigen, die Lebensgeschichten erzählen, von Gedanken und Gefühlen berichten, die optimistisch stimmen, vom bewussten Widerstand gegen die Unmenschlichkeit berichten, trotz Angst und Repressalien.
Konstantin Wecker, Michaela May Tilman Spengler u.a. zeigen, wie jeder von uns seinen Beitrag leisten kann unsere Welt stabiler und schöner zu machen. Es braucht nicht viel, ein Lächeln, ein aufeinander zugehen, das Annehmen von Andersartigkeit, um die Zufriedenheit im Miteinander wachsen zu lassen.
Mich haben die Geschichten bewegt. Sie geben sehr Persönliches preis, berühren, zeigen einen Weg in eine glückliche, freundliche Zukunft, die jetzt beginnen kann. Es liegt an uns, die kleinen Schritte der Menschlichkeit zu wagen.