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Langscheid

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Insgesamt 960 Bewertungen
Bewertung vom 20.12.2025
Edelmann, Max A.

Der unsichtbare Elefant


gut

Maria hat heute viel später Feierabend gemacht als üblich. Sie ist erschöpft und freut sich auf ihre Couch. Doch, was ist das? Wer steht dort oben und wankt hin und her? Oh nein, es ist Thomas ein sehr netter Kollege. Sie ruft ihm zu, dass er warten soll. Sie will ihm helfen. Er schaut sie an und sie liest Verzweiflung in seinen Augen. Und plötzlich gibt es einen Knall. Thomas liegt unten. Tot. Maria kann es nicht fassen. Auch als der Mann vom Kriseninterventionsdienst ihr Fragen stellt, kann sie diese nicht beantworten.

Maria ist felsenfest davon überzeugt, dass ihr Kollege nicht springen wollte. Leider wollte er sich nicht helfen lassen und das Unglück nahm seinen Lauf. Maria stammt aus Spanien und als sie ihre Stelle in der Redaktion antrat, war es Thomas, der ihr hilfreich zur Seite stand. Seine Ruhe und die stets gute Laune gaben ihr Kraft. Wie kann es sein, dass ein erfolgreicher und angesehener Journalist freiwillig in den Tod springt? Weder Chefs noch Kollegen können das nachvollziehen.

Der Anfang des Romans war vielversprechend. Ich freute mich auf ereignisreiche Lesestunden. Leider wurden meine Erwartungen nicht erfüllt. Rasch stellte sich heraus, dass der Autor sehr viele Menschen zu Wort kommen ließ. Der Grund für dieses Unterfangen war für mich nicht schlüssig. Wer hatte Schuld daran, dass Thomas Siebenmorgen seinem Leben ein Ende setzte? Waren es seine Eltern, die ehemaligen Klassenkameraden oder gar die Kollegen von heute?

Der unsichtbare Elefant punktet durch die bildhafte Sprache. Für mich nicht gelungen sind die vielen Personen, die alle eine Meinung zum besten geben wollen bzw. müssen. Das Ende bleibt offen und brennende Fragen werden nicht beantwortet.

Bewertung vom 20.12.2025
Marshall, Kate Alice

Eisnebel (MP3-Download)


ausgezeichnet

Connor und Theodora (Theo) haben sich verlobt. Einfach so, aus einer Laune heraus? Nein, sie lieben sich und möchten gemeinsam durchs Leben gehen. Beiden ist allerdings klar, dass die Familie Connors niemals damit einverstanden sein wird. Sie sind reich und bilden sich viel auf ihren Reichtum ein. Aber Connor möchte seine Braut endlich der Familie vorstellen und die beiden reisen gemeinsam nach Idlewood. So heißt das Domizil der Connors. Theodora fühlt sich überhaupt nicht wohl. Das liegt vor allen Dingen daran, dass sie Kurznachrichten erhält, die ihr sehr deutlich erklären, dass sie die Finger von Connor lassen soll.

Warum Theo diese mysteriösen Kurznachrichten bekommt und von wem sie gesendet werden, das bleibt sehr lange ein Geheimnis. Die Kälte, mit der sie von den Verwandten ihres Verlobten begrüßt wird, ist erschreckend. Liegt es nur daran, dass alle befürchten, sie wäre nur mit Connor zusammen, weil er reich ist? Oder hat das Missfallen einen ganz anderen Grund? Es gibt viele Wendungen und die Spannung ist gleichbleibend gut. Zwar bietet der mittlere Teil etliche Längen, aber das ist nicht überaus störend.

Eisnebel hörte ich mir sehr gerne an. Das lag nicht alleine an der spannenden Story. Auch die Sprecherin Heike Warmuth versteht ihr Handwerk bestens. Mein Fazit: Tadellose Unterhaltung mit nachvollziehbaren Wendungen. Also gibt es eine uneingeschränkte Hör- bzw. Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 13.12.2025
Poschenrieder, Christoph

Fräulein Hedwig (eBook, ePUB)


sehr gut

Hedwig ist das erste Kind von Margarete und Franz Poschenrieder. Schon sehr früh zeigt sich ihre enge Verbindung zur Religion. Sie beichtet oft, nahezu täglich, und fühlt sich dennoch unzulänglich. Nicht berechtigt, zur heiligen Kommunion zu gehen. Heiraten wollte sie nie, fand ihre Erfüllung beim Besuch der Messe und ihren Beichtvätern. Als der Vater starb, starben auch die Träume der Mädchen. Hedwig wurde genötigt, sich als Lehrerin ausbilden zu lassen. Die Brüder durften studieren. Das war damals so üblich, dass die „Stammhalter“ mehr Rechte hatten als ihre Schwestern.

„Fräulein Hedwig“ ist ein Buch, das die Problematik von „lebensunwertem Leben“ im Dritten Reich thematisiert. Auch wenn der Autor Christoph Poschenrieder am Anfang immer mal wieder humorvolle Szenen beschreibt, es täuscht nicht über die Ernsthaftigkeit des Buches hinweg. Zeigt es doch eindrücklich, wie hilflos Patienten und Angehörige waren, wenn es um psychische Erkrankungen ihrer Lieben ging. Es gab keine Therapien. Die Menschen wurden durch Barbiturate ruhig gestellt. Der Kern der Krankheit nicht ergründet.

Nein, der Roman lässt sich nicht mal eben zwischendurch lesen. Er verlangt die ganze Aufmerksamkeit und ich werde ihn mit Sicherheit ein zweites Mal lesen. Zu wertvoll sind die Gedanken des Autors. Ein wenig störte mich das Hin und Her von Zeit und Ort. Das Cover ist mal wieder, wie bei Diogenes üblich, perfekt gewählt. Meine Leseempfehlung gilt uneingeschränkt.

Bewertung vom 02.12.2025
Meyer, Kai

Das Antiquariat am alten Friedhof


ausgezeichnet

Felix ist im graphischen Viertel in Leipzig aufgewachsen. Mittlerweile lebt er als Bibliothekar in den USA und ist amerikanischer Staatsbürger. Momentan hält er sich auf der Insel Patmos auf. Hier soll er einen jungen Mann davon abbringen, die wertvolle Bibliothek der Insel zu zerstören. Wenige Tage nach diesem Einsatz gibt sein Chef ihm einen besonderen Auftrag. Er soll nach Leipzig fliegen und sich dort mit einem Mann unterhalten. Nein, nicht irgendeinem Mann. Dieser behauptet nämlich, dass er einer seiner drei Freunde aus vergangen Tagen sei.

Das graphische Viertel war einmalig in Deutschland. Hier gab es unglaublich viele Unternehmen, die alle etwas mit Büchern zu tun hatten. Im Jahr 1943 wurde es komplett zerstört und nie wieder aufgebaut. Felix ist dort aufgewachsen und als er die Zerstörung sieht, kennt er sich nicht mehr aus. Keine Straße und kaum ein Gebäude, das er wiedererkennt. Nur sein Elternhaus steht noch. Als Ruine.

Endlich geht es wieder nach Leipzig. Abwechselnd in die Jahre 1930 und 1945. Historischen Fakten und aufregende Episoden wechseln sich ab. Hauptsächlich geht es um die vier Freunde, die als Bücherdiebe einem alten Antiquariat das Überleben ermöglichten. Für mich war es Geschichtsunterricht vom Feinsten und ich hoffe sehr, dass Herr Meyer noch einiges zum graphischen Viertel zu berichten hat. Auch wenn es das vierte Buch zum Thema ist. Jeder Band steht für sich und kann ohne Vorkenntnisse gelesen werden.

Bewertung vom 27.11.2025
Sten, Viveca

Lügennebel / Hanna Ahlander Bd.4 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Fünf junge Studierende wollen eine tolle Woche in den Bergen erleben. Olivia, Fanny, Emil, Wille und Amir heißen sie und haben Glück. Die Eltern von Wille besitzen ein großes Ferienhaus in Are und dort können sie kostenfrei wohnen. Die Piste ist nicht weit weg und die Loipe sogar nur wenige Meter entfernt. Alle freuen sich auf eine feuchtfröhliche Woche. Der Alkohol fließt in Strömen und vier junge Männer mit zwei jungen Frau unter einem Dach, kann das gutgehen? Bereits während der Hinfahrt im Zug gibt es einen Zwischenfall, der Fanny beunruhigt.

Wieder einmal konnte mich die Autorin Viveca Sten mit dem Buch „Lügennebel“ überzeugen. Neben der Aufklärung eines Mordes und den damit verbundenen Untersuchungen, spielt immer auch das Persönliche rund um die Ermittler eine Rolle. Frau Sten kennt sich nicht nur in der Gegend rund um Are bestens aus. Sie versteht auch etwas vom Skifahren und seinen Gefahren. Das merke ich immer wieder beim Lesen ihrer Bücher.

Gut konstruierte und außerdem unvorhersehbare Wendungen hielten mich bis zum Schluss im Unklaren. Die Lösung des Falls kam überraschend und vor dem Finale noch so manchen Aufreger. Absolute Leseempfehlung ohne Abstriche gibt es von mir.

Bewertung vom 31.10.2025
Garcia, Jessie

The Business Trip


sehr gut

Zwei junge Frauen sitzen in einem Flugzeug nahe beieinander, Jasmine und Stephanie. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Jasmine flieht vor ihrem gewalttätigen Freund und Stephanie nimmt an einer beruflich bedingten Konferenz teil. Sie plaudern ein wenig und erzählen sich sogar Dinge aus ihrem Leben. Da Jasmine auf der Flucht ist, sind ihre Ausführungen geschwindelt.

Die Autorin hält sich nicht mit langen Vorreden auf. Sie führt ihre Leser direkt zum Geschehen und das wirklich spannend und anschaulich. Die Angst Jasmines, die sie bei ihrer Flucht empfand, konnte ich förmlich spüren. Jeder Figur des Romans wird ein eigenes Kapitel gewährt und das ist angenehm kurz gehalten. Ich konnte dem Geschehen also ohne Mühe folgen.

Das Cover ist ein Eyecatcher und das alleine schon durch die Schrift in knallroter Farbe. Dass die Autorin Journalistin ist, merkte ich bei etlichen interessanten Ausführungen im Buch. Trotzdem, fünf Sterne kann ich nicht geben. Das Ende war mir zu unrealistisch und mit reichlich Wendungen, die so nicht glaubwürdig waren. Aber als Debüt auf jeden Fall gelungen und ich denke, dass wir von Jessie Garcia noch einige Bücher lesen können.

Bewertung vom 25.10.2025
Pflüger, Andreas

Kälter (eBook, ePUB)


sehr gut

Während der „stummen“ Monate gibt es nur zwei Polizisten auf Amrum. Es passiert nichts, wenn die Gäste die Insel verlassen haben. Falls dann doch mal Verstärkung benötigt wird, sind die Kollegen vom Festland rasch vor Ort. Das galt immer, bis ein Einheimischer ermordet wird. Niemand weiß warum aber Luzy und Jörgen ahnen bald, worum es geht. Sie ma„chen sich auf die Suche nach den Mördern und geraten in eine Falle. Nur Luzy weiß, er die Täter sind und warum sie die Insel gerade jetzt besuchten.

„Kälter“ ist ein Agententhriller, der seinen Namen verdient hat. Die Hauptperson Luzy wird immer wieder mit Gefahren konfrontiert, die kaum zu bewältigen sind. Für mich waren die Darstellungen rund um den Mauerfall gelungen. Versetzten sie mich doch in die Zeit um 1989 und ja, das freudige Gefühl konnte ich erneut wahrnehmen. Luzy ist eine Agentin, die für meine Begriffe zu rigoros agiert. Sie meistert sämtliche gefährlichen Situationen mit Bravour und todesmutig. Das war mir zuweilen dann doch zu viel „James Bond“.

Mein erstes Buch von Andreas Pflüger hat mich gut unterhalten. Spannend war es allemal und die historischen Fakten fand ich interessant.

Bewertung vom 24.10.2025
Boyle, T. C.

No Way Home (eBook, ePUB)


gut

Terry ist Assistenzarzt im 3. Jahr. Dass er ausgerechnet jetzt, bei einer Visite, angerufen wird, ärgert ihn. Schließlich ist es sein privates Handy und diese Nummer haben nur sehr wenige Menschen. Es meldet sich die Nachbarin seiner Mutter. Was sie ihm mitzuteilen hat, lässt ihn fast kollabieren. Zum Glück nur fast. Denn er muss einen adipösen Mann reanimieren.

„Now Way Home“ beschreibt, wie ein junger Mann mit dem plötzlichen Tod seiner Mutter zurechtkommt. Als einziger Sohn ist er nicht nur Alleinerbe, er muss sich auch um das Haus und den Hund der Verstorbenen kümmern. Während er noch über den Verlust nachdenkt, begegnet er einer jungen Frau, die ihn sofort in seinen Bann zieht. Es beginnt eine turbulente Zeit für ihn.

Mein erstes Buch, das ich von T.C. Boyle las konnte mich nicht überzeugen. Zu viele Längen gab es und ich empfand das Lesen anstrengend. Auch blieben zu viele Fragen offen und der Schluss zu nebulös.

Bewertung vom 15.10.2025
Specht, Heike

Die Frau der Stunde


ausgezeichnet

Helen Busch hat die Scheidung eingereicht. Die Seitensprünge ihres Mannes will sie nicht mehr hinnehmen. Bevor sie nach New York zurückkehrt, bringt sie ihren Ehemann zu Fall. So berichtet es Suzanne den beiden Freundinnen Catharina und Azadeh. Das Fatale an der Sache ist, dass Helmut Busch Außenminister und Vizekanzler ist. Mit ihm steht und fällt eine Koalition, die überhaupt nicht stabil ist. Nach dem Abgang des Außenministers liegt es also alleine an seinem Nachfolger, ob Neuwahlen verhindert werden können. Warum hat Catharina an diesem Abend das Gefühl, dass es das letzte unbeschwerte Zusammensein mit ihren Freundinnen ist?

Die Autorin schreibt so, dass ich mich sofort in der Story zuhause fühlte. Heike Specht ist für mich eine Neuentdeckung unter den Historikern. „Die Frau der Stunde“ erzählt von der noch recht jungen Republik. Bonn war die Bundeshauptstadt und Frauen in der Politik gab es nur selten. Ja, als Sekretärin vielleicht aber als Ministerin? Undenkbar. Die Story verharrt nicht stur bei den Volksvertretern in Bonn. Immer wieder gibt es Berichte aus Teheran, wo sich eine Umwälzung anbahnt.

Das Buch hat mich gefesselt. Viele Ereignisse, die hier beschrieben werden, habe ich miterlebt. Der Bau des „langen Eugen“ zum Beispiel war ein Ereignis, das über die Grenzen NRWs gefeiert wurde. Die Protagonisten sind zwar anhand ihrer Namen nicht sofort erkennbar. Wer sich aber ein wenig in der Politik der 70er Jahre auskennt weiß, wer gemeint ist. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 09.10.2025
Erdmann, Kaleb

Die Ausweichschule (eBook, ePUB)


sehr gut

Am 26. April 2002 geschah das Unglaubliche. Eine Schule in Erfurt gelangte zu einer traurigen Berühmtheit. Der Schüler R. Steinhäuser erschoss 16 Menschen und danach sich selbst. Was waren seine Motive und hätte man diesen Amoklauf verhindern können? Heute, nach so vielen Jahren fragt kaum noch jemand danach. Dabei sind es betroffene Schüler, die den Tag im Gutenberg- Gymnasium erleben mussten. Viele von ihnen hatten Todesangst und leiden bis heute unter dem Trauma.

„Die Ausweichschule“ ist ein Roman, der auf der Shortliste des #dbp25 steht. Der Autor schreibt über den Tag, den er als 11jähriger erlebte. Schon seit etlichen Jahren wohnt er in Frankfurt, also weit weg vom Ort des Geschehens. Warum er gerade jetzt ein Buch über das Attentat schreiben musste, das wird ihm erst während des Schreibprozesses klar. Was mir beim Lesen auffiel war, in welcher Weise sich um die Schüler gekümmert wurde. Es gab weit und breit nur eine Traumatherapeutin und die wurde nach Erfurt entsandt. Traurig, aber wahr. Mittlerweile gibt es in jedem Bundesland Fachleute, die eine Ausbildung durchliefen und sich bestens damit auskennen. Nein, auch sie werden das Erleben der Schüler nicht aus ihrem Gedächtnis streichen können. Aber sie helfen dabei, sich dem Schmerz zu stellen und damit zu leben.

Das Buch ist nicht einfach zu lesen. Es gibt keinen roten Faden. Immer wieder schweift der Autor ab. Er wechselt spontan zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Zwischen Gesprächen mit der Freundin, der Mutter oder Menschen, die das Geschehen als Theaterstück aufführen möchten, geht es hin und her. Ich werde das Buch mit Sicherheit noch einmal lesen. Zu wertvoll sind mir die Erfahrungen des 11jährigen, der viel mehr wissen wollte, als die Frage nach dem „Warum“.