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melange
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Insgesamt 903 Bewertungen
Bewertung vom 29.12.2009
Hammesfahr, Petra

Ein fast perfekter Plan


weniger gut

Zweigeteilt

Zum Inhalt: Eine habgierige Friseurin stiftet ihren bedeutend jüngeren Freund dazu an, die Stieftochter einer reichen Kundin zu heiraten, da sie auf das Erbe des todkranken Vaters der jungen Frau spekuliert. Diese soll dann nach kurzer Zeit das Zeitliche segnen. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.

Zur Aufmachung: Eine kopflose, diffuse weibliche Gestalt bewegt sich über einen Korridor. Dieses Cover entspricht leider sehr dem Eindruck, den ich von sehr vielen Personen dieses Thrillers hatte - sie waren weder in ihren äußeren Merkmalen noch in ihren Beweggründen so geschildert, dass sie vor meinem geistigen Auge hätten entstehen können. Sie blieben diffus und kopflos.

Mein Eindruck: Nach einem furiosen Auftakt (die Leseprobe) plätschert die Geschichte leider nur noch vor sich hin. Ein Schuss Spiritismus, eine Prise Gefühlskälte und eine gute Portion Habgier - was hätte das für ein guter Thriller werden können, wenn die handelnden Personen nicht so vollständig lieblos beschrieben wären. Das Verhältnis von Kerstin und Richard scheint nur auf Sex und Kommandos zu beruhen - da Richard sich sonst nicht gerade als Masochist zeigt, ist es arg verwunderlich, dass er Kerstin nicht widerspricht. Regine wiederum ist so abgrundtief dämlich in ihrer Zuneigung, wie man es von einem aufgeklärten "Kind" unserer Zeit nicht mehr erwarten sollte - behütet aufgewachsen hin oder her - wenn mein Mann sich andauernd woanders herumtreibt, würde ich doch wenigstens mal die Stelle seines Wirkens betrachten wollen. Dass ihr Richards Gefühlskälte nicht auffällt, fand ich hingegen nicht so verwunderlich - ihr Vater und der Ex-Verlobte scheinen in dieser Hinsicht keine Vorbilder gewesen sein.

Spannend wurde die Geschichte kurz nach der Hochzeit, als sich herausstellte, dass die Voraussetzung für Kerstins grandiosen Plan eine Lüge Carlas war. Alte Ideen mussten umgestoßen, neue aus dem Boden gestampft werden. Dazu die Wahrsagerin, das traurige Schicksal Angelikas, die fünf Kreuze - hier blitzte das Können von Frau Hammesfahr auf. Bis zum bitteren Schluss fühlte ich mich nach diesem Schnitt in der Story besser unterhalten.

Dennoch: Einige Geistesblitze zum Schluss sind mir zu wenig. Lieblos gezeichnete Figuren (es reicht nicht, einen Mitmieter als dick und seine Freundin mit einem okkulten Geschäft als dürr zu bezeichnen - ein wenig mehr Beschreibung hätte ruhig sein dürfen) die sich zum größten Teil vollkommen irrational benahmen. Die Geschichte mit dem imaginären Bruder, die eintreffenden Voraussagen der Wahrsagerin und Regines zweites Gesicht waren glaubwürdiger als das Verhalten Richards oder Carlas. Auch am Ende blieb einiges unklar: Wie Kerstin sich an zwei verschiedenen Orten befinden konnte, ist mir bis jetzt schleierhaft. Geister schön und gut, aber "echte" Personen sollten nicht durch Wände gehen können.

Fazit: Ein Buch, dass ich bei einem mittelmäßigen Thriller-Autor akzeptiert hätte, bei Petra Hammesfahr war es mir zu schlecht geschrieben. Leider. Wenn dieses Buch nur aus der zweiten Hälfte bestanden hätte, wäre mein Urteil deutlich positiver ausgefallen.

1 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.12.2009
Reuter, Katja

Welche Farbe hat die Liebe?


sehr gut

Bind ein blaues Band um unser'n Birkenbaum...

Nun gut, im Buch ist das Band gelb - wie es sich im Original gehört. Und das Original ist das Beste - das weiß nicht nur Tom, der Musiker und Dauerverlobte der Hauptperson Jule, sondern zum Schluss des Romans auch Jule selbst.

Zum Inhalt: Jule, dauerverlobt mit einem liebenswerten Chaoten, bekommt eine Mitgliedschaft in einem Onlineportal geschenkt, surft nach kurzem Entsetzen über diese Liebesgabe ihrer besten Freundin umso entschlossener durch die virtuelle Welt und trifft dadurch ihre Schülerliebe wieder. Dieser Mann entpuppt sich als wahrer Traum: Reich, kultiviert, ordentlich, großzügig, an Jule interessiert und solo. Glücklicherweise endet das Buch nicht an dieser Stelle, sondern lässt den Alltag auf Wolke 7 einkehren mit den kleinen und großen Bosheiten, die dieser mit sich bringt: Die Entscheidung, die zwischen den beiden Männern getroffen werden muss und die natürlich nicht ohne Probleme gefällt werden kann, Kratzer im Bild von Mister Perfekt, Eifersucht und Langeweile. Dazu eine Entfremdung von Freunden und Familie und der Spaß, der dadurch verloren geht. Jule macht es sich und ihrer Umgebung nicht leicht, bis alle Klippen umschifft sind.

Zum Cover: Mein erster Eindruck war sehr schlecht. Süßes, spielendes Kätzchen auf blauem Grund - ganz ehrlich, ich befürchtete ein genauso klebriges Inneres, wurde aber zum Glück schon auf den ersten Seiten vom Gegenteil überzeugt.

Mein Eindruck: Dieses Buch ist das perfekte Soufflé - lockerleicht, ein wenig süß, aber nicht zu sehr und nicht lange im Magen liegend. Mir hat es wunderbar gefallen - kein allzu großer Tiefgang, aber nicht komplett seicht und mit echten, lebensnahen Figuren. Mit der Beschreibung ihrer Akteure hat sich Katja Reuter sehr viel Mühe gegeben. Nicht nur Jule, Tom und Erik agieren glaubwürdig, sondern auch die Nebendarsteller wie Tina, Jules Chefchen, Jules Familie, Ömchen, Mandy und der große Freundes- bzw. Bekanntenkreis. Jede Situation wirkt echt, egal ob "gemütliches" Beisammensein mit potenziellen Kunden oder Familienfeier mit Kuchenschlacht. Vor allem diese Teile, wenn sich Erik immer mehr entpuppt und Jule ins Nachdenken kommt, ob ihr ein schöner Teller ohne Inhalt lieber ist als ein Pappgeschirr mit leckerer Auflage, sind meisterhaft gestaltet.

Fazit: Eine absolute Empfehlung für jeden, der sich amüsieren will, ohne große Literatur zu erwarten.

Bewertung vom 07.11.2009
Durst-Benning, Petra

Die Zarentochter / Zarentochter Trilogie Bd.2


gut

Fortsetzung folgt...

Zum Inhalt:

Das Buch behandelt die Jugendjahre der Zarentochter Olga bis zu ihrer Heirat mit Karl, dem Thronfolger des Königreichs Württemberg. Im Vordergrund stehen dabei die amourösen Verwicklungen, die sich aus dem Widerspruch zwischen Herz und Staatsräson ergeben: Einige Partner, in die sie oder ihre Geschwister sich verlieben, sind nicht standesgemäß und werden auf die eine oder andere Weise abserviert, - glücklicherweise vergießt sich dabei zwar Herz- aber doch kein echtes Blut.

Zur Aufmachung:

Ein sehr schönes Frauenporträt, welches ich mir ohne weiteres an der Wand eines Zarenpalastes vorstellen könnte, schmückt das Buch. Die verschnörkelte Schrift tut ihr Übriges: Der Leser merkt sofort, dass er sich in einem historischen Liebesroman befindet, auch ohne ein einziges Wort des Klappentextes zu lesen.

Mein Eindruck:

Wer einen tiefgründigen historischen Roman erwartet, wird enttäuscht. Das Buch spielt zwar im zaristischen Russland, bis auf einige, wenige Episoden wird aber das Leben außerhalb des Palastes nur gestreift. Das fand ich ein wenig schade, denn die Liebesverwicklungen könnten auch zu späterer Zeit an anderem Ort spielen, - von Eltern geplante Hochzeiten finden schließlich immer noch statt. Auch werden immer wieder Ollys Gedanken zu den sozialen Zuständen in ihrem Land thematisiert, wirklich tieferen Einblick gestattet die Autorin dem Leser jedoch nur bei der Beschreibung des Heims von Ollys Spielkameraden in der Kinderzeit. Eigentlich handelt der ganze Roman nur von Liebe oder besser Verliebtheit, denn lange Trauer um einen Verflossenen findet nicht statt. Es wird ein bisschen in die Kissen geheult, der nächste Heiratskandidat aber schon nach wenigen Tagen in Augenschein genommen.

Jedoch ist das Buch sehr kurzweilig geschrieben, trotz der etwas eindimensionalen Thematik (Kleider, Palast, Feste, Männer) fühlte ich mich gut unterhalten. Ein schönes (Frauen-)Buch für den Urlaub, eine längere Zugfahrt oder einen Abend mit russischem Zarentee auf der Couch. Mein Wermutstropfen dabei: Einige nicht ganz so vom Schicksal verwöhnte Personen hätte ich gerne näher kennen gelernt - die Gouvernante Ollys, die Hofdamen, die Familie Mischas.

Schlussbemerkung:

Selten habe ich mich so amüsiert, wie über einige der letzten Anmerkungen in diesem Buch. Natürlich ist eine Fortsetzung geplant, die es dann im nächsten Jahr zu kaufen gibt. Passend dazu endet das Buch an einer Stelle, die für einen historischen Liebesroman ein wahrer Cliffhanger ist: Die Zarentochter Olly hat gerade den Thronfolger des Königsreichs Württemberg geheiratet und fährt unter dem Jubel der Bevölkerung zum Palast ihres Gemahls. Der Klappentext ist dabei ein kleiner Etikettenschwindel: Weder ist Olly schon Königin von Württemberg, noch ist diese Heirat gegen die hohe Diplomatie ihres Vaters. Andererseits spiegelt der Text schön wider, wie sich das Buch zur wahren Geschichte verhält: Diese ist zwar als Gerüst vorhanden, wird aber aus Gründen des besseren Erzählflusses ein wenig ausgeschmückt.

1 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.11.2009
Barclay, Linwood

In Todesangst


gut

Vater in Nöten

Zur Story: Eine Tochter verbringt ihre Ferien bei ihrem geschiedenen Vater und verschwindet spurlos. In dem Hotel, in dem sie angeblich jobbte, ist sie unbekannt. Der Vater beginnt mit einer verzweifelten Suche, bei der er eher von Leuten aus seinem Umfeld als von der Polizei unterstützt wird. Im Laufe der Zeit stellt er dabei fest, dass wenig so ist, wie es schien, dass man nicht jeder Aussage glauben kann und dass die Polizei nicht nur Freund und Helfer sein kann.

Zur Verpackung: Sehr schick. Die rote Farbe mit einer diffusen Gestalt im Schweinwerferlicht des Buchcovers findet sich auf dem Hörbuch wieder. Dazu sind die fünf CDs in festen Einschüben verpackt - so kommt nichts weg. Es finden sich eine kurze Inhaltsangabe und Informationen zu Walter Kreye außen, eine etwas längere Beschreibung im Innenteil.

Mein Eindruck: Die Angst, die der Vater Tim Blake empfindet, ist von der ersten Minute des Verschwindens seiner Tochter Sidney zu spüren. Auch die teilweise Ignoranz der Polizei, die mangelnde Mithilfe von Freunden und Bekannten und die Verzweiflung darüber versteht das Hörbuch gut zu vermitteln. Was mir nicht so gut gefallen hat, waren die fehlende Zeichnung von Figuren, die wichtig für das Buch waren: Viele Personen waren mir viel zu ungenau beschrieben, als dass ich sie wirklich sehen und in ihren Handlungen begreifen konnte. Damit meine ich noch nicht einmal die Äußerlichkeiten, sondern die inneren Beweggründe: Warum lässt die Polizei jemanden laufen, der jede Menge Kokain in seinem Haus versteckt hat? Warum kümmert sich kein Ordnungshüter etwas genauer um das Hotel (Vorsicht, jetzt Spoiler), - schließlich gehen die dubiosen Dinge, die zum Verschwinden Sidneys geführt haben, dort immer noch vor und der ermordete Mann handelte mit Menschen? Da würde doch eigentlich eine Überprüfung des Gastgewerbes nahe liegen. Stattdessen wird Tim Blake bei einer ganz anderen Sache, die sich leicht überprüfen ließe (es müssten nur einige Zeugen mehr befragt werden), verdächtigt und in ein enges Verhör genommen - hier fast ohne Grund. Für so maßlos dämlich halte ich die amerikanische Polizei nicht. Die zweite seltsam handelnde Gruppe waren die Bösewichter: Warum wollen sie den Vater aus dem Weg räumen, der doch offenkundig im Dunkeln tappt? Wegen einer Website? Später wollen sie durch seinen Tod Sidney finden - warum konzentrieren sie sich nicht direkt auf dieses Ziel?

Was mir hingegen gut gefiel, war das Desinteresse und Unwissen, was viele Eltern im Umgang mit ihrem Nachwuchs pflegen: Keiner weiß, dass ihre Kinder in die Kriminalität abrutschen. Zuerst klein mit nicht angemeldeten Jobs, dann größer mit gefälschten Kreditkarten und Wettbetrügereien.

Mein Fazit: Nicht der große Knaller, aber für einen angemessenen Grusel gut, das Ende ist fulminant, für meinen Geschmack haben noch fünf Minuten mit der Polizei und einigen mehr beantworteten Fragen gefehlt.

0 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.11.2009
Henn, Carsten Sebastian

Blut & Barolo


gut

Sind Hunde die besseren Menschen?

Vielleicht nicht, auf jeden Fall leben sie ihre Macken ohne Wenn und Aber aus.

Zur Story: Das Grabtuch wird aus dem Turiner Dom gestohlen. Die Suche nach der Reliquie verbindet Mensch, Wölfe, Vögel und die unterschiedlichsten Hunderassen und fordert Opfer unter Zwei- und Vierbeinern.

Zur Aufmachung: Die Haupt-"personen" berstimmen das Cover, darüber eine gemalte Landschaft, die meines Erachtens zwar wunderbar an Italien, nicht aber an Turin erinnert - und hier spielt der Großteil der Geschichte. Dennoch gefällt mir die Gestaltung sehr gut.

Mein Eindruck: Wer einen hauptsächlich spannenden Kriminalfall erwartet, wird enttäuscht. Zwar gibt es einige Tote und Folterszenen, die Akteure geraten in Lebensgefahr, wirklich gefesselt wurde ich von den Schilderungen nicht. Nichtsdestotrotz fühlte ich mich gut unterhalten und das liegt an der Fähigkeit von Carsten Sebastian Henn, Hunde menschlich überspitzt darzustellen: Da sie sich nicht um gesellschaftliche Konventionen, die neueste Mode, Karriere und Schönheitsoperationen scheren müssen, geben sie sich so, wie sie sind. Natürlich haben sie auch Schwächen wie Gefallsucht, Völlerei, Bosheit und Dummheit, diese Schwächen werden jedoch nicht vertuscht, sondern ausgekostet.

Sehr oft musste ich bei der Lektüre des Buches grinsen oder sogar lachen, wenn die Menschen, die sich für die Krone der Schöpfung halten, von ihren vierbeinigen Freunden vorgeführt wurden. Die Schilderungen eines Hundes, der sich nur nach Genuss eines guten Weines wirklich auf sein Ziel konzentrieren kann (und will) taten ihr Übriges für den Lesespaß.

Fazit: Kein Krimi im üblichen Sinn, aber ein schönes Buch für zwischendurch, welches dem Leser Hunde, Italien und die kulinarischen Köstlichkeiten, die dieses Land zu bieten hat, sehr nahe bringt.

Bewertung vom 07.11.2009
Schmelzer, Roger

Die besten zehn Sekunden meines Lebens


sehr gut

Man lebt nur zweimal...

Dieses trifft für Chris Mackenbrock, Hauptfigur von "Die besten zehn Sekunden meines Lebens" nicht für zehn Sekunden, sondern für 20 Jahre desselben zu.

Zum Inhalt: Jahrelang trauert der Held des Buches einer verpassten Chance hinterher, die seiner Meinung nach die Weichenstellung für sein späteres Leben komplett verändert hätte. Nach einem Nervenzusammenbruch im Alter von etwa 40 Jahren bekommt er vom Schicksal die Chance, genau diesen Moment noch einmal zu erleben, sein damaliges Fehlverhalten zu korrigieren und die letzten zwanzig Jahre mit den neuen Voraussetzungen ein weiteres Mal zu verbringen. Zwar wird von Schmelzer nicht erklärt, wie sich diese Zeitverschiebung ereignen konnte, aber - seien wir doch ehrlich - es handelt sich um Fiktion, und z.B. Vampirgeschichten sind bestimmt ebenfalls nicht das Logischste, trotzdem werden sie nicht hinterfragt. Natürlich läuft nicht alles nach Plan und Chris muss feststellen, dass sein verändertes Verhalten nicht nur sein, sondern auch das Leben anderer Menschen beeinflusst, - und das nicht immer zu deren Vorteil.

Zur Aufmachung: Orange (fällt sehr gut im Bücherregal und der Buchhandlung auf) mit der Comiczeichnung eines Jungen, der gerade vom Brett im Schwimmbad gesprungen ist. Das symbolisiert sehr schön eine kurze Zeit, in der man vorbehaltlos glücklich ist - bis der Aufprall kommt.

Mein Eindruck: Ich muss gestehen, dass mir die Geschichte schon alleine deshalb so gut gefallen hat, weil Chris Mackenbrock "mein Alter" hat. Seine Schulzeit lief zu meiner Schulzeit ab, an viele Ereignisse und Gerätschaften von damals (AKW, Die Grünen, Cassettenrecorder, nur drei Fernsehprogramme inklusive Testbild am Nachmittag) kann ich mich gut erinnern. Das Ganze wird in eine hübsch eingängige und humorige Sprache verpackt, so dass ich nicht nur einmal in Gedanken verloren geseufzt habe. Schön war ebenfalls, dass Chris wirklich die zwanzig Jahre durchlebt und nicht durch einen Glückskeks, eine verwunschene Truhe oder sonst ein seltsames Gerät diese Zeitschleife unterbrechen kann. Hier muss der Held wirklich 20 Jahre ackern, das Abitur machen und das Studium hinter sich bringen. Obwohl er über das Wissen der verlorenen Jahre verfügt, fällt er trotzdem in einige Fallgruben, nur in andere als in seinem ersten Leben. Einige der Nebenfiguren (Richie, Stefan, Kathleen) sind sehr gut gezeichnet, andere leider weniger. Dabei fällt auf, dass besonders die schrägen Charaktere dem Autor am Herzen liegen. Die brave Beatrix konnte ich mir gar nicht vorstellen.

Gelungen der Schluss: Der Ausgangspunkt und das spätere Desaster, mit dem sein zweites Leben beginnt, könnte dazu führen, dass - wenn auch mit Verspätung - Chris seine tatsächliche Traumfrau findet. Es sei ihm zu gönnen, und zu lachen werden die beiden bestimmt so einiges haben - wie auch ich beim Lesen dieses Buchs.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.09.2009
Marklund, Liza

Kalter Süden


gut

Ich kenne zwar ein wenig aus dem Werk von Liza Marklund, welches nicht nur Krimis umfasst, aber leider nicht alles. Deshalb fehlten mir viele Informationen, die "Kalter Süden" leichter lesbar gemacht hätten. Dieser Umstand führte dazu, dass einige der handelnden Personen seltsam blass blieben, da sich Frau Marklund leider nicht die Mühe machte, sie genauer zu beschreiben: z.B. die beiden Polizistinnen, die tiefer in diesen Fall in Spanien verstrickt sind, als Annika am Anfang glaubt, oder auch der für mehrere Morde verurteilte und jetzt freigesprochene Filip. Dazu kamen dann noch viele Personen aus dem Umfeld dieser drei, so dass ich mehrmals in dem Buch blätterte, um nicht den Überblick zu verlieren, wer jetzt wie mit wem in Zusammenhang stand und warum. Diese Recherchearbeiten schmälerten leider doch den Lesegenuss.

Zum Inhalt: In Marbella wird einer von vielen Einbrüchen verübt, bei denen Giftgas zum Zug kommt. Dieser Einbruch unterscheidet sich dergestalt, dass die Bewohner - Schweden mit einem berühmten Familienoberhaupt - dabei sterben. Deshalb wird die Reporterin Annika Bengtzon von ihrem neuen Chef an den Tatort geschickt, um für das schwedische Abendblatt möglichst auflagensteigernde Berichte abzuliefern. Nach und nach stellt sie fest, dass die Morde in Zusammenhang mit einem früheren Fall stehen, der sie in große Gefahr gebracht hat. Natürlich bleibt sie mit der ihr eigenen Hartnäckigkeit am Ball des Geschehens, was ihr nicht nur Freu(n)de, sondern zum Schluss einige massive Unannehmlichkeiten einbringt.

Zum Cover: Sehr schön und passend aufgemacht. Ein Körper im Swimmingpool, so unscharf, dass man nicht sicher sein kann, ob es sich um eine weibliche Leiche oder eine lasziv vor sich hinschwimmende Dame handelt. Der Pool ist groß, im Freien und privat - dass er in einem Villenviertel in Spanien liegen könnte, glaubt man sofort. Der Klappentext ist ausführlich, leider vergisst er aber die meines Erachtens wichtige Auskunft, dass dieser Thriller auf dem Vorgänger aufbaut.

Zum Buch: Liza Marklund schreibt flüssig in nicht zu verschachtelten Sätzen. Wenn sie es will und für nötig erachtet, erscheinen Personen und Schauplätze sehr gut vor dem geistigen Auge - als Beispiel die Dolmetscherin oder der schwedische Undercover-Polizist. Die Einschübe aus der Vergangenheit passten sich gut ein, dem Leser wurde transparent, warum die drei jetzt älteren Damen den Verstand und/oder das Unrechtsbewusstsein verloren hatten und was das Band für die enge Beziehung der drei Familien war. Bei der Beschreibung der innerredaktionellen Vorgänge musste ich öfter einmal schmunzeln. Hier gab sich die Ex-Journalistin Marklund viel Mühe und brachte wohl eigene Erfahrungen mit inkompetenten Chefs und sonstigen "Künstlern" ein.

Mein Eindruck: Auf dem Buch sollte eine Warnung vermerkt sein, dass der Vorgängerband gelesen werden müsste. Die vielen Querbezüge verwirren zu massiv, um der Handlung ohne Zurückblättern adäquat folgen zu können. Vor allem durch die vielen Personen und Namen (schwedisch wie spanisch), die teilweise nach zusätzlich durch Spitznamen aufgepeppt werden (Jocke, das Trollmädchen...) kommt ein Nicht-Band-7-Leser ins Schwimmen. Leider, denn das Buch ist gut, spannend geschrieben und die Auflösung schlüssig und trotzdem überraschend. Die vielen Grautöne der Schilderung gefielen mir ausgezeichnet: Für Unrecht gibt es manchmal gute Gründe - nicht alles ist schwarz oder weiß.

1 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.08.2009
Bengtsson, Jonas T.

Submarino


sehr gut

Wahrlich keine meiner üblichen Urlaubslektüren, trotzdem hat Submarino mich gefesselt.

Zur Story: Zwei Brüder, ohne Vater, dafür mit alkohol- und tablettensüchtiger Mutter aufgewachsen, lernen früh sich auf der Straße zu behaupten. Der eine landet in einer Notunterkunft, der andere beim Rauschgift. Beide versuchen ihr Leben dadurch in den Griff zu bekommen, dass sie sich um noch Schwächere kümmern. Beide scheitern bei dem Versuch.

Zur Aufmachung: Kalte Farben bestimmen das Cover, dazu ist ein wohlgeformter, aber gesichtloser Männerkörper zu sehen. Eine perfekte Abbildung des Inhalts - eine desinteressierte, kalte Umwelt, die - wenn überhaupt - nur den äußeren Schein wahrnimmt, jedoch keinesfalls hinter die Fassade blickt.

Inhaltliche Gliederung: Zwischen Prolog und Epilog befinden sich die beiden Hauptkapitel, die sich jeweils mit einem der beiden Brüder näher befassen. Diese beiden Kapitel tragen die Namen der Figuren, denen die Hauptsorge der Brüder gilt: Ivan, der kleine Bruder der Exfreundin von Nikolai und Martin, der Sohn des zweiten, namenlosen Bruders.

Mein Eindruck: In schnörkellosen Sätzen und kurzen Kapiteln schildert Bengtsson meisterhaft den Fall zweier Brüder, die vom Schicksal keine Chance bekommen haben. Früh von einer überforderten Mutter vernachlässigt, versuchen beide, ihren nächsten Bezugspersonen ein besserer Freund bzw. ein besserer Vater zu sein und gehen dafür in einem Fall nicht nur sprichwörtlich über Leichen. Was mir besonders gefiel, war, dass beide Hauptfiguren schemenhaft blieben - wie die Leute, denen man zwar auf der Straße begegnet, die man aber nicht wirklich wahrnimmt und teilweise nur zu gerne übersieht - Penner, Junkies, Obdachlose, Bettler. Die Nebenpersonen des Romans hingegen waren klarer gezeichnet, - sie erstanden vor dem geistigen Auge des Lesers. Im Gegensatz zur Konturlosigkeit des Aussehens waren die Beweggründe für das Handeln der Beiden um so klarer. Selbst wenn alte Frauen überfallen wurden, um die Heroinsucht zu finanzieren oder eine Leiche verschwinden musste - alles erschien mir logisch, selbst mit einer ganz und gar bürgerlichen Einstellung, die ich im Normalfall zu Kapitalverbrechen habe. Das ist ein Verdienst von Bengtsson, der es versteht, einem Leser auch ihm zuwider gehende Handlungsweisen zu erklären.

Mein Fazit: Dieses Buch ist hartes Brot, das ich nicht unbedingt einem depressiven Freund empfehlen würde, aber wenn man sich auf eine nicht einfache Geschichte einlassen kann, ist Submarino eine gute Wahl.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.07.2009
Frank, Rina

Ich folge Dir mit geschlossenen Augen


schlecht

Geschüttelt, nicht gerührt

So fühlte ich mich, als ich die Geschichte, die ja wenigstens ansatzweise autobiographisch ist (was sollten sonst die Anspielungen auf Namen, Daten und Beruf der "echten" Rina), gelesen hatte. Wie ist es möglich, dass eine Frau, die sonst absolut mit beiden Beinen auf dieser Erde steht, sich dermaßen und für so lange Zeit an einen Nichtsnutz verschwenden kann? Sie ist weder in Liebesdingen völlig unerfahren (Exmann, verflossene Liebhaber), noch leidet sie an Notstand. Ganz im Gegenteil, - ein wirklich liebevoller und mitfühlender Lebensgefährte hält ihr die Hand bei der Operation und kümmert sich auch danach rührend um sie. Aber der wird auf die Müllhalde der Gefühle entsorgt - für einen verlogenen, egoistischen, egozentrischen und dann auch noch schlagenden Geliebten.

Ein weiteres Rätsel ist mir das Verhalten der Kinder. Wenn sich meine Mutter so abgrundtief dämlich verhalten würde, täte ich sie schon mal fragen, ob sie noch ganz richtig tickt. Das kann Kind auch machen, ohne dass sich Mutter verletzt fühlt. Kurioserweise ist die Erzählerin noch nicht einmal neugierig - sonst hätte sie vielleicht wenigstens bemerkt, dass weder die Ehefrau hässlich, noch die Ehe am Ende ist.

Mich (als Frau) hat das Buch geärgert. Dass Hera-Lind-Protagonistinnen mit Augen- und Ohrenklappen durch die Welt spazieren, nehme ich gerade noch so hin. Aber dass 48jährige selbständige Dokumentarfilmproduzentinnen sich 10 Monate lang wie Teenager verhalten (obwohl das schon fast eine Beleidigung aller Teenager ist), grenzt an Absurdität.

Bewertung vom 25.06.2009
Young, William P.

Die Hütte


sehr gut

Zum Inhalt: Mack, der seine Tochter durch einen Kindermörder verloren hat, fast an Selbstvorwürfen und der "großen Traurigkeit" verzweifelt und darüber die Bedürfnisse und Kümmernisse des Rests seiner Familie aus den Augen verliert, erhält eine Einladung von Gott an den Schauplatz des Verbrechens. Durch dieses Wochenende mit der Dreifaltigkeit erhält Mack die Kraft, sich seiner Vergangenheit zu stellen, mit ihr auszusöhnen und dem Mörder seiner Tochter zu vergeben.

Zur Aufmachung: Eine Hütte, die ein wenig an den Stall zu Christi Geburt erinnert, goldenes Licht inklusive. Was mir nach Lesen des Buches besonders gefiel, war der kleine Marienkäfer im Titel.

Mein Fazit: Ein sehr anrührend geschriebenes Buch, welches es dem Leser leicht macht, mit seiner Hauptfigur zu zweifeln, zu zagen, sich zu freuen und in Liebe zu schwelgen. Die Liebe zu seinen Kindern, Triebfeder von Gott im Buch und von Young zu seinen Kindern (für die das Buch geschrieben wurde) wird immer und immer wieder thematisiert - trotzdem hatte man nicht das Gefühl, in Zuckerwatte ertrinken zu müssen. Wie selbstverständlich lässt sich der Leser von der Liebe umfangen, geradeso wie Mack sich von Gottvater, Jesus und dem heiligen Geist umarmen lässt. Selbst die Vergebung, die Gott für den Mörder erbittet, ist zwar ein schwerer, dennoch gehbarer Schritt für Mack, der begreift, dass er seinen Kindern auch alles vergeben würde und versteht, dass Gott zu seinen Kindern steht, - ganz gleich, welche Verfehlungen sie sich zu Schulde kommen lassen. Der Leser fühlt sich nie gegängelt oder zu einer Sicht gedrängt, sondern vollständig frei wie ein Vogel zu fliegen und das Geschriebene auf sich wirken zu lassen.

Absolut ein Buch, das man in einem Rutsch lesen kann. An einem Wochenende. In einer Hütte. Oder zuhause im Wohnzimmer.

9 von 12 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.