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Insgesamt 166 Bewertungen
Bewertung vom 12.07.2020
Khan-Cullors, Patrisse;Bandele, Asha

#BlackLivesMatter


ausgezeichnet

Must-Read, um strukturellen Rassismus zu begreifen.

Es ist auch ein weißes Privileg, dass wir uns mit dem Thema Rassismus nicht unbedingt beschäftigen MÜSSEN. Ich nehme mich da nicht aus: Von diesem Buch weiß ich schon länger, gelesen habe ich es aber erst jetzt, wo die #BlackLivesMatter-Bewegung aufgrund der Ermordung von George Floyd wieder sichtbarer geworden ist.

„Wir sind keine Terroristen. Ich bin keine Terroristin. Ich bin Patrisse Marie Khan-Cullors Brignac. Ich bin eine Überlebende. Ich bin Sternenstaub.“

Dieses Buch von Patrisse Khan-Cullors, einer Mitbegründerin von #BlackLivesMatters und Erfinderin des Hashtags, ist nicht nur wichtig, sondern auch toll geschrieben: Eindringlich, emotional, wie ein Roman, stellenweise auch wie Lyrik. Sachbücher und gerade Autobiografien (was das Buch stellenweise ist) lese ich meist recht langsam, durch #BlackLivesMatter bin ich innerhalb eines Tages regelrecht geflogen, weil Khan-Cullors mit so viel Leidenschaft für Gerechtigkeit schreibt. Sie nimmt den Ausgangspunkt bei sich und ihrer Familie und ich habe mich oft gefragt, wie sie es geschafft hat, sich nicht unterkriegen zu lassen, von diesem strukturellen Rassismus, dem sie tagtäglich ab Geburt ausgesetzt war:

„Niemand hat erwartet, dass ich überlebe, und man hat mich auch nicht dazu ermutigt. Von meinen Brüdern und meiner kleinen Schwester, meiner Familie – der, in die ich geboren wurde, und der, die ich gegründet habe – erwartete niemand, dass sie überlebte.“

Polizei und Behörden holen gegen Schwarze Menschen die ganz großen Geschütze heraus. Verbal – der Originaltitel lautet : „When They Call You a Terrorist“ –, aber auch ganz konkret mit Abermillionen an Waffenetat, der im Kampf gegen „War on Drugs“ vor allem gegen die Schwarze und Latino Bevölkerung in armen Stadtteilen aufgefahren wurde.

Khan-Cullors schildert ihre Erlebnisse, die ihrer Freund:innen und Familie, und weitet mehr und mehr den Blick, wo die strukturellen, himmelschreienden Ungerechtigkeiten liegen. Sie kämpft mehr und mehr, auch, wenn sie viele Kämpfe, wie um einen gerechten Prozess für ihren psychisch kranken Bruder, oder eine illegale Durchsuchung ihres Hauses nicht gewinnen kann. Das Empowerment ihrer Community liegt Khan-Cullors dabei immer am Herzen, aber auch als Weiße reißt sie mich mit für diesen wichtigen Kampf für Gerechtigkeit.

Sie prangert die neoliberale Tendenz an, dass die Schuld fürs Scheitern nur beim Individuum gesucht wird. Der Rassismus verschärft das Problem:

„Doch frage ich mich auch, nachdem ich im Laufe der Jahre viele solcher Treffen (Anm.: des 12-Stufen-Programms) besucht und später auch selbst als Therapeutin gearbeitet habe: Warum macht man nur den Einzelnen verantwortlich? Wo war die Unterstützung, die diese Männer gebraucht hätten? Sie sprachen von geplatzten Träumen, Arbeitslosigkeit, dem Gefühl, von aller Welt gehasst zu werden, und davon, dass die Polizei sie misshandelt hat.“

Grandios ist auch, wie Khan-Cullors als Queerer Mensch die Intersektionalität immer wieder mitdenkt und auch die Mehrfachdiskriminierung deutlich macht.

Ab und an war ich ihrer persönlichen Zeitleiste ein wenig verloren. Und zum Schluss wurden mir es mir zu viel Weggefährt:innen, die Khan-Cullors mit jener US-amerikanischen Überschwänglichkeit ins Rampenlicht noch erwähnt wissen wollte. Das macht sie mir als Mensch sehr sympathisch, und auch, wenn es mich etwas ermüdet hat, hat es jetzt nicht weiter gestört.

Zum Glück ist in Bezug auf Gefängnisse oder auch das Gesundheitssystem in Deutschland einiges besser, das nimmt uns hierzulande aber nicht aus der Pflicht für #BlackLivesMatter einzustehen. Seit 1990 starben 160 Schwarze Menschen und PoC in öffentlichem Gewahrsam (Quelle: Death in Custody). Oury Jalloh ist nur der bekannteste Name von ihnen. Wir sind hier alle in der Pflicht.

Fazit
Ein Must-Read, um die aktuelle Situation in den USA und strukturellen Rassismus generell zu begreifen.

Bewertung vom 12.07.2020
Schwab, V. E.

Vengeful - Die Rache ist mein / Vicious & Vengeful Bd.2


sehr gut

Rasant und spannend. Zu diesen ambivalenten Superheld:innen bin ich sehr gerne zurückgekehrt.

Die ambivalenten Superhelden fand ich schon in Band 1 „Vicious“ sehr klasse, darum wollte ich unbedingt wissen, wie es in „Vengeful“ mit ihnen weitergeht. Und auch mit diesem Buch hat mich V. E. Schwab wieder sehr gut unterhalten: Ich habe bis spätnachts gelesen, obwohl ich kaum mehr die Augen offenhalten konnte, weil es so spannend war.

Zunächst einmal bekommen wir mit Marcella eine neue Anti-Heldin und erleben ihren Tod und damit ihre Geburt als ExtraOrdinäre (EO) mit. Zurück bei Victor, Sydney und Mitch brauchte ich zunächst ein paar Kapitel, um wieder richtig reinzukommen. Bei Band 1 hat mich die sprunghafte Zeitstruktur überhaupt nicht gestört, fand sie sogar erfrischend und absolut klar, diesmal fehlte mir die Marker, mit denen ich im Nu die Zeit zuordnen konnte, und damit etwas der Kompass. Dazu gibt es für mich diesmal auch weniger Metaebenen als in „Vicious“, die ja vor allem in der Begründung von Victors und Elis Motivation liegen.

Aber die Spannung war von Anfang an da und ich wollte einfach wissen, wie es weitergeht. Schwab hat ihre Figuren und deren dunklen Kräfte sehr geschickt gestrickt.

„Sydney zu Victor hoch. Er ging in die Hocke, damit sie auf Augenhöhe waren. »Du denkst, ich verhalte mich wie Eli und will Gott spielen? Na schön, dann spiel du auch mit, Sydney. Entscheide du, wer überleben soll: die oder wir?«“

Und so gnadenlos Victor oftmals auch sein mag, so wenig mag ich dennoch, dass er stirbt. Durch den Perspektivwechsel hin zu Eli gewann das Buch dann für nochmal deutlich. Sydneys Geschichte wirkte dagegen etwas lahm auf mich, vom Kopf her merke ich ihre emotionalen Konflikte, aber da wurde auch einiges an Potential verschenkt, um den Fokus dafür mehr auf Marcella lenken zu können. Deren Geschichte wird zum Ende hin leider etwas redundanter und auch etwas eindimensional.

Nach einem rasanten und atemlosen Showdown ließ mich das Ende des Buches ein wenig unbefriedigt zurück. Einige Fäden sind so gar nicht richtig aufgefangen. Ziemlich unentschlossen – zunächst wollte Schwab wohl auch keinen weiteren Band mehr schreiben, hat wohl aber im Mai auf ihrer Instagram-Seite von einem dritten Buch gesprochen.

Auch, wenn ich jetzt mehr gemeckert habe, als ich zunächst gedacht haben:
Ich hatte tolle Lesestunden und einen weiteren Band würde ich auf alle Fälle wieder lesen.

Fazit
Spannende Unterhaltung, wenn auch etwas schwächer als der erste Band. Und den Schluss fand ich etwas unbefriedigend. 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 17.05.2020
Wenzel, Sibylle

Elfen verboten / Lilly und die Zwölfen Bd.1


ausgezeichnet

Warum wurden die Zwölfen erst jetzt entdeckt? Warmherzige und witzige Fantasy-Geschichte für Kinder. Wir hatten in 3 Generationen Spaß!

Echt zwölfig!

Gefiel uns in drei Generationen sehr gut!
Wir haben das Buch mal wieder in drei Generationen gelesen (mein Sohn und ich lesen abwechselnd der Oma übers iPad in der Corona-Zeit vor) und haben daher auch alle drei unserer Meinung hier gelassen.

Mein 8jähriger Sohn findet:
Ist doch logisch: Wenn es Elfen gibt, dann muss es doch auch Zwölfen geben. Bloß vor diesem Buch bin ich da noch nie draufgekommen. Jetzt gefallen mir die Zwölfen sogar noch besser, weil die viel lustiger als die Elfen sind, die haben sogar einen eingebauten Partyradar. Und ihre Glückseiche auch, dann produziert sie nämlich mehr Zauberstaub.
Am meisten hat mir gefallen, wie die Zwölfen Lilly helfen, weil sie da nicht mehr alleine ist. Und es passieren viele lustige Sachen, z.B. fällt eine Zwölfe in die Schokosauce und will da gar nicht mehr raus.
Die Bilder passen total zu dieser schönen Geschichte und die Texte konnte ich sehr gut selber lesen. Nur die Kapitel waren zum Selberlesen ein wenig lang, aber abwechselnd mit Mama gelesen, war das wieder okay.
Ich vergebe 5 von 5 Sternen und man muss keine Elfen mögen, um dieses Buch zu lesen, weil die Zwölfen ja ganz anders sind.

Unsere Oma sagt:
Spannend und lustig! Spannend, weil immer wieder etwas Neues passiert, und lustig, weil alle Zwölfen so lustig beschrieben werden. Dazu ist das Buch ganz märchenhaft und regt die Phantasie an.
Es gibt ja ehrlich gesagt Kinderbücher, die ich als Erwachsene ganz fürchterlich finde. Aber „Lilly und die Zwölfen“ ist auch für Erwachsene spannend.
Beim zweiten Band würde ich sehr gerne wieder mitlesen und bin auch schon ganz gespannt, wie der Zwist zwischen Zwölfen und Elfen weitergeht.

Meine Eltern-Meinung:
Die Idee mit den Zwölfen ist eigentlich absolut logisch. Warum ist denn eigentlich vor Sibylle Wenzel noch niemand auf die Idee gekommen, deren Geschichte zu erzählen?
Umso mehr freut es mich, dass Wenzel uns diese Geschichte nun erzählt hat. Das bricht auch das rosa Gender-Klischee-Bild der Elfen, denn die Zwölfen dürfen rundlich sein und haben (nach eigener Aussage) viel mehr Spaß. Und auch darüberhinaus hat Wenzel ganz viele zauberhafte Einfälle, über die wir schmunzeln und lachen konnten. Beispielsweise Wurzelrutschen, Hummeln als Haustiere, eine sprachliche Fixierung der Zwölfen auf das Wort Zwölf und so tolle Dialoge wie:
„‚Ich hab’s ja gesagt, Du sollst den Tag nicht vor der Party loben‘, sagte Zwigbert und machte eine dramatische Geste.“
Die liebevollen Illustrationen von Anna-Lena Kühler machen „Lilly und die Elfen“ zudem auch optisch zu einem Kinderbuch-Genuss.
CN: Mobbing, Übergewicht
„Lilly und die Zwölfen“ erzählt aber auch ernste Themen und das fanden wir alle drei gut. Lilly wird gemobbt und wir haben darüber gesprochen, wie gemein Clara zu Lilly ist. Dass hat auch meine Mutter richtig aufgeregt, wie unfair Clara ist. Darüber hat mein Sohn auch viel nachgedacht, wie sie denn so gemein sein kann. Lilly lernt im Verlauf der Geschichte, dass sie sich auch zur Wehr setzen kann. Für meinen Sohn war das eine große Befriedigung und ein Gefühl des Empowerments.
Manchen Mobbing-Betroffenen hilft das allerdings nicht, das muss man den Kindern mit dazu vermitteln. Beim Thema Abnehmen wird für mich Henni als Mutter ein wenig einseitig dargestellt. Die Aussage am Ende ist ja: Du bist gut so wie Du bist. Aber dann wird das Verhalten der Mutter zu negativ. Die Sorge um Lillys Gesundheit wird so etwas negiert. Gut fand ich widerum, dass hier mal eine Alleinerziehende gezeigt wird, ohne dass das groß thematisiert oder gar problematisiert würde.
Ich hatte viel Spaß beim Lesen, hätte aber eher zu 4 Sternen tendiert, wurde von meiner Familie aber gnadenlos überstimmt!

Fazit
Oma, Mama und Kind hatten viel Spaß mit Lilly und den Zwölfen. Daher vergeben wir sehr gerne 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 17.05.2020
Hardy, Vashti

Das Wolkenschiff - Aufbruch nach Südpolaris (Das Wolkenschiff 1)


ausgezeichnet

In diese Geschichte habe ich mich richtig verliebt. Wundervolles Worldbuilding, eine melodische, mächtige Sprache, Steam-Punk und Fantasy!

Wettlauf nach Südpolaris

Was für ein Abenteuer! Phantasievoll und packend, herzzerreißend traurig und dann wieder pointiert witzig. Ganz selten schreibe ich über Cover, aber das spiegelt schon ganz viel, was das Buch so besonders macht: Die Mischung aus Fantasy, Steam-Punk, Abenteuer, Technik und Wissenschaft und lebensbejahender Freundschaft.

Die Zwillinge Marie und Arthur haben ihren Vater bei einer Entdeckungsreise nach Südpolaris verloren. Aber dass er dabei mit unlauteren Mitteln vorgegangen sein soll, kann besonders Arthur nicht glauben. Also heuern die beiden bei der Wolkenschiff-Crew von Harriet Culpfeffer an.

Sprachlich ist dieses Kinderbuch mächtig und wunderschön. Die Übersetzung von Doris Attwood liest sich melodisch und entwickelt eine ganz eigene Sprachmelodie. Ebenso gut gelungen ist der Rhythmus der Geschichte. Es gibt immer wieder Phasen, bei denen wir am Kapitelende kaum unterbrechen konnten, aber dann auch wieder Abschnitte, in denen die Geschichte in ruhigeren Winden verlief und wir in dieser Zeit die Welt besser entdecken konnten.

„Nichts als weiße Weite und Finsternis blitzten vor den Fenstern auf. Ein furchtbares Krachen und Splittern war zu hören und der Rumpf schaukelte wild hin und her. Alles, was Arthur sehen konnte, waren die vorbeirasenden Äste und Zweige, die dröhnend laut über die hölzerne Schiffshülle kratzten, als sie vom Wald verschlungen wurden.“

Absolut gelungen ist das Worldbuilding. Diese Welt mutet recht viktorianisch an, aber mit technischen Steam-Punk-Details wie eben den Wolkenschiffen. Mir hat sehr gut gefallen, dass Wissenschaft sehr positiv gezeigt wird. Gleichzeitig wird nicht verschwiegen, dass sich diese auch böse Menschen zu Nutze machen. Und dass mit den Entdecker:innen nicht selten die Ausbeutung und Kolonialisierung kommt, wird ebenfalls thematisiert.

Unseren Held:innen geht es allerdings um den Respekt vor anderen Kulturen und der Natur und einen nachhaltigen Umgang mit ihr. Hier ist völlig normal, dass die Geschlechter gleichberechtigt sind und Frauen als Entdeckerinnen unerkannte Welten entdecken. Auf der Reise wird eine positive, wundervolle, arabisch anmutende Welt besucht. Und dazu gibt es mit Arthur einen Protagonisten mit einer Behinderung, ohne, dass dies problematisiert wird. Das gibt es sonst ja auch immer noch viel zu selten.

Beim Vorlesen hat mein 8jähriger Sohn begeistert und gespannt zugehört. Empfohlen ist die Geschichte allerdings erst ab 10 Jahren, und das ist als Empfehlung angemessener, weil die Geschichte doch manchmal richtig spannend wird und die bösen Kräfte ziemlich böse sind. Manches ging ihm emotional sehr nah, aber ihn hatte das Cover und die Inhaltsangabe so angefixt, dass er nicht mehr von dem Buch lassen konnte.

Als wir die letzte Seite zugeklappt haben, hat mein Sohn gleich gefragt, ob es auch einen zweiten Band gibt. „Darkwhispers: A Brightstorm Adventure“ ist auf Englisch im Februar 2020 erschienen. Nun hoffen wir ganz, ganz dringend, dass arsEdition die deutsche Übersetzung herausgeben und uns damit auf einen erneute Reise mit dem Wolkenschiff reisen lassen wird.

Hach, ein ganz tolles Abenteuer. Begeisterte 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 07.05.2020
Göpel, Maja

Unsere Welt neu denken


ausgezeichnet

„Was aber, wenn wir Hebel fänden, mit denen wir mehrere Probleme gleichzeitig angehen könnten? Hebel, die zwar viele Gewissheiten infrage stellen, es uns aber erlauben, statt reaktiv eine schlechte Zukunft abzuwehren, proaktiv eine wünschenswerte Zukunft zu gestalten?“

Mit solchen Fragen am Anfang und einem eleganten, verständlichem und eingängigem Stil bin ich innerhalb nur eines Tages durch Maja Göpels Buch geflogen. Solche Visionen brauchen wir und Göpel appelliert an jede:n von uns, selbst etwas zu tun. Sie plädiert aber zudem für politische Lösungen jenseits einer rein individuellen Verantwortung. Auch, wenn hier noch ganz viel zu tun bleibt, damit wir die Klimakatastrophe noch abwenden können, und politische Entscheidungsprozesse bereits viel zu lange dauern, bleibe ich am Ende von „Unsere Welt neu denken“ doch hoffnungsfroh zurück. Und gerade damit wir uns engagieren, brauchen diese Hoffnung.

Göpel arbeitet als Politökonomin und Nachhaltigkeitswissenschaftlerin an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft, zudem ist sie Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen. Größere Bekanntheit erlangte die Wissenschaftlerin, als sie Anfang 2019 den Aufruf der „Scientist for Future“ mitgestartet hat, den knapp 27.000 Wissenschaftler:innen als Unterstützung für „Fridays for Future“ unterzeichnet haben. In diesem Buch geht es aber nicht nur um die Klimakrise. Es geht gegen das Höher, Schneller, Weiter unserer Gesellschaften im Allgemeinen.

„Die weltweiten Krisen in Umwelt und Gesellschaft sind kein Zufall. Sie offenbaren, wie wir mit uns und dem Planeten umgehen, auf dem wir leben. Wenn wir diese Krisen meistern wollen, müssen wir uns die Regeln bewusst machen, nach denen wir unser Wirtschaftssystem aufgebaut haben. Erst wenn wir sie erkennen, können wir sie auch verändern – und unsere Freiheit zurückgewinnen.“

Göpel schreibt absolut schlüssig, so schlüssig, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie jemand ihrer Argumentation nicht folgen kann. Schon die Kapitel sind klar aufgebaut, an ein elektrisierendes Zitat schließt sie jeweils ihre Ausführungen zum Thema an und fasst es am Ende in einem prägnanten Absatz zusammen. Diese Zusammenfassungen sollten wir Politik und Wirtschaft ins Poesiealbum kleben – aber auch uns selbst.

Göpel zerlegt die Mär vom Markt, der angeblich alles regeln können soll, was ja selbst schon in der Theorie der Ökonomie nie so ganz funktioniert hat. Sie kritisiert die sogenannten „Philanthropen“, die ihre Milliarden ganz nach Gutdünken einsetzen. Aber auch wir im globalen Westen leben über die Verhältnisse der anderen.

Die Wahrheiten, die Göpel ausspricht, sind umbequem. Viele möchten das lieber nicht sehen oder es wird gleich versucht, Göpels ökonomische Analysen in eine bestimmte Richtung zu schieben.
Am Tag, an dem ich ihr Buch lesen, veröffentliche die FAZ einem Artikel, in dem Göpel stark in den Bereich „linksradikal“, „Kapitalismus-Kritik“, „für CDU rotes Tuch“ gerahmt wird. „Als Politökonomin nenne ich Trends & mögliche Lösungen“, antwortet Göpel darauf. Daher möchte ich betonen: Es geht nicht um Ideologie, wenn Göpel feststellt, dass die Menschheit über ihre Verhältnisse lebt. Wir müssen dieser Tatsache ins Auge sehen, wenn wir eine Zukunft haben wollen.

Göpel bringt viele Ansätze zusammen und ihr umfassender Blick hat mir richtig gut gefallen. Für Menschen, die sich schon länger mit Thema beschäftigt, gibt es inhaltlich nicht so viel Neues. Aber Göpel verbindet viele Aspekte und ihre Argumention liest sich so elektrisierend wie elegant. Und sie gibt immer wieder Gründe, warum es sich zu kämpfen lohnt. Daher empfehle ich „Unsere Welt neu denken“ dringend weiter und vergebe 5 von 5 Sternen.

18 von 20 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.04.2020

#stayathome. 99 Ideen gegen Langeweile zu Hause


sehr gut

Eigentlich ist mir nie langweilig, aber ich stelle fest, dass ich zu einer gewissen Gleichförmigkeit meiner Ideen neige.

Das Buch ist mit #stayathome übertitelt und arsEdition bringt es zu Corona auf den Markt, der ist der Verlag dennoch so umsichtig, dass Buch nicht rein auf Corona zu münzen. Dieses Buch kann man auch in ein, zwei Jahren gut zur Hand nehmen. Wie für viele solcher Bücher gilt, hier wird das Rad nicht neu erfunden. Viele Ideen kannte ich, aber mir geht es da vermutlich wie vielen: Nur, wenn du etwas kennt, heißt das noch lange nicht, dass man es auch macht. Und hier setzt „99 Ideen gegen Langeweile zuhause“ an. Und viele Ideen waren frisch und hatte ich so noch nicht gehört.

Und ja, man findet auch viele Ideen im Netz. Aber gerade WEIL ich diese oft nur irgendwo digital abspeichere, aber dann nie parat habe (oder daran denke), wenn ich sie mal brauche. aber nicht umsetze, hilft mir hier ein Buch ungemein.

Es ist ja nicht so, als hätten wir selbst keine Ideen. In den ersten beiden Corona-Wochen bin ich mit meinem Sohn durch die Wohnung getanzt, um in aufzumuntern. Aber dann ging es unter, Deadlines, Essen Kochen, Telefonmeetings. Wie schön, dass mich gleich der erste Tipp aus „99 Ideen gegen Langeweile zuhause“ daran erinnert:

„Tanz dich glücklich! Tanzen ist gesund, für Körper und Seele (…)“

Charmant, eine schöne Erinnerung, wie simpel sich vieles in den eigenen vier Wänden umsetzen lässt. Wie lange will ich schon mit meinem Sohn ein Glücksglas anfangen, in dem wir schöne Momente auf kleinen Zetteln fangen? Auch diese Idee findet sich im Buch als

„Seelenproviant für schlechte Tage“

So funktioniert das Buch als tolle Erinnerung!

Auf manche Ideen wäre ich allerdings nie im Leben gekommen, wie auf die Zungengymnastik, einen Brief an meine Urgroßmutter in die Vergangenheit zu schreiben oder aufs Polieren meiner am wenigstens getragenen Schuhe. Und solche Ideen haben mir dann erst recht ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert.

Mir gefallen die peppigen, prägnanten Überschriften, die fröhlichen Texte und die hübsche Grafik.

Ich habe mich gefreut, dass gleich beim ersten Tipp der Aphorismus von einer Frau steht (von Martha Graham), ansonsten gibt es mit Marie von Ebner-Eschenbach nur noch eine einzige weitere Stichwortgeberin. Das Genderverhältnis beträgt damit 2 Frauen zu 14 Männer. Bitte, liebes Team von arsEdition, zitiert doch einfach mehr Frauen und mehr nicht-weiße Menschen! Das ist aber schon der einzige Wermutstropfen.

Fazit
Gefällt mir sehr gut, nicht nur in Corona-Zeiten! Sehr gute 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 18.04.2020
Parents@Home

100 Dinge, die ihr als Familie zu Hause tun könnt (eBook, ePUB)


sehr gut

Wirklich gute Ideen für Kinder und Familien, wenn jetzt in der Corona-Zeit die Decke auf den Kopf fällt. Und mit einem angemessenen Preis!

Fetzt

Ja, auch das ist ein Corona-Buch, das recht schnell entstanden ist. Nachdem ich letztens erst einen gnadenlosen Verriss schreiben musste – tatsächlich musste, weil davon konnte ich allen nur abraten – wollte ich ja eigentlich kein reines Corona-Buch mehr lesen. Aber ich war doch neugierig, ob die Autor:innen das hier besser machen würde, als einfach nur Beschäftigungslisten wie im Internet abzugrasen. Und „Parents@Home“ stimmte mich erstmal hoffnungsfroh und tatsächlich: „100 Dinge, die ihr als Familie zu Hause tun könnt“ gefällt mir recht gut. Und auch mein Sohn will einiges die Ideen umsetzen.

Besonders gefällt mir, dass wir viele Ideen wirklich noch nicht kannten, auch, wenn von Freund:innen und im Internet schon einiges an Input gegen Langeweile ankamen. Und der ganze Duktus des Buches lässt sich als Anregungen verstehen und nicht als Diktat zum gaanz viel machen. Denn selbst, wenn die Grundschulen erst nach den Sommerferien aufmachen sollten, denke ich, dass wir nicht alles davon umsetzen könnten. Schließlich gibt es ja auch noch Homeoffice und Homeschooling. Aber das spricht ja durchaus für dieses eBook, dass die Lesenden einiges an Auswahl haben.

Besonders gefällt mir folgende Idee:

„Schlaft morgens einfach mal aus. Niemand darf den anderen wecken… Wer gewinnt?“

Mein 8jähriger war nicht ganz so ein Fan von der Idee, aber das machen wir bald mal. Und manchmal genießt er es mittlerweile auch schon, wenn er in der Früh in Ruhe Hörbücher hört. Das Corona-Tabu-Spielen ist sicherlich eine heilsame Erfahrung (Wörter wie Corona oder Langweile sind beim Erzählen tabu und pro Tabu gibt es Minuspunkte). Und den Familiengedichteabend könnten wir dringend machen, weil Kind eh noch ein Frühlingsgedicht für die Schule lernen muss. Aber alle Ideen verrate ich Euch natürlich nicht, da müsst Ihr schon selber lesen.

Vom Layout ist das Buch nicht endschön, aber ich fand es in Ordnung. Die kleinen Illustrationen, die sich bei jeder Idee finden, sind nicht aus einem Guss, sondern stammen von Shutterstock o.ä., sie sind aber in der Farbe angeglichen, so dass es gepasst hat. Gestört hat mich allerdings, dass unter jeder Grafik immer gleich der Rechteverweis stand, und durch das eBook-Format halt auch recht groß. Sowas stört mich beim Lesen. Ich finde wichtig, dass Urheber:innen erwähnt werden, aber hätte das nicht am Endes des Buches gereicht?

Schade fand ich auch, dass bei einigen Tipps auf Anleitungen im Internet verwiesen wird. Gerade beim Mundschutz-Nähen gibt es zig Anleitungen, da wäre ein konkreter Link nett gewesen. Andererseits überholen sich solche Links auch schnell. Als kann ich auch schnell selbst nach Schulklingel-Sounds suchen (auch eine tolle Idee übrigens).

Einige Vorschläge finden sich so sicherlich auch im Netz, aber hier bekommt man eine handliche Sammlung.

Fazit

Hier bekommen Kinder und Jugendliche und Eltern viele Anregungen für die Corona-Zeit mitnehmen. Die Tipps gefallen mir total gut, das Layout ist okay, aber nicht überragend. Eine Empfehlung und 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 16.04.2020
Welk, Sarah

Tagesschau und Co. - Wie Sender und Redaktionen Nachrichten machen


ausgezeichnet

Von diesem Kindersachbuch sind sowohl mein Sohn als auch ich absolut begeistert. Sarah Welk schreibt in „Tageschau & Co.“ witzig und sachkundig und erklärt dabei so exakt wie verständlich. Nachrichten sind ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft – das zeigt sich nicht nur in der Corona-Zeit – und darum ist wichtig, dass schon Kinder Bescheid wissen, wie diese entstehen. Dazu haben wir bei diesem Sachbuch mehrfach laut gelacht, weil Welk immer wieder so lustige oder absurde Details präsentiert. Und weil das Buch auch naturgemäß so ernste Nachrichtenthemen wie Terror oder Krieg erwähnt, gefiel uns Welks humorvolle Umsetzung umso mehr.

Mein 8jähriger Sohn findet:

Dieses Buch hat alles richtig toll erklärt. Manche Sachen waren zwar ausführlich, aber immer spannend und für mich leicht verständlich. Ich fand spannend, wie Nachrichten entstehen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so kompliziert ist, und das hat mir das Buch richtig gut gezeigt. Bis logo! zum Beispiel rauskommt, ist es ein langer Weg.

Ich würde aber kein Nachrichtenkorrespondent werden wollen, weil die reisen mir zu viel weg, und da sieht man seine Familie vielleicht nicht so viel. Trotzdem finde ich wichtig, dass es die gibt, weil ohne die keine richtigen Nachrichten entstehen könnten. Im Buch gibt es witzige Rätsel, bei denen ich manchmal auch etwas überlegen musste. Meist hing das davon ab, wie man vorher aufgepasst hat. Und als die Pannen in den Fernsehnachrichten erzählt wurden, musste ich sehr lachen.

Daher vergebe ich 5 von 5 Sternen. Ich empfehlen dieses Buch allen Neugierigen weiter.

Meine Erwachsenen-Meinung:

Es geht hier wirklich ausschließlich um Nachrichten und nicht um Journalismus allgemein, und dieser enge Blick tut diesem Buch außerordentlich gut. Denn es gibt hier sehr viel zu erzählen und so bleibt Platz, auf die vielen Besonderheiten des Nachrichtenjournalismus einzugehen, und den Kindern einen tieferen Einblick zu geben.

Viel Witz gab es in den Rätseln, die Autorin Welk über das ganze Buch streut. Dazu nutzt sie Tabellen und Grafiken. Und natürlich erklärt sie ganz klassisch in Erzählpassagen sehr kundig und mit vielen tollen Beispielen, die auch abstrakte Zahlen oder Vorgänge anschaulich werden lassen.

Dann führt sie wundervolle Interviews mit Nachrichten-Verantwortlichen. Hier ging mir richtig das Herz auf. Ihre sieben Interviewpartner:innen erklären ganz viele Hintergründe und außerdem auch ein wenig aus dem Nähkästchen. Sie kommen alle total menschlich und herzlich rüber. Und mit Ingo Zamperoni und Linda Zervakis stellt Welk auch zwei Journalist:innen mit Migrationshintergrund vor, die sich aus recht einfachen Verhältnissen hochgearbeitet haben. Ich finde es so wichtig, dass Kindern solche Perspektiven aufgezeigt werden. Nur bei den alternierenden Gender-Formen, die Welk am Anfang des Buches ankündigt, überwog meiner Meinung nach doch eher die männliche Form. Dennoch: Dass gewechselt wird, ist ein wichtiger Schritt. Viel wichtiger ist noch, dass die Gender-Bias bei den vorgestellten Journalist:innen mit 4 Frauen zu 3 Männern ausgewogen ist.

Wir haben beim Lesen viel diskutiert, u.a. auch über die Hintergründe des 11. Septembers 2001. Das Buch können 8jährige Kinder sicherlich auch schon alleine lesen, die Fakten zu den Nachrichten verstehen sie. Die Eltern sollten sich aber durchaus auf Diskussionsbedarf einstellen. Eben weil Kinder in dem Alter ja auch schon alleine lesen, hätte ich es gut gefunden, wenn nach dem letzten Kapitel mit dem ernsten Thema Fake-News noch ein kleine positive Zusammenfassung des ganzen Buchs gekommen wäre. Aber das ist wirklich Kritik auf ganz hohem Niveau. Für uns hat das gemeinsame Lesen auf alle Fälle am Besten gepasst.

Fazit
Dieses Kindersachbuch lieben wir! Absolute Empfehlungen für alle Wissenshungrigen, erst recht für jene, die mehr über Nachrichten wissen wollen! 5 von 5 Sternen!