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melange
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Insgesamt 903 Bewertungen
Bewertung vom 15.08.2010
Bignardi, Daria

Meine sehr italienische Familie


weniger gut

Einfach nur so...
.. und ohne hinzusehen meisterte die Mutter von Daria ihr Leben. Dabei geriet ihr alles - wenn man ihrer Tochter glauben darf - mit dieser Methode besonders gut. Leider trifft das nicht auf "Meine sehr italienische Familie" zu, obwohl die Tochter meines Erachtens das Buch ebenfalls ohne hinzusehen geschrieben hat.

Zum Inhalt: Nach dem Tod ihrer Mutter blickt Daria Bignardi zurück und beschreibt das Leben ihrer Eltern und der weitläufigen Familie.

Zur Aufmachung: Sehr schön! Außen schmückt eine Orange das mit einer geschwungenen Schrift verzierte Cover, innen zeigt sich ein Foto von einer Großfamilie.

Mein Eindruck: Obwohl es durchaus einige Stellen gab, die, wie die Leseprobe, Anlass zum Lächeln und Traurigsein boten, hatte ich bei dem großen Rest des Buches das Gefühl, dass Daria Bignardi alles so aufgeschrieben hat, wie es ihr gerade in den Sinn kam: Ohne Konstanz der Figuren, ohne Einhaltung einer Zeitachse und - als hätte sie Angst vor einer Familienrache - mit viel zu vielen Nebenfiguren ihrer Großfamilie, die anscheinend zwar alle einmal erwähnt gehörten, auf die im Folgenden dann jedoch nicht oder nur kaum eingegangen wurde. Dadurch geriet für mich die Geschichte zu einem riesigen Tohuwabohu, aus dem ich mich fast nicht mehr zu befreien vermochte. Die Übersetzung des Buchs tat dabei ihr Übriges: Kursivschrift an Stellen, die ich nicht immer verstand, wobei ich einige Male das Gefühl hatte, als ob feststehende Begriffe wie z.B. "Bella Figura" übersetzt wurden. Dafür wurden die Verwandtschaftsgrade im Italienischen belassen, was mir nicht wirklich zu einem Überblick verhalf. Die Art und Weise der Beschreibung und die Verwendung verschiedener Satzbauten fand ich hingegen sehr gelungen, - hier zeigte sich die journalistische Ader der Verfasserin. Die zu wenigen Anekdoten waren schön und plastisch geschildert.

Fazit: Weniger Personen und dafür mehr Geschicht(ch)en hätten dem Buch gut getan.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2010
Israel, Andrea;Garfinkel, Nancy

Johannisbeersommer


gut

Freundschaft geht durch den Magen

Zum Inhalt: "Johannisbeersommer" beschreibt in Brief- und Emailform die Geschichte einer Mädchen-Freundschaft, deren Ende und Neubeginn. Aufgelockert wird der Roman durch die Einschübe von Koch- und Backrezepten.

Zur Aufmachung: Die frischen Johannisbeeren auf dem Cover machen direkt Appetit - auf die Rezepte und die Geschichte hinter den Rezepten.

Mein Eindruck: Normalerweise liegen mir Bücher mehr, die in Dialog- oder erzählender Form geschrieben sind. Aber bei dieser Geschichte macht die Briefform Sinn: So kann jede der beiden Mädchen/Frauen ihren Standpunkt bis zum Ende darstellen, ohne von einer unter Umständen aufgeregten Freundin unterbrochen zu werden.

Ein weiterer Kunstgriff der Autorinnen ist es, eine ihrer Protagonistinnen weit entfernt vom nächsten Internetzugang wohnen zu lassen. Der Briefcharakter der Mädchenkorrespondenz bleibt damit auch bei den gestandenen Frauen erhalten.

Gut gefiel mir der Austausch der Rezepte, die den Briefen angehängt werden. Einige von diesen scheinen so leicht nachzukochen zu sein, dass selbst ein Küchenbanause wie ich nicht vor Angst schlottert.

Nicht so gut fand ich (leider) das Verhalten der beiden Freundinnen, die sich auch im fortgeschrittenen Alter vom Vater der einen an der Nase herumführen lassen. Und dieses auch noch dergestalt, dass ihre Mädchenfreundschaft zerbricht und die neugewonnene Frauenfreundschaft äußerst fragil erscheint. Ich ärgere mich immer darüber, wenn ich das Gefühl habe, ein klares Wort, bei dem der Gegenüber einfach nur unvoreingenommen zuhört, kann den Lauf der ganzen Geschichte ändern und dieses Wort wird entweder nicht gesprochen oder trifft auf taube Ohren. Dabei müssten die beiden Damen doch genau wissen, wie sehr der Herr manipulieren kann - schließlich ist es sein Beruf - und beide Frauen sind beruflich sehr erfolgreich, also beileibe keine dämlichen Tussis.

Versöhnt hat mich das Ende des Buchs - ein ganz klassisches Happy End mit allen Rezepten als Hochzeitschmaus. Schließlich ist Sommer, die Sonne scheint und da finde ich Happy Ends noch angebrachter als sonst ;-)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2010
Adler-Olsen, Jussi

Erbarmen / Carl Mørck. Sonderdezernat Q Bd.1


ausgezeichnet

Darauf habe ich gewartet!
Zum Inhalt: Nachdem bei einem Einsatz ein Kollege seines Teams stirbt und ein zweiter gelähmt wird, versinkt Carl Morck in Depression und Selbstvorwürfen. Da dieses nicht nur ihm, sondern auch seinen Kollegen an die Substanz geht, sieht sich sein Chef genötigt, ihm die Leitung eines neuen Dezernats zu übertragen, welches sich mit kalten Fällen befassen soll. Teil der genehmigten Ausstattung ist ein Assistent mit unklarer Vergangenheit. Beide beginnen sich mit dem Fall einer vor Jahren auf einer Fährfahrt verschwundenen Abgeordneten zu befassen. Mit der Zeit kommen sie dabei nicht nur dem Täter auf die Spur, sondern Carl erhält Schritt für Schritt ein Stück Lebensfreude und Enthusiasmus zurück.

Zum Cover: Trostlos, rostig, blutig und schonungslos - das Cover spiegelt sehr schön das Gefängnis Meretes wieder.

Mein Eindruck: Endlich ein skandinavischer Krimi, der nicht nur bewölkt, sondern auch heiter ist. Für den Humor sorgt dabei besonders das Umfeld Morcks: Sein neuer Assistent mit Migrationshintergrund, der immer wieder mit ungeahnten Fähigkeiten und dubiosen Freunden verblüfft, dazu ein Untermieter mit Sammelfimmel, ein pubertierender Sohn und eine Ex-Frau, die extravagant die Widrigkeiten des täglichen Lebens übersieht, - sie alle bieten viel Stoff zum Schmunzeln. Des Weiteren eine Geschichte, die Adler-Olsen aus zwei Blickwinkeln erzählt. Die erste Sicht befasst sich mit Meretes Leiden und ihrer Beziehung zu den zuerst unbekannten Peinigern, die zweite widmet sich der Arbeit Morcks. Beide Teilhandlungen nähern sich immer weiter an, bis sie in ein furioses Finale münden. Dass es kein reines Happy-End gibt, passt zu Fall und Ermittlern.

Mein Fazit: Mehr davon, ich freue mich schon auf den zweiten Fall und hoffe, dass sich Adler-Olsen dann genauso viel Mühe mit der Entwicklung seiner Figuren gibt, wie in "Erbarmen".

3 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.04.2010
Bazell, Josh

Schneller als der Tod / Pietro-Reihe Bd.1


sehr gut

Zweiter Bildungsweg

Zum Inhalt: Pietro, Ex-Mafioso mit Hang zur Gerechtigkeit, verlässt die "Familie" und findet sich in einem Zeugenschutzprogramm wieder. Sein Mentor verhilft ihm zu einer Ausbildung zum Arzt und alles läuft nach Plan, bis ein Bekannter aus dem ersten Leben mit Krebs im Endstadium eingeliefert wird und Pietro erpresst.

"Schneller als der Tod" behandelt nicht nur die Zeit in der Klinik, sondern liefert in Rückblenden Einblicke in das Leben vor und während der Zeit in der Mafia und erläutert die Beweggründe für das Morden des Pietro Bärentatze.

Zur Aufmachung: Erhabene Blutstropfen auf Hochglanzpapier: Schick und böse - ganz wie sich die Mafia anfangs präsentiert.

Mein Eindruck: Eine bösartige, sehr schwarze Mischung aus Krimi und Komödie mit Fußnoten, die dem geneigten Leser zusätzliche Infos zur menschlichen Anatomie und dem amerikanischen Gesundheitswesen liefern. Dazu eine Hauptfigur, die trotz vieler Menschenleben auf dem Gewissen Sympathie beim Leser weckt - diese Diskrepanz führt für lange Zeit zu einem großen Spaß beim Lesen. Leider kann Josh Bazell sein Tempo und die Stringenz in der Geschichte nicht bis zum Schluss halten. Im letzten Teil der Geschichte hatte ich das Gefühl, dass das Buch jetzt zu Ende gebracht werden muss, auch wenn es ins komplett Absurde abdriftet.

Das finde ich sehr schade, da die Entwicklung von Pietro, die Zeichnung seiner Motive vom Verlust der Großeltern über die Missetaten seiner Opfer und die Beschreibung der Mafiosi sehr differenziert dargestellt wird. Auch wenn mir persönlich die Brutalität einiger Morde und einige erotische Momente zu drastisch geschildert werden, habe ich mich sehr lange sehr gut unterhalten gefühlt, deshalb vier von fünf Punkten.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.04.2010
Nürnberger, Christian

Mutige Menschen - Für Frieden, Freiheit und Menschenrechte


sehr gut

Auf den Punkt gebracht

Zum Inhalt: In "Mutige Menschen" stellt Christian Nürnberger Menschen der zumeist jüngeren Zeitgeschichte in Kurzbiographien vor, welche sich um "Frieden, Freiheit und Menschenrechte" verdient gemacht haben. Dieses geschieht in einer durchaus kurzweiligen Art und Weise, so dass sich auch nicht so interessierte Leser die Zeit nehmen können, etwas über diese Vorkämpfer zu erfahren.

Zur Aufmachung: Eine Rose im Stacheldraht. Diese Darstellung trifft zwar auf einige der Protagonisten zu (zum Beispiel Ghandi, Bertha von Suttner), ist aber bei anderen, die zum Teil härtere Geschütze auffuhren, zum Teil zwar für ihre Auffassungen kämpf(t)en, dabei aber nicht mit Recht und Gesetz in Konflikt gerieten, meines Erachtens ein wenig übertrieben. Gut getroffen ist das Comicartige des Einbands. Es ist zu hoffen, dass Jüngere dadurch zum Lesen des Buchs animiert werden und sich wenigstens im Ansatz mit wichtigen und mutigen Menschen befassen.

Mein Eindruck: Geschichte für Zwischendurch - präzise auf den Punkt gebracht. Natürlich ist in den Kapiteln, die dem Einzelnen gewidmet sind, nur ein Bruchteil über sein Leben zu erfahren. Für einen kurzen Einblick und einen Small-Talk sind die Daten und Fakten ausreichend und führen vielleicht sogar dazu, dass sich ein geneigter Leser eine echte und längere Biographie zu Gemüte zieht, ohne schon bereits beim Titel das Weite zu suchen. Vor allem bei jüngeren Lesern erhoffe ich mir, dass sie sich neben Wii und Belletristik vielleicht mit spannender Geschichte auseinandersetzen werden, die sogar "echt" und nicht nur flimmernd und erdacht ist. Vielleicht ist das Buch sogar als Inspiration für Lehrer geeignet, die ihre Schüler erst einmal anfüttern und sensibilisieren müssen, damit sich "trockene" Geschichte in größerer Dimension und ohne Schlachten interessant präsentieren kann. Es ist auf jeden Fall zu wünschen, dass die Geschichte hinter den Geschichten in einigen Köpfen wieder präsenter wird.

Bewertung vom 13.03.2010
Hauptmann, Gaby

Ticket ins Paradies


weniger gut

Spanische Lagune - in einem Wort: Seicht!

Ich hatte mir wirklich nicht viel von diesem Buch erwartet - eine Urlaubslektüre für zwischendurch - und diese Erwartungshaltung wurde voll erfüllt.

Zum Inhalt: Die aus dem Vorgänger "Rückflug zu verschenken" bekannte Ex-Kölnerin Clara besitzt Sommer, Liebe, Sonnenschein auf Mallorca und setzt es alles wegen jungmädchenhafter Zickerei aufs Spiel

Zum Cover: Herzig - im wahrsten Sinne des Wortes. Urlaubsidylle mit Palmen. Dieser Aufmachung kann man auf jeden Fall nicht vorwerfen, dass sie fälschlicherweise auf einen anderen Inhalt als einen lauen Urlaubsschmöker hinweist.

Mein Eindruck: Die totale Utopie. So ein unglaubwürdiges Frauenbild (und das aus der Feder einer Frau) ist mir schon lange nicht mehr untergekommen. Nicht nur ist Clara schlank, so schön, dass sie noch nicht einmal ihre Augen betont (die natürlich noch viel schöner sind), beruflich erfolgreich, hat nur wunderbare Freundinnen, einen tollen Mann, eine unkonventionelle Mutter, eine gut geratene Tochter. Nein, sie wird von einem reichen Gönner beauftragt, lebt in den Tag hinein, trinkt mit bester Freundin (natürlich auch auf Mallorca erfolgreich) Prosecco, wird von einem Maler angehimmelt, kauft mal eben Boutiquen leer, trifft dort wieder nur tolle Leute.... und so weiter, und so fort. Als einigermaßen im Hier und Jetzt lebende Frau frage ich mich: Woher kommt das Geld? Wieso lernt sie am laufenden Band interessante, wichtige und vor allen Dingen auch noch liebenswerte Menschen kennen? Und wieso ist diese Tussi zu blöd, um sich einigermaßen normal zu verhalten und den Aufhänger dieses Buches schon nach fünf Minuten ad Absurdum zu führen: Ein Foto! Nun gut, wahrscheinlich hätte Frau Hauptmann in diesem Fall nur eine Kurzgeschichte und kein Buch geschrieben, geschadet hätte das der Literatur wahrlich nicht. Auch sonst ist alles zu sehr an den Haaren herbeigezogen: Der IT-Könner, der als Nachtwächter arbeiten muss, - das stimmt einfach nicht! Da der Herr noch nicht "zu alt" ist, hat er absolut Chancen auf dem Arbeitsmarkt, da muss kein Super-Friedrich auftauchen. Die Mutter, die ihre 4jährige Tochter mal eben bei einer Freundin lässt, um "zu sich selbst zu finden" und sogar in ein anderes Land verschwindet: Dass sich da keiner aus dem wunderbaren Freundes- und Familienkreis an die Stirn tippt, hinterlässt bei mir ein schales Gefühl. Nein, ganz im Gegenteil: Zum Schluss sind alle außer der Bösewichtin glücklich... und das Kind wird zu Gunsten einer Liebesnacht geparkt, obwohl Mama ja einige Tage weg war. Was für ein Leben, was für ein Egoismus!

Der Schreibstil ist für mich das einzig Positive an dem Buch: Einfache, klare Sätze ohne großartige Schnörkel. Man kann es dadurch leicht lesen, ohne lange nachdenken oder reflektieren zu müssen.

Fazit: Für Leser, die sich die Welt schöntrinken wollen, ohne am Prosecco zu schlürfen. Ich mag dann doch lieber das blutige Steak oder andere "gehaltvolle" Dinge.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.03.2010
Dahl, Arne

Dunkelziffer


gut

Hohe Erwartung nicht erfüllt
Vorneweg: Dunkelziffer ist kein schlechter Krimi, aber ich hatte mir nach meiner Kenntnis von Arne Dahls Fähigkeiten einfach mehr versprochen.

Zum Inhalt: Ein 14jähriges Mädchen verschwindet auf einer Klassenfahrt, eine Frau meldet ihren Mann als vermisst, ein Mann wird mitten in Stockholm ermordet aufgefunden. Alle Fälle hängen zusammen, alle Fälle haben mit Sexualität zu tun: Pädophilie und Sex als Triebfeder der Lebensenergie.

Zum Cover: Zwei Hände, von denen eine sich in die andere legt - fast vertrauensvoll, wie die Hand eines Kindes. Die Hände wirken marmorn, ein Hinweis auf die Künstlerin, die in die Fälle verwickelt ist. Gut gefallen hat mir das Lesebändchen - mir ist das lieber als ein Lesezeichen, da diese gerne verschwinden oder verknicken.

Mein Eindruck: Die Geschichte beginnt spannend: Ein Mädchen verschwindet, die Klasse sucht zuerst allein, dann wird die Polizei und schließlich das A-Team eingeschaltet, da auch internationale Verwicklungen möglich sind. Leider geriet dieser Teil der Story immer mehr in den Hintergrund. Viel lieber beschäftigte sich Arne Dahl mit den privaten Problemen seiner Kriminalbeamten. Da er viele Polizisten in dieser Geschichte unterbringt, haben diese auch viele Schwierigkeiten, allesamt zwischenmenschlich. Für mich erdrückte dieser Umstand den Fall und auch die Darstellung der anderen Personen. Außer, dass sie gut aussahen, erfuhr man z.B. fast nichts über die handelnden Damen. Ihre Beweggründe hätten mich mehr und tiefer interessiert als die sexuellen Frustrationen der Beamten. Kurioserweise scheint Dahl über diesen Punkt sogar Selbstkritik üben zu wollen, denn der Gedanke eines Kommissars, über den ich am meisten schmunzeln musste, lautet: " Und er hatte wirklich keine Lust, tragisch zu werden. Nicht noch einer von diesen kaputten, alleinstehenden Ermittlern mit sozialen Phobien, die in schwedischen Krimis ihr Unwesen treiben." Bei Dahl haben jedoch nicht nur die alleinstehenden Ermittler Probleme, auch die in Beziehungen sind nicht davor gefeit.

Die Geschichte hatte an sich alles, was ein guter Krimi braucht: Ein spannender Plot, viele Arten von Handelnden, ein interessantes Thema, internationale Handlung, ein Team, das gut aufeinander eingespielt ist. Dazu eine flüssige Sprache, die einem das Ganze näher bringen könnte, wenn sie denn wollte. Ich finde schade, dass hier so viel wirklich gut Durchdachtes (z.B. der Geheimbund, der Pädophilenzirkel, die schwedische Vergangenheit, der Umgang mit einer Vergewaltigung) zwar angeschnitten, aber nicht wirklich behandelt wurde, weil das Privatleben der Beamten viel interessanter war. Da verwundert der Cliffhanger zum Abschluss des Buches nicht.

Mein Fazit: Ich bin enttäuscht, weil Arne Dahl eine spannende Thematik mit Gefahr für die Fingernägel der Rezensentin verschenkt hat. Nichtsdestotrotz war das Buch gut zu lesen und die Auflösung der verschiedenen Teilgeschichten schlüssig. Deshalb die drei Sterne für ein gutes Buch, leider nicht mehr für ein fantastisches, das es ohne Zweifel hätte werden können.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.02.2010
Ellroy, James

Blut will fließen


gut

Sex, Drugs und viele Tote

Das Buch "Blut will fließen" ist der Abschluss einer Trilogie über die vereinigten Staaten von Amerika in der Zeit von Vietnamkrieg, JFK, Flower Power, Martin Luther King und Richard Nixon und bietet viel Stoff für Verschwörungstheoretiker, die schon immer gewusst haben, dass das glänzende Gold des American Dream nur dünn auf einer Schicht von Müll aufgetragen ist.

Ellroy bedient sich dabei nicht nur schier unerschöpflicher US- und mittelamerikanischer Schauplätze, sondern zusätzlich der unterschiedlichsten Figuren: Rassen, Religionen, sexuelle Ausrichtungen, Drogen jedweder Art: Alles ist im Überfluss vorhanden. Für meinen Geschmack in zu großem Überfluss. Nach 300 Seiten hätte das Buch von mir höchstens einen Stern erhalten, weil es einfach viel zu viele Personen an viel zu vielen Orten mit viel zu vielen Hintergründen und Motiven gab und ich dadurch große Mühe hatte, den Überblick zu behalten. Dieser Umstand führte dazu, dass ich das Buch immer wieder entnervt zur Seite legte; - was natürlich die Sache mit dem Durchblick nicht besser machte.

Der Bruch erfolgte mit dem Tod einer Hauptperson. Das Buch wurde aufgeräumter, weil nicht mehr so viel Stränge in der Geschichte verwoben werden mussten und die durchaus schon vorher enthaltenen Spannungsbögen fokussiert wurden. Jetzt bekam die Story um die durch einen Überfall auf einen Werttransporter miteinander verbundene Personen, entwendete Smaragde und das ewige Grau im Gesicht von Gut und Böse mehr Fahrt und erschloss sich einer in der amerikanischen Geschichte nicht besonders bewanderten Rezensentin. Ich begann mit den noch lebenden Figuren mitzufiebern, verstand ihre Beweggründe (die Ellroy lange im Dunkeln ließ) und scherte mich nicht um die auf dem Schachbrett der Geschichte verlorenen Bauern. Von mehr Interesse waren die Damen und ein Springer, der sich später als Chronist der Ereignisse entpuppte.

Besonders interessant ist, dass Ellroy sehr viele "echte" Personen der Zeitgeschichte in seinem Buch agieren lässt, die - für ihn glücklicherweise, jedoch zum Unglück für die mit Rufmordklagen gerne beschäftigten Anwälte - alle schon gestorben sind: Ein Boxer, ein Schauspieler, ein Wirtschaftsmagnat, einige Politiker und der größte FBI-Agent. Auch diese zeigt er mit all ihren dunklen Seiten, auch hier gibt es keine Lichtgestalt.

Mein Fazit: Weniger wäre mehr gewesen. So musste ich mich durch die Hälfte des Buches kämpfen, obwohl es der Autor mit kurzen, prägnanten Sätzen und nicht zu ausufernden Kapiteln dem Leser noch relativ einfach macht, sein Opus zu erfassen. Die Abwechslung in den Schauplätzen, die verschiedenen Sichten der Figuren, die Telefon- und Tagebucheinschübe - alle schön und gut, aber hier zu oft benutzt. Der zweite Teil gefiel mir dafür richtig gut: Spannung bis zum Nägelkauen und ein Ende, welches zum Buch passt. Deshalb die drei Sterne als glorreiche Mitte.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.02.2010
Mazetti, Katarina

Mein Leben als Pinguin


ausgezeichnet

Eine Seefahrt, die ist lustig....meistens, aber eben nicht immer. Dennoch schafft es Frau Mazetti, die unlustigen Seiten ihrer Reise zu den Pinguinen so warmherzig zu umschreiben, dass ich unter Tränen, von denen ich ein paar verdrückt habe, lächeln musste.

Zum Inhalt: Eine bunt gemischte, schwedische Reisegruppe bricht über den Umweg des Pariser Flughafens Charles-de-Gaulle mit einem umgebauten Frachtschiff zu einer Kreuzfahrt in die Antarktis auf. Auf dieser Reise lernen wir einige Personen näher kennen: Wilma, eine Lehrerin, die zwar mit viel Herz und Schnauze, aber mit wenig Sex Appeal gesegnet ist. Dann Tomas, ein Journalist, der seine Scheidung und die damit verbundene Trennung von den Kindern noch nicht verarbeitet hat und Alba, die eigentlich Alma heißt, sich trotz ihrer über 70 Jahre keinen Tag älter als 36 fühlt und wie ein Albatros durch die Welt gesegelt - oder besser gereist - ist. Dazu gibt es einige nette Nebenfiguren, denen die kursiven Kapitel gewidmet sind, die man laut Autorin überspringen darf - aber (laut der Rezensentin) nicht überspringen sollte, da sie für zusätzliche Heiterkeit und Nachdenklichkeit sorgen. Zwischendurch erfährt der Leser noch einiges über die antarktische Tierwelt und die historischen Figuren, die sich dort einen Namen gemacht haben - die menschlich-tierischen Vergleiche bilden schöne Teilstücke in Albas Kapiteln.

Zum Cover: Einsamer Pinguin mit Koffer auf Eisscholle - eigentlich straft das Bild den Klappentext Lügen, denn "Ein Pinguin ist nie allein". Dazu der Schriftzug in einer Schreibschrift-Druckschrift-Mischung, was gut zu den Dreifach-Ich-Erzählern passt, die das Buch kommentieren.

Mein Eindruck: Selten so gelacht, selten so geweint. Normalerweise denke ich bei schwedischer Literatur entweder an unbeschwerte Kinderseelen auf dem Land oder an Kommissare mit mehr Problemen, als der Durchschnittsdeutsche aushalten könnte. "Mein Leben als Pinguin" fällt total aus diesem Rahmen. Glaubt man am Anfang noch an ein witziges Buch ohne viel Tiefgang, wird man recht schnell eines Besseren belehrt: Viele der gut gelaunt scheinenden Figuren haben ihr Päckchen zu tragen, tun dies aber glücklicherweise mit viel Humor und Mut. Die, die das nicht tun, werden von anderen Mitreisenden eines Besseren belehrt. Natürlich gibt es die Unbelehrbaren, aber mir denen hat der Leser kein Mitleid - zu biestig, nörglerisch oder großkotzig agierend stellt die Autorin sie bloß.

Fazit: Ich habe dieses Buch von Anfang bis Ende genossen - kein Kapitel stellte einen Hänger dar. Leider ist es schon nach knapp 300 Seiten zu Ende gewesen; das Vergnügen hätte gerne länger dauern dürfen, insbesondere bei den leicht schrulligen Nebenfiguren wären ein paar Seiten mehr bestimmt gut beim Leser angekommen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.