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melange
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Insgesamt 899 Bewertungen
Bewertung vom 10.11.2010
Maurer, Jörg

Hochsaison / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.2 (4 Audio-CDs)


gut

Drollig, aber etwas blass
Im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen beherrscht Maurer nicht nur das geschriebene Wort, sondern versteht es, seine Figuren stimmlich zum Leben zu erwecken.

Zum Inhalt: Kommissar Jennerwein und sein Team erhalten einen Hinweis, dass es sich bei dem spektakulären Unfall eines Skispringers in Wirklichkeit um ein Attentat handelt. Weitere mysteriöse Vorgänge folgen und Jennerwein sieht sich gezwungen, zu ermitteln, um Frieden und die Hoffnung auf eine gelungene Olympiabewerbung zu wahren.

Zum Cover: Kuh im Fenster - ebenso skurril wie die Mitwirkenden bei dieser Krimiposse zeigt sich ihr Outfit. Von daher halte ich es für sehr treffend, obwohl weder Kühe noch das Fensterln eine Rolle in der "Hochsaison" spielen.

Mein Eindruck: Auch wenn "Hochsaison" mit vielen wirklich gut und witzig beschriebenen Nebenfiguren und sehr schön choreografierten Handlungssträngen aufwartet, bleibt leider vor allem das Team um Kommissar Jennerwein seltsam konturlos. So viel ich über Pierre Brice, Kaiser Franz, Jacques Rogge und die mit ihnen agierenden Dörfler schmunzeln konnte, so kalt ließen mich die eigentlichen Hauptpersonen wie der Marder oder eben die ermittelnden Beamten. Das ist schon deshalb schade, weil die Story tatsächlich bei aller Groteske einiges an Bosheit aufbietet, die man ohne weiteres als wahrhaftig akzeptieren kann: Dass die olympischen Spiele eben nicht einfach an den geeignetsten Bewerber vergeben werden, sondern an denjenigen, der die "besten" und vor allem eindringlichsten Argumente hat. Die Verzahnung der Unterwelt, die ewig lächelnden Asiaten, - dieses beschreibt Maurer auf das Köstlichste. Ebenso wie die Survival-Manie der Manager oder den Filz in Kleinstädten.

Fazit: Wenn Maurer sich ein wenig mehr Mühe mit den Hauptfiguren gegeben hätte, hätte ich mich glänzend amüsiert. So war es immerhin noch "gut".

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2010
Kutscher, Volker

Goldstein / Kommissar Gereon Rath Bd.3


sehr gut

Berlin zwischen den Weltkriegen

Zum Inhalt: Gereon Rath, Mitarbeiter der Berliner Mordkommission, wird von seinem Chef zur Überwachung von Abraham Goldstein abgestellt. Dieser gilt in den USA als Killer, seine Motivation für den Aufenthalt in Berlin ist jedoch unbekannt. Zeitgleich brodelt es in der Hauptstadt: Verschiedene Verbrechergruppen, die eigentlich in relativ friedlicher Koexistenz nebeneinander existierten, beklagen Morde an ihren Mitgliedern. Rath wird in diese Vorgänge hineingezogen. Nicht nur, weil er selber einige Flecken auf seiner weißen Polizistenweste aufweist, sondern auch, weil seine Freundin Charly Kontakt zu einer Kleinkriminellen hat, welche zur Aufklärung übler Machenschaften innerhalb des Polizeiapparates beitragen könnte.

Zum Cover: Limousinen im Dunkeln – an einen konspirativen Treff von Unterweltlern glaubt man sofort.

Mein Eindruck: Nach einem fulminanten Auftakt ebbte der Spannungsbogen leicht ab. Kutscher nahm sich viel Zeit, die Strukturen von Polizei und Justiz der Weimarer Republik zu beschreiben. Dazu folgte eine ausführliche Schilderung der Berliner Schattenwelt – Gangsterbanden, Rotlichtmilieu, Obdachlose und Jugendliche ohne soziales Netz. Auch wenn ich diesen Teil des Romans als zäh empfand, war er für das Verständnis und den Fortgang einer dicht gewobenen und ausführlichen Geschichte absolut notwendig.Hier zeigt Kutscher ein großes und umfassendes Verständnis einer Zeit, die es den Menschen nicht einfach machte, ihre Integrität zu bewahren. Kurioserweise zeigt ausgerechnet der gesuchte und für den Roman namensgebende Verbrecher die größten Anwandlungen von Sitte, Menschlichkeit und Moral innerhalb der Wirren der Zeit.Sehr gut gefallen hat mir, wie Kutscher die unterschwellige Bedrohung durch die Nazis und Momente des Zeitgeschehens (z.B. Zusammenbruch der Banken) anhand seiner Figuren, ihrer alltäglichen Probleme und zwischenmenschlichen wie auch arbeitstechnischen Beziehungen darstellte. So war das Verständnis, dass ich für eine Zeit und ihre Menschen empfand, viel intensiver, als es eine einfache Schilderung der Geschehnisse vermögen könnte. Das unangenehme Gefühl, wenn man nur an die vielen Menschen jüdischen Glaubens denkt, die unmittelbar mit Rath und diesem Fall zu tun haben und das Wissen um die weiteren Vorgänge der späteren Jahre machten dabei zusätzlich beklommen.Ein wenig zu ausführlich ist mir die Beschreibung der Polizei mit den vielen Namen der Abteilungen und die für meinen Geschmack zu vielen handelnden Beamten geraten – dort verlor ich manchmal doch den Überblick.

Fazit: Ein Krimi, der durchaus als Spiegel der Zeit gelten kann, in der er spielt. Mit einer gut erdachten Protagonistenschar, die gerade durch ihre menschlichen Fehler absolut glaubhaft agiert. Trotz der Längen eine echte Leseempfehlung.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.09.2010
Gerstenberger, Stefanie

Magdalenas Garten


sehr gut

Vatersuche unter italienischer Sonne

Wider Erwarten kein schmalziger Schmöker, der höchstens für lauschige Stunden am Strand geeignet ist, sondern ein streckenweise wirklich packendes Portrait einer jungen Frau auf der Suche nach ihrer Vergangenheit und jetzigen Identität.

Zum Inhalt: Magdalena lebt nach dem frühen Tod ihrer Mutter mit ihrem Großvater zusammen. Von ihrem Vater besitzt sie nur ein altes Foto, welches ihn zusammen mit ihrer Mutter in einem Lokal auf Elba zeigt. Dieses Lokal findet Magdalena und macht sich mit den Bekanntschaften, die sie auf Elba schließt, auf die Suche nach ihrem Erzeuger.

Mein Eindruck: Hatte ich nach der Leseprobe noch das unterschwellige Gefühl, dass dieser Roman am besten mit Urlaubssonne im Herzen zu ertragen ist, wurde diese Einschätzung schnell von Frau Gerstenberger widerlegt. Sie gibt allen ihren Figuren Tiefe, Persönlichkeit und zu allem Großmut und Freundlichkeit einen Schuss Tragik und Bosheit. Keine Figur ist stereotyp, alle haben gute und schlechte Angewohnheiten - selbst der Bösewicht beherrscht wenigstens eine gelungene Massage und ist aus der Entfernung betrachtet ein humorvoller Zeitgenosse.
Und auch wenn Frau bestätigt bekommt, dass viele Männer Schweine sein können, serviert Frau Gerstenberger diese Bestätigung mit augenzwinkerndem Charme, da einige Damen es eben wirklich nicht besser verdient haben, - wie man in den Wald hineinruft, schallt es auch gerne heraus.

Als sehr angenehm empfand ich persönlich die Personenbeschreibungen, die sehr ausführlich ausfallen. Nicht so erfreut war ich über einiges im Verhältnis von Magdalena zu Roberto, eine weniger detailreiche Schilderung wäre mehr gewesen.

Fazit: Eine sehr schöne Beschreibung einer Selbstfindung mit ein paar unnötigen Längen im Mittelteil. Der Leser erhält einen Einblick in das Leben und Treiben auf Elba jenseits des Tourismus und dem Zusammenspiel verschiedener Nationalitäten und Persönlichkeiten. Zum guten Schluss bekommt jeder der Protagonisten, was er verdient hat - Magdalena zusätzlich einen Garten.

Bewertung vom 09.09.2010
Gößling, Andreas

Der Ruf der Schlange


sehr gut

Ein Kribbeln im Nacken

Dieses Buch hat tatsächlich Risiken und Nebenwirkungen, und zwar nicht wie üblich auf Herz, Hirn, Lachmuskeln oder - wenn es sehr traurig ist - die Augenpartie. Nein, es hinterlässt ein ungutes Gefühl im Nacken und von diesem Gefühl erholte ich mich dank einer brillant erdachten Geschichte in einer wundervoll dargestellten Phantasie-Welt nicht so schnell.

Zum Inhalt: Samu Rabov, Ermittler im Geheimdienst ihrer Majestät von Dunibien, bekommt von seiner Vorgesetzten und ehemaligen Geliebten einen Assistenten zur Seite gestellt, mit dessen Hilfe er mysteriöse Todesfälle und das gehäufte Auftreten von Schlangen aufklären soll. Während dieses Auftrages wird es immer schwieriger, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden und die letztendlich richtigen Entscheidungen für die Bürger und die Regierung von Dunibien zu treffen.

Die Aufmachung: Mal abgesehen von der Schlange, die einem schon fast ins Auge springt, hat mir besonders gut gefallen, dass Gößling dem geneigten Leser vorne und hinten jeweils eine Karte anbietet, damit man sich in Dunibien und seiner Hauptstadt Thora zurechtfindet.

Mein Eindruck: Gößling zaubert ein in jeder Hinsicht phantastisches Nebenuniversum. Dabei gibt er sich nicht nur Mühe mit der Erfindung von passenden Namen und besonderen Eigenschaften seiner Protagonisten, die die beiden konkurrierenden Seelen in ihrer Brust (Lichtich und Dunkeldu) in Einklang zu bringen versuchen. Er erfindet verschiedene Landschaften, unterschiedliche Kulte, eine ganz eigene Pflanzen- und Tierwelt und sogar eine Mode für die Damen Phoras, die ihre Luxuskörper in den heißesten Schuppen Phoras zur Schau stellen wollen.

Die ganze Geschichte von Schlangen, die sich aus der Wirbelsäule herausbrechen, Hexen, Zauberkräften, Gaukler, Schlangengötter und Bestien in der Meerestiefe mutet wie ein sehr gelungener Mix aus James Bond, Geschichten aus 1001 Nacht, Indiana Jones und Harry Potter an - jedoch alle nicht wirklich von dieser Welt.

Fazit: Eine fesselnde Geschichte für Fantasy- und Krimiliebhaber, die gerne einmal in das jeweils andere Genre hineinschnuppern wollen, ohne dem eigenen Lieblingsgebiet untreu zu werden. Das Ganze zusätzlich wunderschön illustriert, - eigentlich also ein Kandidat für die volle Punktzahl. Trotzdem ein Punkt Abzug für das unsägliche Ende! Nicht ein Teilerzählstrang wurde zu Ende gebracht, alles bleibt in der Schwebe. Das empfinde ich schon fast als unverschämt, da noch nichts von einer möglichen Fortsetzung bekannt ist. Ohne diese ist die Geschichte jedoch unfertig.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.08.2010
Henn, Carsten Sebastian

Birne sucht Helene


sehr gut

In Köln gibts lecker Mädchen...
... und leckere Jungs ebenfalls - wenn sie auch nicht wirklich immer zueinander finden. Oder wenigstens nicht sofort, aber manchmal ist ja der Weg das Ziel - wenigstens für die Leser dieses fast in jeder Hinsicht köstlichen Buches. Diesen Weg pflastert Herr Henn mit Kontaktanzeigen, Kochkünsten, Missverständnissen und Kurzzeitliebeleien.

Zum Inhalt: Paul (Mitarbeiter der Kfz-Zulassungsstelle in Köln) und Eli (Angestellte einer Buchhandlung) sind füreinander bestimmt. Bevor der Himmel jedoch seine Schäfchenwölkchen in Formation bringt, müssen einige Klippen des Schicksals umschifft werden.

Zum Cover: Locker-flockig-leicht und nicht unbedingt eine Kalorienbombe wie die Birne Helene, aber diesem Buch in seiner Grundstimmung meines Erachtens durchaus angemessen gewählt.

Mein Eindruck: Eine süße Leckerei von Anfang bis Ende mit leicht bitterer Note in den Zwischengängen. Besonders gut hat mir persönlich die Anlage der Figuren und Schauplätze gefallen, die durch und durch nicht nur lebensecht, sondern eben auch echt kölsch dargestellt waren, - und ich als Rheinländer kann das beurteilen. Köln ist wirklich so bunt, farbenfroh und verzickt und seine Menschen genauso quirlig und teilweise schräg, wie sich die Truppe der Um-die-30jährigen im Bekanntenkreis von Paul und Eli darstellt. Zwar lässt Henn dabei kein Klischee aus (der Schwule, der sich nur für sein Aussehen interessiert und dessen leicht tuckig-näselnde Stimme ich direkt im Ohr hatte, die Osteuropäerin, die für ein Essen sofort heißen Sex liefert), diese Klischees werden dem Leser aber auf so eine soufflee-leichte Weise serviert, dass man die Fertigsauce zum Menü verzeiht. Das Einzige, was mir ein wenig länger im Magen liegenblieb und den Gesamteindruck eines lustvoll-opulenten Lesemahls störte, waren die vielen One-Night-Stands, die sich Paul erlaubte. Selbst ich als Frau glaube daran, dass, wenn ein Mann sich wirklich und wahrhaftig verliebt hat, keine andere Frau in seinem Herzen und Bett Platz hat.... und schon gar nicht so viele, die Paul nacheinander vernascht, - dafür ein Stern Abzug.

Fazit: Ich habe mich gerne amüsiert und das romantische Ende fand ich wie eine Birne Helene: Leicht klebrig, sehr gehaltvoll, aber immer wieder schön!

Bewertung vom 18.08.2010
Boyne, John

Das Haus zur besonderen Verwendung


ausgezeichnet

Eine große Liebe erträgt alles
Revolution, Exil, Weltkrieg, Verlust des einzigen Kindes, Ehebruch und Tod. John Boyne zeichnet in "Das Haus zur besonderen Verwendung" die Beziehung zweier Menschen mit fast allen grausamen Facetten nach, die das Leben bieten kann.

Zum Inhalt: Georgi, der Sohn eines Bauers, rettet einem Angehörigen der Zarenfamilie das Leben und wird daraufhin zum Leibwächter des Zarewitschs nach St. Petersburg berufen. Von seinem Leben bei Hofe, der Liebe zu der jüngsten Zarentochter Anastasia, der Flucht aus Russland, dem Exil und dem Leben mit seiner Frau Soja in der Fremde berichtet Georgi in der Ich-Form.

Zur Aufmachung: Ein Park im Herbst, im Hintergrund zwei Gestalten, unter dem Bild ein roter Stern. Vielleicht möchte diese Komposition darauf hinweisen, dass sich Georgi und Soja selbst im Herbst ihres Lebens immer noch von dem russischen Regime verfolgt fühlen. Zu dieser Einschätzung bin ich aber erst gekommen, nachdem ich das Buch gelesen habe; davor fand ich das Cover einfach nur nichtssagend. Schön finde ich, dass der Übersetzer genannt wird. Schließlich trägt eine gute Übersetzung nicht unerheblich zum Erfolg eines Buches bei.

Mein Eindruck: Ein Schmöker im besten Sinn! Als ich das Buch erst einmal in die Hand genommen hatte, konnte ich es nicht mehr zur Seite legen. Nicht nur, dass Boyne eine großartige Liebesgeschichte an die Frau bringt, sämtliche Orte, Personen der Zeitgeschichte und Daten sind auf das Beste recherchiert und auf der Website www.zurbesonderenverwendung.de illustriert. Zusätzlich versteht Boyne es, sowohl Orte als auch Gefühle der Handelnden so lebensecht und treffend zu schildern, dass ich die Schäbigkeit und Verzweiflung im Heimatdorf Georgis spürte und ebenfalls ehrfürchtig vor dem Winterpalast stand, als dieser in St. Petersburg eintraf. Gut gefiel mir, dass die Hauptpersonen nicht glorifiziert, sondern mit vielen Fehlern dargestellt sind, auch die "Guten" sind eben nicht perfekt. Aber auch die Nebenpersonen sind sehr bildhaft und differenziert angelegt, z.B. zeigt sich die Zarenfamilie einerseits als von Gott eingesetzt, andererseits versuchen sie dem russischen Volk zu beweisen, dass sie sich trotz aller Göttlichkeit kümmern.

Fazit: Auch wenn Klappentext und Cover nicht überzeugen können, spreche ich eine uneingeschränkte Empfehlung für "Das Haus zur besonderen Verwendung" aus. Selten hat mich eine fiktive Geschichte mit historischen Wurzeln so berührt und gefesselt.

Bewertung vom 15.08.2010
Bignardi, Daria

Meine sehr italienische Familie


weniger gut

Einfach nur so...
.. und ohne hinzusehen meisterte die Mutter von Daria ihr Leben. Dabei geriet ihr alles - wenn man ihrer Tochter glauben darf - mit dieser Methode besonders gut. Leider trifft das nicht auf "Meine sehr italienische Familie" zu, obwohl die Tochter meines Erachtens das Buch ebenfalls ohne hinzusehen geschrieben hat.

Zum Inhalt: Nach dem Tod ihrer Mutter blickt Daria Bignardi zurück und beschreibt das Leben ihrer Eltern und der weitläufigen Familie.

Zur Aufmachung: Sehr schön! Außen schmückt eine Orange das mit einer geschwungenen Schrift verzierte Cover, innen zeigt sich ein Foto von einer Großfamilie.

Mein Eindruck: Obwohl es durchaus einige Stellen gab, die, wie die Leseprobe, Anlass zum Lächeln und Traurigsein boten, hatte ich bei dem großen Rest des Buches das Gefühl, dass Daria Bignardi alles so aufgeschrieben hat, wie es ihr gerade in den Sinn kam: Ohne Konstanz der Figuren, ohne Einhaltung einer Zeitachse und - als hätte sie Angst vor einer Familienrache - mit viel zu vielen Nebenfiguren ihrer Großfamilie, die anscheinend zwar alle einmal erwähnt gehörten, auf die im Folgenden dann jedoch nicht oder nur kaum eingegangen wurde. Dadurch geriet für mich die Geschichte zu einem riesigen Tohuwabohu, aus dem ich mich fast nicht mehr zu befreien vermochte. Die Übersetzung des Buchs tat dabei ihr Übriges: Kursivschrift an Stellen, die ich nicht immer verstand, wobei ich einige Male das Gefühl hatte, als ob feststehende Begriffe wie z.B. "Bella Figura" übersetzt wurden. Dafür wurden die Verwandtschaftsgrade im Italienischen belassen, was mir nicht wirklich zu einem Überblick verhalf. Die Art und Weise der Beschreibung und die Verwendung verschiedener Satzbauten fand ich hingegen sehr gelungen, - hier zeigte sich die journalistische Ader der Verfasserin. Die zu wenigen Anekdoten waren schön und plastisch geschildert.

Fazit: Weniger Personen und dafür mehr Geschicht(ch)en hätten dem Buch gut getan.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2010
Israel, Andrea;Garfinkel, Nancy

Johannisbeersommer


gut

Freundschaft geht durch den Magen

Zum Inhalt: "Johannisbeersommer" beschreibt in Brief- und Emailform die Geschichte einer Mädchen-Freundschaft, deren Ende und Neubeginn. Aufgelockert wird der Roman durch die Einschübe von Koch- und Backrezepten.

Zur Aufmachung: Die frischen Johannisbeeren auf dem Cover machen direkt Appetit - auf die Rezepte und die Geschichte hinter den Rezepten.

Mein Eindruck: Normalerweise liegen mir Bücher mehr, die in Dialog- oder erzählender Form geschrieben sind. Aber bei dieser Geschichte macht die Briefform Sinn: So kann jede der beiden Mädchen/Frauen ihren Standpunkt bis zum Ende darstellen, ohne von einer unter Umständen aufgeregten Freundin unterbrochen zu werden.

Ein weiterer Kunstgriff der Autorinnen ist es, eine ihrer Protagonistinnen weit entfernt vom nächsten Internetzugang wohnen zu lassen. Der Briefcharakter der Mädchenkorrespondenz bleibt damit auch bei den gestandenen Frauen erhalten.

Gut gefiel mir der Austausch der Rezepte, die den Briefen angehängt werden. Einige von diesen scheinen so leicht nachzukochen zu sein, dass selbst ein Küchenbanause wie ich nicht vor Angst schlottert.

Nicht so gut fand ich (leider) das Verhalten der beiden Freundinnen, die sich auch im fortgeschrittenen Alter vom Vater der einen an der Nase herumführen lassen. Und dieses auch noch dergestalt, dass ihre Mädchenfreundschaft zerbricht und die neugewonnene Frauenfreundschaft äußerst fragil erscheint. Ich ärgere mich immer darüber, wenn ich das Gefühl habe, ein klares Wort, bei dem der Gegenüber einfach nur unvoreingenommen zuhört, kann den Lauf der ganzen Geschichte ändern und dieses Wort wird entweder nicht gesprochen oder trifft auf taube Ohren. Dabei müssten die beiden Damen doch genau wissen, wie sehr der Herr manipulieren kann - schließlich ist es sein Beruf - und beide Frauen sind beruflich sehr erfolgreich, also beileibe keine dämlichen Tussis.

Versöhnt hat mich das Ende des Buchs - ein ganz klassisches Happy End mit allen Rezepten als Hochzeitschmaus. Schließlich ist Sommer, die Sonne scheint und da finde ich Happy Ends noch angebrachter als sonst ;-)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2010
Adler-Olsen, Jussi

Erbarmen / Carl Mørck. Sonderdezernat Q Bd.1


ausgezeichnet

Darauf habe ich gewartet!
Zum Inhalt: Nachdem bei einem Einsatz ein Kollege seines Teams stirbt und ein zweiter gelähmt wird, versinkt Carl Morck in Depression und Selbstvorwürfen. Da dieses nicht nur ihm, sondern auch seinen Kollegen an die Substanz geht, sieht sich sein Chef genötigt, ihm die Leitung eines neuen Dezernats zu übertragen, welches sich mit kalten Fällen befassen soll. Teil der genehmigten Ausstattung ist ein Assistent mit unklarer Vergangenheit. Beide beginnen sich mit dem Fall einer vor Jahren auf einer Fährfahrt verschwundenen Abgeordneten zu befassen. Mit der Zeit kommen sie dabei nicht nur dem Täter auf die Spur, sondern Carl erhält Schritt für Schritt ein Stück Lebensfreude und Enthusiasmus zurück.

Zum Cover: Trostlos, rostig, blutig und schonungslos - das Cover spiegelt sehr schön das Gefängnis Meretes wieder.

Mein Eindruck: Endlich ein skandinavischer Krimi, der nicht nur bewölkt, sondern auch heiter ist. Für den Humor sorgt dabei besonders das Umfeld Morcks: Sein neuer Assistent mit Migrationshintergrund, der immer wieder mit ungeahnten Fähigkeiten und dubiosen Freunden verblüfft, dazu ein Untermieter mit Sammelfimmel, ein pubertierender Sohn und eine Ex-Frau, die extravagant die Widrigkeiten des täglichen Lebens übersieht, - sie alle bieten viel Stoff zum Schmunzeln. Des Weiteren eine Geschichte, die Adler-Olsen aus zwei Blickwinkeln erzählt. Die erste Sicht befasst sich mit Meretes Leiden und ihrer Beziehung zu den zuerst unbekannten Peinigern, die zweite widmet sich der Arbeit Morcks. Beide Teilhandlungen nähern sich immer weiter an, bis sie in ein furioses Finale münden. Dass es kein reines Happy-End gibt, passt zu Fall und Ermittlern.

Mein Fazit: Mehr davon, ich freue mich schon auf den zweiten Fall und hoffe, dass sich Adler-Olsen dann genauso viel Mühe mit der Entwicklung seiner Figuren gibt, wie in "Erbarmen".

3 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.