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melange
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Insgesamt 901 Bewertungen
Bewertung vom 27.10.2013
Föhr, Andreas

Schwarze Piste / Kreuthner und Wallner Bd.4


ausgezeichnet

Alles eine Frage der Moral

Zum Inhalt: Der Polizist Kreuthner findet bei der Abfahrt auf der "schwarzen Piste" zufällig eine tote Frau und stößt damit auf einen Fall, dessen Wurzeln in der Vergangenheit des Linksterrorismus liegen und dessen Auswirkungen zu einigen Verbrechen in der Gegenwart führen.

Zum Cover: Ein Paar Ski, - passend zum Titel. Persönlich finde ich es sehr nichtssagend und wäre ohne die Teilnahme an einer Lesung mit Andreas Föhr von so einer Aufmachung garantiert nicht zum Kauf animiert worden.

Mein Eindruck: Perfekt erfüllt Föhr Haupt- wie Nebenfiguren mit Leben. Zusätzlich entführt er seine Leser an die unterschiedlichsten Orte (z.B. BND, Stripbar, Gnadenhof, Wald), an denen man sich direkt zu Hause fühlt. Aber was wäre jegliche Handlung ohne die Personen, die diese Umgebung ausmachen? Dabei beweist Föhr ein unnachahmliches Gespür für Typen, die keine glattgeschliffenen Anzugträger oder Karrieremenschen sind, sondern urbayerische Figuren mit dem Hang, Fünfe gerade sein zu lassen. Recht und Gesetz werden dabei auf eine handfeste Art und Weise ausgeübt, gerne auch einmal in der Ausklammerung der staatlichen Autoritäten. Möglicherweise politisch unkorrekt, aber dadurch realistischer und liebenswerter, da menschlicher und echter dargestellt, - eben "fast wia im richtgen Leben". Perfekt auch das Ende, - überraschend, hoffnungsvoll und fast poetisch.

Fazit: Saukomisch, spannend und einfühlsam, - so muss Heimatkrimi sein.
5 Sterne

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.10.2013
Föhr, Andreas

Der Prinzessinnenmörder / Kreuthner und Wallner Bd.1


ausgezeichnet

Rache ist bitter

Zum Inhalt: Zwei junge Mädchen werden kurz nacheinander ermordet und in ein Prinzessinnenkostüm gesteckt. Von Beginn an gibt der Mörder Hinweise, die den Lesern und der Polizei den Grund für die Morde und deren Inszenierung aufzeigen.

Mein Eindruck: Das Debüt von Andreas Föhr zeigt deutlich sein Wirken als Drehbuchautor (unter anderem für den Bullen von Tölz). Pointenreich und mit einem wunderbaren Gefühl für das Timing lenkt er seine Figuren durch einen interessanten Fall von Wut und Verzweiflung, Ohnmacht, Liebe und Wahnsinn. Augenzwinkernd entwickelt er echte Typen bis hin zu den Nebenfiguren. Besonders der Polizist Kreuthner mit seinen Tendenzen, Recht und Gesetz in seinem Sinn zu interpretieren, treibt dem Leser einige Lachtränen in die Augen und wirkt - wie der Großvater der Hauptfigur Wallner - extrem gut als Zwerchfellmassagehilfe. Auch folgenden Aspekt habe ich als wohltuend empfunden: Sein Kommissar Wallner hat einen nicht immer einfachen Opa und stellt sich beim Flirten nicht unbedingt gekonnt an, er hat aber weder ein Alkoholproblem, noch muss er sich mit sonstigen Widerlichkeiten herumschlagen. Wallners Team besteht aus "echten" Menschen und weder Superhelden, noch seelische Krüppel bevölkern es. Diese lebensnahe Darstellung der ganzen Geschichte bewirkt, dass man selbst für den Mörder Verständnis und Mitleid aufbringen kann, wenn sich dessen Verhalten nach und nach erschließt.

Fazit: Eine wunderbare Bereicherung des Heimatkrimis!
5 Sterne

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.10.2013
Roll, Liselotte

Bittere Sünde / Kalo ermittelt Bd.1


sehr gut

Alte Sünden werfen lange Schatten

Zum Inhalt: Der sehr bestialische Mord an einem Alkoholiker und der Mordversuch an dessen dementer Mutter rufen den Polizisten Magnus Kalo auf den Plan. Mit Hilfe seiner Frau, der Psychologin Linn, kommt Magnus einem Verbrechen auf die Spur, welches seine Wurzeln in der Vergangenheit hat und ihm und seiner Familie sehr gefährlich wird.

Zum Cover: Ein bisschen unpassend. Zwar zeigt es Zerrissenheit und wirkt gut als Hintergrund für ein Buch des Genres "Thriller", mit dem Inhalt hat es aber nichts zu tun.

Mein Eindruck: Wer auf die in skandinavischen Krimis üblichen Morde (viel Blut, viel Ehr) steht, wird bei diesem Buch in seiner Erwartung nicht enttäuscht werden. Leider werden jedoch ebenfalls alle Klischees bedient: Magnus hat eine mit seinem Beruf unzufriedene Partnerin (wobei man sich fragt, warum sie sich dann Magnus ausgesucht hat, - sein Beruf war ihr beim Kennenlernen bekannt) und - wahrscheinlich - gesundheitliche Probleme. Aber daneben gibt es glücklicherweise ein Ermittlerteam mit zwei interessanten Persönlichkeiten und einen Fall mit vielen Wendungen. Dabei bleiben die Ermittlungsarbeit und das Verhalten von Täter und Polizisten plausibel und spannend. Zusätzliche Dynamik zieht die Geschichte aus den unterschiedlichen Schauplätzen, - nicht nur werden städtische und ländliche Gegenden Schwedens besucht, ein Teil spielt in Argentinien und untersucht die Militärvergangenheit dieses Landes. Da zwar der Fall geklärt wird, jedoch nicht die offenen persönlichen Fragen, ist wohl eine Reihe um Magnus Kalo angestrebt, - nach diesem Erstling um das Team und ihn sollte es auch keinen Hinderungsgrund für eine Fortsetzung geben.

Fazit: Sehr spannend und abwechslungsreich
4 Sterne

11 von 19 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.10.2013
Rahlens, Holly-Jane

Stella Menzel und der goldene Faden


ausgezeichnet

Eine Familiengeschichte

Zum Inhalt: Ein goldener Faden und ein blauer Brokatstoff mit silbernen Sternen und Schneeflocken bilden das Gerüst und den Klebstoff für die Geschichte der Familie Stella Menzels, die im Russland der Oktoberrevolution beginnt und im Berlin der heutigen Zeit endet.

Cover und Illustrationen: Blauer Stoff und der goldene und silberne Faden ziehen sich vom Cover quer durch das ganze Buch und gemeinsam mit illustrierten Fotos bilden diese die Klammer um Stoff, Familiengeschichte und das aus diesen beiden Sachen resultierende Fotoalbum, welches Stella zum Schluss von ihrer Mutter geschenkt bekommt.

Mein Eindruck: Holly-Jane Rahlens ist selber eine Wanderin zwischen den Welten und stellt die unterschiedlichen Lebensumstände ihrer Protagonisten kindgerecht, aber doch wahrhaftig dar. Dabei wird weder Tod durch Krankheit noch die Flucht vor den Nazis ausgespart, jedoch so abgebildet, dass keine schlaflosen Nächte folgen müssen.
Diese Art der Erzählung ist ein großes Plus der Geschichte, - es wird zwar sehr oft kurz traurig (meistens dann, wenn wieder ein Kleidungsstück nicht mehr zu retten ist), aber da sich immer ein Lichtstreif am Horizont in Omas perfekter Handwerkskunst und Lebensweisheit bietet, überwiegt das Gefühl von Herzenswärme. Der durch den Brokatstoff symbolisierte Zusammenhalt der Familie über Zeit, Kontinente und Generationen bietet Geborgenheit und Erinnerung.
Die Geschichte ist kurzweilig und interessant und findet durch den einfühlsamen und nicht zu komplizierten Schreibstil bestimmt viele begeisterte junge Leserinnen etwa im Alter der Hauptperson (10-12 Jahre).

Fazit: Eine Ode auf die Familie und den Halt, den sie bietet.
5 Sterne

1 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.10.2013
Harvey, Sarah N.

Arthur oder Wie ich lernte, den T-Bird zu fahren


ausgezeichnet

Auf der Klaviatur der Gefühle

Zum Inhalt:
Nachdem der 95jährige Arthur einige Pflegerinnen in die Flucht geschlagen hat, engagiert seine Tochter ihren Sohn Royce, um auf den berühmten Ex-Cellisten aufzupassen. Mit der stoischen Ruhe, die nur Teenagern zu Eigen ist, und mit Blick auf das Geld, welches er mit diesem Job verdienen kann, nimmt Royce die Herausforderung an und es entspinnt sich eine Geschichte um eine Männerfreundschaft der etwas anderen Art. Der Ich-Erzähler Royce lernt nicht nur den T-Bird zu fahren, sondern auch Arthur zu lenken.

Zum Cover:
Der titelgebende T-Bird in Frontalansicht sieht ein bisschen großkotzig und unnahbar aus, aber auch imposant und sexy, - so, wie sich Arthur gerne gibt.

Mein Eindruck:
Meisterhaft beherrscht Sarah N. Harvey ihre Hauptpersonen: Sie setzt sich perfekt mit der Denkweise eines 17jährigen Schülers auseinander, der einerseits sehr zielstrebig und abgeklärt wirkt, andererseits aber sehr gefühlsbetont wird, wenn seine Saiten durch seine Mutter oder Fotoalben zum Klingen gebracht werden. Genauso lebendig wie der Teenager erscheint der Greis vor dem inneren Auge des Lesers. Gut herausgearbeitet mit Ecken und Kanten, jedoch auch mit einer guten Portion Humor und Leidenschaft. Seltsamerweise bleiben die engen Nebenfiguren wie Mutter und Freundin von Royce diffuser als die Friseurin, der Schneider und die Anwältin Arthurs, möglicherweise deshalb, weil sie für Royce einer noch fremden Welt entstammen und deshalb einer genaueren Schilderung bedürfen.
Nachdem die ersten zwei Drittel des Romans eher humorvoll gestaltet sind, kommt mit der schweren Krankheit Arthurs viel Tiefsinn dazu. Aber auch dieser Teil fesselte bis zum Schluss, der nach vielen Lachtränen zu einem Kloß im Hals führt.
Der Schreibstil ist gradlinig, aber nie langweilig, farbenfroh, aber nie ausschweifend und die Opa-Enkel Dialoge zwar sehr direkt, aber nie abstoßend. So, wie ein gutes Buch für Jugendliche sein sollte.

Fazit: Perfektes Potpourri der Gefühle
5 Sterne

Bewertung vom 02.10.2013
Hannawald, Sven

Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben


weniger gut

Der abgestürzte Adler

Zum Inhalt: In diesem Buch erfahren die Lesenden allerhand über das Skispringen, viel zur Jugendsportförderung in der DDR, einiges über den Medienzirkus und fast nichts über Sven Hannawald.

Cover und Gestaltung: Sven Hannawald blickt einem direkt in die Augen, - ernst und (wie ich finde) unnahbar wie ein Pokerspieler kurz vor dem großen Zocken. Das Buch enthält von Sven Hannawald in der Ich-Form wiedergegebenen Text, einige Interviews von seinen Lebensweg begleitenden Personen und viele Fotos, die das Geschriebene illustrieren. Da die Texte manchmal verschachtelt werden ist der Lesefluss nicht gegeben, was ich als störend empfunden habe.

Mein Eindruck: Ich gestehe, dass ich nicht nur von der Unterbrechung des Leseflusses enttäuscht bin. Ich hatte mir einen tieferen Einblick in die Gedanken und Gefühle von Sven Hannawald versprochen, aber er selbst erzählt fast nur über seine berufliche Laufbahn, die schon als Kind in der DDR begann. Kaum ein Wort darüber, ob er damals seine Eltern und seine Schwester vermisste. Auch später, wenn es um seinen Burn Out und die Bewältigung desselben geht, geben Weggefährten und Ärzte mehr Auskunft über sein Verhalten als er selbst über seine Gefühle. Die einzige Passage, in der ich mich wirklich mitgenommen fühle, ist der große Triumph bei der Vierschanzentournee mit den Siegen bei allen vier Sprüngen. Zwar ist das Buch sehr interessant gestaltet mit vielen Fotos, Grafiken und Einschüben zu Themen am Rande, für eine Autobiographie (die es auch mit unterstützendem Schriftsteller doch sein soll), fehlt mir jedoch der persönliche Touch. Keine "spannenden Einsichten in das Innenleben eines Athleten", sondern nur die Aufsicht auf einen Menschen, der sich glücklicherweise wieder gefangen hat. Wenn Sven Hannawald eigentlich nicht über sich reden wollte, hätte er so eine Art von Buch besser lassen sollen.

Fazit: Zu emotionslos für die Erwartung, die von Klappentext und Eingangskapitel geweckt wird.

4 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.10.2013
Boden, Stephan

Digger Hamburg


sehr gut

Kleines Schiff auf großer Fahrt

Zum Inhalt: Stephen Boden beschreibt seine mehrwöchige Reise mit Freundin und Hund auf der Ostsee im Sommer 2012. Diesen Bericht illustriert er mit Blog- und Facebookeinträgen und vielen Fotos.

Zum Cover: Segelboot mit Hund, das Überzeugendste an dem Cover ist aber die Oberfläche: hier ist dem Verlag ein echter Handschmeichler gelungen.

Mein Eindruck: In jedem Satz können die Lesenden die Freude und den Spaß Stephen Bodens spüren, der er beim Segeln hat (wenn man von den einführenden Passagen zu seinem Segel-Burn Out absieht). Dadurch wird das Buch zu einer einzigen großen Liebeserklärung an sein Boot und die damit verbundene Freiheit. Die vielen Fotos untermalen zusätzlich diesen Eindruck. Die Mischung aus Einträgen, Fotos und Facebook-Kommentaren spiegelt dabei sehr gut die Lockerheit und das Savoir Vivre des Buches wider. Es gibt nur zwei Punkte, die den Genuss der Erzählung ein wenig schmälern. Erstens wird in den Blogs gerne einmal ein Teil des Fließtextes wiederholt, zweitens werden sehr viele Fachbegriffe und Gerätschaften aus der Welt des Segelns benutzt, die einen Nichtwisser ins Schlingern geraten lassen. Aber hier kann man sich gut mit Querlesen behelfen und bleibt dennoch im erzähltechnischen Fahrwasser.

Fazit: Ein leicht bekömmlicher und sehr leckerer Schluck aus der Fernwehpulle

4 Sterne

Bewertung vom 02.10.2013
Kirk, David

Das Buch der Vergeltung / Ronin Bd.1


sehr gut

Blut und Ehre

Ronin sind Samurai, die keinem Fürsten dienen. Der bekannteste Mann dieser Art war Musashi Miyamoto. Dessen Leben und die Legende um ihn benutzt David Kirk als Aufhänger und Gerüst für seinen Roman.

Zum Inhalt: Der 13jährige Bennosuke wächst als Halbwaise unter den Fittichen von zwei Onkeln - einem Priester und einem Kämpfer - auf, da sein Vater, der Samurai Munisai, das Dorf nach dem Tod von Bennosukes Mutter verlassen hat. Nach Munisais Rückkehr wird Bennosuke von diesem in der Kunst des Schwertkampfs unterrichtet, die dieser bald unter Beweis stellen muss, als sein Vater durch höfische Intrigen und Verrat in einen schändlichen Selbstmord gezwungen wird. Bennosukes weiteres Leben ist auf den Wunsch nach Rache und Vergeltung an den Schuldigen ausgelegt.

Zum Cover: Sehr edel gestaltet mit einer Landschaft, die nur in den oberen 10 Prozent des Titels sichtbar wird und sonst in Schwärze versinkt. Die Färbung der Schrift erinnert an japanische Vasen, dazu umläuft das Buch ein Samuraischwert, - die Hauptwaffe der Kämpfer.

Mein Eindruck: David Kirk versteht es meisterhaft, den Lesenden eine fremde Welt aus Ruhm, Ehre, Selbstaufgabe und Vergeltung nahezubringen. Das Wort des Fürsten gilt alles, - egal wie falsch, hinterlistig, geldgierig und machtgeil sich dieser verhält. Das "Buch der Vergeltung" zeigt, wie sich die Figur des Bennosuke aus diesem für Samurai festgefügten Weltblick löst. Er ist - durch seine zweigleisige Ausbildung bei Mönch und Kämpfer - dazu befähigt, hinter die Kulissen zu schauen. Ein duales Bildungssystem, welches zur Perfektion führt! Wenn auch fiktiv, ist die Geschichte großartig gesponnen, mit Blick in das Innerste; Seele wie Gedärme. Der letztere fiel mir jedoch manchmal etwas zu detailverliebt aus, deshalb die Abzüge in der B-Note für den Gesamteindruck.

Fazit: Die Welt des alten Japans zum (Be-)greifen nah! 4 Sterne

Bewertung vom 14.09.2013
Weiner, Christine

Drei Frauen im R4


gut

Leider selten lustig

Zum Inhalt: Die drei Freundinnen Renate, Nele und Trudi (die Ich-Erzählerin des Romans) bekommen zum gemeinsamen 50. Geburtstag von Renate und Neles Töchtern eine Reise geschenkt. Die Reise, die die drei vor 30 Jahren nicht zu Ende führen konnten. In 80er Jahre Klamotten und Ausrüstung und mit dem Budget von damals schlagen sich die drei Richtung Italien durch und stranden dabei ziemlich lange in der Schweiz.

Zum Cover: In positivem Orange und Comicstil macht die Aufmachung Appetit auf eine lustige Reise.....

Mein Eindruck: .... die diese aber über weite Strecken nicht ist. Gerät der Beginn zwar überdreht, aber glaubhaft, wirken die folgenden Episoden eher gekünstelt und zum Teil sogar krampfhaft bemüht. Alleine die Jünglinge, die den Weg der "älteren" Damen pflastern, - fast wie das Wunschdenken vieler alternder Hollywooddarsteller (welche bei ihren selbstinszenierten Werken ihrer guten Seele wegen von 20jährigen Schönheiten angebaggert werden), nur eben umgekehrt und genauso falsch. Zusätzlich enttäuscht, dass die Erwartungshaltung (wie läuft es in Italien?) nicht bedient wird, sondern dass die Damen schon in der Schweiz hängenbleiben, weil sich drei gestandene Frausbilder tagelang leimen lassen, was ebenfalls in das Reich der Fantasie gehört. Nun ist Fantasie in einem fiktiven Roman an sich nichts Schlechtes, aber hier läuft sie überbordend in die falsche Richtung. Die Nebenfiguren auf der Reise wirkten dabei wie Karikaturen und nicht wie echte Menschen.
Starke Momente hat der Roman, wenn die Freundschaft und tiefe Verbundenheit der Frauen thematisiert wir und die Damen Einsicht in ihr Innenleben gestatten.

Fazit: Im Endeffekt trifft das Buch nicht meinen Sinn für Humor, die ernsthaften Teile sind jedoch gut. Deshalb drei Sterne

Bewertung vom 14.09.2013
Pérez-Reverte, Arturo

Dreimal im Leben


sehr gut

Viel leidenschaftlicher Tango, aber auch trauriger Fado

Zum Inhalt: Dreimal im Leben trifft Max auf Mecha, er zuerst Gigolo, dann Gentleman-Gauner, sie reiche Erbin und wunderschöne Gattin erst eines Komponisten, dann eines Diplomaten, zum Schluss Mutter eines Schachgenies.

Zum Cover: Frauengestalt in eleganter Kleidung der 40er Jahre in die Ferne blickend. Die Melancholie des Romans ist schon im Äußeren spürbar.

Mein Eindruck: Drei Zeiten, drei Orte, ein Paar und über allem der Tango mit all seiner Leidenschaft und einem Spritzer Fado. Denn auch wenn es sich um eine sehr körperliche Liebesgeschichte handelt, ein Hauch von Traurigkeit schwingt immer mit. Der Leser erlebt diese Geschichte zwar in der dritten Person, aber immer aus dem Blickwinkel von Max, dem Jungen aus armen Verhältnissen, für den Überleben oberste Priorität hat, - egal wie man sich die Mittel dazu verschafft. Sein Gegenpart ist Mecha, gesegnet mit genügend Geld, so dass sie ihre Gier nach Leidenschaft und Gefahr ausleben kann. Die drei Gelegenheiten, zu denen sich die beiden treffen, werden nicht chronologisch abgebildet, sondern sind ineinander verwoben. Immer absatzweise erfährt der Lesende etwas aus der "heutigen" Zeit in Neapel, um dann wieder in die Vergangenheit entführt zu werden; zuerst nach Buenos Aires und dann nach Nizza. Durch diese Erzählweise liest man immer ein Stückchen mehr als gewollt, um die einzelnen Episoden zu erforschen. Die bindenden Kapitel sind dabei relativ lang (etwas 50 Seiten). Leider wird für meinen Geschmack für den Teil in Neapel das Thema "was ist Mecha alt geworden" zu sehr ausgewalzt. Wirkt Max in jungen Jahren zwar unstet, aber doch wie ein liebenswerter Filou, geraten die dauernden Verweise auf Altersflecken und welke Haut ärgerlich und zeugen von einer sehr oberflächlichen Sicht auf die Dinge, die man als Mann von 64 Jahren nicht mehr haben sollte.

Fazit: Bittersüß und mit großer Kenntnis der europäischen Geschichte erzählt.
4 Sterne