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Israelfreund

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Insgesamt 231 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2023
Kästner, A. A.

Die Freiheit so nah


ausgezeichnet

Real existierender Sozialismus
Ossis und Wessis, Hüben und Drüben, Begriffe mit denen ich groß geworden und die geblieben sind. Werden diese mal verschwinden?
Manche Worte werden bleiben, wenigstens in der Generation welche den Sozialismus noch real mitbekommen haben. Vielleicht ist mein Jahrgang der 1971er noch einer der vieles bewusst miterlebt hat und verhältnismäßig wenig miterlitten hat. Bei mir war es als spät Christ gewordener, dass ich nicht Abi machen und studieren konnte. Also habe ich meinen Facharbeiter Polstertechnik gemacht. Mai 1989 habe ich mich für die Einheiten der Bausoldaten beim Kreiswehrersatzamt Mittweida gemeldet. Ein Jahr später im Mai 1990 stand ich vor fast den selben Leuten die wesentlich freundlicher von anderen Zeiten sprachen und mir Zivildienst anboten. Danach habe ich auch ohne Abi studieren können, aber das ist eine andere Geschichte. Manche Fachschule wurden zu Hochschulen, ja, war spannend. Falsche Freunde mit „großen Ohren“ die nicht sichtbar, nicht äußerlich waren kenne ich auch. Damals als Vermutung. Wer das Spitzelsystem der DDR kennt und hier gelebt hat, weiß auch um die beängstigende Macht der Stasi. Hier könnte man Thriller schreiben, warum „Jemand“ eingetreten ist, zum spitzeln sich hat breitschlagen lassen. Es wurde gedroht Familienangehörige wegzusperren, Jugendliche in den Jugendwerkhof, Kinder ins Heim oder Freigabe zur Adoption, Ehepartner Bautzen 2. Alles keine guten Zukunftsaussichten für die gesamte Familie. Ich wohne jetzt in der Nähe von Bautzen und kann nur empfehlen die Gedenkstätte Bautzen 2 (kostenlos, auch die Führungen) sich einmal anzusehen. Man redet anders über die Zeit und nicht so schnell „Ich hätte auf jeden Fall anders reagiert!“ Ich sage oft, dass ich dankbar bin, nie in diese Erpressersituation gekommen zu sein. Es war die Gnade der späten Geburt.“ Warum ich soviel von mir erzähle? Ich möchte wenig über das Buch von A. A. Kästner Spoilern, welche hier vor allem die Geschichte ihres Mannes verarbeitet. Das macht sie bewegend und mich hat das Buch aufgewühlt, an vieles Erinnert. Es ist ein so wichtiges Zeitzeugenbuch. Vielen, vielen Dank. Am Anfang hatte ich die Frage gestellt ob die Begriffe irgendwann mal verschwinden, die Trennen und zu Unverständnis führen. Ich denke, wenn es uns gelingt ein „Stück in den Schuhen des Anderen zu laufen“, uns Mühe geben, Vorurteilsfrei zu Lesen und Beweggründe auch der Ängstlichkeit (vor der Stasi, dem DDR-Staat) des Anderen akzeptieren zu können, ist vieles gewonnen.

Bewertung vom 03.09.2023
Ellmer, C. S.

Refugium in Elys


ausgezeichnet

Begabungen
Die Zukunft der Welt sieht nicht rosig aus, die Zukunft auf dem Buchmarkt schon. C.S. Ellmer ist Newcomerin und schreibt bezaubernd.
Was für eine Dichte und Dramatik. Nach einem realistischen Blick auf unsere Umweltsituation am Anfang des Buches (schon das ist gruselig, wie schlimm es um unsere Erde steht), wehrt sich die Erde. Die Überlebenden sind aber nicht klüger und humaner, wenigsten die verantwortlichen Anführer. Und so macht sich wieder ein diktatorisches, menschenverachtendes System breit, was es nur „gut“ meint. Als DDR-Kind erinnert mich vieles an die Stasi, nur dass es hier im Buch die Späher sind, welche für Recht und Ordnung sorgen, die Augen und Ohren offen halten. Denunziantentum wird gefördert, Menschenrechte werden mit Füßen getreten, obwohl oberflächlich immer wieder nach Gesetzen gefragt wird. Geführt wird der Staat durch Adam und Eva, Vater und Mutter „Aller“. Personenkult ist groß geschrieben. Die meisten Einwohner hinterfragen das System nicht oder nicht mehr. Es gibt aber auch Menschen wie Aaron. Noch ein Jahr trennt ihn davor seine Berufung zugesprochen zu bekommen, wenigstens die offizielle vom Staat. Als 14-jährige unterliefen Jungen und Mädchen die Testung. Hier entschied sich, was sie ab sofort beruflich machen und demzufolge wo sie wohnen würden. Auch Kinder zeugen war ein Beruf und Anna wurde von Floh der Schmied wurde für immer getrennt. Beide sind Freunde von Aaron. All das geschieht in einem atemberaubendem Tempo und geht auch rasant weiter. Hier möchte ich aber nicht noch mehr Spoilern, nur soviel, es wird richtig spannend und dramatisch. Nicht nur einmal setzte bei mir das Herz fast aus. Eine klare Kaufempfehlung für eine klasse Buch.

Bewertung vom 03.09.2023
Schwarz, Anika

Beat Girls - Die Bühne gehört uns


ausgezeichnet

Rock’n’Roll geht immer
Frauen rocken Gott sei Dank lieber die Welt anstatt am Herd zu bleiben. Rock’n’Roll
Ach war das eine geile Musik und Zeit. Rock’n’Roll ging wirklich ab und bereitete gute Laune. Das hinter der guten Laune oft Machtkämpfe ganz anderer Art stattfanden war den Wenigsten bewusst. Die Musik machten die Männer und sie war den Männern vorbehalten. Frauen konnten anderes besser, Wäsche waschen, bügeln und kochen. Bis auf die Bühne war deshalb ein langer steiniger Weg und die „Monaco Birds" losrocken durften. Und das machten sie und machten es super gut. Sie rockten München und folgten ihren Träumen. Anika Schwarz hat eine mitreisende Art zu schreiben. Man merkt ihr die Leidenschaft für Musik an und das ist das supergrosse Plus des Buches. Es war für mich ein echter Gewinn und Genuss.Rock’n’Roll.

Bewertung vom 02.09.2023
Schikorra, Jana

Das Böse auf der Haut (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Mörder mit Stil
Berlin ist ein gefährliches Pflaster, aber ich muss sagen der Mörder hat kulturelle Bildung. Mit Goethe auf der ersten Toten zeigt er diese.
Als Serientäter hat er mehrere Möglichkeiten den Berlinern und vor allem Josef Winter, der als leidender Ermittler für den Fall zuständig ist, seine Vorliebe für DichterInnen unter Beweis zu stellen. Auf Körperteilen, wie zB dem Rücken, hinterlässt er diese. Den Anfang macht er übrigens mit einem Goethezitat. Werden ihm der Ermittler oder die Literaturprofessorin Rika schnappen bevor er noch mehr Unheil anrichtet? Der Thriller von Jana Schikorra geht unter die Haut und ist die ganz Zeit über auf Hochspannung. Klasse Schreibstil.

Bewertung vom 02.09.2023
Sand, Marie

Wie ein Stern in mondloser Nacht


ausgezeichnet

Chance fürs Leben
Es gibt unterschiedliche Tränen. Hier musste ich weinen weil ich echt berührt und dankbar war. Ein einfühlsamer emotionaler Roman.
Wir reden oft von Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit und immer noch sind Babyklappen eine Grauzone. Mütter machen sich theoretisch strafbar weil sie die Unterhalts- und Fürsorgepflicht verletzen. Es kommt selten zum Strafvollzug, da die Mütter nicht auffindbar bzw. diese auf Unzurechnungsfähig bzw Notstandsituation unterstellt. In Berlin waren es 2021 um die 60 Kinder welche in Babyklappen abgegeben wurden. Klar kann man jetzt mit der Problematik von Findelkindern kommen und Traumas welche die Kinder wahrscheinlich wirklich haben, woran gearbeitet werden muss. Was wäre aber die Konsequenz wenn es die Babyklappen nicht geben würde? An diese traurige Konsequenz darf ich nicht denken, jedes Leben ist kostbar. In einer heilen Welt bräuchten wir das Angebot nicht. So hat Henni in diesem Roman „Wie ein Stern in mondloser Nacht“ die Not gesehen und daraus die Notwendigkeit gezogen sich etwas einfallen zu lassen. Ob das Ganze von ihrem Umfeld mit Begeisterung aufgenommen wurde? Wie ihr Leben seit dieser Idee weitergegangen ist? Marie Sand schreibt richtig gut und berührend. Sie beschreibt auch die andere Seite. Wie fühlt es sich an das Kind aus der Kiste zu sein? Liv ist heute Reporterin, hat was aus ihrem Leben gemacht. Aber ist es Spurlos an ihr vorbeigegangen ein Kind aus der Kiste zu sein? Das ist meiner Meinung nach die Stärke dieses Buches, zwei Erzählstränge mit der Gleichen Thematik, nur von der Seite des geretteten Kindes und der rettenden Hebamme. Danke an Marie Sand für das gelungene Buch.

Bewertung vom 02.09.2023
Wiebusch, Michaela

Das Mosaik meines Lebens


ausgezeichnet

Frauenbuch auch für Männer?
Zuerst einmal kennt jeder die Situation, welche hier beschrieben ist. Stress in der Familie, Partnerschaft, Suche nach dem verloren Sinn, den einstigen Idealen und Träumen, welche im Laufe der Zeit einfach verloren gegangen sind. Wieder erwarten trifft das auch auf Männer zu und manche äußern sich. Ich weiß gar nicht, ob diese straffe Teilung, hier Mann mit seinen Anteilen und dort Frau, mit ihren noch zeitgemäß ist. Manchmal haben Männer mehr weibliche Anteile, wenigstens wird mir das nachgesagt und ich denke, es gibt auch andere Beispiele und auch bei Frauen mit mehr männlichen Anteilen. Die Archetypen mit denen Lisa hier in Berührung kommt, finde ich sehr interessant und hilfreich. Es lohnt sich, sich mit Ihnen auseinander zu setzen. Da ist eine tiefe Wahrheit und Weisheit, Spiritualität die zugrunde liegt. Die Geschichte mit Julia und der Tante Ju ist sehr schön erzählt. Rundherum ein hilfreiches Buch, nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Nicht nur um seine Frau oder Partnerin besser zu verstehen. Die Archetypen haben auch Männern was zu sagen. Tolles Buch und viel Stoff zum Nachdenken.

Bewertung vom 01.09.2023
v. Letters, Kat; Benedict, Emilia

TOXIN-KILLER (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Trau schau wem
Toxische Beziehungen sind wie Gift und wenn dieses dann noch durch Toxin eingesetzt wird, sind schlaflose Nächte für Leser nicht weit.
Ein Mörder geht um in Jefferson City und die Inspectors Aidan und Ethan haben alle Hände voll zu tun um ihn zu schnappen. Schnell wird klar es ist ein Serientäter, der in Abständen zwar aber mindestens 8 Jahre lang schon sein Unwesen treibt, an verschiedenen Orten des Landes. Persönlich wird es für Aidan als klar wird, der Täter hat Jessica, seine Freundin im Visier. Wer ist der Täter? Welche Beziehungen, Spuren führen zu Jessica? Es wird Hochdramatisch, denn man weiß Anfang nichts, weder Herkunft, Geschlecht, Motiv wie man so schön sagt. Selten habe ich so einen gut recherchierten und spannenden Thriller gelesen. Schon vom Einstieg an, Autounfall, wurde ich abgeholt und in die Geschichte gesogen. Spannung und mitfiebern, hoffen und bangen blieben. Da die Reihe weitergeht, kann ich mich noch auf viele gute Stunden und Tage in Jefferson City freuen. Emilia Benedict wird hoffentlich so gut weiter schreiben. Nach den ersten Lesegenüssen bin ich mehr als zuversichtlich.

Bewertung vom 27.08.2023
Dark, Simone

Der Bozen-Krimi: Familienehre


ausgezeichnet

Mord im (Eishockey)milieu
Zu dünnes Eis für den Profi. Der Eishockeystar wird tot aufgefunden. Tatverdächtige stehen Schlange, den er war ein Ekel. Aber wer war es?
Milieus gibt es hier einige, genau so wie Verdächtige. Ist der Mörder eher im Milieu des Eishockeys zu finden (Fans, Gegner, Geld…) oder im Milieu Homosexuell (Familie, Interessengruppen…). Dazu kommt, dass er vom Charakter her, ich will mal so sagen, er ist nicht jeden Streit aus dem Weg gegangen. Im Gegenteil. Sonja Schwarz, die Ermittlerin hat alle Hände voll zu tun. Klasse Buch und man bekommt auch noch was von Bozen und Umgebung mit. Tolle Zugabe. Freue mich auf den nächsten Fall.

Bewertung vom 27.08.2023
Rimpach, Elisa

Glanz der Zukunft (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

München mit Licht und Schatten
Ich liebe München, mit allen Licht und Schattenseiten, obwohl ich kein Münchener bin. Nach dem Buch noch ein Stück mehr.
Es war interessant einen Blick in das München von 1845 wagen zu können. Mich als ehemaliger Sattler oder wie es in DDR Zeiten hieß „Facharbeiter für Polstertechnik hat diese Seite natürlich sehr interessiert. Heute kann man wieder viel Geld in dem Beruf machen bzw. überhaupt Geld verdienen, Pferdegeschirre, Sättel usw alles was damit zusammenhängt. Nach der Wende sah es etwas Anders aus, ich wurde Lehrer und Sozialpädagoge :). Spannende Zeiten. Die beiden Schwestern Isolde und Elsa im Roman hatten nach dem Tod des Vater und der kurz vor dem Konkurs stehenden Sattlerei erst mal weniger Glück. Zu der Zeit hing es auch mit der Rolle der Frau zusammen. Sie mussten härter als jeder Mann arbeiten um Fuß zu fassen um die Insolvenz abzuwehren. Die Unterschiedlichkeit der Schwestern wird von Elisa Rimpach faszinierend herausgestellt, auch die inneren Konflikte und was diese mitbringen. Klasse Buch, was eine schwere Zeit beleuchtet und für mich etwas mehr Licht reingebracht hat. Freue mich auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 27.08.2023
Menzel, Marlene

Mord beim Krimidinner


ausgezeichnet

Durchdacht und genial
Ich liebe Krimidinner, aber als Buch? Doch, Marlene Menzel gelingt unglaubliches. Ich bin restlos begeistert und freue mich auf das Neue.
Ich hätte es nicht gedacht, gehofft und gewünscht ja. Marlene Menzel hat einen mysteriösen, detailreichen, manchmal nervenden (Komm endlich zu Potte, ich will wissen wer es war 😂), aber immer am Thema bleibenden und zum Thema passenden Schreibstil, der mich fasziniert. Er lädt ein zum miträtseln, verdächtigen, beargwöhnen. Klasse Buch. Ich freue mich schon sehr auf weitere von ihr.