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Sophie

Bewertungen

Insgesamt 167 Bewertungen
Bewertung vom 30.08.2022
Lambert, Ariana

Lügentod - Wenn die Wahrheit stirbt: Thriller


sehr gut

Spannender Roman, der in Richtung Jugend-Thriller tendiert

Mit „Lügentod“ erforscht Ariana Lambert die Vergangenheit ihrer Protagonisten, die sich als Erwachsene nach dem Tod eines gemeinsamen Jugendfreundes in ihrem Heimatort wiedertreffen. Dabei kommen einige bemerkenswerte Ereignisse ans Licht, und Vergangenheit und Gegenwart greifen nach und nach ineinander. So manche Entwicklung scheint nicht ganz glaubwürdig, aber die Autorin punktet gewaltig mit einer emotional bewegenden Hintergrundgeschichte und viel mysteriösem Flair.

Hugo kehrt zur Beerdigung seines Jugendfreundes Hannes als erfolgreicher Anwalt aus den USA zurück ins kleine Karlsdorf und trifft seine Jugendliebe Becca wieder. Was als gemeinsame Ermittlergeschichte beginnt – denn Johannes scheint nicht auf natürlichem Wege zu Tode gekommen zu sein –, verwandelt sich schnell in einen gemeinsamen Rückblick der beiden in ihre Vergangenheit. Denn Morde gab es in dem Dorf schon einmal, und damals ermittelten sie mit ihrer Clique auf eigene Faust.

Unerwartet an „Lügentod“ ist der rasche Sprung in die Vergangenheit. Ein Großteil des Buchs spielt sich in Beccas und Hugos teils dramatischer Jugend ab, wodurch dem Roman ein Hauch von Jugend-Thriller anhaftet. Hier und da werden auch einige genretypische Elemente wie das der Jugendclique, die der Polizei einen Schritt voraus ist, eingesetzt, jedoch auf interessante und originelle Weise aufgelöst. So verzeiht man der Autorin die ein oder andere etwas unglaubwürdige Entwicklung. Spannung baut sich vor allem durch die emotionalen Verstrickungen der Freunde ein, wobei insbesondere Becca eine besondere Rolle zukommt – hier bietet sich viel Anlass zu Spekulationen, und die Autorin schafft es immer wieder, einen mit überraschenden Enthüllungen auf den Holzweg zu führen.

Insgesamt ein lohnenswerter (Jugend-)Thriller, der vor allem auf emotionaler Ebene überzeugen kann und damit auch teils unglaubwürdige Entwicklungen im rechten Licht erscheinen lässt.

Bewertung vom 30.08.2022
McIlvanney, William

Laidlaw / Jack Laidlaw Bd.1


sehr gut

Literarischer Krimi mit vielen düsteren Gestalten

„Laidlaw“, der erste Band aus William McIlvanneys Reihe um den schottischen Detective Laidlaw, ist ein düsteres Stück Kriminalliteratur voll zwielichtiger Gestalten, menschlicher Abgründe und schlagfertiger Sprüche. Sympathiepunkte sammelt in diesem Krimi niemand, aber die perfekt getroffene Atmosphäre der Glasgower Unterwelt trieft aus jeder Seite.

Detective Laidlaw ist ein ganz eigener Charakter und macht sich bei der Glasgower Polizei durch seine unkonventionelle Art und die Verweigerung traditioneller Polizeiarbeit wenig Freunde – seine Methode liefert jedoch Ergebnisse, sodass seine Vorgesetzten ihn zähneknirschend auf den brutalen Sexualmord an einer jungen Frau ansetzen, der auf den ersten Blick keinerlei Anhaltspunkte für die Ermittlungen liefert. Laidlaw muss seine Unterweltkontakte spielen lassen, um an Informationen zu kommen, und erfährt dabei nach und nach von einigen überraschenden Zusammenhängen mit den Mächtigen des Glasgower Verbrechens. Unterstützt wird er dabei von dem jungen Polizisten Harkness, der zwar vor Laidlaws Exzentrik gewarnt wurde, sich jedoch der Faszination seiner unkonventionellen Techniken nicht entziehen kann.

„Laidlaw“ ist ein fabelhaft inszenierter Noir-Krimi, der sich in die Abgründe des Menschlichen wagt und dabei nur Graustufen zulässt. Sein charismatischer Protagonist kämpft mit seinen eigenen Dämonen und Unzulänglichkeiten, was ihn zutiefst menschlich macht – dabei werden aber so manche Klischees des Genres nicht ausgelassen wie etwa der tief sitzende Sexismus, der sich vor allem in den flachen Frauenfiguren bzw. ihrer Reduktion auf ihre Funktion für die Männer der Geschichte äußert. Da wird auch schon mal der Liebesakt und die „Eroberung“ eines Frauenkörpers mit der Eroberung eines Kontinents durch einen Kolonisator verglichen. Abgesehen von dieser Schwäche überzeugt „Laidlaw“ jedoch mit einem für Krimis außergewöhnlich bildhaften, literarischen Stil, der gerne Metaphern und literarische Zitate einsetzt und damit einen Kontrast zur grobschlächtigen Realität des organisierten Verbrechens eröffnet.

Ein lohnenswerter Krimi, der vor allem durch seine atmosphärische Wortwahl und seine moralische Ambivalenz besticht, wenngleich er in mancher Hinsicht ein wenig aus der Zeit gefallen scheint.

Bewertung vom 30.08.2022
McIlvanney, William;Rankin, Ian

Das Dunkle bleibt


weniger gut

Keine ganz stimmige Mischung

„Das Dunkle bleibt“ ist eine Coproduktion aus den Federn von William McIlvanney und Ian Rankin. Es handelt sich um die unvollendete Prequel zu McIlvanneys Inspector-Laidlaw-Reihe, deren Vollendung sich Ian Rankin annahm. Das Ergebnis ist ein nicht ganz überzeugendes Gemisch zweier hervorragender Autoren.

Mit Inspector Laidlaw hat William McIlvanney einen unangepassten Charakter geschaffen, der mit seiner ganz eigenen Art auf Glasgows Straßen für Gerechtigkeit sorgt: ein Einzelgänger, der gerne unkonventionell arbeitet und ein erstaunlich gutes Verhältnis zur Glasgower Unterwelt pflegt. In „Das Dunkle bleibt“ muss er dabei mit besonderem Bedacht vorgehen, denn der Mord an einem zwielichtigen Anwalt schlägt hohe Wogen und droht, einen Bandenkrieg zu entfachen.

Im Vergleich zu McIlvanneys anderen Büchern der Reihe bleibt Laidlaw in „Das Dunkle bleibt“ regelrecht blass. Seine typischen Verhaltensweisen sind alle da, aber sie sind weniger raffiniert umgesetzt und eingebunden, und auch sein typischer teils trockener, teils rauer Humor kommt zu kurz. Hinzu kommt ein Kriminalfall, der zwar durchaus Spannung aufkommen lässt, aber oft wenig strukturiert wirkt: Trotz der relativen Kürze des Buchs taucht eine Unmenge von (Neben-)Charakteren auf, die einen beim Lesen schnell den Überblick verlieren lassen und eine Identifikation mit einzelnen Figuren erschweren. Zwar halten die Ermittlungen schlussendlich noch einige Überraschungen bereit, aber ein echtes Erfolgsgefühl stellt sich dabei nicht ein. Auch McIlvanneys sonst so rau-poetische Sprache wirkt in der Prequel verwässert.

Am Ende dieses Noir-Krimis bleibt leider nur die ernüchternde Feststellung, dass man McIlvanneys Manuskript besser in seiner Schreibtischschublade gelassen und sich stattdessen an seinen ausgereiften Romanen erfreut hätte. Leider kein begeisterndes Buch!

Bewertung vom 30.08.2022
Friese, Julia

MTTR


ausgezeichnet

Sprachgewaltiges Porträt einer Frau und einer Gesellschaft

„MTTR“ von Julia Friese ist nur auf den ersten Blick ein Buch über Mutterschaft. Denn es geht nicht nur ums Muttersein und Mutterwerden, sondern um eine ganze Generation und ihren Umgang mit der Welt. In teils gewöhnungsbedürftiger, aber immer präziser Sprache seziert Julia Friese meisterhaft die Verhaltensweisen einer ganzen Gesellschaft.

Inhaltlich ist „MTTR“ schnell zusammengefasst: Teresa, eine junge Frau aus der Millenial-Generation, wird schwanger. Als Leser*innen begleiten wir sie auf ihrem Weg zur Mutterschaft: von den Besuchen beim Gynäkologen bis zu den Gesprächen mit ihrem Partner Erk, der Offenbarung gegenüber den Eltern und dem Gang zum Geburtsvorbereitungskurs und in die Klinik. Vordergründig eine so profane Abfolge von Ereignissen, steckt in jeder Szene so viel Sprengstoff, dass das Buch einen regelrecht aufgerüttelt zurücklässt. Dabei muss man sich an Julia Frieses reduzierten, nüchternen Sprachstil erst einmal etwas gewöhnen.

Der Roman lässt keine Wunde aus, um Salz hineinzustreuen: Die Dialoge sind so lebensnah, die Figuren mit ihren Verhaltensweisen so authentisch, dass sie ebenso gut aus den Seiten hervorspringen könnten. Und gerade das trifft besonders tief, denn es zeigt schamlos und ungeschminkt, wie Menschen miteinander umgehen. Teresas Eltern sind kontrollierend, distanziert und auf Erfolg gepolt, Erks Eltern überbehütend und übergriffig. Der Geburtsvorbereitungskurs kennt nur Überflieger und vermittelt ein Gefühl von Unzulänglichkeit und Hilflosigkeit, während die gleichaltrigen Freunde ihre Überforderung durch Witze und Distanzierung zu überspielen versuchen. Teresa schwimmt in diesen Reaktionen mit all ihren eigenen Sorgen und Ängsten, die sie zwar genau reflektiert und sich bewusst macht, jedoch nie überwinden kann. So schonungslos direkt ist das Buch erzählt, dass wir als Leser*innen förmlich in ihrem Kopf zu stecken scheinen und, genau wie Teresa, nicht aus ihrer Haut können.

„MTTR“ beschreibt ein Lebensgefühl, mit dem sich viele Menschen aus Teresas Generation sicher genau identifizieren können. Schonungslos seziert das Buch das Zusammenleben in einer Gesellschaft, die sich weiterentwickeln möchte, aber doch immer in alten Verhaltensmustern stecken bleibt. Unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 30.08.2022
Enzensberger, Theresia

Auf See


sehr gut

Ein schleichender Weltuntergang

„Auf See“ von Theresia Enzensberger ist auf den ersten Blick eine Dystopie, wie man sie aus Hollywood-Filmen kennt: eine jugendliche Heldin in einer Enklave auf dem Meer, die nach dem Kollaps der modernen Gesellschaft ein isoliertes Dasein fristet. Auf den zweiten Blick werden aber die vielen interessanten Ebenen offensichtlich, die die Autorin geschickt zu einem bewegenden und vor allem nachdenklich machenden Ganzen verwebt.

Die junge Yada lebt in der Seestatt, einer künstlichen Insel vor der Küste Deutschlands, die ihr Vater als futuristische Rettungsarche entworfen hat. An ihre Mutter kann Yada sich kaum erinnern, und auch sonst hat sie kaum persönliche Kontakte und schlägt sich mit Einsamkeit und Langeweile herum, die erst durchbrochen wird, als ihr Vater mit seiner Geheimnistuerei ihr Misstrauen weckt. Während Yada Nachforschungen anstellt, eröffnet ein zweiter Erzählstrang die bizarre Welt der alternden, immens erfolgreichen Künstlerin Helena, deren Werk aus dem Ruder gelaufen ist. Wie diese beiden Geschichten verknüpft sind, enthüllt das Buch erst nach und nach.

Der Zauber von „Auf See“ besteht in der Ernüchterung, die den geschilderten bahnbrechenden Ereignissen immer zugleich innewohnt. Die Seestatt ist kein High-Tech-Paradies, das noble Aussteiger auffängt, sondern ein langsam zerfallendes Experiment, das sich kaum allein auf den Beinen halten kann. Helena ist kein künstlerisches Ausnahmetalent, sondern rutscht zufällig und ungewollt in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Diese Nüchternheit setzt die Autorin auch mit Einschüben zu scheinbar unzusammenhängenden Berichten über die Welt- und Naturgeschichte fort, die nach und nach größere Zusammenhänge offenlegen. Mit oft zynischem Blick seziert Theresia Enzensberger die Schwächen der modernen Gesellschaft: den unbedingten Glauben an Innovation, den Wunsch nach Vernetzung und Anerkennung um jeden Preis, das ungesunde Verhältnis zur Natur und nicht zuletzt die schwindende Solidarität. Dabei entgleiten ihr jedoch manchmal ihre Charaktere: Trotz des intensiven Fokus auf zwei Protagonistinnen kommt man als Leserin nicht richtig an die Figuren ran. Das Buch ist insofern eher politisch als persönlich, und auch das Tempo leidet manchmal etwas unter der Ausgestaltung bestimmter Themenkomplexe. Nichtsdestrotrotz kann es damit durchaus überzeugen.

„Auf See“ ist ein politischer Roman, der viele gesellschaftliche Themen anschneidet und dabei nicht auf große Gesten und heldenhafte Charaktere setzt. Im Vordergrund stehen die großen Zusammenhänge und Entwicklungen, die seine Lesenden herausfordern und zum Nachdenken anregen. Eine lohnenswerte Lektüre!

Bewertung vom 30.08.2022
Janosch

Herr Janosch, wie drückt man Liebe aus, die so groß ist, dass man keine Worte dafür findet?


ausgezeichnet

Ein zauberhaftes kleines Büchlein für Janosch-Fans und Verliebte

Dieses kleine Buch mit dem langen Titel („Herr Janosch, wie drückt man Liebe aus, die so groß ist, dass man keine Worte dafür findet? Wondraks kleine Liebeserklärungen für jeden Tag“) nimmt Lesende mit in die pastellbunte und augenzwinkernde Welt von Janosch. In einem oft (selbst-)ironisch angehauchten, manchmal aber auch zuckersüßen Frage-Antwort-Format wird die Beziehung von Luise und Wondrak liebevoll auseinandergenommen. Dabei geht es nicht um unbedingte Harmonie, sondern um einen liebevoll-kritischen Blick auf Beziehungen und ihre Mechanismen. Das Highlight jeder Seite sind die Illustrationen in Janoschs unverwechselbarem Stil, die Phantastik und Realität in unaufgeregten Pinselstrichen vereinen und den Figuren Leben einhauchen – und auch die Tigerente darf hier und da natürlich nicht fehlen.

Eine zauberhafte Geschenkidee für junge und alte Paare, aber auch für alle, die ein wenig schmunzeln und fühlen möchten.

Bewertung vom 09.08.2022
Wrobel, Stephanie

Willkommen in Wisewood


ausgezeichnet

Ein psychologischer Thriller, der unter die Haut geht

Mit „Willkommen in Wisewood“ entführt Stephanie Wrobel ihre Leserschaft auf eine einsame Insel in Nordamerika, wo sich mehrere auf schicksalhafte Weise verbundene Lebenswege kreuzen. Gekonnt verwebt die Autorin Vergangenes mit Gegenwärtigem, lässt Geheimnisse unter der Oberfläche brodeln und schafft eine konstant bedrohliche Atmosphäre, die noch lange nachhallt.

Das Buch erzählt die Geschichte von drei Frauen, die ähnliche Kämpfe auszufechten haben: Sie hadern mit ihrer Kindheit und ihren Eltern, mit ihrer Identität und mit gesellschaftlichem Druck. Kit möchte einfach raus aus alldem und entschließt kurzerhand, sich für das Wisewood-Resort anzumelden, das verspricht, sie in einem sechsmonatigen Programm von ihren Ängsten zu befreien. Dagegen muss sie nur den Kontakt zur Außenwelt eintauschen. Als ihre Schwester Nat nach langer Funkstille eine bedrohliche Nachricht aus Wisewood bekommt, folgt sie ihrer Schwester und findet sich in einer merkwürdigen Parallelwelt mit sektenartigen Zügen wieder. Ab der ersten Sekunde fühlt sie sich in Wisewood unwohl, aber Kit scheint dort ihren neuen Lebensmittelpunkt gefunden zu haben. Und dann ist da noch die geheimnisvolle Dritte, deren traumatischer Lebensweg ab der Kindheit nach und nach aufgerollt wird. Wie fügt sie sich in Wisewood ein?

Stephanie Wrobel beherrscht das Spiel mit den Erwartungen perfekt. Erst nach und nach fügt sich aus allen drei Perspektiven ein Bild von Wisewood zusammen, das der Wahrheit vielleicht am nächsten kommt. Ihre Charaktere sind komplexe Frauenfiguren, voll Sehnsüchten und Widersprüchlichkeiten, deren Urteil wir als Leser*innen nie so recht trauen können. Jede von ihnen hat eine eigene Sicht auf die Dinge: Ist Wisewood nun die Rettung oder eine manipulative Sekte? Und was bedeutet es, ohne Angst zu leben? Wie viel von seinem alten Leben muss man dafür ablegen? Und ist es das wert?

„Willkommen in Wisewood“ ist weder ein reiner Schauerroman noch ein einfacher Thriller, sondern ein vielschichtiges Buch, das auch vor den ganz großen Fragen nicht zurückschreckt. Am Ende bleibt eine düstere Ahnung zurück. Ein Buch für anspruchsvolle Leser*innen, die nicht einfach nur den schnellen Thrill suchen, sondern bereit sind, sich auf die Psyche der Figuren wirklich und wahrhaftig einzulassen und den Horror darin zu finden.

Bewertung vom 09.08.2022
Lundt, Mikael

AETERNA


sehr gut

Nicht der beste Mikael Lundt, aber spannend bis zum Schluss!

„AETERNA – die schwarze Flamme“ ist der neueste Wissenschafts-/Sci-Fi-Thriller aus der Feder von Mikael Lundt. Auch in diesem neuesten Werk geht es wieder rasant zu, allerdings bleiben die Figuren im Vergleich zu Lundts vorigen Werken etwas blass. Der spannenden Handlung tut dies jedoch glücklicherweise keinen Abbruch.

Bei der Aufklärung des Mordes an einem Informaten stößt Interpol-Ermittlerin Isabella Cassini auf den mysteriösen Geheimorden Aeterna und heftet sich an seine Fersen. Etwa zur gleichen Zeit macht Teilchenforscher Daniel Slovak eine unglaubliche Entdeckung – die auch Aeterna brennend zu interessieren scheint. Schnell muss Daniel feststellen, dass er sich im Fadenkreuz skrupelloser Ordens-Mitglieder befindet. Die beiden tun sich zusammen, um herauszufinden, was es mit alldem auf sich hat, aber die Zeit arbeitet gegen sie. Denn Daniels Entdeckung lässt eine Katastrophe globalen Ausmaßes befürchten …

Wie immer bei Mikael Lundt steckt auch dieses Buch voll spannender Einblicke in die Welt der Physik, ohne dabei langatmig zu werden. Dass dieses Mal auch ein finsterer Geheimorden eine Rolle spielt, treibt die Spannung ordentlich in die Höhe. Da wird oft kurzer Prozess gemacht, und die Protagonisten müssen sich durch halb Europa jagen lassen. Ein wenig zu kurz kommt bei diesem stark handlungsgetriebenen Roman, der ein rasantes Tempo an den Tag legt, die Figurenentwicklung. Bündnisse sind recht schnell geschlossen, Figuren entwickeln sich nur wenig weiter, und auch die dem Autor sonst so leicht von der Hand gehenden Schlagabtausche zwischen den Figuren bleiben etwas dünn. „Aeterna“ ist dadurch insgesamt weniger humorvoll als Lundts andere Bücher, allerdings bekommt die Geschichte dadurch eine viel gewaltigere Dimension, die auch ganz essenzielle Fragen nach der Natur der Welt aufwirft.

„Aeterna – die schwarze Flamme“ ist gewohnt gute Unterhaltung von einem Autor, der sein Handwerk wahrlich versteht und auch weniger geübte Sci-Fi-Lesende und Nicht-Physik-Fans für seine Geschichte zu begeistern versteht. Von mir eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 09.08.2022
Yamakawa, Naoki

My Home Hero Bd.1


gut

Humorvoller, aber eher flacher Start in eine neue Reihe

Der erste Band von „My Home Hero“, der neuen Manga-Reihe von Naoki Yamakawa und Masashi Asaki, bildet den Einstieg in ein bizarres Yakuza-Abenteuer, in dem Familie ganz groß geschrieben wird. So ganz kann der Band aber sein Versprechen von Spannung und Humor nicht einlösen, wenngleich er durchaus gute Unterhaltung bietet.

Familienvater Tetsuo fühlt sich von seiner Tochter Reika etwas vernachlässigt, seit sie von zu Hause ausgezogen ist, und versucht, den Kontakt zu intensivieren. Dabei muss er mit Entsetzen feststellen, dass Reika in unangenehme Gesellschaft geraten ist: Sie hat sich mit einem Yakuza-Mitglied eingelassen, das alles andere als edle Motive hat. Ohne groß zu überlegen, springt Tetsuo für sie in die Bresche und muss sich bald mit den Konsequenzen seines voreiligen Handelns herumschlagen …

Die Komik von „My Home Hero“ liegt ganz klar in der Figur des eher zurückhaltenden, ängstlichen Tetsuo, der neben seiner unspektakulären Karriere auch sich schlecht verkaufende Kriminalromane schreibt. Das dadurch recherchierte Wissen weiß er bald gut einzusetzen und wird dabei von seiner Ehefrau tatkräftig unterstützt. Diese kuriose Konstellation einer braven, bürgerlichen Familie, die in kriminelle Machenschaften verstrickt wird, bietet immer wieder Momente zum Schmunzeln. Dabei bleiben die Story sowie die Charaktere jedoch leider recht oberflächlich und stereotyp, was durch die sehr einfach gehaltenen, teils fast skizzenhaften Zeichnungen unterstützt wird. Der Manga wirkt dadurch häufig übereilt und hastig zu Papier gebracht.

Insgesamt ein unterhaltsamer Einstieg mit einer humorvollen Prämisse, aus der sich aber durchaus mehr machen ließe. Es bleibt zu hoffen, dass das Potenzial der Serie in den folgenden Bänden mehr ausgeschöpft wird.

Bewertung vom 09.08.2022
Sailer, Simon

Der Schrank


gut

Ein reizvolles Büchlein, jedoch kein großer Wurf

Nach „Die Schrift“ und „Das Salzfass“ ist „Der Schrank“ die dritte Novelle aus einer lose zusammenhängenden Reihe von bizarren Geschichten aus der Feder von Simon Sailer, kongenial illustriert von Jorghi Poll. Hinter der Brillanz von „Die Schrift“ bleibt „Der Schrank“ jedoch trotz eindeutiger Stärken etwas zurück.

Der nüchterne Titel dieses kleinen Büchleins ist Programm: Es geht um einen Schrank. Genauer gesagt, um einen ziemlich schweren und aufwendig verzierten Schrank, den Lena und ihre Kollegen vom Umzugsdienst kurz vor Feierabend noch dringend an eine Adresse in Wien liefern müssen. Während Lena als einzig Vernünftige der Truppe versucht, ihre kleine Mannschaft auf Trab zu halten, beginnen merkwürdige Dinge zu passieren. Was hat der geheimnisvolle Schrank in ihrem Laster damit zu tun?

In gewohnt trockenem Erzählton berichtet Sailer von etwas Wundersamem, das seine Figuren recht nonchalant hinnehmen. Dieser Kontrast macht viel vom Humor und der surrealen Stimmung der Novelle aus. Jedoch wirken die Ereignisse von „Der Schrank“ fast ein wenig zu banal, als dass sich ein echtes Gefühl von Phantastik einstellen könnte. Gerade die erste Hälfte des Buchs plätschert relativ ereignislos vor sich hin, und als die Wendung sich einstellt, bietet sie irgendwie zu wenig, um alles noch einmal gänzlich auf den Kopf zu stellen. Ein großer Pluspunkt in Sachen Atmosphäre sind da die realistisch-kuriosen Illustrationen, die die Geschichte begleiten und ganz nebenher politische Botschaften einwerfen, die sich mit dem Text zu einer größeren Botschaft verweben lassen.

Insgesamt ein durchaus reizvolles kleines Buch, das einiges zum Nachdenken mitgeben kann, literarisch jedoch nicht der große Wurf, den man sich vom Autor erwartet hätte.