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urmeli

Bewertungen

Insgesamt 465 Bewertungen
Bewertung vom 14.08.2023
Vom Ende der Nacht
Daverley, Claire

Vom Ende der Nacht


ausgezeichnet

Rosie und ihr Zwillingsbruder Josh wachsen in einem wohlhabenden Elternhaus auf, die Eltern haben Ansprüche an sie und ihren weiteren Lebensweg. Als Josh Mathematikkenntnisse zu wünschen lassen darf Will Nachhilfe leisten. Will lebt mit seiner kleinen Schwester bei seiner Großmutter, nachdem zuerst der Vater und später die Mutter die Kinder verlassen hat. Wills Reaktion darauf war Wut und Gewalt, gegen andere und gegen sich selbst. Er musste die Schule verlassen und arbeitet als Hilfsmechaniker. Um Josh zu helfen ist Will gut genug, private Treffen sind nicht gewünscht, er ist nicht der richtige Umgang für die Zwillinge. Rosie ist verliebt in Will und trifft ihn heimlich. Bis es bei Wills 18. Geburtstag, zu dessen Feier Josh und Rosie ohne elterliche Erlaubnis gehen, zur Tragödie kommt. Josh ist tot, Rosie nur noch ein halber Zwilling, der wichtigste Mensch in ihrem Leben ist nicht mehr da und die Liebe zwischen Will und Rosie nicht mehr möglich. Beide gehen getrennte Wege, beide haben mit Problemen und Depressionen zu kämpfen, beide lernen andere Partner kennen, dennoch kommen sie nicht voneinander los. Doch gemeinsam geht es auch nicht.
Die inneren Konflikte, Liebe und Leiden, das Erfüllen von Erwartungen und Konventionen werden nachvollziehbar erzählt. Man lebt und leidet mit den beiden mit, beide haben Verluste erlitten, mit denen sie alleine nicht klarkommen. Mit viel Gefühl, ohne je kitschig zu werden, geschrieben.

Bewertung vom 14.08.2023
Das Glück der Geschichtensammlerin
Page, Sally

Das Glück der Geschichtensammlerin


sehr gut

Janice ist Putzfrau mit Leib und Seele, wenn sie auch nur durch die teure Schulbildung für ihren Sohn Simon und die berufliche Unfähigkeit ihres Mannes Mike dazu kam. Sie hält nicht nur die Wohnungen in Schuss, sie hört auch ihren Auftraggebern zu. Sie erkennt Probleme und hilft wo sie kann. Besonders gerne hört sie Geschichten aus dem Leben der Menschen, sie sammelt sie. Selbst hält sie sich für eine langweilige Person ohne eigene Geschichte. Bis sich plötzlich alles in ihrem Leben ändert. Nachdem Mike mal wieder seinen Job verloren hat und sich mit einer neuen Idee auf ihre Kosten hoch verschuldet verlässt sie ihn. Da ist es gut, dass sich der Busfahrer, der sie zu ihren Arbeitsstätten fährt und immer beobachtet, endlich ein Herz fasst und sie anspricht. Ihre neue Kundin, die 92-jährige Mrs B., eine eigenwillige und etwas schrullige Person, lässt nicht locker, sie schafft es letztendlich, dass Janice auch ihre eigene Geschichte erzählt. Janice hat viel in ihrem Leben durchgemacht, nun hat sie auch Mal das Recht auf Glück.
Sehr einfühlsam, humorvoll und voller Überraschungen erfahren wir viel über das Leben, über Trauer und Verlust, über Freude, Über das Zuhören und Helfen, über den Wunsch nach Glück. Der poetisch schöne Schreibstil weist gelegentlich Längen auf.

Bewertung vom 14.08.2023
Wo du mich findest
Barns, Anne

Wo du mich findest


ausgezeichnet

Sophie ist unglücklich, sie hat das Gefühl, von allen verlassen worden zu sein. Erst starb ihr geliebter Vater und kurz danach ihre einzige Freundin Tessa. Ihr Mann Thomas kann diese andauernde Trauer nicht verstehen, er wünscht sich die alte Sophie zurück, doch diese gibt es nicht mehr. Tessas Hündin Lotte hält sie aufrecht, und ausgerechnet Lotte sorgt für eine Begegnung mit Folgen. Im Urlaub auf Rügen stolpert ein unbekannter Mann über die Hundeleine, der Kaffee in Sophies Hand spritzt auf sein Hemd. Er nimmt es gelassen und ist kurz danach auch schon verschwunden. Wochen nach der Rückkehr nach Hamburg erscheint der Fremde in Sophies Träumen, sie werden immer intensiver bis sie erkennt, dass ihre Ehe vor dem aus steht. Bisher träumt sie nur von dem Unbekannten, nun möchte sie ihn wiederfinden. sie fährt zurück nach Rügen und bleibt dort längere Zeit, ihre Arbeit als Übersetzerin kann sie überall erledigen. Dort beginnt für sie ein neues Leben mit einigen Überraschungen.
Sehr sensibel erleben wir den Umgang mit Verlust, mit Tod, mit dem Scheitern einer Ehe, aber auch den Versuch, Träume wahr werden zu lassen. Der Roman ist eine Liebeserklärung an das Leben und, durch intensive Beschreibungen der Insel, über Rügen. Ein zarter und kraftvoller, ein Mut machender Roman.

Bewertung vom 14.08.2023
Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4


ausgezeichnet

Wie aus Hedwig Kiesler die berühmte Hollywoodschauspielerin Hedi Lamarr wurde erfahren für höchst unterhaltsam und emotional in diesem Roman. Hedwig genoss eine gute Schulbildung als Tochter eines Bankiers und einer Konzertpianistin, die als Frau und Mutter natürlich nicht mehr auftrat. Schon früh spielte sie kleine Rollen. Aufmerksamkeit erhielt sie für ihre Bühnenrolle der jungen Elisabeth, der späteren Kaiserin von Österreich, besonders der reiche Waffenfabrikant Fritz Mandl interessierte sich für sie. Als er 1933 um ihre Hand bat, konnte sie nicht nein sagen. Hedi stammte aus einer jüdischen Familie, wenn auch die Religion nie eine Rolle spielte, dennoch bereitete der aufkommende Antisemitismus auch den Wiener Juden große Sorgen. Für die Eheschließung konvertierte sie zum Katholizismus und musste die Schauspielerei aufgeben. So nach und nach entpuppte sich Fritz immer mehr als Despot und bewachte eifersüchtig seine sehr schöne Frau. Bis sie es 1937 schaffte zu fliehen und in Hollywood Fuß zu fassen. Auch dort erkannte sie schnell, dass Frauen nur als schmückendes Beiwerk bei einem Film dienten, doch sie wollte mehr. Durch die Gespräche in Fritz Haus lernte sie viel über Waffentechnik und durch ihr gutes Gedächtnis behielt sie diese Informationen. Jetzt, in Kriegszeiten, möchte sie aktiv einen Beitrag leisten. Doch sie ist eine Frau, eine Schauspielerin und wurde als schönste Frau der Welt tituliert.
Der Roman erlaubt Einblicke in die Welt des Filmbusiness, in den Sexismus und die Unterdrückung der Frauen zu dieser Zeit und den Kampf einer Frau, die genau so stark ist wie jeder Mann.

Bewertung vom 24.07.2023
Die Verborgenen
Geschke, Linus

Die Verborgenen


sehr gut

Sven und Franziska Hoffmann bewohnen mit ihrer 17-jährigen Tochter Tabea ein viel zu großes Haus an der Nordseeküste. Franziskas wohlhabende Eltern haben nach der frühen Schwangerschaft und schnellen Hochzeit das Haus für die junge Familie ausgesucht. Sven fühlt sich schon lange nicht mehr wohl, er hatte zuvor schon Affären, doch nun ist es etwas ernstes, er möchte die Scheidung. Nicht nur er, auch Franziska und Tabea haben ihre Geheimnisse. Franziska war vor Jahren in psychiatrischer Behandlung und als sie nun von seltsamen Begebenheiten in ihrem Haus erzählt wird es auf ihre Ängste und Probleme geschoben. Fußspuren im Keller, eine leere Cornflakespackung, eine geöffnete Schublade, ein Fernseher, der in der Nacht plötzlich angeht.
Was für die Hoffmanns, besonders für Franziska, beängstigend ist, ist für uns als Leser nur halb so spannend. Wir wissen bereits, dass sich im Haus ein Phrogger aufhält, eine Person die, während das Haus von den Besitzern bewohnt wird, heimlich dort lebt. Spannung erzielt die Handlung durch den Mord und die Suche nach dem Mörder von Tabeas Schulkameradin.
Was den Thriller lesenswert macht ist in erster Linie die sehr gute Schreibweise und die psychologische Ausarbeitung der Protagonisten, die alle aus ihrer Sicht ihr Leben erzählen.

Bewertung vom 24.07.2023
Der Laden der unerfüllten Träume
Cox, Amanda

Der Laden der unerfüllten Träume


weniger gut

Mit gerade 19 Jahren steht Glory Ann vor einer arrangierten Ehe. Ihre große Liebe Jimmy wurde im Vietnamkrieg getötet als sie ihre Schwangerschaft bemerkt. Als unverheiratete Frau in den 60er Jahren schwanger, das kann ihr Vater, Pastor des Ortes, nicht akzeptieren. So heiratet sie Clearence und betreibt mit ihm die Old Depot Grocery. Er ist ein geduldiger und freundlicher Mann, liebt Glory Anns Tochter Rosemary und gewinnt so auch ihre Liebe. Eine weitere Tochter vervollständigt die Familie bis es zum Unglück kommt, bei dem Clearence ums Leben kommt. Rosemary bleibt in dem für sie einengendem Ort, kümmert sich um den Laden. Für ihre Tochter Sarah hat sie andere Pläne, sie soll etwas aus ihrem Leben machen. Als Sarahs Mann stirbt kommt sie als junge Witwe wieder nach Hause um dort den Untergang des kleinen Ladens mit an zu sehen. Kann sie ihn noch retten?
Alle drei Frauen haben Geheimnisse, die das Leben der anderen erschwerten. Der Schreibstil ist leicht und flüssig, die Handlung rutscht immer wieder mal ins triviale ab, Dinge werden wiederholt. Zeitsprünge und verschiedene Perspektiven lockern die Handlung ein wenig auf. Vielleicht ist es wirklich so in einer dörfliche Gemeinde in den USA, vielleicht auch nur dem Beruf der Autorin, Theologin und Seelsorgerin, geschuldet, es wird viel (zu viel) gebetet, bei Schicksalsschlägen wird es Gott schon richten, man muss nur glauben. Andererseits ist da die Bigotterie der Protagonisten.

Bewertung vom 24.07.2023
Nicht ein Wort zu viel
Winkelmann, Andreas

Nicht ein Wort zu viel


ausgezeichnet

Fara Bartels arbeitet in einer Buchhandlung, in der sie sich gerade um die Lesung des Bestsellerautors Sandfort kümmert. Daher hat sie keine Zeit für das Video von Claas, der mit Folie an einem Stuhl gefesselt sitzt, um den Hals einen Zettel. Erzähl eine spannende Geschichte in fünf Wörtern, sonst stirbt ihr Freund. Claas kennt sie aus der Buchbloggerszene, er rezensiert häufig kränkend für den Autor, besonders an Sandfort lässt er sich aus und er hat immer sehr verrückte Ideen. Fara nimmt das Video nicht ernst, bis Claas tot aufgefunden wird.
Jaro, als Ermittler im Sondereinsatz tätig, wurde gerade strafversetzt, ein
Verfahren läuft gegen ihn und er hat Gespräche mit der Polizeipsychologin Aylin zu führen. Er gerät in diesen Fall hinein und entdeckt einen Zusammenhang mit Ernest Hemingway, bei dem die Geschichte aus fünf Wörtern hieß: zu verkaufen, Babyschuhe, nie getragen.
Weitere Morde nach dem gleichen Schema geschehen, keine Geschichte ist die richtige und Jaro und der Kommissar Simon finden immer mehr Verdächtige. Bisher ist der Täter oder die Täterin den Ermittlern immer einen Schritt voraus. Sehr spannend, vielschichtig und äußerst gut geschrieben.

Bewertung vom 24.07.2023
Elternhaus
Mank, Ute

Elternhaus


sehr gut

Die drei, schon längst erwachsenen, Schwestern Sanne, Petra und Gitti haben schöne Erinnerungen an ihr Elternhaus. Ein kleines Häuschen in einem Bauerngarten, Obst und Gemüse wurde dort angepflanzt, geerntet und in Gläsern eingekocht im Keller gelagert. Wenn sie ihre Eltern besuchten, saßen sie an einem alten Küchentisch, sorgsam gehegt und gepflegt, damit auch alles lange hält. Die Eltern haben immer schwer gearbeitet, als Putzfrau und als Handwerker und auch das Haus wurde mit eigenen Händen errichtet.
Nun sind die Eltern alt geworden, die Treppen, das enge Bad, der Garten nicht mehr das Richtige für sie. Das hat die Älteste, Sanne, beschlossen, den Eltern eine altersgerechte Wohnung besorgt. Die Versorgung blieb an ihr hängen, die neben dem eigenen Haus mit ihren Mann Uwe und den flügge werdenden Kindern genug zu tun hatte.
In diesem Roman geht es um das Loslassen, um Veränderungen und neue Bindungen im Leben. Die unstete Petra, die alle paar Jahre etwas Neues um sich braucht, Sanne, die mit den Veränderungen nicht klar kommt, den alten Eltern, die nicht nur ihr Haus sondern vor allem ihr Umfeld vermissen und sich einsam fühlen. Aus vielerlei Hinsicht ein interessanter Roman der aus Sicht der jeweiligen Protagonisten erzählt wird.

Bewertung vom 24.07.2023
Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3
Seeburg, Uta

Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3


ausgezeichnet

Freiherr Wilhelm von Gryszinski soll im München des Jahres 1896 als Sonderermittler den Verbleib des französischen Diplomaten Henri Fouqué aufklären. Fouqué stand in Verbindung mit einem deutschen Erfinder, der Pläne für die Umsetzung von telegrafischen Falschmeldungen meistbietend verkaufen wollte. Dieser Erfinder wird ermordet, die Pläne sind nicht auffindbar. Ins Visier gerät auch ein russisches Gaunerpaar, die Gespräche belauscht haben und ebenso schnell verschwunden sind. Den Auftrag seines Vorgesetzten, in Paris auf die Spur des Diplomaten zu stoßen nimmt Gryszinski in Begleitung seiner als Schriftstellerin tätigen Ehefrau, gerne an. Neben den Ermittlungen treffen sie in der Künstlerszene so manche inzwischen bekannte Größen.
20 Jahre später kämpft Fritz, sein einziger Sohn, im Schützengraben von Verdun. Von seinem General wird er zu seiner besonderen Mission mit wichtigen Papieren von Paris nach Petrograd entsandt, wo er wieder auf den ungeklärten Fall seines Vaters trifft.
Das Leben der Familie von Gryszinski wird sehr emotional erzählt, man sieht sie direkt vor sich. Die Ermittlungsarbeit vor der Jahrhundertwende war eine andere als zur Jetztzeit, diese wird sehr anschaulich und nachvollziehbar geschildert. Dazu die packende Handlung mit vielen verzwickten Spuren. Sehr lesenswert.

Bewertung vom 23.06.2023
Das Licht im Rücken
Lüpkes, Sandra

Das Licht im Rücken


ausgezeichnet

Der Forscher und Mitarbeiter der Firma Leitz tüftelt schon länger an einer Kamera, jetzt hat er es geschafft. Das kleine, handliche Modell macht hervorragende Aufnahmen, die Menschen werden unverkrampft in Alltagssituationen aufgenommen. Der Firmenchef Ernst Leitz und sein Sohn Ernst, nur der Zweite genannt, haben gerade erfolgreich ein Mikroskop auf den Markt gebracht, nun werden sie führend in der Herstellung von Kleinbildkameras. Doch schwierige Zeiten stehen bevor, der erste Weltkrieg, die Inflation der 20er Jahre und der aufkommende Nationalsozialismus und der zweite Weltkrieg belasten das Unternehmen wie auch die demokratisch und sozial eingestellte Familie. Der Zweite, inzwischen auch seine Söhne, halten das Werk am Laufen, während der Juristin Elfie nur die Mutter- und Ehefraurolle bleibt. Im kleinen versucht sie das Leben der Zwangsarbeiterinnen besser zu gestalten und hilft Juden zur Flucht. Sie erinnert sich noch gut an den Laden der Familie Gabriel, das Haus der Präsente, an Dana und Milan Gabriel, die im Nazideutschland unterschiedliche Wege gingen. Die Liebe und das Können als Fotograf und Entwickler bestimmten ihre Wege.
Der Roman erzählt die Firmengeschichte Leitz und die Entwicklung der Leica, immer wieder mit Informationen zur Kamera, den besten Einstellungen und Entwicklung der Fotos versehen. Die Familie Leitz gehört zwar zu den Privilegierten, aber auch sie haben unter den Nazis zu leiden, sie haben Streitigkeiten und die hochintelligente Elfie hat als Frau wenig zu sagen.
Der Roman ist nicht nur für Fotografen hochinteressant.