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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
tstone
Wohnort: 
Landau

Bewertungen

Insgesamt 90 Bewertungen
Bewertung vom 15.01.2023
Saubere Zeiten
Wunn, Andreas

Saubere Zeiten


sehr gut

Schatten der Vergangenheit

Erst als sein Vater im Sterben liegt, beginnt Jakob Auber sich mit der Familiengeschichte zu beschäftigen. Diese ist eine klassische Geschichte von Aufstieg und Fall. Und all dies hat seine Wurzeln in der Zeit des Nationalsozialismus, dessen Schatten weit in die Gegenwart hereinreichen. Die Story ist gut und flüssig erzählt, man kann sich gut in die Hauptfigur hineinversetzen und folgt dem Ganzen mit Spannung. Ein klein wenig fällt nach meiner Wahrnehmung das Ende ab, das ging mir dann alles zu schnell, da hätte der Autor sicher noch ein wenig mehr draus machen können. Trotzdem ein sehr beeindruckender Debütroman, ein faszinierendes Buch, dessen Lektüre auf alle Fälle sehr empfehlenswert ist. Ich bin sicher, dass wir von Andreas Wunn in seiner Rolle als Autor noch viele großartige Bücher erwarten können, ich freue mich darauf!

Bewertung vom 10.01.2023
Frankie
Köhlmeier, Michael

Frankie


gut

Schwierig...

Ein insgesamt schwieriges Buch, obwohl es sehr flüssig geschrieben und damit leicht zu lesen ist. Aber je weiter man mit der Lektüre fortschreitet, desto mehr fragt man sich, was die eigentliche Geschichte ist und welche Botschaft uns der Autor hier vermitteln will. Am Anfang ist noch alles schlüssig, Leben und Gefühle der erzählenden Hauptperson Frankie, die Mutter und der lange im Gefängnis "verschollene" Großvater. Doch dann werden die Fragezeichen immer größer, und die Handlungsweise Frankies immer unlogischer. Zum Schluss steht man als Leser mit mindestens zwei offenen Enden und diversen Fragezeichen im Gesicht da. Trotzdem hat die Lektüre irgendwie Freude gemacht, und zumindest ist es ein Buch, das man nach dem Zuklappen nicht gleich wieder vergessen wird. Vielleicht war ja genau das die Intention des Autors..

Bewertung vom 22.12.2022
Die Prinzregentenmorde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.1
Aicher, Petra

Die Prinzregentenmorde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.1


ausgezeichnet

München 1912

Eine außergewöhnliche Hauptperson: eine junge Obduktionsassistentin im München des frühen 20. Jahrhunderts, quasi am Vorabend des ersten Weltkriegs. Das Buch ist in zweierlei Hinsicht sehr interessant: Da ist zum einen die Geschichte eines ungeklärten Todesfalls, in dem sowohl die junge Anna als auch ihre Bekanntschaft Friedrich von Weynand ermitteln. Die Story ist jederzeit interessant, die Haupt- und Nebenpersonen sind authentisch und liebevoll angelegt. Mindestens genauso spannend sind aber die Einblicke, die man in die Gesellschaft und das Leben im München der 1910er Jahre bekommt. Eine Monarchie, die zwar noch existiert, aber nicht mehr wirklich funktionsfähig ist, eine liberale Kulturszene (deutlich liberaler als im damaligen Berlin), krasse gesellschaftliche und politische Gegensätze, die brisanten Entwicklungen in der Außenpolitik. Tolle Mischung, sehr empfehlenswertes Buch!!

Bewertung vom 19.12.2022
Ginsterhöhe
Caspari, Anna-Maria

Ginsterhöhe


gut

Beklemmend

Das Buch gibt einen Einblick in die Lebenswelt der Generation meiner Großeltern: Weltkrieg, Nazizeit und wieder Weltkrieg. Das alles geschildert anhand (fiktiver) persönlicher Schicksale der Einwohner des (realen) Eifeldorfs Wollseifen. Die Stärken des Buches liegen in der ersten Hälfte der Geschichte bis zur Machtübernahme durch die Nazis. Hier leben und leiden wir mit den Hauptpersonen und das Ganze ist auch sehr glaubwürdig. Danach wird es aus zwei Gründen deutlich schwächer: Zum einen werden die Zeitsprünge recht groß, alles, was dazwischen liegt, bleibt der Fantasie des Lesers überlassen. Zum anderen ist die Nazizeit sehr eindimensional gezeichnet: Im Dorf gibt es den einen bösen Nazi, der die Jugend verführt und seine Frau misshandelt. Alle anderen sind entweder strikt gegen die Nazis oder Mitläufer, die nur aus Angst mitmachen. Ganz so einfach ist es sicher nicht gewesen. Trotz dieser Schwächen aber ein lesenswertes Buch.

Bewertung vom 13.12.2022
Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1
Mackintosh, Clare

Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1


ausgezeichnet

Im ländlichen Wales

Ein Buch, das in der ländlichen Grenzregion zwischen England und Wales spielt. Und die Grenzziehung wurde vor Jahren verändert, die Waliser sind nicht erbaut davon und erst recht nicht von der Ferienanlage für Reiche, die auf der englischen Seite des Sees errichtet wurde. Und nun ein Todesfall eines Walisers, der das englische Luxusresort errichtet hat. Brisante Mischung! Dazu kommen überzeugende Charaktere, familiäre Verwicklungen und die erzwungene Zusammenarbeit beider Polizeibehörden. Kling kompliziert, ist es auch, aber trotzdem liest sich das Buch flüssig und bleibt immer spannend und interessant. Besonders gelungen finde ich die Lösung der zwei Zeitebenen: Die Gegenwart wird chronologisch erzählt, die Vergangenheit springt ein bisschen hin und her, erst rückwärts, dann wieder vorwärts. Ich fand das Buch super!!

Bewertung vom 28.11.2022
Die tausend Verbrechen des Ming Tsu
Lin, Tom

Die tausend Verbrechen des Ming Tsu


sehr gut

Speziell

Die chinesischen Arbeiter haben beim Bau der amerikanischen Eisenbahnen eine wichtige Rolle gespielt: Ein Thema, über das die meisten Leser wahrscheinlich nicht viel wissen. Einer dieser Arbeiter steht im Mittelpunkt der Geschichte, mittlerweile ist er aber bezahlter Hitman und führt nebenbei seinen persönlichen Rachefeldzug. Die Geschichte dazu ist vielschichtig, nahezu philosophische Passagen sind ebenso vertreten, wie zum Teil erschreckend brutale Szenen. Zu letzteren zählt auch das überraschende Ende. Eine Einordnung / Bewertung des Buches fällt mir insofern sehr schwer, einen Literaturpreis hätte ich aber auf alle Fälle nicht verliehen. Aber aus der Vielzahl der Neuerscheinungen hebt es sich ab, deswegen lohnt eine Lektüre in jedem Fall. Ich bin gespannt darauf, wie andere Leser das Buch beurteilen werden.

Bewertung vom 19.11.2022
Labyrinth der Freiheit / Wege der Zeit Bd.3
Izquierdo, Andreas

Labyrinth der Freiheit / Wege der Zeit Bd.3


ausgezeichnet

Faszinierend

"Man taucht in diese Geschichte mit Haut und Haaren ein"... Oft übertreiben Klappen- oder Covertexte ja ein bisschen, aber dieses Zitat trifft es haargenau, ist wirklich so. Das Schicksal der uns schon bekannten drei Freunde Isi, Carl und Artur fesselt und zieht uns in die Story hinein. Darüber hinaus bietet das Buch einen beklemmenden Einblick in das Berlin der 20er Jahre: Nachkriegsfolgen, Inflation, der aufkommende Einfluss der politischen Rechten, das ergibt eine explosive Mischung, die ahnen lässt, dass das nicht gut ausgehen kann. Warum nur hat man diese Zeit die "Goldenen 20er" genannt??? Ach ja, einen kleinen Abriss über die Geschichte des Films und der Ufa gibt es auch noch. Das alles fügt sich zu einem grandiosen Buch zusammen, das man auf jeden Fall gelesen haben muss. Einzig das Ende hält das Niveau nicht ganz, deswegen nur 5 statt 6 Sterne :-).

Bewertung vom 14.11.2022
EAST. Welt ohne Seele / Jan Jordi Kazanski Bd.1
Jensen, Jens Henrik

EAST. Welt ohne Seele / Jan Jordi Kazanski Bd.1


gut

Konserve

Aufgrund der Erfolge der neueren Bücher des Autors hat man ein älteres Werk erstmals ins Deutsche übersetzt (das Original erschien 1997) und damit eine Enttäuschung produziert. Am interessantesten sind noch die Schilderungen von Krakau und der zeitgeschichtlichen Umbrüche in Polen und im Ostblock. Story und Hauptpersonen sind dagegen leider wenig überzeugend. Die Geschichte schleppt sich ein wenig dahin, schweift oft ab und bringt die verschiedenen Handlungsstränge nur mühsam zusammen. Der etwas umständliche Schreibstil trägt zusätzlich dazu bei, dass es nicht ganz einfach ist, dem Ganzen bis zum Ende zu folgen. Keine der drei Hauptpersonen kann wirkliche Sympathie im Leser wecken und ihre Beziehung zueinander ist nicht wirklich glaubhaft. Alles in allem also folgendes Fazit: Ein Buch, dass man lesen kann, aber nicht lesen muss.

Bewertung vom 06.11.2022
Herzschuss / Kreuthner und Wallner Bd.10
Föhr, Andreas

Herzschuss / Kreuthner und Wallner Bd.10


ausgezeichnet

In Bayern

Ich fange mal mit dem haptischen und optischen Eindruck an: Das Cover gefällt mir sehr gut, originell und passt zum Buch. Das Papier macht allerdings leider keinen besonders hochwertigen Eindruck, da habe ich auch unter Berücksichtigung der nachhaltigen Produktion schon besseres gesehen.

Die Story selbst ist rund um eine Reihe sehr origineller, dabei aber glaubwürdig bleibenden Charaktere gestrickt. Allen voran Polizeihauptmeister Leonhardt Kreuthner, der im Laufe der Ermittlungen selbst in Verdacht gerät. Die Dialoge sind klasse und humorvoll, ohne dabei in Klamauk abzugleiten und auch die Geschichte bleibt bei allen Wendungen logisch und nachvollziehbar. Wer Krimis mit Lokalkolorit liebt wird hier also bestens bedient und wird viel Vergnügen beim Lesen haben. Mir jedenfalls hat es viel Spaß gemacht, insofern klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 01.11.2022
Das Leuchten der Rentiere
Laestadius, Ann-Helén

Das Leuchten der Rentiere


ausgezeichnet

Eine unbekannte Welt

Bis jetzt ging es mir wie wohl den meisten deutschen Lesern: Dass es die Volksgruppe der Samen (die früher abwertend "Lappen" genannt wurden) gibt, war mir zwar bekannt, aber über deren Lebensweise und Probleme wusste ich wenig bis nichts. Genau diese Thematik bildet den Kern des Buches, geschildert anhand der Lebensgeschichte von Elsa, ihrem Dorf und ihrer Familie. Es entfaltet sich eine vielschichtige, dramatische Geschichte mit vielen Facetten und sehr viel persönlicher Tragik. Diese Tragik betrifft sowohl Opfer als auch Täter, wirkliche Gewinner gibt es in der Geschichte eigentlich nicht. Ich bin Elsa sehr gerne durch gut zehn Jahre ihres Lebens gefolgt, und ein ganz kleines Happy End gibt es ja zum Schluss ja dann doch. Insgesamt eine klare Leseempfehlung, ich wünsche der Autorin viele deutsche Leser und freue mich schon auf ihren nächsten Roman!