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Benutzername: 
michael24
Wohnort: 
Kempten

Bewertungen

Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2024
Die Vermesserin der Worte
Seck, Katharina

Die Vermesserin der Worte


sehr gut

Melancholisch und schwermütig
Das Cover des Buches ist unaufdringlich, dezent und geschmackvoll gestaltet. Kein reißerisches Bild um auf einen vermeintlich spektakulären Inhalt anzudeuten. Auch die Geschichte beginnt bescheiden: in einer kleinen Wohnung mit einer Protagonistin, die mit der Leere in ihrem Kopf wie auch der ihres Bankkontos zu kämpfen hat. Die Autorin nimmt den Leser mit in die Gedankenwelt des Hauptcharakters, die sich in einer Sackgasse fühlt und in dieser Sinnkrise auf eine Person trifft, die zwar undurchschaubar und und abweisend wirkt aber auch viel mit der Protagonisten gemeinsam zu haben scheint.
Eine gemeinsame Entwicklungsreise der beiden beginnt, in der die Themen des Bedauerns, Schuld und Einsamkeit eine wichtige Rolle spielen. Alles ist sehr verwoben in Melancholie und Schwermut - was ich persönlich als etwas zu stark betont empfand. Der emotionale Rückzug von den Menschen, die sich unverstanden oder verletzt fühlen ist anhand der Dorfgemeinschaft gut dargestellt. Auch die Trägheit, die es dem Menschen schwer macht, aus seinem Status Quo auszubrechen, kommt treffend zur Sprache. Das Buch ist sehr gut zu lesen und die Sprache der Autorin hervorragend. Ein Punkt Abzug nur deswegen, weil ich den Schwermut des Hauptteil als zu dominierend - und den Abschluss mit dem Happy-End als zu konstruiert empfand.

Bewertung vom 13.03.2024
Der Wald
Catton, Eleanor

Der Wald


sehr gut

Umweltaktivismus und Moral

Das Cover überzeugt durch die kontrastreiche Darstellung von Farbe und Schrift. Man hat das Gefühl, das schon hier eine Bewegung einsetzt und die Buchstaben wie auf der Flucht zu sein scheinen. Das Cover spielt damit schon auf den Inhalt an, in dem eine actiongeladene Handlung und mysteriöse Umstände vorkommen. Eleanor Cattons "Der Wald" ist ein fesselnder Roman, der die Leser auf eine Reise durch die düsteren und geheimnisvollen Tiefen eines Naturschutzgebiets entführt. Inmitten von Umweltaktivismus und Intrigen entfaltet sich eine Geschichte voller Spannung, Wendungen und moralischer Dilemmas.

Die Protagonistin Mira Bunting steht im Zentrum des Geschehens als Gründerin der Guerilla-Gardening-Gruppe Birnam Wood. Diese Gruppe kämpft leidenschaftlich dafür, die Natur wiederzubeleben und vernachlässigte Orte in blühende Landschaften zu verwandeln. Catton webt geschickt eine Atmosphäre der Ungewissheit und der Gefahr, die die Leser dazu bringt, mit den Charakteren mitzufiebern und die Geheimnisse dieser mysteriösen Welt zu enträtseln.

"Der Wald" ist nicht nur ein spannender Thriller, sondern auch eine Reflexion über die Verantwortung des Menschen gegenüber der Umwelt und die Komplexität menschlicher Beziehungen.

Bewertung vom 10.03.2024
Rückkehr der Hornhechte
Becker, Cornelia

Rückkehr der Hornhechte


ausgezeichnet

Wortgewaltig und beeindruckend

Ich bin kein Kenner von Lyrik sondern lese jedes Wort mit offenen Herzen. Beim Lesen der Verse habe ich eine Atemlosigkeit in mir wahrgenommen, die ich auf die emotionale Intensität der Verse zurückführe aber auch auf die besondere Schreibweise, die keine Pausen durch Interpunktion zulässt. Die Worte fließen dahin, wie ein Musikstück, was aus vielen Instrumenten und Noten besteht. Mal plätschert das Stück dahin und im nächsten Moment wird man ergriffen von der Lautstärke der Instrumente. Tiefe Gefühle und tiefgründige Einblicke werden vermittelt und lassen den Leser für einen kurzen Moment mit der Welt der Autorin verschmelzen. Hier wird Unaussprechliches so verpackt, dass man etwas versteht, ohne dass der Verstand hierfür eine Rolle spielt. Das Zusammenspiel zwischen Worten und dem Ungesagten ist so komplex verwoben, dass der Leser wie in einem Netz darin gefangen wird.

Bewertung vom 09.03.2024
wir sind pioniere
Erdmann, Kaleb

wir sind pioniere


weniger gut

Sprachliche Rückentwicklung

Es mag sein, dass der Autor sich als Pionier sieht und er Preise dafür erhält, dass er sich über Regeln der Orthographie hinwegsetzt - ich konnte mich persönlich weder mit dem Stil noch mit dem Inhalt des Buches anfreunden. Sprache ist nicht die Aneinanderreihung von Wörtern so wie auch ein Musikstück nicht ohne entsprechende Regeln für Rhythmik und Dynamik auskommt. Irgendwo zwischen vulgären Ausdrücken und Fäkalsprache scheint sich eine Geschichte zu entfalten, deren Verlauf sich meinem Interesse irgendwann entzogen hat. Ich fühlte mich beim Lesen in eine degenerierte Gedankenwelt hineingezogen, die mir - wie beim Verdauen einer schlechten Mahlzeit - irgendwann übel aufstößt. Die Idee der Geschichte, dass sich die zwei Protagonisten physisch aufeinander zubewegen, während eine emotional Distanz kaum zu überwinden ist, fand ich durchaus reizvoll. Deswegen auch zwei statt nur einen Stern.

Bewertung vom 10.02.2024
Der Friedensheld

Der Friedensheld


sehr gut

Wunderschöne Illustrationen begleiten die junge Leserschaft des Buches von Henning Löhlein. Ein schwieriges Thema wird hier anhand einer kleinen Tiergeschichte dargestellt. Im Wald soll ein neues Gesetz für Frieden sorgen und alle Waffen entsorgt werden. Der Kriegsschauplatz wird hier plakativ als gerodeter Wald dargestellt. Die Kargheit der Landschaft vermittelt die traurige Konsequenz von Krieg ohne jegliche Gewaltszenen darstellen zu müssen. Die Reime sind schlüssig und kindgerecht formuliert. Anhand des Buches ist sicherlich ein erster Einstieg in das Thema Krieg und Frieden mit Kindern gut möglich. Für mich war nur die Geschichte in dem Sinne nicht ganz stimmig, dass es nun mal der Natur des Fuchses und der anderen fleischfressenden Tiere entspricht, andere Tiere zu töten. Das käme mir als Mutter dann fast etwas unaufrichtig vor, dem Kind zu zeigen, wie die Tiere Frieden schließen, die dies gar nicht nötig haben bzw. in anderer Absicht töten wie die Menschen. Die Absicht des Autors ist auf jeden Fall sehr lobenswert und deswegen vier gute Sterne von meiner Seite.

Bewertung vom 01.02.2024
Die Königin
Conrad, Sebastian

Die Königin


ausgezeichnet

Auf dem Cover strahlt eine unbekannte Schönheit und doch scheint sie jeder zu kennen. Die erstaunlichen Leistungen der Ägypter und der Fund der Büste der Nofretete, haben die Aufmerksamkeit der ganzen Welt erregt. Der Autor legt mit großer Sorgfalt und Detailtreue das Ausmaß einer paradoxen Projizierung auf ein Artefakt dar. Es war erstaunlich zu lesen, welchen geschichtlichen und politischen Einfluss, ein solches Kunstwerk über eine Zeitraum von über 100 Jahre nehmen konnte. Der Autor glänzt dabei nicht nur mit seinem enormen Wissen über Geschichte und Politik sondern beleuchtet auch die Interpretationen und Assoziationen verschiedener Gruppierungen aus Musik, Gesellschaft und Subkultur. Hier spielt immer wieder die menschliche Psyche eine große Rolle, denn die Büste scheint eine Ausstrahlung zu haben, die Menschen in ihrer Fantasie beflügelt und Emotionen entstehen lässt. Eine Faszination wie sie - m. M. nach - auch von der Mona Lisa ausgeht. Das Buch ist für jeden eine große Bereicherung, der sich für die ägyptische Kultur aber auch für die neuere Geschichte interessiert.

Bewertung vom 23.01.2024
OUTLIVE
Attia , Peter

OUTLIVE


sehr gut

Nur der Tod ist sicher....
Der Autor setzt sich kritisch mit dem Begriff von Gesundheit auseinander und betont, dass es keine einfachen Lösungen für ein längeres Leben gibt. Der Tod ist dabei immer unausweichlich.

Dr. Attia hebt hervor, dass Langlebigkeit nicht nur die Anzahl der Lebensjahre betrifft, sondern auch die Lebensqualität. Er argumentiert, dass es nicht nur darum geht, lange zu leben, sondern auch darum, die körperlichen und geistigen Funktionen aufrechtzuerhalten und zu verbessern.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Buches ist die Kritik an der herkömmlichen medizinischen Herangehensweise. Dr. Attia stellt fest, dass die medizinischen Fertigkeiten, die auf den schnellen Tod abzielen, bei der Bekämpfung des langsamen Sterbens oft versagen.

Die Betonung der Notwendigkeit, sich aktiv Gedanken über die eigene Gesundheit zu machen und frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, macht das Buch besonders relevant. Dr. Attia fordert dazu auf, die Ursachen chronischer Erkrankungen zu verstehen und anzugehen, um wahre Langlebigkeit zu erreichen.

"Outlive" ist ein Buch, das den Leser dazu anregt, über die eigene Lebensweise nachzudenken und Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Dr. Peter Attia präsentiert komplexe Themen auf verständliche Weise und liefert einen tiefen Einblick in die Herausforderungen und Chancen auf dem Weg zu einem erfüllten und langen Leben.

Bewertung vom 23.01.2024
Im Spiegel des Kosmos
Tyson, Neil deGrasse

Im Spiegel des Kosmos


weniger gut

Hatte mir mehr erhofft
Das war wirklich mein Wunschbuch, da mich naturwissenschaftliche Themen interessieren, die einen ganzheitlichen oder spirituellen Ansatz haben. Der Titel und das Cover sowie auch die ersten Informationen zum Inhalt haben in mir eine große Neugier geweckt. Leider wurde ich beim Lesen etwas enttäuscht, da ich mir von dem Buch und vor allem von dem renommierten Autor mehr erwartet hätte. Letztlich ist es - meiner Meinung nach - eine Aneinanderreihung von Wissensbrocken, zu denen der Autor seine Meinung wiedergibt. Leider alles ohne ersichtlichen roten Faden oder erleuchtenden Erkenntnissen. Ich hatte eher den Eindruck, dass der Autor in einer Form der Hybris, dem Leser die Welt erklären will und sein breites Wissen zur Schau stellt. Manche Abschnitte empfand ich als belanglos, da hier sehr spezifisch auf bestimmte Aspekte der USA eingegangen wird, die für den Rest der Welt keine Relevanz aufweisen. Andere Abschnitte fand ich einfach nur anmaßend, vor allem da bei mir das Gefühl entstand, dass Wissenschaftler hier als die "Heilsbringer" der Welt dargestellt wurden. Mein Fazit: Auch ein erfolgreicher Astrophysiker und Autor sollte Dinge wie "Bescheidenheit und Demut" nicht ganz aus den Augen verlieren.

Bewertung vom 23.01.2024
Not Your Business, Babe!
Bogner, Verena

Not Your Business, Babe!


gut

Hier wird eine kritische Perspektive auf die Geschlechterungleichheit in der Arbeitswelt thematisiert. Die Stärke des Buches liegt meiner Meinung in der Ehrlichkeit und dem persönlichen Erfahrungsaustausch der Autorin. Sie vermittelt nicht nur ihre eigenen Erfahrungen, sondern ruft auch zur Solidarität zwischen Frauen auf und betont die Bedeutung, anderen Frauen zu helfen und eine unterstützende Gemeinschaft aufzubauen, insbesondere in einer patriarchalen Gesellschaft. Sie beschreibt die Herausforderungen, mit denen Frauen konfrontiert sind, sowie die komplexen Dynamiken, die Selbstbewusstsein und Empowerment beeinflussen. Als störend empfinde ich den Schreibstil, der durch die häufige Verwendung von englischen Formulierungen und der zum Teil aggressiv wirkenden Umgangssprache, mich vom Zugang zu den Aussagen des Inhalts abgelenkt haben.

Bewertung vom 22.01.2024
Weiße Wolken
Seck, Yandé

Weiße Wolken


gut

"Weiße Wolken" von Yandé Seck erzählt die Geschichte zweier Schwestern, Dieo und Zazie, die auf unterschiedliche Weisen mit den Herausforderungen unserer Zeit ringen. Dieo, in Frankfurt lebend, erfährt die Last unerfüllbarer gesellschaftlicher Erwartungen an ihre Rolle als Mutter. Ihr Mann Simon, ein mittelalter weißer Mann im Finanzsektor, gerät dabei ebenso unter die kritische Lupe wie sie selbst. Die konstante Kritik ihrer jüngeren Schwester Zazie, die an der rassistischen und sexistischen Realität verzweifelt, macht Dieos Leben zusätzlich komplex.

Die Autorin, Yandé Seck, erzählt mit Klugheit, Erhellung und hintergründigem Witz von den Konflikten, die in Familien und Gesellschaften existieren. Der Roman entfaltet sich in in der Umgebung des Frankfurter Nordends, wo Dieo mit ihrem Mann und drei Söhnen lebt. Diese Umgebung wird zu einem Mikrokosmos, in dem die unterschiedlichen Perspektiven auf Schwarzsein, Muttersein und das bürgerliche Familienideal aufeinanderprallen.

Der Tod des eigenwilligen Vaters, der vor über vierzig Jahren aus dem Senegal nach Deutschland kam, wird zum Auslöser für einen Neuanfang der Schwestern. Die Reise in das Land ihres Vaters zur Beerdigung wird nicht nur zu einem Abschied, sondern öffnet auch Türen zu neuen Perspektiven und Veränderungen.

Yandé Seck gelingt es, die Komplexität der Themen – Rassismus, Sexismus, familiäre Dynamiken – auf eine interessante Weise zu beleuchten. Durch die sorgfältige Charakterzeichnung wird der Leser in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten gezogen.