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Insgesamt 104 Bewertungen
Bewertung vom 23.07.2023
Miyata-Jancey, Mariko

Mieko tanzt


sehr gut

Selbstbestimmt

Die Autorin Mariko Miyata-Jancey hat mit „Mieko tanzt“ ein Kinderbuch geschrieben, welches sich mit gängigen Rollenklischees auseinandersetzt.
Die Kernfamilie der Protagonistin unterstützt die kleine Mieko in ihrem Wunsch, die vermeintlich für Mädchen vorgeschriebenen langen Haare loszuwerden und bequeme Kleidung anstatt des engen Tanztrikots beim Ausüben ihrer Leidenschaft zu tragen.

Auch wenn die Farbgestaltung des Bucheinbands mit viel Rosa noch eher brav und mädchenhaft daherkommt, so sieht man Mieko auf dem Cover bereits mit kurzen Haaren glücklich herumspringen.
Die ganz- oder doppelseitigen Illustrationen im Innern des Buches ergänzen den Inhalt der kurzen Textpassagen nicht nur, sondern liefern weiterführende Informationen, die sich nur Denjenigen eröffnen, die genau beobachten. Beispielsweise sieht man Miekos Vater im Hintergrund Geschirrspülen, während Mutter und Schwester Miekos Haare abschneiden.

Besonders gut ist es der Zeichnerin Marianne Gretteberg Engedal gelungen, Gefühle wie Wut, Unsicherheit, Angst, Freude, Stolz, Verliebtsein usw. darzustellen, die im Laufe der Geschichte eine Rolle spielen werden.

Die Bandbreite der im Buch angerissenen oder angedeuteten Themen ist sehr groß. Ob man über Selbstbestimmung, Selbstvertrauen, über unterschiedliche Gefühlszustände, über Vielfalt und Toleranz oder über gleichgeschlechtliche Liebe nachdenken oder sprechen möchte, hängt sicher vom Alter und dem Bedürfnis des jeweiligen Kindes ab.

Bewertung vom 01.07.2023
Thilo

Lenny Hunter - Die magische Sanduhr (Bd.1)


sehr gut

Cooler Kinder-Krimi !

"Lenny Hunter - Die magische Sanduhr", ein cooler kleiner Kinder-Krimi mit großer Wirkung ist dem Autor namens THILO da geglückt !

Dieser wäre allerdings undenkbar ohne die tollen Illustrationen von Silvio Neuendorf, mittels derer die Eigenschaften der unterschiedlichen Charaktere wunderbar herausgearbeitet werden.

Die Geschichte läßt sich anhand des Textes prima vorlesen, so dass die begleitenden Bilder die Vorstellungskraft der kleinen Zuhörerinnen und Zuhörer aktivieren und anschaulich ergänzen können.

Der große Detailreichtum der Bildersprache eignet sich sogar dazu, die Geschichte unabhängig vom Text zu "lesen".

Eines jedoch ist nicht ganz so geglückt : Auch wenn laut Text sowohl männliche als auch weibliche Figuren benannt werden, so hält man sämtliche Figuren - betrachtet man nur die Bilder - eher für männlich. Hier hätte der Illustrator sich ein wenig mehr Gedanken machen können.

Dennoch, alles in allem ein inspirierendes Werk mit feinem Humor.

Bewertung vom 29.06.2023
Janssen, Mark

Träumer


ausgezeichnet

Ein Werk von großer künstlerischer und phantasieanregender Kraft

Wow, ein eher untypisches Buch für den Ravensburger Verlag durfte der Illustrator Mark Janssen mit "Träumer" dort veröffentlichen !

Allein schon die ausdrucksstarken ganzseitigen Illustrationen sind von großer künstlerischer und phantasieanregender Kraft.
Die doppelseitigen Aquarelle zeichnen sich durch handwerkliche Könnerschaft, Einfallsreichtum und einer Liebe zum Detail aus, die ihresgleichen sucht.
Träumer, so nennt der Autor solche Menschen, die nur so übersprudeln vor Ideen, die Phantasten, die Suchenden, die Kunstschaffenden und die Neugierigen und Forschergeister jeglicher Disziplin. Kurz, all diejenigen, die unsere Welt ein wenig besser und schöner machen wollen.

Ein Buch zum Anschauen, Genießen und Mutschöpfen.
Ganz nebenbei eine Vater-Sohn-Geschichte, die zärtlicher und zugewandter kaum sein kann.
Nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene geeignet.

Bewertung vom 29.05.2023
Herzog, Sven

Die Sache mit dem Wald


sehr gut

Perspektivenwechsel

Sven Herzog, seines Zeichens Forstwissenschaftler, beginnt sein Buch „Die Sache mit dem Wald“ mit der historischen Bedeutung des Waldes für uns Menschen. Er legt dar, wie sehr die Auswirkungen unseres Handelns durch Rodung, durch Nutzung und durch Übernutzung das heutige Landschaftsbild in Mitteleuropa geprägt haben.
Im Verlauf des Werkes wird deutlich, warum dieser Aspekt so wichtig ist.

Wenn auch stilistisch ein wenig spröde, so vermittelt der Autor auf sachliche Weise hochinteressantes und komplexes Fachwissen.

Herzog stellt die unterschiedlichen Perspektiven von Forstwirten, Jägern und Naturschützern gegenüber und zeigt die Konflikte auf, die aus den jeweiligen Interessen heraus entstehen.
Er legt die Unterschiede zwischen Urwald, Naturwald und Wirtschaftswald dar und leitet davon mögliche Lösungsansätze für eine zukünftige Waldbewirtschaftung ab.

Interessant für die Älteren unter uns ist die Aufbereitung des Themas „Waldsterben“ und „Saurer Regen“ der 80er Jahre. Hier zieht er aufschlußreiche Parallelen zur heutigen Situation.

Darüber hinaus definiert Herzog genau, was wissenschaftliches Arbeiten bedeutet. Er zeigt den Zusammenhang auf zwischen wissenschaftlichem Arbeiten, Medien und Politik, was sicherlich nicht nur für die Waldthematik, sondern auch interessant ist für die Bewertung der COVID 19-Debatte in der jüngsten Vergangenheit.

Eines wird im Buch besonders deutlich, Wälder sind außerordentlich komplexe Ökosysteme, die einer großen Zahl von gegenseitigen Einflüssen und Prozessen ausgesetzt sind. Vor dem Hintergrund des globalen Klimawandels, der einer weltweiten Lösung bedarf, ist es laut Herzog die wichtigste Aufgabe unserer Forstwirtschaft, die genetische Anpassungsfähigkeit unserer Wälder zu verbessern. So kann sich der Wald am besten auf einen Wandel einstellen, der nicht im Detail vorhersehbar ist.

Bewertung vom 26.04.2023
Lang, Veronika

Mein erster Naturführer, Was krabbelt denn da?


sehr gut

Von Spinnen, Käfern, Insekten & Co.

Das Kinder-Sachbuch "Was krabbelt denn da?" handelt von Insekten, Käfern, Spinnen und allem was sonst noch klein ist und krabbelt, oft sogar fliegen kann.

Die Autorin Veronika Lang erzählt uns ganz präzise und wissenschaftlich fundiert, aber mit einfachen Worten vom Leben der kleinsten mit bloßem Auge sichtbaren Wesen auf unserem Planeten.

Wie das Buch, ein wenig kleiner als A5, sich schon greift, ist ein haptisches Erlebnis. Aus stabilen Kartonseiten und gerade leicht genug, um es zur Erkundung mit nach draußen zu nehmen.
Leider sind es dann insgesamt nur 16 Tierchen, welche vorgestellt werden konnten.

Die Zeichnungen der Tiere sind sehr naturgetreu dargestellt und entsprechend aussagefähig, um eine einfache Bestimmung zu gewährleisten. Die ergänzenden Angaben zur Größe und des Lebensraumes helfen sicherlich auch dabei.

Bewertung vom 26.04.2023
Kimmig, Sophia

Lebendige Nacht


ausgezeichnet

Im Schutz der Nacht

Die Biologin Sophia Kimmig hat mit ihrem angenehm zu lesenden Buch "Lebendige Nacht" die große Bedeutung der Nacht nicht nur für die unzähligen nachtaktiven Wildtiere, sondern auch für uns Menschen verdeutlicht.

Sie beleuchtet das Thema sowohl aus naturwissenschaftlicher Sicht unter Berücksichtigung evolutionsgeschichtlicher Entwicklungen, als auch aus kultureller Perspektive.
So finden neben den zahlreichen Tierportraits auch Aspekte wie Lichtverschmutzung, welche die Gefahr des Verlustes der Nacht zur Folge hat, Eingang in ihr Werk.

Die Autorin kombiniert eigene Erlebnisse und Erfahrungen aus ihrer Forschungspraxis als Biologin mit erweiterten Erkenntnissen von Kolleginnen und Kollegen, die sie mittels Quellenangaben am Ende des Buches belegt.

Ihr zentrales Thema sind allerdings die Tiere, und vor allem jene, die in der Stadt leben. So erfahren wir spannende Fakten und amüsante Geschichten über Bilche, Eulen, Fledermäuse, Waschbären und Nachtfalter, die wir dank ihrer lebendigen Beschreibungen hautnah mitzuerleben glauben.

Bewertung vom 08.04.2023
Phillips, Cassandra; Delis, Dean C.

Ich lieb dich nicht, wenn du mich liebst (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Sehnsucht nach Nähe und die Angst vor Enge

Wer kennt sie nicht, die Sehnsucht nach Nähe und Verschmelzung einerseits und das Gefühl eingeengt zu werden auf der anderen Seite. Wie es möglich ist, zwischen diesen beiden Polen das Gleichgewicht zu finden, und das zufriedenstellend für beide Beziehungspartner, davon handelt das Buch "Ich lieb Dich nicht, wenn du mich liebst".
Bei der vorliegenden Ausgabe von Dr. Dean C. Delis, seines Zeichens Psychotherapeuth und Professor für Psychiatrie an der University of California in San Diego, handelt es sich um eine Neuausgabe seines gleichnamigen Werkes von 2003. Dies spricht für den Erfolg dieses Buches und macht es zu einem Klassiker der Beziehungsratgeber.

Er nennt denjenigen Partner in einer Beziehung, der sich mehr Nähe wünscht den Unterlegenen und denjenigen, der mehr Freiheit braucht, den Überlegenen.
Diese Abgrenzung unabhängig von Geschlechtszugehörigkeit und Charakterzuschreibungen ist zugleich eine Aufforderung zur Empathie, da beide Perspektiven klar getrennt dargestellt und in ihren unterschiedlichen Spielarten präzise beschrieben werden. Entsprechend werden die Kapitel in Ratschläge für Unterlegene und Überlegene aufgeteilt.
So bietet es sich an, je nachdem, ob man sich gerade in der unterlegenen oder der überlegenen Rolle befindet, gezielt nachzuschlagen, was zu tun oder zu lassen ist, um die Beziehung wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Die Empfehlungen sind erstaunlich einfach umzusetzen und unmittelbar wirksam.
Das Angenehme an dieser Methode scheint mir zu sein, dass es nicht notwendig ist, die eigene Persönlichkeit zu ändern, sondern lediglich das eigene Verhalten.

Bewertung vom 26.03.2023
Dawnay, Gabby

Kleine und große Wunder der Natur


ausgezeichnet

Mit Poesie und Sachverstand durch die Natur

Im Kinderbuch "Kleine und große Wunder der Natur" sind Gabby Dawnay in der Tat poetische Textpassagen geglückt, die Erwachsene und Kinder gleichermaßen verzaubern können. Bereichert wird das Werk mittels Illustrationen von Mona K., die von hohem künstlerischem Wert sind.

Das gewichtige Buch in den Händen zu halten, und über die Leinenstruktur der Oberfläche zu streichen, ist bereits ein haptisches Erlebnis. Verbunden mit der ausdrucksstarken Cover-Illustration wird ein hochwertiger Eindruck erzeugt, der sich im Inneren des Buches fortsetzt.

Der Aufbau des Werkes ist sehr ungewöhnlich, da zunächst eine mehrseitige bildstarke Geschichte ein jeweiliges Naturthema poetisch beschreibt. Darauf folgen zwei gesonderte Seiten, auf denen die zugehörigen Sachzusammenhänge mit biologischen Fachbegriffen, aber verständlich, erläutert werden.
Somit haben kleine Kinder und Erwachsene beim Vorlesen einen Lustgewinn, während ältere Kinder und Erwachsene beim Lesen und Lernen des Sachwissens Begeisterung finden können.

Dies könnte ein Buch sein, welches immer wieder zur Hand genommen wird, denn alleine schon die Illustrationen zu betrachten, ist ein Genuss. Einfach wunderbar !

Bewertung vom 22.03.2023
Roig, Emilia

Das Ende der Ehe


ausgezeichnet

Die Ehe als Instrument

Emilia Roig beleuchtet in ihrem Buch "Das Ende der Ehe" die Institution Ehe in all ihren Facetten, insbesondere ihre patriarchatsstärkende Kraft als Instrument zur Stabilisierung bestehender gesellschaftlicher, wirtschaftlicher sowie politischer Strukturen.

Ja, es ist ein feministisches Werk, aber kein verbissen kämpferisches Pamphlet, sondern eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema Ehe.
Die Autorin beleuchtet alle Facetten der Institution Ehe, dabei spielen gesamtgesellschaftliche und geschichtliche Aspekte eine große Rolle, wodurch wir besser verstehen können, wo wir heute stehen und wo wir morgen hinwollen.

Roig schaut hinter die Dinge und stellt Beziehungen her zwischen Patriarchat, Kapitalismus, der Institution Ehe, Macht, Geld und Unterdrückung.
Sie bringt Wertschätzung nicht nur Männern gegenüber zum Ausdruck, sondern schließt homosexuell orientierte Menschen und nicht-binäre Geschlechter mit in ihre Überlegungen ein.

Alle Thesen sind sauber recherchiert und mit Quellenangaben belegt. Zudem lässt sie uns immer wieder teilhaben an ihren persönlichen Erfahrungen. Sie zeigt nicht nur Ungerechtigkeiten auf, sondern macht auch konstruktive Vorschläge für eine zukunftsfähige und gerechtere Gesellschaft.

Ich empfehle dieses Buch denjenigen, die sich mit dem Gedanken befassen, zu heiraten, aber auch Frauen unabhängig vom Thema Ehe, und Müttern sowie Vätern und allen, die sich für Geschichte interessieren und sich gerne mit gesellschaftlich-politischen Entwicklungen befassen.
Es ist kein Buch zum schnellen Durchlesen, denn jedes Kapitel ist es wert, sich tiefergehend mit dem jeweiligen Aspekt auseinander zu setzen.

Bewertung vom 10.03.2023
Hession, Rónán

Leonard und Paul


ausgezeichnet

Stille

Bereits das minimalistische Titelbild von Rónán Hessions Debutroman "Leonard und Paul" verspricht Literatur vom Feinsten. Und dann der erste Satz : "Leonard wurde von seiner Mutter unter fröhlich überspielten Mühen allein großgezogen...", einfach wunderbar !

Dieses Buch ist all denjenigen gewidmet, die stetig hin und her pendeln zwischen sicherem Rückzug und der Neugier, in die Welt hinauszugehen. Also eine Huldigung an das Introvertiertsein. Wer selbst introvertiert ist, wird sich in den Charakteren wiederfinden, wer es nicht ist, wird vielleicht eine neue Sicht auf die Dinge und die Menschen einnehmen können. Denn der Autor arbeitet heraus, wie unterschiedlich Menschen sind und schaut insbesondere dort genau hin, wo keine Selbstinszenierung stattfindet. Seine Aufmerksamkeit und Wertschätzung wird allem zuteil, was unspektakulär und dennoch besonders ist.

Das Werk handelt von Selbstvergessenheit, Selbstgenügsamkeit, Bescheidenheit und innerem Frieden.
Es handelt von Freundlichsein, Zuwenden, Beachten und Achten.
Aber auch von Familie, Freundschaft, Sanftmut, Liebe und Zärtlichkeit.

Es balanciert zwischen Innehalten auf der einen Seite, und Loslassen und Verändern in ganz kleinen Schritten auf der anderen Seite.
Es ist ein Buch der leisen Töne und des feinsinnigen Humors. Präzise beobachtet, reich an Phantasie und seelisch-geistiger Tiefe. Ja, es ist ein kluges Buch, trostreich und voller positiver Kraft.