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melange
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Bonn
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Insgesamt 922 Bewertungen
Bewertung vom 08.04.2018
Ng, Celeste

Kleine Feuer überall


sehr gut

Kleinstadttragödie

Zum Inhalt:
Elena ist zufrieden mit ihrem Leben. Ihr Mann ist erfolgreicher Anwalt, drei ihrer Kinder beliebt und wohlgeraten, die jüngste Tochter zwar aufmüpfig, aber Kinder in der Pubertät sind nun einmal so. Doch dann vermietet sie eine Wohnung an die Künstlerin Mia mit einer vollständig anderen Sicht auf Glück und muss feststellen, dass ihre Idylle vielleicht doch nicht so perfekt wie gedacht ist.

Mein Eindruck:
Celeste Ng hat ein Händchen dafür, die Beweggründe ihrer Personen dem Leser tief in Herz und Hirn zu stopfen, so dass er gar nicht anders kann, als die Handlungen dieser Charaktere zu verstehen, wenn auch nicht unbedingt gut zu heißen. Dabei brilliert sie insbesondere bei den Grautönen, denn trotz absolut gegensätzlicher Lebensansätze und Sichten wollen Mia und Elena niemandem etwas Schlechtes und sorgen trotzdem mit ihren Handlungen für Kummer bei einem Teil ihrer Umgebung. Der Schreibstil Ngs ist intensiv, aber nicht verschwurbelt, ihre gutbürgerliche Kleinstadt ist zwar sehr deutlich gezeichnet, könnte aber tatsächlich überall auf der ganzen Welt angesiedelt sein, wo Menschen auf eine gewisse Etikette und Umgang miteinander Wert legen.
Die Story ist sehr schön aufgebaut, mit einem Beginn, der ein Ende markiert, auf das in der folgenden Geschichte hingesteuert wird. Bedächtig, unaufhaltsam und mit einer Warnung an Helikoptereltern, die manchmal gar nicht wissen, was sie ihrem Nachwuchs mit übertriebener Fürsorge antun. Zwischenspiele in der Vergangenheit verraten unauffällig, warum der Weg in die zum Glück dann doch zu überstehende Katastrophe folgerichtig scheint und welche Lehren die Charaktere daraus ziehen können – sofern sie denn wollen. Da Ng ihren Figuren Vielschichtigkeit und Wille, über den Tellerrand zu schauen, zubilligt, sollte der Brand zu Beginn des Buches ein reinigendes Feuer und kein zerstörerisches sein.

Mein Fazit:
Ein ruhiges Buch, trotz aller Hitze

Bewertung vom 02.04.2018
Engberg, Katrine

Krokodilwächter / Kørner & Werner Bd.1


sehr gut

Stilvoll

Zum Inhalt:
Die Studentin Julie wird ermordet aufgefunden, in ihre Gesichtshaut ist ein Muster geritzt. Die ermittelnden Beamten Jeppe Kørner und Anette Werner finden die völlig verstörte Vermieterin Esther vor, denn der Mord gleicht einer Buchidee Esthers bis auf den letzten Ritzer – aber fast niemand kennt das Manuskript. Als weitere Spuren auf die ältere Dame weisen, werden die Beamten misstrauisch: Ist Esther schuldig oder wird versucht, ihr den Mord anzuhängen?

Mein Eindruck:
Krokodilwächter sind Vögel, die in Symbiose mit Krokodilen leben, - sie sorgen für deren Zahnpflege und werden dafür nicht gefressen. So eine Zweckgemeinschaft wird im Laufe des Buches thematisiert und diese Stelle war der Punkt, an dem das Buch seine Bestnote einbüsste. Es war einfach nicht schlüssig, warum die beiden Charaktere so und nicht anders agierten.
Bis dahin fühlte man sich sehr gut unterhalten, Engberg hat ein Händchen dafür, Figuren so zu erschaffen, dass sie genau die richtige Dosis von Deutlichkeit besitzen. Beispielsweise Julie eher diffus, ihre Stiefmutter verhuscht, der Autist ein bisschen fern von allem. Dass alle sehr problembehaftet sind (Alkoholismus, Kinder, die Kinder bekommen, Untreue, Machtmissbrauch) verhilft zwar nicht unbedingt zu guter Laune, jedoch zu einem großen Feld an möglichen Verdächtigen und Motiven. Dass bei den beiden ermittelnden Beamten der im Fokus steht, der das unglücklichere Leben hat, fügt sich ins Bild eines skandinavischen Krimis. Der Verlauf der Geschichte nimmt den Leser mit, sie wird zwar in der dritten Person geschildert, beleuchtet dabei aber immer das Vorgehen und die Gedanken Jeppes, Annettes oder Esthers.
Neben dem Schreibstil Engbergs gefällt insbesondere die Gestaltung des Covers. Erst auf den zweiten Blick sieht man Schnitte im Umschlag, welche die Sicht auf den blutroten Einband freigeben. Eine sehr gelungene Hommage an das Innenleben.

Mein Fazit:
Gut geschrieben, fantastisch gelungene Optik, das Verhalten der Charaktere abseits der drei Hauptfiguren ist jedoch schwer verständlich

Bewertung vom 30.03.2018
Phillips, Susan Elizabeth

NACHTWILD


gut

Die Mutter beschützt ihr Junges

Zum Inhalt:
Joan ist mit ihrem vierjährigen Sohn Lincoln im Zoo, als sie plötzlich Schüsse hört und bemerkt, dass der Weg zum Ausgang durch die Amokläufer versperrt wird. Kurzerhand flüchtet sie mit Lincoln in ein leerstehendes Tiergehege, doch die Täter beginnen mit der Jagd auf die Überlebenden.

Mein Eindruck:
Anfangs fiebert man total mit der Protagonistin: Wird sie sich verstecken können, wird ihr Sohn still halten (schließlich ist er erst vier), kommt die Polizei früh genug, wie geht es den anderen Personen, deren Sicht ebenfalls Teil einiger – kurzer – Kapitel ist? Diese Spannung lässt aber nach einer Weile nach, da sich Phillips sehr auf den Mutterinstinkt und die daraus resultierenden Gedanken fokussiert. Außerdem ist absolut unverständlich, dass die Polizei so lange braucht (drei Stunden!!), um in die Puschen zu kommen. Die Selbstgerechtigkeit Joans, mit der sie über andere ein Urteil fällt, um dann eine ähnliche Handlung selbst zu vollziehen, nervt ebenso wie ihr Egoismus, den sie zwar hinterfragt, letztendlich aber doch als lebensnotwendig darstellt. Schade auch, dass dem Schauplatz Zoo so wenig Platz eingeräumt wird – abgesehen davon, dass ein paar Tierkadaver Joans Weg kreuzen. Dabei dürfte die fehlende Fütterung gepaart mit den untypischen Schüssen und dem dadurch ausgelösten Chaos zu einer beträchtlichen Unruhe bei den Bewohnern der Käfige führen und eine gewisse Geräuschkulisse verursachen, doch hier wird Totenstille geschildert, in der jedes Knacken Aufmerksamkeit erregen könnte.
Nichtsdestotrotz baut diese dauernde Gefahr Spannung auf, um dann die Geschichte leider in einen einigermaßen wirren Showdown zu münden, welcher die Leser mit Fragezeichen im Gesicht zurücklässt. Und das ist etwas, was für mein Dafürhalten in einem Thriller nicht passieren sollte.

Mein Fazit:
Teilweise atemlose Spannung, sehr (und zu) amerikanisch im Showdown

Bewertung vom 30.03.2018
Kiernan, Olivia

Zu nah / Frankie Sheehan Bd.1


gut

Einerseits/andererseits

Zum Inhalt:
Gerade selbst halbwegs von einem fast tödlichen Angriff genesen, wird die irische Ermittlerin Frankie zu einem vermeintlichen Selbstmord gerufen: Die Dozentin Eleanor wurde erhängt aufgefunden. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass noch jemand bei dem Todesfall anwesend gewesen sein muss. Eleanors Mann ist verschwunden, es gibt ein zweites Opfer und die Gerichtsverhandlung gegen Frankies Angreifer naht – viel Arbeit für Frankie und ihre Kollegen.

Mein Eindruck:
Dieser Kriminalroman ist voll von einerseits/andererseits. Einerseits macht es richtig Spaß, Ermittlungsarbeit in all ihrer Kleinteiligkeit zu sehen. Da fällt die Erkenntnis „Mord“ nicht vom Himmel sondern wird erschlossen, da ist der Zugang zum Computer nicht in Windeseile von einem Wunderhacker geknackt, sondern in mühseliger Kleinarbeit erarbeitet. Es gibt Rückschläge und Geldnot – das Letztere ist eine Thematik, die mir so noch nie bei einem Krimi begegnet ist.
Andererseits führt genau diese Kleinteiligkeit dazu, dass die Spannung ausgebremst wird und nur an wenigen Stellen wirklich unerträglich wird. Einerseits sind die Erkenntnisse der Polizisten schön daher geleitet, andererseits erfährt man eigentlich nichts über die Charaktere, außer dass einer rothaarig ist und ein anderer von unnatürlicher Blässe und mit großen Konsum an Energy-Drinks (natürlich der Computerexperte – das volle Klischee).
Einerseits gefallen die falschen Fährten, welche die Autorin legt, andererseits ist es schon fast eine zu viel, - schließlich sind die Ermittler nicht auf den Kopf gefallen und arbeiten mit einem großen Team an dem Fall. Dadurch wirkt es lächerlich, dass der wichtigste Zusammenhang so spät auffällt. Der daraus resultierende Showdown zum Schluss ist zwar nervenaufreibend, beinhaltet aber auch leider die mangelnde Lernfähigkeit der leitenden Beamtin Frankie.

So bleibt eine mittlere Bewertung, für eine fast schon zu akribisch beschriebene aber letzthin erfolgreiche Ermittlung.

Mein Fazit:
Als Debüt gelungen

Bewertung vom 25.03.2018
Hockensmith, Steve

Direkt ins Schwarze / Weiße Magie Bd.3


gut

Tarot für Gauner


Zum Inhalt:
Alanis, Betreiberin eines Tarot-Geschäfts und ältere Schwester einer noch minderjährigen, aber mit großem Herzen und Mundwerk ausgestatteten, jungen Dame, wird mit einem Geist aus der Vergangenheit ihrer kriminellen Mutter konfrontiert: Biddle, ein Kleinganove, der Alanis Vaterersatz war. Aus der noch relativ freudigen Überraschung über das Wiedersehen wächst bald ein gewisser Unmut, als Biddle Alanis und ihr Umfeld recht schnell in kriminelle Handlungen zieht, die zu Gefahr für Leib und Leben werden.

Mein Eindruck:
Fast möchte man nicht glauben, dass Hockensmith ein amerikanischer Autor ist – trotz des Settings fühlt sich der Leser an typisch britische, skurrile Charaktere mit einer guten Portion schwarzen Humors erinnert. Allerdings übertreibt er es irgendwann ein bisschen mit dem durchgeknallten Personal. Viele Tote säumen den Weg, einiges Recht wird gebeugt, auf manchen Herzen Samba getanzt, - dennoch überwiegt meistens die positive Grundstimmung. Störend dabei wirken auf einen tugendhaften Leser die zuweilen recht schnoddrige Sprache (die wohl anheimelnd und jugendlich sein soll) und der im Großen und Ganzen sehr emotionslose Umgang mit dem Tod. Hauptsache scheint zu sein, dass man selber mit heiler Haut und großem Gewinn aus dem Schlamassel entkommt. Diese absolut egoistische Sicht der Dinge wird (leider) immer öfter gewählt und ist wohl ein Spiegel einer Zeit, in der sich nicht jeder wohlfühlt.
Wunderbar die Idee, die einzelnen Kapitel mit der Deutung von Tarot-Karten zu beginnen, in diesem Buch mit den Karten der Kelche. So dezidiert und dennoch nah am wirklichen Leben habe ich noch keine Beschreibung dazu gesehen.

Mein Fazit:
Ein nettes, kriminelles Häppchen für Zwischendurch, die eigene Moral sollte man aber dabei ausblenden

Bewertung vom 18.03.2018
Celestin, Ray

Höllenjazz in New Orleans / City-Blues-Quartett Bd.1


ausgezeichnet

Gelungene Melange

Zum Inhalt:
New Orleans, kurz nach dem ersten Weltkrieg: Der Axeman geht um – ein kaltblütiger Killer, der seine Opfer erst mit einer Axt abschlachtet und dann eine Tarotkarte am Tatort hinterlässt, um schließlich spurlos zu verschwinden. Drei Personen mit unterschiedlichem Hintergrund versuchen unabhängig voneinander, das Geheimnis um die Morde aufzudecken: Der Polizist Michael, Luca, sein Ex-Mentor mit Verbindung zur Mafia und Ida, Mitarbeiterin einer Detektiv-Agentur. Trotz unterschiedlicher Ansätze kommen sie dem Axeman auf die Spur und nah, lebensgefährlich nah.

Mein Eindruck:
Celestin ist zwar nicht der erste, der einen echten, ungelösten Kriminalfall mit Personen der Zeitgeschichte und fiktionalen Elementen verknüpft, aber einer, dem dieses sehr gut gelingt. Er versteht es, das New Orleans von vor 100 Jahren vor dem geistigen Auge auferstehen zu lassen – ein Schmelztiegel von Rassen, Musik, Gewalt und mit dem auch heute noch eigenen Verständnis von Recht und Ordnung, das eher großzügig als buchstabengetreu bemessen ist. Wunderbar die Anlage seiner Charaktere, welche zwar im Kleinen ihre Geheimnisse haben (der weiße Polizist mit farbiger Frau und Kindern, das Mädchen, das sich nicht mit ihrer Schreibtischrolle bei Pinkertons abfinden will, der Expolizist, der sich der Mafia verschrieben hat), im Großen jedoch mit den Zuständen leben: Keiner begehrt offen auf, alle akzeptieren die herrschenden Regeln. Und wenn zu den Regeln gehört, dass viele Polizisten korrupt sind, der Bürgermeister sich schmieren lässt und Schwarze im Bus hinten sitzen müssen, dann ist das halt so – man muss mit dem vorhandenen Material agieren und das tun Celestins Figuren.
Ein paar weniger davon hätten es aber gerne sein dürfen; bei den vielen Namen verliert man leicht den Überblick und im Personenregister zu Beginn des Buchs werden zwar sämtliche Namen genannt, jedoch nur nach Gruppen geordnet und ohne weitere Differenzierung. So weiß man beispielsweise nicht, ob vom Anwalt oder vom Kronprinzen der Mafiafamilie die Rede ist und kann dieses Dilemma noch nicht einmal mit einem Blick in diese Liste lösen. Perfekt dagegen die Liste mit Begriffserklärungen zum Schluss des Buchs: Hier zeigt sich die gute Recherche des Autors.
Die Geschichte zwischen den Listen gestaltet sich interessant, folgerichtig und sehr, sehr böse. Viele Personen geraten in Gefahr, einige müssen ihr Leben lassen – teilweise unter sehr grausamen Umständen. Dass dabei gute, schlechte und wichtige Charaktere über die sprichwörtliche Klinge springen, steigert die Spannung zusätzlich.

Mein Fazit:
Ein Spiegel der Zeit

Bewertung vom 10.03.2018
Burton, Jessie

Das Geheimnis der Muse


sehr gut

Traurig schön

Zum Inhalt:
Olive ist die Tochter einer reichen, jedoch leicht gemütskranken Mutter und eines jüdischen Vaters, der im Wien der 30er Jahre eine Kunstgalerie führt. Die Familie wird nach Spanien verschlagen, wo Olive Teresa und Ivan kennenlernt, ein Geschwisterpaar, welches ihr die Augen zu den politischen und ökonomischen Umständen öffnet.
Odelle hingegen lebt in den 60er Jahren in London. Sie kommt von den Kolonien und wird wegen ihrer Hautfarbe zwar nicht geächtet, aber doch gemieden, bis sie das Glück hat, eine Anstellung bei der kapriziösen Marjorie Quick zu bekommen.
Beide Frauen sind, ohne es zu wissen, durch das Schicksal dieser Dame verbunden.


Mein Eindruck:
Olive und Odelle – zwei Frauen, zwei Welten. Beide sind sie Außenseiterinnen mit einer künstlerischen Begabung ohne eine nahe Familie, bei Olive durch das Unverständnis, das ihre Eltern ihrer Kunst entgegenbringen, bei Odelle durch die räumliche Entfernung. Und beide bringen sie ihrer Umwelt eine gewisse Abgeklärtheit entgegen. Wenn sie an ihrem Schicksal manchmal zu verzweifeln drohen, schaffen sie es, sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf zu ziehen, - wenn auch auf eine zum Teil sehr unorthodoxe Art und Weise.
Die Autorin weiß sehr geschickt, Umstände und Umgebungen zu schildern. Einiges, was heute unmöglich erscheint, war vor noch nicht allzu langer Zeit absolut üblich: Offene Diskriminierung des Geschlechts und der Hautfarbe. Der Umgang durch ihre Protagonistinnen mit dieser Herabwürdigung ist zeitgemäß – nicht grober Klotz auf grobem Keil, sondern fließend wie das Wasser, welches Felsen brechen kann.
Die Intensität, mit der sich Burton ihren Frauenfiguren widmet, lässt sie ein wenig bei den männlichen Charakteren vermissen. Einzig Isaac, ein spanischer Revolutionär und Olives Objekt der Begierde, gewinnt an Kontur, die restlichen Herren sind eher Beiwerk oder Stichwortgeber für den weiblichen Part.
Die Gliederung in einige große Kapitel mit zwei Unterkapiteln, welche sich jeweils mit dem Schicksal Odelles und Olives befassen, lassen den Leser langsam, aber unaufhaltsam auf eine Katastrophe hinzulaufen, welche die Verbindung der beiden Frauen erklärt. Diesem Augenblick fiebert man entgegen und versinkt in einem Buch, das vermag, die kleinen Schicksale im großen Ganzen zu vermitteln.

Mein Fazit:
Kleine Geschichten in der großen Geschichte

Bewertung vom 26.02.2018
Harper, Jordan

Die Rache der Polly McClusky


ausgezeichnet

Ein Schlag in die Magengrube

Zum Inhalt:
Die elfjährige Polly wundert sich, als ihr Vater Nate sie an der Schule abpasst. Dann erfährt sie, dass es einen Mordbefehl gegen ihre Eltern und sie gibt, welcher schon an ihrer Mutter vollstreckt wurde. Um sich und Polly zu schützen, versucht Nate ihr alles beizubringen, was er in seiner kriminellen Karriere gelernt hat und gleichzeitig einen Weg zu finden, den Befehl rückgängig zu machen.

Zum Stil:
In relativ kurzen Kapiteln, überschrieben mit der Person, aus deren Sicht erzählt wird, schildert der Autor die atemberaubende Flucht in vier Akten. Dadurch wirkt der Roman fast wie eine Oper: Mit Ouvertüre, Zwischenspiel und großem Finale. Es folgt zwar noch eine Art Epilog, aber dieser ist fast als kleine Medizin zum Abebben des Herzschlags notwendig.

Mein Eindruck:
Was für ein Debüt! Es ist fast nicht zu glauben, dass es sich bei „Die Rache der Polly McClusky“ um einen Erstling handeln soll, so intensiv ist die Schreibe von Jordan Harper, so tief trifft er seine Leser ins Herz. Gut, als Drehbuchautor sollte er sich mit Dialogen auskennen, jedoch stehen Milieubeschreibungen und die Schilderungen der Gedanken seiner beiden Hauptpersonen Nate und Polly diesen in nichts nach. Bei dem Leser weckt das zwiespältige Gefühle: Einerseits hofft er auf ein baldiges Ende der Flucht vor den bösen Heerscharen, andererseits fürchtet er dieses, da damit der Roadtrip ebenfalls vorbei sein müsste. Die Verwandlung des kleinen, ängstlichen Mädchens in eine Rächerin ist zwar unglaublich, gelingt Harper aber so gut, dass man ihm jedes einzelne Detail davon abnimmt, bis Polly von einem unauffälligen Braunschopf in ein wassermelonenfarbenes Stahlauge von der Venus geworden ist. Trotz viel Gewalt (auch gegen Kinder und Tiere) ist das Lesen dieses Thrillers ein Genuss, da an vielen Stellen auch die Menschlichkeit ihr Gesicht zeigen darf und ein wunderbar schwarzer Humor an den unwahrscheinlichsten Stellen aufblitzt.
Auf die Verfilmung darf man also jetzt schon gespannt sein.

Mein Fazit:
Glänzende Unterhaltung, viel Blut, viel Feinde, aber auch viel Ehre
5 Sterne