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melange
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Bonn
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Insgesamt 936 Bewertungen
Bewertung vom 28.08.2018
Taylor, Dennis E.

Ich bin viele / Bob Johansson Bd.1


sehr gut

Die Welt in 100 Jahren

Zum Inhalt:

Bob ist ein vorausschauender Mensch, deshalb veranlasst er, dass sein Körper nach seinem Tod aufbewahrt wird, - Wiederbelebung nach erfolgtem Fortschritt erwünscht. Als er jedoch 100 Jahre später wirklich erwacht, muss er feststellen, dass sich die Zeiten nicht nur im medizinischen Bereich verändert haben. Sein Körper ist weg, er existiert nur noch als künstliche Intelligenz, die von seinem neuen Besitzer eine Mission auferlegt bekommt: Den Weltraum nach möglichen Zufluchtsorten für die Menschheit abzusuchen. Der fehlende Körper lässt sich dabei durch eine besondere Fähigkeit ausgleichen: Die Möglichkeit, sein Ich zu klonen. Und so schreitet Bob ans Werk – und ist bald viele.

Mein Eindruck:

„Ich bin viele“ ist kein Buch, das man nebenbei oder in Ministückchen vor dem Einschlafen lesen kann, - dafür wird es insbesondere nach dem ersten Klonen zu kompliziert. Denn jeder Klon bekommt einen neuen Namen, erobert (manchmal alleine, manchmal zu mehreren) neue Welten und die Zeiten sind in diesen Welten ebenfalls unterschiedlich – Einstein und seiner Relativitätstheorie sei Dank. Und leider fehlt unter Umständen der Zugang zu den vielen technischen Details, bei denen nicht sicher ist, ob sie der Gedankenwelt des Autors entsprungen oder Teil von Forschung und/oder Science-Fiction Serien sind. Nimmt man sich jedoch Zeit und setzt sich in ein abgeschiedenes Eckchen, wird man mit einem Text voller Esprit, Fantasie und viel Humor belohnt. Die Dialoge der Bobs untereinander und auch die Interaktionen mit anderen Charakteren (die nicht unbedingt menschlich sein müssen) lassen die Leser ein ums andere Mal grinsen. Durch die Vielfalt der Schauplätze ergeben sich sehr unterschiedliche Arten von Problemen, die durch einen Bob gelöst werden wollen – und auch hier wird es nie langweilig. Bei den Kampfszenen, die wahrscheinlich von Star Wars inspiriert sind, könnte jedoch einem Teil der Leserschaft der Zugang fehlen und die Versuchung groß sein, quer zu lesen. Der Schluss bringt einen weiteren Kunstgriff des Autors ans Licht: Ein Ende, was einen Abschluss anbietet und dennoch einen Ausblick auf einen möglichen Fortgang der Geschichte zeigt.

Mein Fazit:

Zwar viel Technik und Kampfgetümmel, aber auch ein sehr pointierter Witz und noch mehr Erfindungsgeist

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.08.2018
Diamond, Katerina

Heute wirst du sterben - The Teacher (eBook, ePUB)


sehr gut

Abgründe

Zum Inhalt:
Die Detective Sergeants Miles und Grey haben sich beide nicht mit Ruhm bei ihrem jeweils letzten Fall bekleckert. Als Bewährungsprobe sollen sie gemeinsam einige besonders brutale Morde klären, bei denen hohe Persönlichkeiten zu Tode kamen. Aber dann kommt es zu Ungereimtheiten und bald stellt sich die Frage, ob Täter und Motiv gefunden und aufgedeckt werden sollen – oder vielleicht doch der Wunsch nach einem Scheitern der beiden DS vorherrscht?

Mein Eindruck:
Wenn die Autorin Katerina Diamond etwas beherrscht, dann die Fähigkeit, in ihren Lesern Abgründe zu Tage zu bringen, die diese sich nicht träumen ließen. Denn wenn man zu Beginn des Thrillers noch ein gewisses Mitleid mit den – fast schon unübersichtlich – vielen Opfern eines erbarmungslosen Täters hat, so nimmt dieses im Laufe der Geschichte immer weiter ab, da das Motiv des Mörders seinesgleichen sucht. Mit Nebensächlichkeiten hält sich die Autorin dabei nicht auf. Obwohl sie auch einige Sequenzen zur Vergangenheit eines Charakters anbietet, um dessen Gemütslage zu schildern, laufen die meisten Kapitel folgendermaßen ab: Vorstellung des Opfers, unheimliche Stimmung, Täter kommt dazu, erklärt sich und foltert zu Tode. Trotzdem wird die Story nicht langweilig, da Stück für Stück in der Erklärung ein Teil der Täter-Persönlichkeit klar wird und damit die Leserschaft immer weiter auf seine Seite zieht.
Zu ihrer wirklich gut konstruierten Geschichte führt Diamond mit den zwei Detectives ein interessantes Ermittler-Paar ein, welches sich – für meinen Geschmack leider – in dem mittlerweile üblichen „Polizist mit Problemen Pfuhl“ suhlt. Und das nicht zu knapp, denn sie ersinnt für ihre Beamten eine fast schon lachhafte Menge derselben, - wenn es denn nicht so traurig wäre. Aber so hat sie für geplante Fortsetzungen noch einige Pfeile im Depressions-Köcher. Wenn diese Fortsetzung so spannend und lesenswert wie „The Teacher“ wird, sollte aber auch dieses zu verschmerzen sein.

Mein Fazit:
Spannend mit fragwürdiger Moral

Bewertung vom 19.08.2018
Winkelmann, Andreas

Das Haus der Mädchen / Kerner und Oswald Bd.1


ausgezeichnet

So erzeugt man Freude bei der Leserschaft. Nicht nur ist die Geschichte gut durchdacht, die Personen liebevoll gezeichnet und das Setting interessant, zusätzlich baut der Autor an genau den richtigen Stellen Wendungen ein.
Aber der Reihe nach:
1.
Die Story
Abgesehen vom Hauptplot – verschwundene Mädchen werden von verschiedenen interessierten Parteien gesucht – bietet der Thriller viele Angriffspunkte der modernen Welt, ohne dass man sich als Leser in eine Denkrichtung motiviert oder manipuliert fühlt. Me too und fehlende Empathie werden zwar thematisiert, aber das erfolgt ohne erhobenen Zeigefinger eines moralinsauren Autors. In Zeiten von viel zu vielen Menschen, die meinen, die Weisheit der Welt mit den richtigen Löffeln gefressen zu haben und die diese Löffel jedem um die Ohren schlagen, der nicht genauso entrüstet brüllt, ist das eine wohltuende Art.

2.
Die Charaktere
Alle – Täter, Opfer, Polizisten und Beteiligte – haben ihr Päckchen zu tragen. Einige dieser Päckchen sind sogar ganz schön schwer. Trotzdem überheben sich die Figuren nicht daran und lassen vor allen Dingen den Lesern die Luft zum Atmen und die Freude an einer Krimihandlung, ohne komplett über das Leid der Welt in Tränen auszubrechen. Das macht die Figuren interessant und lesenswert und ihr Hintergrund ist zwar vielschichtig, aber nicht zum Gähnen politisch korrekt aufgesplittet.

3.
Die Schauplätze
Hamburg und dazu Hausboot, ein düsteres Verlies, eine Agentur, ein Fernsehset und ein exklusiver Club, - Herz, was begehrst du mehr?

Alles in allem eine gelungene Melange von allem, was das Krimiherz begehrt. Mit einem Schluss, der zu den differenzierten Charakteren passt.

Mein Fazit:
Eine absolute Leseempfehlung

Bewertung vom 12.08.2018
McLean, Russel D.

Ed ist tot


schlecht

Nach einer Leseprobe hatte ich einen vergnüglichen Krimi mit viel Witz und ein paar Leichen erwartet. Bekommen habe ich eine Geschichte, deren Humor-Höhepunkt mit der Widmung an nicht mordende Buchhändler erreicht war. Der durch eine schusselige Protagonistin und ihre Widersacher erreichte Overkill führt zu einem ebensolchen bei einem zu Beginn durchaus geneigten Leser. Der Autor versucht mit seiner Art der Morde an die Güte eines Derek Landy heranzukommen, scheitert bei diesem Versuch jedoch krachend. Denn im Gegensatz zu diesem bewegt er sich eben nicht im Fantasy-Bereich, sondern siedelt seine Story in einem wirklichkeitsnahen Umfeld an. Und genau das funktioniert nicht. Die Vorkommnisse sind leider nicht überspitzt, sondern schlichtweg unglaubwürdig. Beispielsweise hätten so dumm und dusselig agierende Gangster garantiert keine Organisation aufbauen können, die die Polizei das Fürchten lehrt. Die Todesfälle erhalten ihre Absurdität nicht etwa durch komische (im Sinne von lustigen) Szenen, sondern nur dadurch, dass sie durch Zufall, Glück und Unvermögen zu Jens Gunsten ausgehen. Nicht nur bedeutet „absurd“ hier nicht „amüsant“, - liebevoll gezeichnete Figuren fehlen diesem Buch völlig. Immer wenn man meint „jetzt bekommt der Autor noch die Kurve“, stirbt die zu diesem Gedanken gehörende Person oder agiert wider jeden Verstand und unlustig.
So ist diese Posse weder Fisch – Krimi – noch Fleisch – Humor. Für mich ein Reinfall.

Mein Fazit:
Diese Serienmörderin verdient die Höchststrafe

Bewertung vom 12.08.2018
Roßbach, Susanne

Schatten über dem Odenwald / Alexandra König Bd.2 (eBook, ePUB)


gut

Akzeptabel

Zum Inhalt:
Alexandra macht sich Gedanken um ihren Freund Tom: Der Polizist hat nicht nur einen neuen Fall mit einem toten Autofahrer, zusätzlich darf er sich mit dem Verdacht des Diebstahls gegen sich und sein Team herumschlagen. Da sie sowieso gerade Urlaub hat, beschließt Alex, sich mit einem befreundeten Ehepaar um diese Umstände zu kümmern, - nicht immer zur Freude von Tom.

Mein Eindruck:
Dieses Buch ist Strandlektüre – mit allen guten und schlechten Eigenschaften dieser Art von Literatur. Gut sind dabei die einfache, schnell zu erfassende Struktur, die durch die Bank sympathischen Charaktere, generationenübergreifend und charmant, der einfache Stil und die geradlinig erzählte Geschichte. Schlecht sind die viel zu durchsichtig angelegte Geschichte um die internen Ermittlungen (nach zwei Sätzen weiß JEDER, wer der Täter ist), die vielen Zoten und das Frauenbild. Denn auch wenn sich die Autorin Susanne Rossbach an einigen Stellen um Gleichberechtigung zu mühen scheint (Tom muss im Haushalt helfen, ein anderer Mann hat Höhenangst), fällt doch auf, dass vor allen Dingen die Damen begriffsstutzig sind und hilflos und/oder dämlich agieren, während die Herren sich durch wohlüberlegte Aktionen auszeichnen. Insbesondere die Protagonistin Alex bringt sich sehr oft mit haarsträubenden Handlungen in Gefahr und plappert sich fast um Kopf und Kragen. Durch die Ich-Erzählung soll wohl ein Verbundenheitsgefühl bei den höchstwahrscheinlich weiblichen Lesern des Buchs erzeugt werden, aber auch als solche fühlt man sich eher genervt vom burschikosen und trotzigen Verhalten.
Letztendlich wird man jedoch wenigstens vom Täter überrascht, der in Gemeinschaftsarbeit ermittelt und verfolgt wird. Und nach dem für Strandlektüre folgerichtigen Happyend mit Pauken und Trompeten legt man ein Buch zur Seite, was zwar kein Erlebnis war, den Sonnenbrand jedoch versüßte.

Mein Fazit:
Akzeptabel für den Preis eines E-Books

Bewertung vom 02.08.2018
Finnek, Tom

Totenbauer / Tenbrink und Bertram Bd.2


ausgezeichnet

Gute Mischung

Zum Inhalt:
Kurz bevor er an einem Schlag auf den Kopf stirbt, murmelt der Krankenpfleger Peter „toter Bauer“. Maik Bertram – nach einigen Eskapaden in Magdeburg ins Münsterland versetzt – ermittelt mit seinem neuen Vorgesetzten Bremer, da sein alter Kollege Tenbrink noch an den Nachwirkungen des letzten Falls leidet. Und an ungeklärten Begleitumständen des Todes von Karin Tenbrink, seiner Frau.

Mein Eindruck:
Tom Finnek ist mit seinem Krimi aus dem Münsterland eine Perle seines Genres gelungen. Die gute Ermittler-Mischung mit einem alten einheimischen Kollegen, der mit sich und seiner Gesundheit hadert und einem jungen Beamten, der aus Magdeburg zwangsversetzt wurde, trifft dabei auf einen Fall mit Wurzeln in der nicht ganz so fernen Vergangenheit. Außerdem mixt der Autor einen guten Schuss Lokalkolorit in seine Geschichte, angefangen bei einigen Sätzen im Münsterländer Dialekt (die sich bei langsamem Lesen jedoch erschließen) über dem teilweise etwas maulfaulem Verhalten der Einheimischen bis hin zu der Beschreibung der Landstriche und ihrer Geschichte. Und auch wenn Finneks verbeamtete Hauptpersonen die schon fast üblichen privaten Probleme haben, sind diese unaufdringlich genug und das Zusammenspiel mit genügend Spaß an der Sache ausgestattet, dass sie eher einen Rahmen zur Vervollständigung der Charaktere bilden als zu nerven. Denn bei allem privaten Unbill bleibt der Fokus auf dem Mord (und weiteren Todesfällen) und durch die unterschiedlichen Zeitebenen und Ermittlungsansätze – Tenbrink ist krankgeschrieben und ermittelt in seiner Freizeit eher unorthodox, während Bertram sich mehr oder weniger an die Dienstvorschriften zu halten hat – bleibt der Spannungsbogen straff gespannt. So fliegen die Seiten dahin, mit sympathischen Einfällen voller Humor und facettenreichen Figuren. Zum Schluss wird zwar der Fall geklärt, durch einige lose Enden im privaten Bereich und eine kriminelle Nebenhandlung mit Personen aus Maiks Magdeburger Vergangenheit darf man von einem weiteren Krimi im Münsterland ausgehen, - und das ist auch gut so!

Mein Fazit:
Ein Heimatkrimi, der bei allen menschlichen Tragödien Platz für einen feinen Humor hat

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.07.2018
Kellerhoff, Lutz W.

Die Tote im Wannsee / Kommissar Wolf Heller Bd.1


sehr gut

Berlin in den 60er Jahren

Zum Inhalt:
Im Wannsee taucht eine tote Frau auf – brutal erstochen und dann versenkt. Im Berlin der 60er Jahre versucht Wolf Heller den Mord aufzuklären, - gegen Widerstand von unerwarteter Seite. Denn nicht nur der Mörder macht ihm das Leben schwer, - seine eigene Dienststelle zeigt Anzeichen von Unterwanderung durch einen unsichtbaren Feind.

Mein Eindruck:
Drei Autoren wirken an diesem Buch mit und nein, viele Köche verderben nicht den Bücherbrei. Ganz im Gegenteil, dieser Geschichte ist nicht anzumerken, dass mehrere Personen an ihrer Entstehung beteiligt waren und sie spielt zu einer Zeit, an die zwei der Autoren keinerlei Erinnerung haben können. Trotzdem dient sie perfekt als Spiegel einer Zeit mit Studentenunruhen und dem Ost-West-Konflikt, der in Berlin auf kleinstem Raum ausgetragen wurde. Die Autoren fühlen sich sehr gut in ihre Charaktere ein und bedienen dabei immer den Zeit- und Ortkolorit der 60er Jahre. Fast meint man die wütenden Demonstranten zu sehen und fühlt mit den durch die Fehler in ihrer Vergangenheit gefangenen Menschen. Ein hübscher Zugewinn sind die Erkenntnisse, die man über die Rechtsprechung dieser Zeit gewinnt – Stichwort Kuppelparagraph und 175 – und wie das Unbehagen an der Zonengrenze geschildert wird. Dazu spinnen die Autoren so manches an Garn zu echten – wenn auch toten – Personen: Der Oberspion Wolf hat ebenso seinen Platz wie Benno Ohnesorg oder Kurras. So bekommt die Story einen überaus authentischen Touch und wirkt umso lebensnäher. Und das ist überhaupt – neben einer stringenten Krimihandlung – das größte Pfund, mit dem die Geschichte wuchern kann. Sie ist einfach wunderbar lebensnahe Geschichtsschreibung und das mit Herz und ohne erhobenen Zeigefinger.

Mein Fazit:
Jüngere deutsche Geschichte, die im wiedervereinigten Deutschland schwer vorstellbar ist, auf unaufdringliche und leichte Art präsentiert.

Bewertung vom 24.07.2018
Lemaître, Pierre

Opfer


gut

Brutal anders

Zum Inhalt:
Camille Verhoeven, Chef der Mordkommission der Pariser Polizei, muss zu seinem Schrecken sehen, dass ein schwerverletztes Opfer eines brutalen Überfalls seine Lebensgefährtin Anne ist. In dem Bestreben, sie vor dem gefährlichen Räuber zu schützen, überschreitet er seine Kompetenzen und muss zudem feststellen, dass er einem Gegner gegenübersteht, der seine Züge ähnlich gut wählt wie Camille selbst.

Mein Eindruck:
Dieses Buch ist aufgeteilt in drei Tage als Großkapitel mit Zeitangaben zu den chronologisch ablaufenden Vorkommnissen. Dazu gesellen sich Rückblenden in Form von Gedanken der Figuren. Die Geschichte spaltet dabei durch Lemaitres Schreibstil, die Brutalität und nicht zuletzt den Zügen der handelnden Personen. Der Stil des Autors ist sehr distanziert, da er nicht nur hauptsächlich in der dritten Person schreibt, sondern dafür fast keine wörtliche Rede und gerne das Passiv nutzt. So entsteht ein getriebener, nicht selbstbestimmter Eindruck, welcher noch dadurch verstärkt wird, dass der Killer seine Sicht der Dinge in der Ich-Form schildern darf. Beim Leser löst das zwiespältige Gefühle aus; einerseits fällt einem die Identifikation mit den „positiven“ Figuren schwer, andererseits kann diese unterkühlte Sicht als Beobachter den Vorteil haben, sich mehr vom Hirn als vom Herz leiten zu lassen. Dieses könnte vor allen Dingen ein Pluspunkt bei den mit unheimlicher Brutalität vorgenommenen Verhörmethoden seitens des Antagonisten sein, da diese jedoch meistens nicht mit dem gnädigen Abstand geschildert werden, erhält die Leserschaft das volle Pfund an allem, was einem Sadisten so einfallen kann. Die Konstellation mit einem eher kurz geratenen Kommissar und einer – vor dem Überfall – verführerisch wunderbaren Frau ist fast zu schön, um wahr zu sein und kann wohl in dieser Art nur von einem Franzosen erdacht werden.
Doch obwohl ich die Technik durchaus würdigen kann, bleibt ein schaler Geschmack zurück: Trotz aller Brutalität langweilt die Geschichte über weite Strecken, bevor sie im Laufe des letzten Tages (und damit im letzten Drittel des Buches) durch eine Wendung richtig Fahrt aufnimmt. Für meinen Geschmack zu spät und obwohl ich dieses letzte Drittel dann relativ schnell und gerne gelesen habe, kann ich dem Buch nicht verzeihen, dass die ersten beiden Tage wie zähes Kaugummi klebten.

Mein Fazit:
Handwerklich meisterhaft und mit einem großartigen Stil, den der Autor leider lange für brutale Langeweile missbraucht

Bewertung vom 17.07.2018
Aaronovitch, Ben

Geister auf der Metropolitan Line


schlecht

Ohne Zauber

Zum Inhalt:
In den Zügen der Metropolitan Line werden Geister gesichtet. Peter Grant und seine Teamkollegen von der Spezialabteilung der Londoner Polizei für solche Fälle werden alarmiert und gehen dem Spuk auf den Grund….

Mein Eindruck:
… der allerdings eher als Untiefe betitelt werden kann. Gut, bei so wenigen Seiten kann die Leserschaft kein Epos erwarten, eine schlüssige Story mit einigermaßen gut gezeichneten Charakteren allerdings schon. Vor allen Dingen auch deshalb, weil der Preis für den dürftigen Inhalt als unangemessen hoch bezeichnet werden muss.
Aber zurück zum Buch: Hier fehlt einfach alles. Auch wenn es sich um eine Reihe handelt, darf ein Leser, der mittendrin einsteigt, erwarten, dass er nicht komplett im Unklaren über Zusammenhänge oder auch nur darüber gelassen wird, ob er es mit einem „normalen“ Menschen oder einem wie auch immer gearteten Zauberer zu tun hat. Ähnlich verhält es sich mit dem „Fall“. Ist es anfangs noch so, dass die Geister in einer U-Bahn ihr Unwesen treiben und die Pendler beleidigen, sind sie plötzlich Botschafter einer Straftat und zum Schluss kommt alles noch einmal anders… Wirkt diese Schilderung konfus? Tja, dann gibt sie haargenau den Tenor des Buches wieder. Aneinandergereihte Versatzstücke, die vielleicht im Zettelkasten des Autors ihr Dasein fristeten, bis ihn die Idee packte, daraus eine bunte Collage ohne größeren Sinn und Verstand zu basteln.

Mein Fazit:
Falls man Fan von Peter Grant war, wird es schwierig, nach dem Lesen dieses Büchleins einer zu bleiben

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.07.2018
Rayburn, James

Fake


sehr gut

Ein dreckiges Spiel

Zum Inhalt:
Die amerikanische Geisel Catherine Finch wird bei einem nicht autorisierten Drohnenangriff getötet. Da die Weltlage momentan höchst fragil ist, möchte der amerikanische Geheimdienst diesen Umstand unter den Teppich kehren und reaktiviert einen Agenten, der sich eigentlich schon in Rente befindet.
Aber es gibt auch andere Mächte. Mächte, die nicht wollen, dass die Friedensinitiative des Präsidenten Erfolg hat. Und diese Mächte versuchen alles, um den Tod Catherines zu beweisen. Mit allen Mitteln.

Mein Eindruck:
Wenn Rayburn etwas beherrscht, dann ist es Spannung zu erzeugen. Sein Buch ist in vier Abschnitte eingeteilt, deren einzelne Kapitel zumeist nur aus wenigen Seiten bestehen. Obwohl es eine Vielzahl von handelnden Personen gibt und die Kapitel fast immer einen Wechsel von Schauplatz und Charakteren beinhalten, verliert der Leser nicht den Überblick, sondern wird in einen schier atemlosen Strudel der Ereignisse hineingezogen. Das Stilmittel des Cliffhangers wird dabei ein um das andere Mal genutzt – aber nicht abgenutzt. Ganz im Gegenteil blättern sich die Seiten wie von selbst, da immer die Hoffnung auf den Fortlauf des gerade genossenen Erzählstranges in kürzester Zeit gegeben ist.
Bei den Charakteren hat mich jedoch gestört, dass vor allem das „böse“ Personal wirklich ohne jeden auch nur geringfügigen Zug von irgendetwas Positivem gezeichnet ist, hier sind es wahre Teufel in Menschengestalt. Bei den „guten“ Menschen gibt sich Rayburn differenzierter, trotzdem kann er mit diesen Figurentwürfen den Holzschnitt der anderen Charaktere nicht wirklich kompensieren.
Für seine Story hat der Autor entweder sehr gut recherchiert oder ist ein Meister der Täuschung seiner Leserschaft über diesen Umstand. Zu keiner Zeit hat man das Gefühl, als ob Rayburn nur über ein fundiertes Halbwissen verfügt – egal, ob bei militärischen Rängen, geschichtlichen Zusammenhängen oder der beruflichen Fotografie.

Mein Fazit:
Spannend, zum Teil sehr traurig und mit unterschiedlicher Güte der Figuren