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Insgesamt 181 Bewertungen
Bewertung vom 28.05.2020
Der freie Hund / Ein Fall für Commissario Morello Bd.1
Schorlau, Wolfgang;Caiolo, Claudio

Der freie Hund / Ein Fall für Commissario Morello Bd.1


gut

Viel Flair (dazu später), Mafia und klassische Polizeiermittlungen bietet dieser launige Venedig-Krimi. Die Hauptperson, Antonio Morello, seines Zeichens titelgebender Commissario in Cefalù, wird in den Norden versetzt und kann dem vielen Wasser (und den Persönlichkeiten?) wenig abgewinnen.

Das Verbrechen holt ihn jedoch schnell ein und lässt ihm erst einmal keine Zeit, Venedig zu mögen oder nicht zu mögen. Morello kümmert sich um alles, wo es an Gerechtigkeit zu mangeln scheint Taschendiebstahl, Mord, ominöse Geschäfte im Hafen und so weiter.

Er kommt nach und nach mit den neuen Kollegen zurecht und entdeckt auch die Kulinarik (sehr gut eingeflochten) sowie Kunst, Architektur und Straßen beziehungsweise Kanäle (etwas zu langatmig) für sich. Ob alle Ortsangaben et cetera genau stimmen, ist für die Handlung weniger relevant und wird nur diejenigen stören, die dort leben oder einen Stadtplan ausbreiten.

Zusätzlich gibt es auch Episoden aus Cefalù (aktuelle und vergangene) und von Morello entsteht so langsam das Bild des grundsätzlichen Gesetzestreuen mit der nötigen Flexibilität. Zudem liebt er seine Familie, tut für wahre Freundschaft alles und ist Musik-Fan.

Alles in allem wirkt das authentisch, für Nicht-Kenner der betreffenden Musik(-richtung) aber mitunter weniger interessant.

Die aufgegriffenen Themen wie Umwelt, Schmuggel und Touristenmassen sind leider schon viel zu lange aktuell und werden es wohl auch noch länger bleiben. Sie sind daher glaubhaft vermittelt und runden das Gesamtbild ab. Und auch wenn die grundsätzlichen Themen real sind - es bleibt Belletristik und also solche sollte man den Krimi auch sehen.

Bewertung vom 17.05.2020
Der Empfänger
Lenze, Ulla

Der Empfänger


gut

Josef Klein, ein vor dem Krieg ausgewanderter junger Mann aus dem Rheinland, kommt nach New York und ist dabei, sich in dieser für damalige Verhältnisse verrückten Großstadt ein Leben aufzubauen. Doch als Hitler in seinem Heimatland an die Macht kommt, muss er feststellen, dass Deutschland ihm in gewisser Weise über den Atlantik gefolgt ist.

Anhand seines Schicksals gibt Autorin Ulla Lenze all denen eine Stimme, die schon vor oder während der NS-Zeit aus Deutschland und Mitteleuropa nach Amerika gekommen waren in der Hoffnung, den politischen Wirren entkommen zu können.

Doch plötzlich betrachteten die Amerikaner sie mit anderen Augen. Und als Immigrant musste man sich auf eine Seite schlagen: entweder zu den Hitler-Unterstützern, die darauf hofften, dass er nach Europa auch die USA unterwerfen würde oder auf die Gegenseite. “Joe”, wie er nun genannt wird, will sich da heraushalten, aber die Realität wirft seine Pläne dann durcheinander.

Ein paar naive Entscheidungen und seine ganz persönliche Unentschlossenheit sind der Nährboden für eine bewegte Lebensgeschichte, von der der Leser nur einen kleinen Teil erfährt, 1939-1953. Diese Zeitspanne wird in drei Ebenen erzählt und spielt in New York, Neuss und Südamerika.

Was vorher und danach passiert, erfahren wir nicht. Das Ende bleibt relativ offen und nimmt etwas Spannung raus. Der Fokus auf das eine Jahrzehnt wirft aber dennoch genug Fragen auf: Ist Josef nun “Opfer” oder “Täter”?

Und welche Theorie trifft nun zu - war er tatsächlich Teil des deutschen Geheimdienstes oder sollte er das nur glauben, weil im Hintergrund die echten Agenten unerkannt arbeiten wollten? Die Antwort auf diese Fragen muss jeder für sich selbst finden, hier bezieht die Erzählung keine Stellung.

Die reduzierte, zur damaligen Zeit passende Sprache ist etwas ungewohnt und lässt einen nicht gleich ins Buch finden. Ein fiktiver, sehr kompakter Roman, der auf den Erlebnissen und Biografien vieler realer Personen aufbaut.

Bewertung vom 15.05.2020
Feuerland
Engman, Pascal

Feuerland


sehr gut

Auch wenn der namensgebende Ort im Buch eine große Rolle spielt, so ist der Thriller doch mehr ein “Schweden-Krimi” denn ein südamerikanischer. Was ja nichts Schlechtes sein muss.

Vanessa Frank, Kriminalkommissarin mit einer Abneigung gegen Gefühlsduselei und einer (kontrollierten) Vorliebe für Alkohol, entdeckt in diesem Thriller nicht nur neue Seiten an sich selbst sondern auch an ihren Kollegen.

Wobei, aktuell eher Ex-Kollegen. Oder möglicherweise bald Ex-Kollegen. Vanessa kam nämlich in ihrem Auto in einer Polizeikontrolle zu einem Zeitpunkt, als sie eine gewisse Menge Alkohol im Blut hatte. Nun sitzt sie zuhause und muss abwarten, wie ihr Fall beurteilt wird und ob sie überhaupt wieder in ihren Job zurück kann.

Zu viel Zeit würde andere Menschen gefühlsduselig und nachdenklich machen, nicht so Vanessa. Durch engen freundschaftlichen Kontakt zu einem Kollegen bekommt sie die interessantesten Entwicklungen mit und stellt selbst Ermittlungen quer durch Stockholm an. Durch Zufall erkennt sie dass es zwischen rätselhaften Entführungen von reichen Stockholmern und einem Überfall auf ein Uhrengeschäft einen Zusammenhang gibt.

Und plötzlich verschwinden nicht nur die Reichen, sondern auch Straßenkinder, die die weite Flucht quer durch und nach Europa geschafft haben. Gibt es auch da einen Zusammenhang? Es entfaltet sich ein spannender Krimi mit vielen Zutaten: Straßengangs, Flüchtlinge, korrupte Polizei, Entführungen, Erpressungen, Blut, Leichen und natürlich: Chile, wo alles begann und alles endet.

Bewertung vom 28.04.2020
Die Galerie am Potsdamer Platz / Die Galeristinnen-Saga Bd.1
Cedrino, Alexandra

Die Galerie am Potsdamer Platz / Die Galeristinnen-Saga Bd.1


gut

Alice, eine junge Münchnerin, fährt nach Berlin um ihre Familie mütterlicherseits kennenzulernen. Allerdings wissen die nicht, dass sie kommt…

Dies ist die Ausgangslage für den verzwickten Familienroman, der in den Jahren 1930-33 angesiedelt ist. Zu den privaten Probleme kommen für Alice und alle anderen Hauptpersonen auch noch viele von außen dazu. Die Zeiten auf den Straßen werden rauer, Nationalsozialisten sind auf dem Vormarsch und setzen alles daran, ihre erste große Wahl zu gewinnen.

Berlin entwickelt sich von der kunterbunten, multikulturellen Großstadt zu einem kalten, grauen Ort, an dem die Angst regiert. Zwar wird das auch thematisiert im Roman, aber dadurch, dass wirklich viele Themen auch glaubhaft miteinander verknüpft sind, kommt das einzelne öfter auch zu kurz.

Anhand Alices Erlebnissen gibt es viel fürs Herz, Geheimnisse, die gelüftet werden, Streit, Nazipropaganda, Kunstunterricht und nebenbei noch etwas Gesellschaftsanalyse der damaligen Zeit. Im Privaten war die sexuelle Orientierung bei vielen beispielsweise komplett offen, wenn auch nicht öffentlich damit geprahlt wurde.

Durch dies und einige andere Details vermittelt Alexandra Cedrino den damaligen Zeitgeist sehr gut und überzeugt natürlich auch, wenn es um die bildenden Künste und den Galeriealltag geht. Wobei ich mir davon - weil titelgebend - noch mehr gewünscht hätte.

Vom gesamten Fokus her war es mir im Mittelteil doch etwas zu “allgemein”, da hätten mich schon mehr die familiären Abgründe oder intensive Galeriearbeit interessiert. Da schien eher wenig zu passieren, da gab es doch sehr viel Lovestory.

Wie der kurze Autorentext verrät, sind noch zwei Nachfolger geplant, es soll eine Trilogie werden. Ich bin gespannt, denn eigentlich bin ich mit diesem “happy end” zufrieden und hätte mich nicht unbedingt gefragt wie es mit den beiden weitergeht. Eher dann doch wie es in Berlin weitergeht. Aber ich denke nicht, dass die Hauptfigur nicht mehr vorkommen wird in den nächsten Bänden.

Das Cover ist ein Blickfänger, allerdings für mich eher weil die Frau nicht so ganz zum eleganten Rest passt. Die grün-blauen Farbflächen, die Schrift und Linien golden, das wirkt stimmig und sehr edel. Die aus einem Fotos von damals ausgeschnittene Person (war das Original überhaupt in Farbe?) ist eher ein Fremdkörper, noch dazu wo sie vom Licht von hinten angestrahlt wird.

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Bewertung vom 27.04.2020
Ostseegruft / Pia Korittki Bd.15
Almstädt, Eva

Ostseegruft / Pia Korittki Bd.15


sehr gut

Dieses Buch wird immer wieder auch als “Pias persönlichster Fall” bezeichnet. Ich kenne nicht alle vierzehn vorhergehenden Fälle von Pia Korittki, daher kann ich das nicht gut beurteilen. Es ist aber sicher so, dass Pia und teilweise auch ihr (ehemaliges) privates Umfeld eine Rolle spielen.

Eine ehemalige Schulkollegin und Freundin, Kirsten, stirbt und zwar - sonst wäre es kein Krimi - keines natürlichen Todes. Auch wenn zuerst davon ausgegangen wird. Pia nimmt zu Beginn alleine Ermittlungen auf. Mit ihr reden die meisten Dorfbewohner auch, weil sie die Familie und das Umfeld der Verstorbenen teilweise gut kennt.

Im Lauf der Ermittlungen tauchen immer mehr Ungereimtheiten und Verdächtige auf, aber auch Verflossene unserer Kommissarin. Mit denen muss sie auch zusammenarbeiten, sind es doch - mehr oder weniger direkte - Kollegen.

Durch diese Zusammentreffen wird immer wieder auch Bezug auf Vergangenes genommen, aber wen das nicht weiter stört, der kann jeden Band aus dieser umfangreichen Reihe auch einzeln und ohne Vorwissen lesen. Pia hat auf jeden Fall ein abwechslungsreiches Privatleben hinter sich.

Und wie das in Lokalkrimis gerne so ist taucht während den Ermittlungen, bei denen nun auch mehr Kollegen von Pias Dienststelle dabei sind, eine parallele Ungereimtheit auf und die verschiedenen Teams rangeln um ihre Kompetenzen. Und - soviel lässt sich ohne zuviel zu verraten sagen - die Begebenheiten hängen natürlich zusammen.

Ereignisse aus der Vergangenheit haben bis in die Gegenwart Auswirkungen, an deren Kette am Ende Kirstens Tod steht. Um die Theorien der Polizei, was vorgefallen sein könnte, zu widerlegen oder zu bestätigen, greifen die Kommissare zu seltenen Mitteln…

“Ostseegruft” ist ein solider Lokalkrimi, routiniert verfasst und natürlich als Teil der Reihe passend. Da es hier aber so viel um Pias Vergangenheit geht und vieles auch in ihrem Privatleben sich zu wiederholen scheint, wirkt es bei Band 15 schon ein bisschen so als gäbe es nicht mehr so viel Neues zu sagen. Dass frühere “Unruhestifter” wieder auftauchen und privat Fragezeichen aufwerfen wirkt für mich ein wenig zu konstruiert.

Bewertung vom 16.04.2020
Qube
Hillenbrand, Tom

Qube


sehr gut

Auch wenn das Buch in der Zukunft, im Jahr 2091, spielt und sich durch die Klimaveränderung und andere Probleme einiges auf der Erde getan hat, ging auch im All viel weiter. Die Menschen sind im Kern aber immer noch gerne hierarchisch organisiert, betreiben mächtige Institutionen und streben vereinzelt nach Unsterblichkeit. Gar nicht so verschieden zu heute.

Gier, Macht und Furcht sind die Triebkräfte, die Agent Fran Bittner von der Behörde zur Nicht-Verbreitung Künstlicher Intelligenz unter Kontrolle halten möchte. Die Menschheit hat diese Intelligenzen entwickelt, aber die Kontrolle darüber verloren. Ein Journalist, der zu diesem Thema recherchiert hat, wird Opfer eines Attentats...

Gleich zu Beginn wird man aufs Glossar am Ende des Buches aufmerksam gemacht. Das ist nicht unwichtig, um der Handlung und den Gedankengängen von Tom Hillenbrand gut folgen zu können. Empfehlenswert ist es aber in jedem Fall, vor “Qube” den Vorgänger “Hologrammatica” zu lesen.

Die ganze Science-Fiction-Denkweise, die in diesen Thrillern essentiell ist, bekommt man in Band 1 noch besser vermittelt als hier in Band 2. Natürlich gibt es auch einige Charaktere die nun wieder auftauchen und ein paar Anspielungen auf Vergangenes.

Wem die Story nicht so wichtig ist und der erstmal nur testen möchte, ob ihm dieser Fokus der Thriller-Erzählung rund um das Holonet, den Weltraumlift, künstliche Intelligenz, Cogits und Gefäß-Swaps gefällt, kann natürlich auch direkt “Qube” lesen.

Bewertung vom 24.03.2020
Wolves - Die Jagd beginnt / New-Scotland-Yard-Thriller Bd.3
Cole, Daniel

Wolves - Die Jagd beginnt / New-Scotland-Yard-Thriller Bd.3


ausgezeichnet

“Wolves” ist nach “Ragdoll” und “Hangman” der dritte Thriller rund um William Fawkes, seines Zeichens Londoner Detective und das schwarze Schaf dieser Familie. Nach einiger selbst gewählter Abwesenheit taucht er plötzlich wieder auf, als er von einem vermeintlichen Selbstmord hört. Er will den Fall näher untersuchen, muss zuerst aber verhindern, von seinen eigenen Kollegen eingesperrt zu werden.

Der gute “Wolf” hat einiges auf dem Kerbholz, das wird auch für die Leser klar, die die beiden ersten Bände nicht kennen. Aber so wie er wirkt, hat er jegliche Gesetzesübertretungen nur zu seinem Besten begangen. Der Anti-Held, der immer richtig liegt also. Ob er das auch in diesem Fall tut?

Er kann die richtigen Leute überzeugen und beginnt zu ermitteln, gräbt in der Vergangenheit und wird dabei selbst hinters Licht geführt.

Kuriose, illustre Charaktere und ein gewisser britischer Humor sowie einiges an Action säumen Wolfs Weg. Die Aufklärung ist stimmig, der Schreibstil unaufgeregt und die kurzen Abschnitte machen das Buch zum Pageturner. “Ragdoll” steht hier schon im Regal, das wird sicher bald mal fällig.

Bewertung vom 19.03.2020
Eisige Dornen / Nathalie Svensson Bd.4
Moström, Jonas

Eisige Dornen / Nathalie Svensson Bd.4


sehr gut

Die Einheit für operative Fallanalyse des schwedischen Kriminalamts ist zum vierten Mal aktiv: Nathalie, Johan, Ingemar, Angelica, Tim und Maria jagen in besten Skandinavien-Krimi-Manier einen Serienmörder. Die Opfer scheinen nichts gemeinsam zu haben. Abgesehen von ihrem Mörder und seiner verstörenden Inszenierung.

Zahlreiche illustre Figuren, Verbrecher und Unschuldige, säumen den Weg der zur Lösung führt. Der Leser bekommt Rückblicke aus den Augen des Täters vorgesetzt, die aber so kryptisch sind, dass er selbst keinen extrem großen Ratevorteil hat.

Ermittler Johan Axberg und Psychiaterin Nathalie Svensson (zwischen denen irgendwie nie und dann doch was läuft?) werden auch wieder persönlich in die Sache hineingezogen, wenn auch nicht so extrem wie schon früher in dieser Serie.

“Eisige Dornen” ist Band 4, nach “So tödlich nah”, “Dominotod” und “Mitternachtsmädchen”. Die Titel der Bände die ich nun kenne, haben gemein, dass sie immer direkt mit den Opfern oder deren Erscheinung beziehungsweise der Tat oder den Taten an sich zu tun haben. Dennoch spoilern sie in keinster Weise.

Kurze Kapitel laden dazu ein, “nur noch schnell eines” zu lesen, daher ist man mit diesem Krimi recht flott durch, obwohl er mit 516 Seiten der bisher dickste Band ist. Ein unterhaltsamer, spannender Plot, der keine Fragen offenlässt.

Bewertung vom 14.03.2020
Tiefer Fall / Doggerland Bd.2
Adolfsson, Maria

Tiefer Fall / Doggerland Bd.2


ausgezeichnet

Was den Titel angeht, bin ich nicht ganz sicher, wie der zur Geschichte passt, das Original (Sturmwarnung) finde ich besser gewählt. Abgesehen davon ist dieser Kriminalroman der schwedischen Autorin Maria Adolfsson aber gelungen.

Ihrer Protagonistin, Kommissarin Karen Eiken Hornby, bürdet privat und beruflich einiges auf. Auch erfährt man ein wenig darüber was in Band 1 (Fehltritt) passiert ist. Sie ist zu Beginn deshalb krankgeschrieben und wie das so ist, muss sie einspringen und steht somit recht plötzlich wieder im Dienst.

Anlass ist ein unfreiwillig verunfallter Pensionist der auf der zu Doggerland gehörenden Insel Noorö lebte. Passenderweise hat Karen dort auch Familienbande, sie ist also die Idealbesetzung als Ermittlerin.

Doggerland ist eine fiktive Inselgruppe zwischen Großbritannien und Norwegen (Karte im hinteren Umschlag), was sich auch dadurch äußert, dass sehr enge Bande zum Vereinigten Königreich bestehen, viele Familien beide Nationalitäten beinhalten was sich im Namen äußert. (Der Name “Doggerland” ist aber tatsächlich überliefert und bezeichnet die Landmasse, die vor 10.000 Jahren Kontinentaleuropa und das spätere Großbritannien verband)

Die genauso fiktiven Charaktere hat man bald ebenso liebgewonnen (oder, im Fall der Verdächtigen, kennengelernt) wie die Inseln und alles zusammen ergibt ein sehr atmosphärisches, eindringliches Bild. Auch wenn leider Morde passieren und jemand dafür verantwortlich sein muss.

Durch die vielen Nebengeschichten vergisst man zwischendurch fast, dass es eigentlich Ermittlungen gibt, wobei es Karen da manchmal nicht anders ergeht. So ist die Krimihandlung nicht sehr geradlinig und flott, aber es tut sich immer etwas. Im vorderen Umschlag gibt es einen Hinweis auf den nächsten, dritten Band. Auf “Fester Grund” (soll Ende 2020 erscheinen) dürfen wir uns schon freuen. Bis dahin lässt sich die Zeit auch mit dem Nachlesen von Teil 1 überbrücken.

Bewertung vom 08.03.2020
Im Netz des Lemming / Lemming Bd.6
Slupetzky, Stefan

Im Netz des Lemming / Lemming Bd.6


ausgezeichnet

Einen großartigen Krimi hat Stefan Slupetzky hier wieder verfasst. Der sechste Roman rund um den ehemaligen Polizisten Leopold Wallisch, Lemming genannt, ist gewohnt hohe Kunst was Sprachliches angeht, aber auch ein Genuss.

Ein Genuss, wenn man den Lemming im Zwischenmenschlichen beobachtet. Ein Genuss ist es ebenso wenn Slupetzky auf wenigen Seiten eine ganz eigene Stimmung kreieren kann, je nach Wahl beklemmend, witzig oder spannend.

Spannung gibts in diesem Krimi natürlich auch, denn Lemming muss gemeinsam mit seinem Freund, Chefinspektor Polivka, aufklären, warum sich ein junger Bub das Leben nimmt. Kann tatsächlich eine Onlinenachricht der Auslöser sein? Aus der vorsichtigen Spurensuche wird bald eine Hetzjagd nach dem Hetzer.

Die beiden Ermittler machen unfreiwillig Bekanntschaft mit den menschlichen Abgründen des Internets und seinen sozialen Plattformen sowie mit Printmedien, die nicht immer den nötigen Faktencheck vornehmen bevor sie publizieren.

Slupetzky nimmt sich kein Blatt vor den Mund und zeigt dem Leser schonungslos die Schwächen der Medien- und Egogesellschaft auf. Ungefiltert Dinge zu glauben die man “irgendwo” liest oder rücksichtslos Falsches oder falsch Interpretierbares zu posten, ist weit verbreitet und stellt das Zwischenmenschliche auf eine harte Probe.

Neben Achtsamkeit im Internet mahnt der Autor auch ein, Parteien und Politik zu hinterfragen und somit bekommen auch diese österreichischen Akteure ganz nebenbei einiges ab. Zudem werden aktuelle Entwicklungen und Skandale in die Geschichte eingeflochten - mit einem lachenden und einem weinenden Auge.