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Hoelzchen

Bewertungen

Insgesamt 123 Bewertungen
Bewertung vom 07.03.2025
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock (MP3-Download)


ausgezeichnet

Schon der Titel machte mich neugierig auf diesen Roman und nach den ersten Seiten der Leseprobe war klar, dass ich diesen Roman lesen oder hören muss. Ich habe mich dann für die Hörbuchfassung entschieden und die Sprecherin Nina Reithmeier macht ihren Job sehr gut. Sie gibt der Protagonistin Wanda die perfekte Stimme. Das Leben in einer Plattenbausiedlung in Berlin wird hier realistisch abgebildet. Wanda ist eine arbeitslose Schauspielerin und alleinerziehende Mutter der fünfjährigen Karlie. Das Geld ist immer knapp und Karlie ist häufig krank, so wie es bei kleinen Kindern eben oft der Fall ist. Wanda steht vor allem alleine da, zum Glück findet sie Unterstützung bei ihren Nachbarinnen in der Platte. Sie alle sitzen im selben Boot und ihre Schicksale gleichen sich. Eines Tages scheint das Glück nah, ein Jobangebot für Wanda, doch der Traum zerplatzt so schnell wie er gekommen ist. Aber Wanda gibt nicht auf und weiß sich durchzusetzen. Mit Hartnäckigkeit und gesundem Menschenverstand dreht sich das Blatt für sie und erste Erfolge stellen sich ein. Wanda hört auf ihre Tochter und beide vergessen ihre Wurzeln nicht und so gibt es einen Neuanfang im Achtzehnten Stock.
Mein Fazit: auch wenn mein Lebensmittelpunkt sich weder in einer Plattenbausiedlung, noch in der Welt der Schauspieler befindet, so denke ich, dass die Autorin hier ein authentisches Leben abbildet. Die Sprache, der sie sich bedient ist absolut realistisch, auch wenn ziemlich oft verf…darin vorkommt. Die kurzen, klaren Sätze bringen es genau auf den Punkt. Sara Gmuer nimmt kein Blatt vor dem Mund und oft beschlich mich der Gedanke, genauso ist es. Die Überforderung Wandas in der Kindeserziehung, ihre Zweifel eine gute Mutter zu sein, alles ist so realistisch beobachtet und macht diesen Roman zu etwas ganz Besonderem. Für mich ein absolutes Hörbuch Highlight für 2025.

Bewertung vom 07.03.2025
Floris, Eva

Sommervogelflug


ausgezeichnet

Schon das Buchcover ist ein wahrer Eyecatcher. Die bunten Farben suggerieren ein fröhliches Frühlings- oder Sommerbuch und man vermutet einen leichten Unterhaltungsroman in Händen zu halten, aber dieser Roman ist vielschichtig und greift auch ernste Themen auf.
Die Hamburgerin Lilly ist Anfang 30 und hat gerade eine Krebserkrankung überwunden, sie ist dem Tod gerade nochmal von der Schippe gesprungen. Während der Therapie ist ans Licht gekommen, dass sie adoptiert wurde. Der Schock sitzt tief und als ganz normale Reaktion, distanziert sie sich erst einmal von ihren Adoptiveltern. Ihre Mission lautet, ihre wahren Eltern zu finden. Eine Spur führt nach Italien. Auf der Insel Elba lebt Valentina, diese besitzt dort einen Schmetterlingspark und Lilly glaubt, in ihr, ihre leibliche Mutter gefunden zu haben. Kurzerhand beschließt Lilly eine Auszeit zu nehmen, bricht mit ihrem Verlobten und wie es der Zufall so will, findet sie eine Stelle im Schmetterlingspark. So kann sie Valentina kennenlernen. Diese hat keinen einfachen Charakter und immer wieder verpasst Lilly den Moment, Valentina reinen Wein einzuschenken. Auf der Feier zu Valentinas 50. Geburtstag platzt die Bombe und viele Wahrheiten kommen ans Licht.
Was für ein toller Roman. Ich bin immer noch ganz beseelt von der Lektüre. Bislang kannte ich noch keine Romane von Eva Floris, doch ich werde künftig Augen und Ohren offenhalten und Ausschau nach ihren Büchern geben. Der Einstieg in die Geschichte gelingt sofort, der moderne und flüssige Schreibstil machte es mir einfach. Lilly ist eine sympathische Protagonistin und ich konnte ihr Handeln jederzeit absolut nachvollziehen. Die Wendungen, die der Roman zum Ende nimmt, sind überraschend und nicht vorhersehbar. Der Abschluss ist authentisch, denn es gibt kein klassisches Happy End, dafür aber ein realistisches Ende. Das gefällt mir sehr und ist einfach gut gemacht. Dieser Roman ist eine perfekte Mischung zwischen Unterhaltung und ernsten Themen. Auch habe ich einiges an Wissen über Schmetterlinge erworben. Hinzu kommen dann noch die wunderschönen Landschaftsbeschreibungen von Elba. Ich habe große Lust bekommen, diese Insel zu besuchen. Die 330 Seiten waren leider viel zu schnell ausgelesen. Von mir gibt es definitiv eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 27.02.2025
Martin, Ellen

Mandelträume / Die Blütenfreundinnen Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Hier nun also Band 2 der Blütenfreundinnen, die ich im ersten Teil sofort ins Herz geschlossen habe. Die Freundschaft der vier sehr unterschiedlichen Frauen hat sich gefestigt, alle haben irgendwie ihr Päckchen zu tragen, wie das eben so ist, wenn man die 50 überschritten hat. Lena musste ihre Apotheke schließen und ist in ein seelisches Loch gefallen. Nicole hat ein Jobangebot erhalten und wird aufgrund ihrer guten Fremdsprachenkenntnisse eine Reisebegleitung übernehmen. Damit Lena auf andere Gedanken kommt, bittet Nicole um Unterstützung. Antonia ist traurig, dass ihre Schwägerin Nicole nicht sie gefragt hat. Nachdem sie ihren Job gekündigt hat, ist momentan viel Leerlauf in ihrem Leben. Doch dann lädt Kristin sie zu einem Trip nach London ein, denn in ihrer Ehe läuft es mal wieder nicht rund, die Hochs und Tiefs wechseln sich ab. Am Ende treffen sich die vier Freundinnen in Portugal und erkennen wieder einmal, wie wichtig Freundschaften sind.
Die Romane von Ellen Marin lese ich immer wieder gerne und ich wurde wirklich noch nie enttäuscht. Gerade diese Reihe zeichnet sich durch die vielschichtigen Frauen aus. Sie sind absolut authentisch abgebildet und durch den modernen und flüssigen Schreibstil stellt sich schnell ein Lesespaß ein. Tatsächlich gefällt mir dieser zweite Teil sogar noch besser, was auch an den gelungenen Reisebeschreibungen liegen mag. Immer wieder ploppten Bilder vor meinen Augen auf. Einzig unlogisch fand ich, dass die Männer aus den USA eine Reisebegleitung brauchten. Sie waren gut vorbereitet und wussten sich immer zu helfen, warum sind sie nicht alleine mit einem Mietwagen durch Südeuropa gereist? Aber sei es drum. Ich hatte eine gute Lesezeit, vergebe gerne 5 Sterne und freue mich auf den nächsten Band.

Bewertung vom 20.02.2025
Pásztor, Susann

Von hier aus weiter


ausgezeichnet

Marlene ist nach dreißig Jahren Witwe. Der Roman beginnt mit Rolfs Beerdigung. Die große Familie hat sich versammelt, denn Rolf hatte mit seiner ersten Frau drei Söhne. Diese sind mittlerweile verheiratet und haben insgesamt 14 Kinder. Doch Marlene konnte mit der Familie nie viel anfangen und sie pflegen kein herzliches Verhältnis zueinander. Sie gibt sich weiterhin distanziert und denkt in den darauffolgenden Wochen häufig über einen Suizid nach. Sie ist verbittert, dass Rolf sie alleine zurückgelassen hat. Aber so ganz hat sie mit dem Leben noch nicht abgeschlossen. Sie braucht einen Handwerker fürs Badezimmer und sucht wahllos im Telefonbuch den Klempner Jack Habermann aus. Was sie nicht weiß, Jack ist ein ehemaliger Schüler von ihr und er spürt, dass er Marlene nicht alleine lassen kann. So bleibt er erst einmal bei ihr und sie bilden eine Wohngemeinschaft. Zusammen mit Rolfs Hausärztin Ida wird sich nun im Marlene gekümmert. Marlene nimmt diese Hilfe an und taut langsam auf. Und auch Wally, Marlenes alte Freundin aus Wien, sucht immer wieder den Kontakt zu ihr.
Susann Pasztor gelingt es einfach, den richtigen Ton zu treffen. Ich finde Marlenes Verhalten absolut authentisch und nachvollziehbar. Mit ihr hat die Autorin eine sehr natürliche Person geschaffen und auch die anderen ProtagonistInnen finde ich sehr gelungen. Die Geschichte ist flüssig und humorvoll erzählt. Auch wenn es hier um ein ernstes Thema geht, so hatte ich doch viel Freude beim Lesen. Der Tod erwartet uns alle, warum nicht auch humorvoll darüberschreiben. Die vielen Wahrheiten geben Denkanstöße. Die Personen sind alle so gut beschrieben, dass ich sie förmlich vor mir sehe. Ich werde auf alle Fälle weitere Bücher der Autorin lesen. Dieser Roman ist ein absolutes Lesehighlight für 2025.

Bewertung vom 16.02.2025
Naumann, Kati

Fernwehland (MP3-Download)


ausgezeichnet

Bislang waren mir Kati Nauman und ihre Bücher völlig unbekannt. Doch als Einwohnerin des nördlichsten Bundeslandes und mit einer großen Affinität zu Kreuzfahrschiffen, war nach dem Klappentext klar, dass ich diesen Roman lesen muss. Zumal historische Familiengeschichten zu meinem Beuteschema gehören. 2019: Simone und Henri, ein Paar in den Sechzigern, begeben sich auf eine Kreuzfahrt mit der „Astoria“. Dort lernen sie die Alleinreisende, schwedische Seniorin Frieda kennen. Ziemlich schnell stellen sie fest, dass alle drei eine enge Beziehung zu diesem Schiff haben. Frieda war bei der Schiffstaufe in Schweden dabei, als es als „Stockholm“ vom Stapel lief und hat auf diesem Schiff ihren Ehemann kennengelernt. Sie hat bereits viele Reisen mit diesem Schiff unternommen, dass in all den Jahrzehnten unter vielen Namen und Flaggen fuhr. Simone und Henri stammen aus der DDR und fuhren viele Jahre als Besatzungsmitglieder auf diesem Schiff, als es unter dem Namen „Völerfreundschaft“ für die DDR eingesetzt wurde. In Rückblenden erzählen alle drei aus ihrem bisherigen Leben, wobei Henri der umfangreichste Teil gewidmet wird. Warum erklärt sich am Ende des Romans.
Ich habe diesen wundervollen Roman als Hörbuch geradezu genossen. Die 11 ½ Stunden Spieldauer gingen leider viel zu schnell vorbei. Die Sprecherin Kaja Sesterhenn ist genau die richtige Wahl für diesen vielschichtigen Roman. Die Protagonist:Innen sind mir von Beginn an sympathisch gewesen, lediglich mit der jungen Elli, die im späteren Verlauf der Handlung noch eine Rolle spielen wird, bin ich nicht richtig warm geworden. Ich fand es höchst interessant, über die wechselvolle Geschichte dieses Schiffes zu hören und habe später meine Lücken bei Wikipedia ergänzt. Kati Naumann hat um historische Fakten eine authentische Handlung entwickelt. Hilfreich hierbei sicherlich auch ihr biografischer Hintergrund. Ich durfte durch diesen Roman viel neues erfahren, denn die deutsch-deutsche Geschichte kommt nicht zu kurz. Der chronologische Aufbau und die Verknüpfungen mit der Gegenwart, gepaart mit dem flüssigen und modernen Schreibstil, geben diesem Roman ein perfektes Konstrukt, dass die Fangemeinde von historischen Unterhaltungsromanen ganz bestimmt abholen wird. Für mich steht fest, weitere Bücher von Kati Naumann werden von mir gelesen oder gehört werden. Dies ist genau die Art von Literatur, dich ich mag und die es verdient gelesen zu werden.

Bewertung vom 13.02.2025
Lenz, Svea

Lebensträume. Ärztin einer neuen Zeit


ausgezeichnet

Endlich ein neuer Roman von Svea Lenz, das Pseudonym der erfolgreichen Autorin Nicole Vosseler. Seit ihrer scharmanten Stewardessen-Sage bin ich ein Fan ihrer Bücher. Nun also ein Roman über eine Ärztin. Aber keine Angst, es ist kein Arztroman, wie man ihn aus Mutters früheren Leseheftchen kennt. Vicky lebt in Ost-Berlin und studiert in West-Berlin Medizin. Das war in den frühen Jahren der DDR noch möglich, Grenzübertritte waren kein Problem. Kurz vor ihrem Abschluss wird die Mauer gebaut. Vickys beruflicher Lebensentwurf steht auf der Kippe. Mit Hilfe von Freunden kann sie zusammen mit ihrem Freund Achim fliehen, doch Achim wird verhaftet. Vicky beendet ihr Studium und geht nach West-Deutschland. Durch Zufall bekommt sie die Möglichkeit in der Arztpraxis am Flughafen Frankfurt zu arbeiten. Es ist zwar nicht ihr beruflicher Traum der sich erfüllt, viel lieber würde sie Chirurgin werden, aber Vicky weiß, dass sie nicht wählerisch sein darf. Der Beginn gestaltet sich als schwierig. Sie ist die einzige Frau dort und begegnet vielen Vorurteilen. Doch mit ihrem Können und ihrer unkomplizierten Art, gewinnt sie schnell Ansehen bei ihren Kollegen. Die Arbeit am Flughafen ist sehr vielseitig und auch außerhalb ihrer Praxistätigkeit hilft sie Menschen in medizinischen Belangen. Für Vicky steht immer der Mensch an erster Stelle, egal welchen Hintergrund er hat. Sei es aus dem Rotlichtmilieu oder aus fremden Ländern. Zu Vickys Glück fehlt lediglich ihr Freund Achim und sie hofft auf ein Wiedersehen. Dabei übersieht sie, dass es einen Mann gibt, der auf ihre Zuneigung hofft. So agil und aufgeschlossen Vicky in beruflichen Dingen auch ist, so steht sie in Liebesdingen oft auf dem Schlauch. Aber mit Hilfe ihrer Kollegen und Freundinnen bekommt sie doch noch die Kurve.
Was für ein toller Roman. Am liebsten hätte ich die 600 Seiten in einem Rutsch durchgelesen, doch ich wollte die Geschichte genießen und deswegen habe ich mir Zeit genommen. Wir begleiten die Protagonistin Vicky über zehn Jahre, in einem Jahrzehnt, in dem wirklich viel passiert ist. Tatsächlich ist mir Vicky sehr ans Herz gewachsen und ich habe es genossen, an ihrem turbulenten Leben teilzuhaben. Nebenbei habe ich viel an meine Mutter gedacht, die auch Vickys Jahrgang war, aber einen ganz anderen Lebensweg eingeschlagen hat. Durch die bildhaften und detaillierten Beschreibungen macht es Svea Lenz möglich, die Szenen vor unseren Augen erscheinen zu lassen. Ich konnte mir alles sehr gut vorstellen. Aber was diesen Roman zu einem ganz besonderen Erlebnis macht, sind die vielen historischen Ereignisse und realen Personen, die im Laufe der Geschichte erwähnt werden. Die umfangreichen Recherchearbeiten zu diesem Buch, werden auf jeder Seite sichtbar. Hier passt einfach alles zusammen. Das Konstrukt ist logisch und realistisch aufgebaut. Mehr geht einfach nicht und der angenehme Nebeneffekt: man lernt das ein oder andere spielerisch dazu. Der flüssige und moderne Schreibstil lässt keine Langeweile aufkommen und, wie schon von den Stewardessen bekannt, tragen auch hier wieder die Kapitel Überschriften von Liedtiteln, die den Zeitgeist widerspiegeln. So wird man von Beginn an auf die Epoche eingestimmt und hat während des Lesens, den ein oder anderen Ohrwurm im Kopf. Dieser Roman ist für mich ein absolutes Lesehighlight des neuen Lesejahres 2025 und erhält von mir natürlich 5 Sterne Leseempfehlung.

Bewertung vom 12.02.2025
Lehmann, Astrid

Nur ein kurzer Sommer


ausgezeichnet

Helmut ist ein junger Arzt aus dem Schwarzwald. In den Wirren des 2.Weltkriegs verschlägt es ihn in die Bretagne nach Frankreich, um dort beim Militär als Mediziner tätig zu sein. Dort lernt er die junge Französin Anne-Marie kennen und lieben. Doch ihr Glück ist nur von kurzer Dauer. Parallel zu diesem Handlungsstrang, wird die Geschichte von Helmuts kleinem Bruder Emil erzählt. Dieser lebt mit den Eltern auf einem Bauernhof im Schwarzwald. Es ist ein hartes Leben voller Arbeit. Emils Mutter verhält sich sehr distanziert, ihre ganze Liebe gilt ihrem ältesten Sohn Helmut. Fast zwanzig Jahre nach Ende des 2. Weltkriegs, reist Emil in die Bretagne, um die Spuren seines Bruders zu erkunden. Diese Reise wird sein Leben verändern.
Eine berührende Geschichte, die uns die Autorin Astrid Lehmann auf 228 Seiten näherbringt. Im Nachwort erfahren wir, das die Lebensgeschichte ihrer Eltern sie zu diesem Roman angeregt hat. Die Handlung entwickelt sich langsam und kommt ohne Sensationen aus. Die braucht es auch nicht. Das Gelesene spricht für sich. Das wahre Leben in Zeiten des Krieges wird schonungslos gezeigt. Nichts wird beschönigt. Die Protagonisten sind sehr vielschichtig und bilden ein weites Spektrum der Gesellschaft ab. Der Autorin gelingt es gut, Emotionen zu übermitteln. Der flüssige und moderne Schreibstil hat mich schnell durchs Buch getragen. Ich bin froh diesen Roman gelesen zu haben, denn er hat mich zum Nachdenken angeregt. Vieles was wir als selbstverständlich erachten, ist es nämlich nicht.
Gern spreche ich eine Leseempfehlung mit 5 Sternen aus.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.02.2025
Patzschke, Peggy

Bis ans Meer (MP3-Download)


ausgezeichnet

„Bis an Meer“ wurde von mir als Hörbuch gehört. Es wurde von Jana Koewa eingelesen und die 13 Stunden vergehen wie im Flug. Wir lernen drei Generationen kennen und die gesamte Geschichte umfasst viele Jahrzehnte Leben. Im Mittelpunkt steht Frieda, sie ist die Großmutter der Erzählerin der Gegenwartshandlung. Geboren in den 10er Jahren des letzten Jahrhunderts, erfahren wir von ihrem Glück, ihre große Liebe Karl zu begegnen und zu heiraten. Zwei Kinder machen die Familie komplett. Doch der zweite Weltkrieg reißt sie auseinander. Karl wird eingezogen und Frieda muss mit ihren Kindern die geliebte Heimat in Schlesien verlassen. Die drei finden im Osten Deutschlands ein neues Zuhause und Frieda hofft auf ein Wiedersehen mit Karl. Viele Jahrzehnte später fragt sich ihre Enkelin, warum es ihr so schwerfällt, Bindungen einzugehen. Kann es sein, dass die Erfahrungen ihrer Großmutter die Nachwehen ihrer Verhaltensmuster sind?
Gern lese oder höre ich Romane, die in dieser historischen Zeit einzuordnen sind. Jede Geschichte ist anders und immer erzählenswert. Was diesen so Roman so besonders macht, ist, dass die Autorin von ihrer eigenen Familiengeschichte inspiriert wurde. Die Erzählung ist lebhaft, denn die zeitlichen Abläufe sind nicht chronologisch angeordnet. Gerade in der Hörbuchfassung muss man deswegen mit voller Aufmerksamkeit dabei sein, doch das fällt wirklich nicht schwer, denn das was wir hören ist wichtig. Heute vielleicht wichtiger als je zuvor. Die vielen Weisheiten die eingestreut werden, haben mich tief berührt. Sie sind so vielschichtig, mal poetisch, mal ehrlich und immer authentisch. Beim Hören könnte es passieren, dass die tiefe Wahrnehmung für diese Poesie fehlt. Da wäre die gedruckte Ausgabe vermutlich empfehlenswert und ein Nachlesen jederzeit möglich. Doch auch das Hörbuch hat einen Vorteil. Die Emotionen werden spürbar übermittelt, was auch eine Leistung der großartigen Sprecherin ist. Mich haben sie tief in die Geschichte eintauchen lassen.
Auch mein Vater musste als Kind aus Pommern flüchten, hat jedoch nie darüber sprechen wollen. Ein Roman wie dieser, hilft mir, die Vergangenheit besser zu verstehen und es ist gut, dass Peggy Patzschke die Erinnerung wachhält. 5 Sterne.

Bewertung vom 09.02.2025
Harris, Anstey

Nah ist die Erinnerung


ausgezeichnet

Wie reagiert man, wenn man erfährt, dass der Mensch, dem man vertraut hat und dem man zu kennen glaubte, eigentlich ein ganz anderer war. So ergeht es Jo. Ganz plötzlich ist ihre Freundin Rachel verstorben. Über vierzig Jahre waren sie beste Freundinnen. Zum einen verspürt sie eine unfassbare, große Trauer, dann ist sie überrascht, über das testamentarische Geschenk und dann folgt die Erkenntnis, dass Rachel ihr gegenüber nicht offen und ehrlich war. Während Jo versucht ihr Leben neu zu ordnen, wird sie immer wieder von den Erinnerungen der Jugendjahre heimgesucht. Dabei wächst die Gewissheit, dass auch sie nicht immer mit offenen Karten gespielt hat und Rachel gegenüber wichtige Lebensentscheidungen verschwiegen hat.
Ein tief berührender Roman über zwei Frauen, die so eng miteinander verbunden waren, aber das Wesentliche nicht preiszugeben vermochten. Anstey Harris schafft es sofort, mit ihrem Roman eine emotionale Nähe zu schaffen. Jo wurde mir von Beginn an eine gute Freundin, mit all ihren Ecken und Kanten. Es menschelt, und das ist auch gut so. Glaubt man in der Romanmitte, den weiteren Handlungsverlauf zu erahnen, so kann ich jetzt schon verraten, dass dem nicht so ist. Die Geschichte nimmt unerwartete Wendungen und weist einige Überraschungsmomente auf. Der flüssige Schreibstil trägt schnell durchs Buch. Anstey Harris Romane spielen in Großbritannien und das Lebensgefühl ist präsent und kommt authentisch daher. Ihre Themen sind vielschichtig und sie setzt sich kritisch mit der Gesellschaft auseinander. Es sind keine klassischen Unterhaltungsromane und absolut lesenswert. Sehr gerne spreche ich eine Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 30.01.2025
Storks, Bettina

Die Schwestern von Krakau (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Einmal ein Fan von Bettina Storks Romanen, immer ein Fan. Bei ihr weiß man, was man bekommt. Nämlich gut recherchierte Romane mit historischen Hintergründen, eingebettet in eine fiktive Geschichte. Ihr neuer Roman „Die Schwestern von Krakau“ reiht sich problemlos in dieses Genre ein. Es gibt zwei sich abwechselnde Zeitebenen. 2017: die 53jährige Französin Edith trauert immer noch um ihren kürzlich verstorbenen Vater Simon, da entdeckt sie in seinem Nachlass Hinweise darauf, dass er als Kind angenommen wurde und er nach den Spuren seiner leiblichen Eltern suchte. Edith setzt diese Suche fort und trifft dabei auf ihre gleichaltrige Cousine Tatjana aus Stuttgart. Ediths leibliche Großmutter Helene und Tatjanas Großmutter Lilo waren Schwestern. Beiden stammen aus Krakau. Auch Tatjana ist neugierig geworden, weiß sie doch viel zu wenig über ihre eigene Familiengeschichte und somit reist sie nach Krakau und begibt sich auf Spurensuche. In Rückblenden erfahren wir, was sich in den Kriegsjahren des 2. Weltkrieges in Krakau abspielte. Die Nazis nahmen die Stadt ein und die jüdischen Bürgerinnen und Bürger wurden genötigt in einem Ghetto zu leben. Widerstandsgruppen bildeten sich. Helene zog es schon vorher fort. Sie wollte ein neues Leben in Paris beginnen. Lilo blieb bei ihren Eltern in Krakau und ging ihrer Arbeit in einer Apotheke im Ghetto nach. Ihrem katholischen Elternhaus war das gar nicht recht. Die Situation spitze sich immer weiter zu und letztendlich musste die schwangere Lilo nach Stuttgart fliehen.
Das 576 Seiten starke Buch hat auf mich einen regelrechten Lesesog ausgeübt, denn die Autorin schafft es, ihre Leserschaft sofort in andere Zeiten mitzunehmen. Die Kombination aus Gegenwart und Vergangenheit löst diesen Reiz aus. Reale Personen aus Politik und Gesellschaft fließen mit ein und die fiktive Geschichte ist so gut ausgearbeitet, dass sie durchaus real sein könnte. Die Handlungsstränge sind gut konstruiert und auf den Punkt gebracht.
Das Buch erscheint genau zum richtigen Zeitpunkt, denn Romane wie dieser helfen uns, dass das Vergangene unvergessen bleibt.