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wasserklaenge

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Insgesamt 42 Bewertungen
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Bewertung vom 19.02.2023
Reich, Annika

Männer sterben bei uns nicht


weniger gut

Luise wächst auf dem weitläufigen Anwesen ihrer reichen Großmutter auf und ist der unbestritten Liebling der Matriarchin. Auch scheint sie die einzige zu sein, die sich dort wirklich wohlfühlt. Ihre Mutter, obwohl selbst bildhübsch, passte noch nie in die Welt der Reichen und Schönen. Luises Tante und Cousine hat der Hang zum Perfektionismus der auf dem Abwesen herrscht schon in die Stadt vertrieben und ihre Schwester Leni wurde ins Internat ausgelagert. Als nun die Großmutter stirbt, treffen all diese Frauen bei der Beerdigung aufeinander und alte Animositäten und Rivalitäten brechen wieder auf.

Mir hat besonders die Stimmung zu Beginn des Romans gefallen: Ein heißer Sommer, Luises Kindheit, eine Familie die offenbar viel Geld hat aber diverse Probleme totschweigt, eine Selbstmörderin im See. Vielversprechend. Doch leider konnte der Roman für mich die zu Beginn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen.

Ich habe letztlich nicht verstanden, was nun das Problem dieser Familie war. Warum war Luises Großmutter so herrisch und in der Verteilung ihrer Gunst so selektiv? Was war mit den Männern beziehungsweise wo waren sie denn nun? Warum redet niemand in dieser Familie offen miteinander? Und was soll der Aufhänger mit den toten Frauen im See, wenn diese nicht mehr als eine makabere aber folgenlose Kindheitserinnerung Luises waren?!

Auch die fehlende Entwickling der Figuren, die ich schon in Reichs Vorgängerroman "34 Meter über dem Meer" kritisiert habe, hat mich hier wieder gestört. Jede bleibt, wie sie war. Selbst Luise ist von dem Mädchen vom Beginn nicht weit entfernt. Und das obwohl weit mehr als 10 Jahre vergangen sind! Ohne Entwicklung und mit spärlichen, meist unkonkreten Einblicken in die Vergangenheit wirkte die Geschichte belanglos.

Gut fand ich allerdings die Beschreibung der Diskrepanz von Erinnerung. Wie Luise sich beispielsweise an Dinge aus ihrer Kindheit anders erinnert als ihre Mutter oder ihre Cousine. Oder wie sie selbst bemerkt, dass die eine oder andere ihrer Erinnerungen so nicht ganz stimmen kann, obwohl sie sich der Dinge so sicher war.

"Männer sterben bei uns nicht" hat mich trotz guter Ansätze und wunderbarer Aufmachung letztendlich nicht erreicht. Zu starr und zu schwammig war mir die Geschichte. Etwas mehr Substanz, mehr Handlung und weniger Andeutungen hätten dem Roman gut getan. So war es recht enttäuschend.

2,5*

Bewertung vom 17.07.2021
Hecht, Janina

In diesen Sommern


sehr gut

In Janina Hechts Debütroman begleiten wir die Ich-Erzählerin Teresa in kurzen Kapitel von ihrer Kindheit bis ins junge Erwachsenenalter. Stimmungsvolle Erinnerungsbruchstücke aus den Sommern ihrer Kindheit fügen sich zu einem groben Portrait ihres zunehmend alkoholkranken Vaters.

Besonders am Anfang des Romans schafft es Janina Hecht mit vielen kleinen Details Erinnerungen an die eigene Kindheit heraufzubeschwören. Spaghettieis, der Chlorgeruch des Schwimmbads oder Besuche bei den Großeltern. Überschattet ist diese sommerliche Nostalgie aber immer auch mit düsteren Erinnerungen an den Vater. Um ihn schleicht die ganze Familie sprichwörtlich auf Zehenspitzen herum. Ist er heute gut drauf? Wird es Streit geben oder bleibt er ruhig? Hat er wieder zu viel getrunken?

"Dieses eigenartige Befremden, das sich bis heute in mir ausbreitet, wenn ich eine Familie besuche, die sich so verhält. Wenn niemand im Zentrum steht und alle mit sich selbst beschäftigt sein dürfen." Seite 90

Es ist beklemmend, was die junge Teresa erleben muss. Wie sie versucht zumindest den kleinen Bruder zu beschützen, bis sie irgendwann das stille Ertragen der Mutter nicht mehr aushält und flüchtet.

Da Teresa im Laufe des Romans älter wird, verliert sich leider irgendwann zwangsläufig der Kindheitssommerton. Das fand ich schade, denn ich mochte ihn gerne und bin mit dem eher nüchternen Erzählton der jungen Teresa besser zurecht gekommen, als mit dem der älteren.

Mit "in diesen Sommern" ist Hecht ein stimmungsvoller wie trauriger Roman über das Erwachsenwerden gelungen. Mit Liebe und Wut lässt sie Teresa von ihrer Kindheit erzählen und zu der Erkenntnis kommen, dass man letztlich niemanden wirklich so genau kennt, wie man dachte. Trotz schwerem Thema ein schöner kleiner Roman mit Nostalgiefaktor, der mit seine besonderen Beobachtungsgabe besticht.

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