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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 759 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2016
Petrowski, Thorsten

Sicherheit im Internet für alle


sehr gut

Fallstricke im Internet

„Sicherheit im Internet“ ist laut Vorwort des Autors Thorsten Petrowski ein Ratgeber für durchschnittliche Nutzer des Internet, die mit den weit verbreiteten Plattformen Windows 7 oder 8 arbeiten. Es ist kein Buch für IT-Experten. Damit ist der Rahmen hinreichend abgesteckt. Nun gilt es noch, sich selbst als Leser des Werkes entsprechend zu klassifizieren. Diesem Zweck dient der kleine Wissens-Check, bestehend aus 23 Fragen, zu Beginn des Buches. Dieser Test kann als Hilfsmittel herangezogen werden, um zu entscheiden, welche Kapitel für einen selbst Priorität haben sollten.

Das Internet ist vergleichbar einem Haifischbecken; wer sich auffällig verhält und viele Spuren hinterlässt, läuft Gefahr, „gefressen“ zu werden. Thorsten Petrowski klärt auf über Wege ins Netz, Schadsoftware, Cyberangriffe und Abofallen. Er warnt vor leichtfertigem Umgang mit Passwörtern („Das Passwort NIEMALS an andere weitergeben.“). (68) Je mehr persönliche Daten freigegeben werden, umso größer ist die Gefahr gestohlener Identitäten. Auf einmal liegen Rechnungen für Dienste im Briefkasten, die nie beauftragt wurden.

Petrowski klärt darüber auf, wie Surfer ihre Spuren verwischen können. Dazu gehören u.a. das Löschen des Browser-Verlaufs, der Einsatz eines Proxy-Servers, der Aufbau von VPN-Verbindungen oder das Surfen über ein anonymisierendes Tor-Netzwerk. Die Anonymisierung ist mit Einschränkungen verbunden, wie der Autor humorvoll deutlich macht. „Man wollte absolut sicher gehen, dass die mühsam „erkämpfte“ Anonymität nicht durch „plaudernde“ Plug- In- Zusatzprogramme wieder zunichte gemacht wird.“ (239)

IT-Experte Petrowski verweist auf einige seriöse Adressen im Internet, die bei der Überprüfung der Sicherheit und Konfiguration von Sicherheitseinstellungen hilfreich sein können. Zu den wichtigen Seiten gehören die des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, das seit Jahren über Sicherheitsaspekte aufklärt. Die Erläuterungen in dem Buch sind zielgruppengerecht. Die Bilder sind teilweise recht klein und damit schwer lesbar. Dennoch werden die Leser durch das Buch über ein wichtiges Thema aufgeklärt und dafür sensibilisiert, Sicherheit als Dauerthema zu betrachten.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.09.2016
Schüle, Christian

Wie wir sterben lernen


sehr gut

Ein Tabu-Thema rückt in den Fokus

Gleich zu Beginn des Buches gibt Christian Schüle einen Sicherheitshinweis: „...nicht alles, was verhandelt wird, lässt sich empirisch beweisen“ und „An keiner Stelle wird es eine Handlungsanleitung geben“. Er will nicht belehren, sondern dazu ermutigen, sich individuell mit einem schwierigen Thema auseinanderzusetzen.

Es gibt wenige sichere Ereignisse, der Tod gehört zweifelsohne dazu. Und so hat Autor Schüle recht, wenn er sinniert, dass „der Kampf gegen den Tod schon bei der Geburt verloren ist“. Trotz dieser trivialen Erkenntnis ist ein Wandel im Denken erkennbar. Der Mensch sucht Trost im Diesseits, nimmt sein Leben selbstbestimmt in die eigene Hand. Die Technik ermöglicht und verführt zu einem schmerzfreien, leidlosen, nicht ewigem, aber langem Leben. Eine Ethik ohne Gott ist Folge dieser Diesseitsbejahung.

Was ist Sterben? Oder anders gefragt: Wann ist der Mensch tot?. Diese Frage ist aus medizinischer Sicht nicht leicht zu beantworten. Schüle macht an einem fiktiven Beispiel deutlich, dass der Hirntod ein unscharfes Kriterium ist, da das Kleinhirn, welches aus verschiedenen Gründen meist nicht untersucht wird, noch aktiv sein kann, wenn Großhirn und Stammhirn keine Reaktionen mehr zeigen. Auch machen Untersuchungen deutlich, dass die Organentnahme bei Hirntoten zu messbaren Stressreaktionen führen kann.

Schüle beschreibt einen Wandel beim Umgang mit dem Sterben, ausgelöst durch Randgruppen der Gesellschaft, die reichlich Erfahrungen mit einem würdelosen Tod gesammelt haben. Auch die Kirchen folgen mehr der Seelsorge des Sterbenden und weniger dem Dogma der Erbsünde, wonach sich der Mensch nicht selbst erlösen kann. Ist der Tod der größte Gleichmacher einer Welt ungleicher Individuen? „Der Tod ebnet [zweifelsohne] soziale, kulturelle, ökonomische Unterschiede und Hierarchien ein“.

Nach der Enttabuisierung der Sexualität Ende der 1960er Jahre steht eine Generation später der Tod im Brennpunkt der Öffentlichkeit. Lady Di, Papst Johannes Paul II und Michael Jackson sind Beispiele für die totale Medialisierung des Todes und für öffentliche Trauer. Die mediale Vernetzung beeinflusst das Verhältnis zur Trauer, rückt das Private in die Öffentlichkeit; Grenzen werden verschoben.

Die psychischen Nachfolgeerkrankungen eines unbewältigten Todes verursachen volkswirtschaftlich gesehen gewaltige Schäden; Krebserkrankungen auf nicht verarbeitete Traumata zurückzuführen bleibt aber spekulativ. Trauer lässt sich nicht kulturell, religiös oder staatlich verordnen, gefragt ist Individualität. Und so beschreibt Schüle in „Die allerletzten Dinge“ vier Erkenntnisse, die er im Hinblick auf das Sterben für bedeutend hält.

Autor Schüle gibt in fünf Introspektionen Einblick in das, was er selbst glaubt und dazu gehört u.a. die Unbestechlichkeit der Natur. Das Leben sieht er nicht als Geschenk an, da er gegen seinen Willen ins Leben geworfen wurde. Er legt Wert auf ein selbstbestimmtes Leben, auch dann, wenn es sich dem Ende zuneigt. „Ich will den Tod, wenn er eines Tages kommen wird, als notwendigen Teil meines Lebens begriffen haben“.

Es handelt sich bei diesem Buch nicht um leichte Lektüre. Dies gilt hinsichtlich des Themas und auch hinsichtlich der Sprache (eher „Spiegel“-Niveau als „Bild“-Niveau). Trotz Untergliederung in fünf Teile und vierzig Kapitel, vermisse ich einen stringenten Aufbau. Dennoch ist es Christian Schüle gelungen, sich mit diesem sensiblen Thema angemessen auseinanderzusetzen, ohne belehrend zu wirken oder ins Religiöse abzugleiten. Wenn ein Gedanke in seinen Ausführungen prägnant ist, dann die Aufforderung zum selbst Denken bzw. zum selbstbestimmten Leben.

Bewertung vom 31.08.2016
Cash, Adam

Psychologie für Dummies


sehr gut

Ein verständlicher Überblick über die Grundlagen der Psychologie

Das Buch „Psychologie für Dummies“ ist eine wohl strukturierte, für eine breite Leserschaft angelegte, verständliche Einführung in die Grundlagen der Psychologie. Es ist aufgebaut wie ein Fachbuch, inhaltlich aber nicht überfrachtet und damit für Laien geeignet. Es gliedert sich in 8 Teile und 26 Kapitel. Besondere Symbole kennzeichnen wichtige Informationen. Der Einstieg ist in jedem Kapitel möglich. Durch Querverweise sind die Kapitel untereinander vernetzt.

Psychologie lässt sich definieren als wissenschaftlich begründete Erforschung von menschlichem Verhalten und von Denkvorgängen. Es ist eine empirische Wissenschaft, wenngleich laut Autor Adam Cash auch zahlreiche Erkenntnisse auf Autoritäten beruhen, auf klinische Forschungen (ohne systematische Untersuchungen) zurückgehen oder Ergebnis theoretischer Überlegungen sind. Damit gibt es Überschneidungen, aber auch signifikante Unterschiede zu den Naturwissenschaften.

Autor Cash erklärt die Bedeutung der Biologie für psychologische Erkenntnisse, hierzu gehören insbesondere Gehirn und Nervensystem. Dem Reduktionismus (Reduktion der Psychologie auf die Biologie) steht er kritisch gegenüber. „Sie scheint unseren Wunsch nach einem freien Willen, nach Selbstbestimmtheit und Bewusstsein zu beleidigen.“ (44) Dem Bewusstsein widmet er ein eigenes Kapitel.

Die Grundregeln des Denkens ähneln den Grundregeln von Computern. Es gibt einen Input, einen Speicher, Regeln für die Verarbeitung und einen Output. Ich hätte es begrüßt, wenn der Autor auch die Unterschiede zwischen Gehirn und Computer herausgearbeitet hätte. Diese werden u.a. deutlich, wenn es um Motivation und Emotionen geht. Motivation und Gefühle sind eng miteinander verzahnt.

Lässt sich Verhalten in Reiz und Reaktion zerlegen, wie Vertreter des Behaviorismus glauben? Cash erläutert klassische Experimente zur Untermauerung dieser Thesen (Klassische Konditionierung nach Pawlow, Thorndikes Katzen, Skinners Ratten). Diese Lehre hatte zum Ziel, die Psychologie zu einer exakten Naturwissenschaft hin zu entwickeln. Cash versäumt es, die Grenzen des Behaviorismus aufzuzeigen.

Auf 100 Seiten führt der Autor die Leser in die Grundlagen der Sozialpsychologie ein. Die Arbeiten von Sigmund Freud und die seiner Nachfolger werden erläutert. Hierzu gehören Einführungen in das Unbewusste und in den Machtkampf zwischen Es, Ich und Über-Ich. Cash erläutert kurz die späteren Theorien von Heinz Hartmann, Robert White, Alfred Adler und Erik Erikson.

In weiteren Ausführungen geht es um wichtige psychische Störungen wie Angststörungen, Depression, Schizophrenie und das Posttraumatische Stress-Syndrom. Dabei ist die Frage, was normales Verhalten ist, gar nicht einfach zu beantworten. Paul Watzlawick machte in „Vom Unsinn des Sinns oder Vom Sinn des Unsinns“ (58) mangels klarer Definition der Normalität deutlich, dass es in der Psychiatrie unmöglich ist, Pathologien zu definieren.

Das Buch ist mit über 400 Seiten recht umfangreich. Es vermittelt einen guten Überblick über Grundlagen und Methoden der Psychologie, ersetzt aber nicht den Rat von Experten. Das Buch ist für Leser geeignet, die ein überdurchschnittliches Interesse für den Menschen und sein Verhalten aufbringen, aber kein Fachbuch lesen wollen. Autor Adam Cash ist Dozent für Psychologie und Fachmann für forensische Psychologie.

Bewertung vom 31.08.2016
Lutz, Wolfgang

Leben ohne Brot


ausgezeichnet

Grundlagen der kohlenhydratarmen Ernährung

Der Mediziner Wolfgang Lutz (1913 – 2010) hat sich über 50 Jahre seines Lebens auf mehreren Ebenen mit dem Einfluss von Kohlenhydraten auf Zivilisationskrankheiten beschäftigt. Er begann 1958 in einem Selbstversuch mit der Reduktion von Kohlenhydraten auf seinem Speiseplan. Diese Form der Ernährung behielt er bis zu seinem Lebensende bei. Da persönliche Erfahrungen nicht zu wissenschaftlicher Anerkennung führen, ließ er seine Erkenntnisse in seinen Berufsalltag als Arzt einfließen und setzte sich wissenschaftlich mit dem Thema auseinander. Zahlreichen Patienten konnte er helfen.

In dem Buch verarbeitet Lutz seine persönlichen Erfahrungen und beschreibt, wie eine kohlenhydratarme Diät wirkt. Dieser allgemeine (und auch allgemein verständliche Teil) in den Anfangs- und Schlusskapiteln ist der Rahmen für den medizinisch-wissenschaftlichen Hauptteil des Buches. In diesem Hauptteil analysiert Lutz zahlreiche Krankheitsbilder und beschreibt Zusammenhänge zur Ernährung. Dabei wird manch eine althergebrachte Erkenntnis auf den Kopf gestellt. Aufschlussreich sind die Zusammenhänge zur Evolution, denen er ein eigenes umfangreiches Kapitel widmet. Auch wenn der Ackerbau 10000 Jahre zurückliegt, ist dieser Zeitraum verschwindend klein im Verhältnis zu den Jahrmillionen, die der Mensch bzw. seine nahen Verwandten durch die Evolution an die Umwelt angepasst wurden. 10000 Jahre reichen einfach nicht aus für eine vollständige genetische Anpassung des Menschen an das Getreide.

Zu Ernährungsfragen gibt es viele und insbesondere auch viele widersprechende Thesen. Die Leser müssen das, was Lutz schreibt nicht glauben, sie können es durch Umstellung der Ernährung selbst überprüfen. Das Buch ist ein Klassiker, auf das sich andere Autoren stützen, wenn sie sich mit Ernährungsfragen beschäftigen. Auf den letzten Seiten befinden sich Kohlenhydrattabellen sowie einige Rezepte.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.08.2016
Schmidgen, Henning

Bruno Latour zur Einführung


sehr gut

Ein kreativer Erneuerer der Sozialwissenschaften

Der französische Philosoph und Sozialwissenschaftler Bruno Latour zählt zu den weltweit am häufigsten zitierten Buchautoren in den Sozial- und Geisteswissenschaften. Grund genug, sich mit ihm auseinander zu setzen. Autor Henning Schmidgen, Professor für Medienästhetik an der Uni Regensburg, entwickelt in diesem Buch ein Portrait dieses vielseitigen Wissenschaftlers. Dabei liegt der Fokus auf dessen Werken, Entwicklung und Beziehungsgeflecht und nicht auf der Person.

Die Zeittafel auf den letzten Seiten des Buches gibt Aufschluss über wichtige Stationen und Theorien von Bruno Latour, auf die Schmidgen im Rahmen seiner Ausführungen eingeht. Hierzu zählen u.a. seine Doktorarbeit über „Exegese und Ontologie in Bezug auf die Wiederauferstehung“, seine Forschungen am Salk Institute for Biological Studies in La Jolla (Kalifornien) und seine Arbeiten über Pasteur und die französische Medizin, um nur Beispiele zu nennen. Schmidgen beschäftigt sich insbesondere mit Werken Latours, die bis dato nicht in deutscher Übersetzung vorliegen.

Schmidgen geht es in dem Buch um den „empirischen Philosophen“ Latour. Primär dreht sich alles um die Frage: „Wie verhalten sich Wissen, Zeit, und Gesellschaft zueinander?“ (13) Latour kritisiert den Reduktionismus („Nichts reduziert sich auf etwas anderes, nichts leitet sich von etwas anderem ab, alles kann sich mit allem verbinden.“) (110) und ist mit Comtes der Meinung, dass sich langfristig gesehen weder die Biologie in der Physik und Chemie, noch die Soziologie in der Biologie auflösen wird. (112) Er thematisiert die Frage, ob nicht-menschlichen Akteuren eine Eigendynamik und vielleicht sogar Handlungsfähigkeit zugesprochen werden kann. (138) Sein erfolgreichstes Buch „Wir sind nie modern gewesen“ wirkt bereits vom Titel her provokant und ist ein Ausflug in das Reich philosophischer Essays.

„Bruno Latour zur Einführung“ ist keine (allgemein verständliche) Biographie, wie z.B. „Einstein“ von Johannes Wickert, in dem insbesondere auch der Mensch Einstein beschrieben wird und auch kein (lebhafter) persönlicher Bericht, wie z.B. „Die Doppel-Helix“ von Watson, sondern ein Buch über die wissenschaftlichen Stationen und Theorien von Bruno Latour für Fachleute. Auch wenn es phasenweise ein wenig trocken wirkt, wird das Netzwerk von Bruno Latour einschließlich seiner Theorien in der Breite nachvollziehbar beschrieben. Wer einzelne Texte von Latour kennt, erhält mit dieser Einführung einen Überblick auch über seine weniger bekannten Bücher.

Bewertung vom 29.08.2016
Heisenberg, Werner

Tradition in der Wissenschaft


sehr gut

Wegbereiter der modernen Physik

Werner Heisenberg (1901-1976) gehört neben Erwin Schrödinger, Nils Bohr, Paul Dirac, um nur einige Protagonisten aufzuführen, zu den Vätern der Quantentheorie. Die Texte zum Buch wurden noch mit dem Autor besprochen, wenngleich er die Veröffentlichung 1977 nicht mehr erlebt hat. Es handelt sich um Reden und Aufsätze, die u.a. die Anfänge der Quantenmechanik behandeln und damit eine historische Bedeutung haben.

Heisenberg analysiert in „Tradition in der Wissenschaft“ den Einfluss der Tradition bei der Auswahl der Probleme, in der wissenschaftlichen Methodik und in der Verwendung von Begriffen. Es sind insbesondere die durch Tradition geprägten Begriffe, die den Fortschritt lähmen. Ob Physik, wie zurzeit von Galilei, als Widerspiegelung göttlicher Schöpfungsideen betrachtet wird, dürfte nebensächlich sein, solange wissenschaftliche Methoden angewendet werden.

Die Entwicklung und das Verständnis der Quantentheorie ist eng verknüpft mit einem Wandel in der Welt physikalischer Begriffe. Fundamentale Symmetrien rücken als Ersatz für fundamentale Teilchen in den Fokus. Das Thema ist so bedeutend, das Heisenberg ihm mit „Die Begriffswelt in der Geschichte der Quantenmechanik“ ein eigenes Kapitel widmet.

In „Die Anfänge der Quantenmechanik in Göttingen“ gibt Heisenberg einen subjektiven Abriss über die Anfangsjahre bis 1927. Deutlich wird, dass eine präzise mathematische Beschreibung für eine physikalische Theorie eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung ist. Es bedarf einer begrifflichen Klärung.

In den folgenden Kapiteln thematisiert Heisenberg die Erforschung kosmischer Strahlen, die Rolle der Elementarteilchenphysik und den Begriff des Elementarteilchens. Da es sich nicht um ein Lehrbuch handelt, sondern um eine Sammlung von Aufsätzen, die zudem ungekürzt wiedergegeben werden, sind Redundanzen vorhanden.

Aufschlussreich sind die Begegnungen und Diskussionen mit dem Querdenker Albert Einstein. Heisenberg war in jungen Jahren fasziniert von der speziellen Relativitätstheorie. Einsteins unkonventionelle Denkweise lieferte reichlich Stoff für Diskussionen. Er machte deutlich, dass sich das Prinzip, nur beobachtbare Größen in einer Theorie zu verwenden, nicht durchhalten lasse und das erst die Theorie bestimmt, was beobachtet werden kann.

In „Die Richtigkeitskriterien der abgeschlossenen Theorien in der Physik“ stellt Heisenberg die Bedeutung der Intuition für den Wissenschaftler heraus. Der Physiker spürt, dass einzelne Phänomene des Erfahrungsbereichs eng zusammenhängen, auch wenn diese sich mathematisch noch nicht beschreiben lassen. Die zugehörige Mathematik ist häufig recht komplex.

„Tradition in der Wissenschaft“ ist kein Lehrbuch, sondern eine lesenswerte Sammlung über die Anfänge und Grundlagen der Quantenphysik. „Dabei kann und will ich nicht die Rolle des Historikers übernehmen … sondern ich möchte ein subjektives Bild entwerfen, möchte Einzelheiten schildern, die nicht in den Geschichtsbüchern stehen ...“ (43)

Bewertung vom 29.08.2016
Frank, Gunter

Schlechte Medizin


ausgezeichnet

Ein wichtiges Aufklärungsbuch über den medizinischen Alltag

Gunter Frank berichtet über Fehlbehandlungen im Alltag, über deren Ursachen und über die gesellschaftlichen Folgen schlechter Medizin. Er fordert die Leser auf, den medizinischen Betrieb kritischer zu hinterfragen. Da Autor Frank selbst Arzt ist, handelt es sich um einen mutigen Schritt, seine Erkenntnisse einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Die Leser erhalten kritische Informationen von einem Insider.

Frank erläutert den Trick mit den Normwerten, erläutert den Unterschied zwischen relativem und absolutem Risiko und beschreibt klare Regeln für eine gute Medizin. Studie ist nicht gleich Studie. Es gibt nur wenige (aussagekräftige) „Champions-League-Studien“. Diese sind teuer, laufen über viele Jahre und werden daher nur selten erstellt. Dabei erfüllen sie am ehesten die Forderung nach evidenzbasierter Medizin. In der Realität wird mit Vergleichsgruppen, Klassifizierungen, der Datenauswahl und statistischen Analysen getrickst, um die „Erwartungswerte“ zu erhalten.

Aufschlussreich ist, wie die sogenannte Lehrmeinung in der Medizin entsteht. Der Einfluss der Hochschulprofessoren auf die Leitlinien der Fachgesellschaften ist enorm. Und hinter den Professoren steht die Industrie. „Es ist davon auszugehen, dass es eine direkte Einflussnahme der Industrie auf die Leitlinienerstellung in Deutschland gibt.“ (148) Es mangelt an einer unabhängigen Qualitätssicherung. Um hier gegenzusteuern, wurde 2004 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen gegründet.

Frank warnt vor einer Ideologisierung der Gesundheitspolitik. „Die Irrtümer werden als generationsübergreifende Ideologien weitergegeben.“ (176) „Neue Ansätze oder Kritik an etablierten Lehrmeinungen werden systematisch unterdrückt.“ (185) (Natur)wissenschaftliche Methoden haben nicht das Gewicht, welches sie haben sollten, statistische Methoden werden unsachgemäß angewandt.

Autor Frank beschäftigt sich auch mit Ernährungsfragen und ihrem Einfluss auf die Gesundheit. Das ist ein Thema, welches Zweifel weckt. Frank spielt den Einfluss der Ernährung auf die Gesundheit herunter. Der Mensch wird aber durch die Gene und durch die Umwelt geprägt. Den Einfluss der Ernährung auf Krankheiten herunterzuspielen halte ich aus evolutionsbiologischer Sicht nicht für plausibel.

Im Schlusskapitel erläutert Frank, wie er bei Untersuchungen vorgeht. Sein Hauptvorwurf richtet sich an die medizinischen Hochschulen, denen Selbstkritik fehlt und die Lehrmeinungen hervorbringen, die nicht dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechen. Er erläutert, welche Änderungen aus seiner Sicht erforderlich sind und wie sich Patienten im Hinblick auf beschriebene Missstände verhalten sollen. Das Buch ist ein „Plädoyer für mehr Vernunft in der Medizin“.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.08.2016
McKenna, Christina

Der übersehene Mann: Roman


gut

Suche nach Geborgenheit

Der (leicht lesbare) Roman besteht aus drei Erzählungen, die miteinander verwoben sind. Es sind dies die Geschichten von dem Farmer Jamie McCloone und der Lehrerin Lydia Devine sowie der Rückblick auf die prägende Kindheit von Jamie McCloone in einem katholischen Waisenheim. Verschneidungen zwischen den Protagonisten entwickeln sich, der Zufall spielt dabei eine (über)große Rolle. Das gibt dem Roman naive Züge.

Bei der Beschreibung des ländlichen Irlands wird deutlich, dass Autorin Christina McKenna dort aufgewachsen ist. Die Charakterstudien sind gelungen und bewirken, dass die Leser in die Romanwelt eintauchen können. Die Beschreibungen wirken authentisch. Der Roman ist facettenreich, er ist melancholisch, humorvoll und durch die Heimgeschichten auch sozialkritisch. Die Entwicklung am Ende kommt unerwartet.

Bewertung vom 28.08.2016
Skip Morrow

Das erste offizielle Katzenhasserbuch


sehr gut

Katzen - eine Fehlleistung der Natur

Wozu braucht man Katzen? „Schurwolle, frische Eier, rahmige Milch weigern sie sich zu liefern; diszipliniert an der Leine oder gar „bei Fuß“ spazierengehen, lehnen sie ab“. Selbst die Polizei verzichtet auf ihre Dienste. Hunde sind treu, Katzen berechnend, weiß der Volksmund.

Autor Skip Morrow lässt die Katze aus dem Sack und setzt sich mit dem Problem auseinander. Auf ca. 120 Seiten (Seitenangaben fehlen) visualisiert er, was man mit der Mieze anstellen kann bzw. wie man das Viech loswird. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Ein wertvoller Ratgeber für alle, die diese Plage beseitigen wollen.

Das Buch ist nicht für Katzenfreunde geeignet, die plagt nach einer solchen Lektüre der Katzenjammer. Freunde des schwarzen Humors werden dagegen ihre Freude haben. Das Buch ist schnell gelesen, wenngleich man bei einigen Skizzen genau hinschauen muss. Das Titelbild vermittelt einen ersten Eindruck von diesem (mittlerweile) Klassiker der Katzengeschichte.

Bewertung vom 27.08.2016
Benedict, Gerald

Der Fünf-Minuten-Philosoph


weniger gut

Ein bescheidener Überblick über philosophische Themen

Der Philosoph und Sozialpsychologe Erich Fromm bemerkte einst, dass der Mensch das einzige Tier sei, welches sich mit dem Problem der eigenen Existenz beschäftigen müsse. Hat das Leben einen Sinn? Und schon war die Philosophie geboren. Da die Vernunft die Frage zwar diskutieren, aber nicht beantworten kann, mussten die Religionen erfunden werden. Damit ist im Laufe der menschlichen Geschichte eine Vielfalt an Antworten entstanden. Je nach Sozialisierung, Umfeld, Neigungen und Überzeugungen sucht sich der Mensch seine eigenen Antworten. „Der Fünf-Minuten-Philosoph“ soll dabei behilflich sein.

Die Themen sind interdisziplinär und vielfältig. Gerald Benedicts Untersuchungsobjekte sind „Wissen“, „Ich“, „Kosmos“, „Menschheit“, „Spiritualität“, „Religion“, „Glauben“ und „Verhalten“. An diesen Begriffen wird deutlich, dass zur Analyse nicht nur Philosophie und Religionswissenschaften gefordert sind, sondern insbesondere wissenschaftliche Disziplinen wie Psychologie, Astronomie, Biologie, Soziologie und Anthropologie. Der Autor ist Religionswissenschaftler und promovierte in Philosophie und durch diese Brille betrachtet er auch die Themen. „Dieses Buch führt durch die Welt der Dichter, Denker und Weisheitslehrer“.

Ob es sinnvoll ist, auf 200 Seiten 80 verschiedene Themen anzureißen, ist eine andere Frage. Das hat zwangsläufig zur Folge, dass Begriffe nicht hinreichend definiert werden können und der Blick nicht sehr in die Tiefe gehen kann. Einen Vergleich mit z.B. „Schlüssel zur Philosophie“ von Franz Wuketits, auch ein Einsteigerbuch, hält „Der Fünf-Minuten-Philosoph“ nicht stand. Man merkt beim Lesen, dass Wuketits mehr von den Naturwissenschaften bzw. der Wissenschaftstheorie geprägt ist und Benedict mehr von den Religionswissenschaften. Wuketits ist präziser in seinen Ausführungen.

Bei einer Analyse des Wissens und seiner Grenzen (23) könnte man zur Abrundung auch einen Ausflug in die Evolutionäre Erkenntnistheorie (Gerhard Vollmer) oder in den Konstruktivismus (Paul Watzlawick) unternehmen. Formulierungen wie „Nach der Urknalltheorie entstand der Kosmos zu einem bestimmten Punkt in der Zeit ...“ (55) ist nicht richtig, wie der Autor später (57) selbst erkennt „Und dabei [Urknall] entstanden auch Raum und Zeit“. Das Thema „Freier Wille“ (80) greift zu kurz, wenn nicht die Experimente von Benjamin Libet angesprochen werden. Beim Abschnitt Religion hat mich gestört, dass der Autor keine Unterscheidung zwischen Fundamentalismus und Fanatismus vornimmt (130). Auch ist für mich nicht plausibel, dass Agnostizismus, wie Theismus und Atheismus, auf einem Glauben beruhen soll (142). Zum Thema Erleuchtung (150) fehlen zum besseren Verständnis Erfahrungsberichte, wie sie z.B. Richard M. Bucke in „Kosmisches Bewusstsein“ liefert.

Das Buch gibt zweifelsohne Anregungen. Es ist aber teilweise auch unscharf in seinen Ausführungen. M.E. ist es insbesondere für Leser gedacht, die sich mit den behandelten Themen bislang eher wenig beschäftigt haben. Anderen würde ich empfehlen, direkt auf weitergehende Literatur zuzugreifen.