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SimoneF

Bewertungen

Insgesamt 523 Bewertungen
Bewertung vom 10.07.2023
Seeburg, Uta

Wie isst man ein Mammut?


ausgezeichnet

Da ich die Autorin Uta Seeburg unabhängig vom Genre sehr schätze und insbesondere ihre Major Gryszinski-Krimis liebe, war ich sehr gespannt auf "Wie isst man ein Mammut". Mit der für Uta Seeburg typischen Sprachfreude und ihrem trockenen Humor nimmt das Buch den Leser und die Leserin in 50 abwechslungsreichen und unterhaltsamen Geschichten auf höchst vergnügliche Weise mit auf einen kulinarischen Streifzug durch die Geschichte der Menschheit  von 11000 v. Chr. bis ins Jahr 2021.

Als Leser*in sitzt man mit den Etruskern bei hefigst gewürzten Speisen zu Tisch, erlebt das Ritual gursha in Äthiopien, nimmt an einem mittelalterlichen Gelage teil und erfährt Erstaunliches, etwa über die Entwicklung der buttrigen Saucen im Frankreich des 17. Jahrhunderts, die einen Paradigmenwechsel in der westeuropäischen Esskultur einläutete. Ich habe nicht nur Neues über historische kulinarische Bräuche fremder Kulturen gelernt, sondern auch über frühere Essgewohnheiten im mitteleuropäischen Raum.

Das Buch bietet eine perfekte Mischung aus lockerer Unterhaltung und interessanten Informationen über unterschiedlichste historische Gerichte, Tischsitten und ihre Bedeutung für das soziale Gefüge der jeweiligen Gesellschaft. Ich hatte viel Freude an der Lektüre und könnte mir das Buch auch sehr gut als Geschenk vorstellen.

Bewertung vom 10.07.2023
Heppel, Uli;Fuchs, Sabine

Ist dir auch so heiß?


gut

"Ist dir auch so heiß" von Uli Heppel und Sabine Fuchs verspricht Überlebenstips für die Wechseljahre. Ich erhoffte einen humorvollen, augenzwinkernden Ratgeber, der fundierte, moderne und substanzielle Tips für den Umgang mit dem Klimakterium bietet. Diese Erwartungen wurden leider nicht erfüllt. Die Ratschläge in den einzelnen Kapiteln kommen nicht über ein sehr oberflächliches "Akzeptiere dich selbst, begreife die Veränderungen als Chance"-Niveau hinaus und werden durch viele ganzseitige Illustrationen und seichte Kalendersprüche ("Wenn ich beim Yoga die Kerze nicht schaffe, mache ich einfach ein Teelicht") ergänzt, so dass das Büchlein in gut zwei Stunden ausgelesen ist. Leider bedient das Buch meiner Meinung nach viele Klischees, nach denen wir Frauen angeblich Probleme haben, Nein zu sagen, uns viele Gedanken um unser Aussehen machen, gefallen möchten und gerne netzwerken. Ich finde mich hier tatsächlich nicht wieder. Evtl. hätte ich vorher den Blog "Fuck the Falten" der Autorinnen besuchen sollen, um mir ein Bild von ihrer Herangehensweise zu machen.

Wer lockere Sprüche und eher leichte Wohlfühl-Ratgeber mag, wird dieses Buch sicher gerne lesen. Praktische Ratschläge zu konkreten Problemen  sucht man jedoch vergeblich.

Bewertung vom 10.07.2023
Griffin, Martin

Zwei Fremde (eBook, ePUB)


gut

Ein Schneesturm in den schottischen Highlands, ein einsames Hotel, abgeschnitten von der Außenwelt, in der letzten Nacht vor dem Ende der Saison, und zwei mysteriöse Männer, die nachts nacheinander die Tür klopfen, als die Hotelangestellte Remie allein im Dienst ist. Beide geben sich als Polizisten aus, doch nur einer sagt die Wahrheit, der andere ist ein Mörder, der bei einem Gefangenentransport entflohen ist - doch wer ist wer?

Das Setting klang sehr vielversprechend und ich ging mit großer Vorfreude an die Lektüre. Das Buch begann spannend, ich fieberte mit der Protagonistin Remie mit, die mir zunächst sehr sympathisch war. Im Laufe des Buches erfährt man immer mehr über ihre privaten Hintergründe, und mein Bild von ihr wurde detaillierter, aber auch ambivalenter. Ab der Buchmitte fiel es mir zunehmend schwer, mit ihr mitzufühlen, da ich ihre Beweggründe teilweise unglaubwürdig fand und sie mir immer unsympathischer wurde. Einige Details der Handlung erschien mir unlogisch und sehr konstruiert, und je länger ich über das Buch nachdenke, desto mehr Ungereimtheiten entdecke ich.

Insgesamt ein spannender und unterhaltsamer Thriller, der aufgrund inhaltlicher Mängel leider hinter meinen Erwartungen zurückblieb.

Bewertung vom 02.07.2023
Berest, Anne

Die Postkarte (MP3-Download)


ausgezeichnet

Anne Berests Mutter erhält Anfang des Jahres 2003 eine Postkarte ohne Absender, darauf nur 4 Namen: Ephraim, Emma, Noemi, Jacques. Dabei handelt es sich um Annes jüdische Urgroßeltern und deren Kinder, die 1942 in Ausschwitz ermordet wurden. Anne vergisst die Karte zunächst, doch 10 Jahre später, als sie selbst ein Kind erwartet, erwacht ihr Interesse daran, und sie begibt sich auf Spurensuche, fragt ihre Mutter nach der Familiengeschichte. Diese hat in mühevoller Arbeit über Jahre in Archiven recherchiert, Briefe und Erinnerungsstücke zusammengetragen, so dass die Geschichte der Familie beeindruckend genau und detailliert erzählt werden kann. Zusammen mit ihrer Mutter macht sich Anne weitere Jahre später auf die Suche nach dem Absender der Karte und besucht den Wohnort ihrer Vorfahren, in der Hoffnung, dort weitere Antworten zu finden. Des weiteren thematisiert Anne Berest Antisemitismus im heutigen Frankreich und geht der Frage nach, was es bedeutet, heute als Jüdin in Frankreich zu leben.

Anne Berests Schilderungen sind sehr berührend und bewegend. Da Annes Vorfahren im heutigen Baltikum, in Russland, Polen, Palästina und Frankreich gelebt haben, liefert das Buch ein beeindruckendes Zeugnis jüdischen Lebens in Europa zwischen 1920 und heute. Ich habe zudem viel über die Verfolgung der Juden während des Vichy-Regimes erfahren.

Das Hörbuch wurde von Simone Kabst eingelesen. Ihre tiefe, ruhige Stimme empfand ich als sehr angenehm.

Ein wirklich bemerkenswertes und sehr empfehlenswertes (Hör-)buch.

Bewertung vom 02.07.2023
Ravey, Yves

Taormina


gut

Da der Klappentext sehr vielversprechend klang und die Literaturkritiken sehr positiv ausfielen, war ich sehr gespannt auf "Taormina" von Yves Ravey.

In der Ehe von Louisa und Melvil Hammet kriselt es, ein romantischer Sizilienurlaub soll die Risse kitten. Doch die Reise steht unter keinem guten Stern. Direkt nach der Ankunft stürmt und regnet es, Melvil verfährt sich nachts mit dem Mietwagen auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel, und plötzlich spüren sie einen heftigen Schlag gegen den Wagen. Sie halten an, steigen aber nicht aus, und verlassen so schnell wie möglich den Unfallort. Es wird schon nichts passiert sein, vielleicht ein Tier, nur weg. Doch am nächsten Tag lesen sie in der Zeitung, dass ein Migrantenkind am fraglichen Ort tot am Straßenrand gefunden wurde. Sie suchen Ausflüchte, um sich nicht ihrer Verantwortung stellen zu müssen, Schuld haben andere, jedenfalls nicht sie, eine Werkstatt soll den Schaden gegen Cash reparieren, niemand von ihrem Unfall erfahren. Doch nun wittern andere die Chance auf schnell verdientes Geld, und die Hammets geraten in einen Strudel aus Erpressung und zwielichtigen Geschäften.

Die Geschichte hat mich zunächst sehr angesprochen, die Figuren sind scharf gezeichnet, Melville als ein verantwortungsloses Weichei, das Louisa vergöttert, und die Schuld für eigenes Versagen stets bei andern sucht, sowohl im Hinblick auf seine Arbeitslosigkeit, als auch in Bezug auf den Unfall. Louisa ist eine gutaussehende, beruflich erfolgreiche, aber noch immer von Papa verwöhnte Frau, die gewohnt ist, ihren Willen zu bekommen. Die Paardynamik ist sehr gut beschrieben, auch das Verhalten der beiden nach dem Unfall, die Ausflüchte, Schuldzuweisungen, Diskussionen der beiden. Leider flacht das Buch in den letzten Kapiteln deutlich ab. Plötzlich versteht Melvil, der zwei italienische Polizisten belauscht, jedes Wort ihrer Unterhaltung, obwohl er kein Italienisch spricht. Der Kellner und zwei Streifenpolizisten geraten zu einer Karikatur italienischer Korruption. Enttäuscht lässt mich dann das doch sehr abrupte Ende zurück. Ich habe nichts gegen einen offenen Schluss, aber dieses Buch endet gefühlt mitten in der Geschichte.

Insgesamt eine zunächst starke Geschichte mit viel Potenzial, dicht und erzählerisch stark, deren plötzliches Ende mich ernüchtert zurückließ.

Bewertung vom 29.06.2023
Lindqvist, John Ajvide

Refugium / Stormland Bd.1


ausgezeichnet

Mit "Refugium" startet John Ajvide Lindqvist den Auftakt zu seiner Stormland-Trilogie.

Dieser hat mich durch seinen klaren Schreibstil und die interessanten und vielschichtigen Protagonisten richtig begeistert. Neben einem großen Spannungsbogen und den für Schwedenkrimis typischen düsteren und auch brutalen Elementen bietet er auch einiges an Action. Aufgelockert wird die Atmosphäre immer wieder durch latent humorvolle Szenen, die einen guten Gegenpart zur teils harten Story bieten.

Insbesondere der Computer-Hacker Kim Ribbing, dessen Parallelen zu Lisbeth Salander unübersehbar sind, ist eine starke Figur, die den Roman trägt. Doch auch mit der Ex-Polizistin und Autorin Julia und dem Ermittler Johnny, der gleichzeitig Julias Exmann ist, hat Lindqvist spannende Figuren geschaffen, die Lust auf eine Fortsetzung machen. Der Roman hat mich bis zum Schluss gefesselt und wartete immer wieder mit Überraschungen auf. Auch wenn es zwei weitere Bände geben wird, ist der Thriller in sich abgeschlossen, und alle wichtigen Fragen werden beantwortet.

Freunde der Millennium-Trilogie können sich auf viele Anspielungen freuen. Ich kann das Buch in jedem Fall weiterempfehlen und freue mich schon auf den nächsten Teil.

Bewertung vom 25.06.2023
Hiiragi, Sanaka

Die Erinnerungsfotografen


ausgezeichnet

Da ich mich seit über 30 Jahren für Fotografie begeistere und mich der Klappentext sehr angesprochen hat, wollte ich "Die Erinnerungsfotografen" unbedingt lesen. Vom ersten Moment an hat mich die Geschichte um
den geheimnisvollen Hirasaka, der in seinem Fotoatelier der Erinnerungen als Wegbegleiter ins Jenseits fungiert, verzaubert.

Der typisch japanische, leise, leichte und präzise Schreibstil, dem es gelingt, mit wenigen Worten eindrückliche und lebendige Bilder zu schaffen, gefiel mir auf Anhieb. Hirasaka "Kunden" könnten unterschiedlicher kaum sein, und es ist berührend, sie auf ihrem Weg durch die Erinnerung zu begleiten und zu beobachten. Unweigerlich fragt man sich, welche Bilder Hirasaka einem selbst wohl vorlegen würde. Ich möchte hier nichts weiter zum Inhalt verraten, doch die Geschichte ist wunderbar rund erzählt mit einem Schluss, der einem das Herz öffnet.

Nach der Lektüre wünscht man sich beinahe, am Ende des Lebens selbst Hirasaka zu begegnen, einen besonderen Moment festhalten zu dürfen und mit der Drehlaterne aus Bildern des eigenen Lebens die letzte Reise anzutreten.

Fazit: Ein anrührendes, leises und melancholisches Buch, das sehr zum Nachdenken angeregt und ein warmes Gefühl hinterlässt.

Bewertung vom 25.06.2023
Hanke, Kathrin; Plähn, Dirk

Mein Leben als Tatortreiniger (eBook, PDF)


gut

​In "Mein Leben als Tatortreiniger" erzählt Dirk Plähn aus seinem Berufsalltag, unterstützt von der Ghostwriterin Kathrin Hanke. Er schildert, wie er zu diesem Beruf kam, und nimmt den Leser in 18 wahren Geschichten mit an seinen Arbeitsplatz. Ob Entrümpelung eines Messiehaushalts oder fachgerechte Reinigung und Desinfektion von Wohnungen, in denen ein Leichnam oft über Wochen unentdeckt lag, inklusive Ausbau und Entsorgung kontaminierten Materials - schnell wird klar, dass Tatortreiniger ein psychisch und physisch äußerst herausfordernder Beruf ist. Manches war mir vor der Lektüre dieses Buches so nicht bewusst, insbesondere, wie weitreichend die Folgen eines längere Zeit unentdeckt gebliebenen Todesfalls sogar für die Bausubstanz der Wohnung sind. 


Leider ähneln sich die einzelnen Geschichten doch sehr, und Plähn wiederholt sich häufig. Seine Schilderungen bleiben sehr an der Oberfläche, und ich hätte gerne noch tiefergehende, fundierte Details aus seiner Arbeit erfahren, und dafür auf einige abschweifende Passagen verzichtet. Wirklich gestört hat mich der äußerst einfache Schreibstil und die flapsige Ausdrucksweise, die ich als sehr unangebracht empfand. Hier hätte ich doch etwas mehr Niveau erwartet, insbesondere, da eine Ghostwriterin am Buch beteiligt war.

Insgesamt bleibt das Buch leider deutlich hinter meinen Erwartungen zurück, sowohl was den Informationsgehalt als auch Sprache und Stil anbelangt. 

Bewertung vom 21.06.2023
Heintze, Birgit von

Die Uckermark ist ausverkauft


sehr gut

Rosa und Richard leben in Berlin und träumen von einer Wochenendoase in der Uckermark. Nach jahrelanger Suche finden die beiden ein bezahlbares, jedoch stark sanierungsbedürftiges Objekt in traumhafter Lage, und sie greifen zu. Nun beginnt ein nervenaufreibendes Abenteuer, das unliebsame Überraschungen mit Handwerkern, Schädlingen, Behörden und explodierenden Kosten bereithält.

Aus eigener Bauerfahrung heraus hatte ich Lust,  Rosas und Richards Geschichte zu lesen. Einige Erlebnisse kamen mir sehr bekannt vor, die meisten blieben mir in der Realität glücklicherweise erspart. Ich fühlte mit Rosa und Richard mit, wunderte mich aber auch des öfteren, wie blauäugig die beiden an ihr Vorhaben herangingen. Einen Altbau zu kaufen, ohne vor Vertragsabschluss einen Sachverständigen hinzuziehen und Gutachten über etwaige Mängel und Bauschadstoffe erstellen zu lassen, ist mir völlig unverständlich. Rosas Faible für exquisite Innenausstattung blieb mir fremd, und dass sie sich mehr Gedanken über Design und Vintagestyle machte, als über fehlendes Trinkwasser, ließ sie mir stellenweise unsympathisch werden. Richards zum Teil machohafte Züge hätten mich an Rosas Stelle sehr verärgert, und es war bewundernswert, wie sie das Baustellenmanagement quasi im Alleingang stemmte.

Sehr gut gefielen mir die Schilderungen von Land und Leuten, so dass ich mir die Atmosphäre im Ort sehr gut vorstellen konnte. Insgesamt hat mich der Roman sehr gut unterhalten, und für zukünftige "Häuslesanierer" ist er sicher lehrreich, um den ein oder anderen Fehler zu vermeiden. Eine kurzweilige, durchaus realitätsnahe Geschichte, die sich wunderbar für laue Sommerabende eignet.

Bewertung vom 21.06.2023
Herzog, Anna

Erdmittelpunkt: Betreten auf eigene Gefahr! / Im Bann der Elemente Bd. 1


gut

​Da das Cover richtig abenteuelustig aussah und die Leseprobe sehr vielversprechend klang, waren wir sehr gespannt auf das Buch. Das Cover sticht durch die Glitzerffekte sofort ins Auge und gefiel meinem Sohn auf Anhieb.


Der Schreibstil ist sehr flott und treibt die Geschichte voran, ohne Ausschmückungen oder detaillierte Beschreibungen. Die Protagonist*innen geraten von einem Abenteuer ins nächste. Das hält die Spannung hoch, führt aber dazu, dass sich einige kausale Zusammenhänge nicht erschließen und die Logik etwas auf der Strecke bleibt.

Die Sprache ist betont jugendlich und eher flapsig gehalten, was manchmal fast zu viel ist. Einige der Fabelwesen, wie der Wurzelknorr oder die Irrlichter, haben Sprachfehler, so dass die Dialoge sehr mühsam zu lesen sind. Mal wird das z durch sch ersetzt, mal das sch durch f, oder das s durch ein w oder ein z. Zu Vorlesen ist das Buch daher ziemlich anstrengend, und vermutlich verliert das ein oder andere Kind die Lust, es selbst zu lesen, da diese Sprachfehler das Lesen und das Verständnis deutlich erschweren. Gerade für Kinder mit einer Lese- oder Rechtschreibschwäche sehe ich diese
geballt auftretenden fehlerhaften Schreibweisen auch sehr kritisch, da sich so Fehler leicht einprägen können, insbesondere, wenn die Phonetik ähnlich ist (Prins statt Prinz).

Insgesamt ein spannendes, unterhaltsames Kinderbuch mit vielen skurrilen, witzigen und abenteuerlichen Einfällen, bei dem mir allerdings der logische Überbau und der große Zusammenhang zu kurz kam. Vieles wird nur aneinandergereiht, und ich habe den Eindruck, dass hier Potenzial verschenkt wurde. Für den 2. Band ist noch deutlich Luft nach oben.