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SimoneF

Bewertungen

Insgesamt 553 Bewertungen
Bewertung vom 17.08.2023
Wickham, Chris

Das Mittelalter


sehr gut

Da ich gelegentlich gerne historische Sachbücher lese, wenn auch vor allem über die Antike, war ich sehr gespannt auf Chris Wickhams Werk "Das Mittelalter".

Anders als die meisten Autoren erzählt Chris Wickham die Geschichte des Mittelalters nicht chronologisch linear, sondern anhand von zentralen "Momenten des Wandels", die wichtige Wendepunkte darstellen. Dieser Ansatz klang äußerst vielversprechend, und tatsächlich lieferte er mir völlig neue Sichtweisen und Einblicke, und ermöglichte mir, Zusammenhänge zu erkennen, die mir bisher so nicht bewusst waren.

Dieser Erkenntnisgewinn ist allerdings stellenweise hart erarbeitet, da das Buch doch recht trocken geschrieben ist, und durchgehend aus Fließtext besteht, der nicht durch Diagramme oder Schaubilder aufgelockert wird. Als Nachschlagewerk eignet sich das Buch nicht. Da die Kapitel häufig gegenseitig auf einander verweisen, muss das Buch zumindest beim ersten Mal komplett von Anfang bis Ende gelesen werden, ein "Herauspicken" eines einzelnen Kapitels, das einen gerade besonders interessiert, ist schwierig. Als etwas gewöhnungsbedürftig empfand ich die ständige Verwendung des Wortes "wir" ("Wenn wir uns diesen Fragen stellen,...", "Wie wir gesehen haben"), die für mich nicht recht zu dem trockenen Schreibstil passte, aber im englischen Eprachraum weit verbreitet ist.

Insgesamt hat Wickham ein wirklich neuartiges und sehr anspruchsvolles Werk über das Mittelalter geschaffen, das sich meiner Meinung nach jedoch vor allem für Leser*innen eignet, die bereits einiges an Vorwissen über die Epoche mitbringen.

Bewertung vom 15.08.2023
Messenger, Shannon

Der Aufbruch / Keeper of the Lost Cities Bd.1


sehr gut

Da ich bis auf ganz wenige Ausnahmen keine Fantasy-Bücher lese und aus dem Jugendalter schon eine Weile raus bin, kannte ich bisher noch keinen Band der Keeper-of-the-Lost-Cities-Reihe.  Mein Sohn ist jedoch ein riesengroßer Fan davon, und so wollte ich es nun auch wissen und habe mich an Band 1 gewagt.

Sophie ist 12 Jahre alt, hochintelligent und bereits in der 12. Klasse der Highschool. Sie fühlt, dass sie anders ist als Gleichaltrige und gilt als Aussenseiterin. Zudem kann sie die Gedanken der Menschen um sich herum hören. Eines Tages begegnet sie Fitz, der ihr offenbart, dass sie kein Mensch ist, sondern eine Elfe, und der sie davon überzeugt, ihre menschliche Familie zu verlassen und mit ins Elfenreich zu kommen. Dort wird sie auf Probe an der Foxfire-Akademie angenommen und muss sich in der Elfenwelt zurechtfinden, die ganz anderen Regeln folgt als die ihr vertraute Menschenwelt.

An der ein oder anderen Stelle kam mir manches so ode so ähnlich bekannt vor, etwa aus Harry Potter, doch hat Shannon Messenger eine Vielzahl eigener kreativer Ideen mit eingebracht, so dass die ein oder andere Parallele nicht störend ist. Besonders gut gefällt uns, vor allem meinem Sohn, dass hier in der magischen Welt Dinosaurier leben.

Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig zu lesen, und auch humorvolle Szenen kommen nicht zu kurz. Man spürt an einigen Stellen allerdings stilistisch, dass es sich um eine amerikanische Autorin handelt, was mir persönlich nicht so liegt. Jugendliche Leser*innen werden sich daran eher nicht stören.

Passend zur jugendlichen Zielgruppe klingen auch typische Teenager-Themen an wie erste Verliebtheiten und Schulalltag.

Der erste Band endet zwar nicht mit einem Cliffhanger, lässt jedoch viele Fragen offen, so dass ich nun unbedingt wissen möchte, wie es mit Sophie weitergeht, und mir nun wohl als nächstes Band 2 von meinem Sohn stibitzen werde....

Ein gelungener Auftakt in eine interessante Fantasy-Reihe für Jugendliche ab 10-11 Jahren und fantasybegeisterte Erwachsene, die inzwischen bereits 8,5 Bände umfasst und Ende August mit Band 9 fortgesetzt wird.

Bewertung vom 15.08.2023
Engelmann, Justina

Mein großer Kosmos Weltraumatlas


ausgezeichnet

"Mein großer KOSMOS Weltatlas" von Justina Engelmann ist ein wirklich tolles Buch, das unsere ganze Familie begeistert hat. Es glänzt mit 126 prall gefüllte Seiten voller Wissen über das Weltall, das in die Kapitel "Sonne und Planetensystem", "Sterne und Milchstraße", "Galaxien und Weltall" und "Beobachten und Erkunden" gegliedert ist. Jedes Kapitel besteht seinerseits aus mehreren Themen, die jeweils auf einer Doppelseite behandelt werden. Textabschnitte mit kindgerecht aufbereiteten Informationen sind übersichtlich angeordnet und werden durch eine Vielzahl aufwändiger Illustrationen optimal ergänzt.

Unser Sohn ist 9 Jahre alt, und für ihn ist das Buch optimal. Er wird sicherlich noch länger Freude daran haben und das Buch auch für Referate oder ähnliches in der Schule nutzen können. Einziger Kritikpunkt ist für mich, dass das Produkt in China gedruckt wurde, da wir sehr auf kurze Wege und europäische Produktion achten.

Fazit: Ein sehr informativer, sehr schön gestalteter Weltraumatlas für Kinder ab der 3. Klasse, den wir rundum weiterempfehlen können.

Bewertung vom 15.08.2023
Beckmann, Reinhold

Aenne und ihre Brüder


ausgezeichnet

​In "Aenne und ihre Brüder" zeichnet Reinhold Beckmann die Lebensgeschichte seiner Mutter Aenne und ihrer vier im zweiten Weltkrieg gefallenen Brüder zwischen 1921 und 1946 nach. 


Das Buch basiert auf Gesprächen mit seiner Mutter, Feldpostbriefen und umfangreichen Recherchen in alten Chroniken und weiterführender Literatur. Beckmann ordnet die Familiengeschichte in den historischen politischen und gesellschaftlichen Kontext ein. Aenne wächst mit ihren Brüdern strenggläubig im erzkatholischen Wellingholzhausen in der Nähe von Osnabrück auf. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges werden ihre Brüder Alfons und Franz eingezogen, Hans ist bereits zuvor freiwillig in die Wehrmacht eingetreten. Kurz vor Kriegsende erhält auch der 17-jährige Willi seinen Einberufungsbescheid. Anhand der Feldpostbriefe und alter Regimentsbücher und Feldchroniken zeichnet Beckmann die Truppenbewegungen der Einheiten seiner Onkel während des gesamten Krieges nach und macht sich hierbei auch darüber Gedanken, was sie von Gräueltaten, die im nahen Umfeld passiert sind, mitbekommen haben müssen. Da die Quellenlage dünn ist und die teils in den 70er Jahren verfassten Feldchroniken "in der "soldatischen Tradition" verhaftet" sind, wie Beckmann schreibt, und damit meilenweit entfernt von kritischer Reflexion, kann hier nur spekuliert werden. 


Man spürt, dass Reinhold Beckmann sehr darum bemüht ist, ein möglichst genaues Bild von den Gefühlen, Gedanken und Wesenszügen seiner Onkel zu erhalten. Dies gelingt vor allem bei Franz, dem Ältesten, der als einziger trotz Zensur der Feldpost bemerkenswert offen über seine Gefühle, die Hoffnungslosigkeit und die Grausamkeit des Krieges schreibt. Franz wuchs mir während des Lesens sehr ans Herz, da aus seinen Briefen deutlich wird, wie sehr er den Krieg verabscheut und sich nichts sehnlicher wünscht als endlich nach Hause zurückzukehren, eine Familie zu gründen und in Frieden zu leben. Seine Schreibweise zeigt, dass er ein warmherziger, sensibler junger Mann gewesen sein muss, der sich auch im Feld um seine Brüder und die Familie daheim sorgte, und der auch durch die sechs Jahre als Soldat innerlich nicht abstumpfte oder verrohte. Bei Alfons zeigen die Briefe ebenfalls, dass der Krieg bei dem ehemals lustigen und unbekümmerten Jungen tiefe Spuren hinterließ. Da von Willi, dem Jüngsten, keine Feldpost existiert, bleibt seine Geschichte besonders vage. Bei Hans hätte ich mir gewünscht, dass sein Entschluss, freiwillig in die Wehrmacht einzutreten, noch näher beleuchtet worden wäre. Grund war angeblich vor allem die finanziell sichere Anstellung und sozialer Aufstieg. Dennoch frage ich mich hier, wie es um seine politische Gesinnung bestellt war, auch wenn er kein NSDAP-Mitglied war. Spätestens seit der Reichspogromnacht müssten ihm, der bereits Jahre zuvor die Provinz verlassen hatte und bei Leipzig lebte, doch Zweifel gekommen sein. 


Auch die Lebensumstände und die Entwicklung der politischen Stimmung in Wellingholzhausen werden thematisiert, ebenso wie die unrühmliche Rolle der katholischen Kirche zur Zeit des Nationalsozialismus. 


Reinhold Beckmann gibt sich viel Mühe, möglichst ausgewogen und differenziert zu schreiben, was aufgrund der persönlichen Beziehungen, der schwierigen Thematik und der subjektiven Erinnerungen von Aenne und weiteren Zeitzeugen sicherlich nicht einfach ist. In Anbetracht dieser Umstände gelingt ihm das sehr gut. 


Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch, das das unmenschliche und sinnlose Leid, das Kriege über alle Beteiligten auf allen Seiten bringen, deutlich macht, und uns zeigt, wie kostbar der Frieden ist. Gerade jetzt, wo dieser Frieden in Europa gefährdeter ist als je zuvor seit Ende des Zweiten Weltkrieges, eine immens wichtige Botschaft. 

Bewertung vom 12.08.2023
Kuhlmann, Stefan

Herr Winter taut auf


ausgezeichnet

​Der Klappentext machte mich sehr neugierig auf "Herr Winter taut auf", und ich erwartete eine eher leichte und lustige Geschichte. Ich war daher etwas überrascht, dass Tod und Trauer viel Raum einnehmen und ein ernster und melancholischer Ton mitschwingt. Doch Stefan Kuhlmann gelingt es wunderbar, die Balance zwischen ernsten Themen und humorvollen Passagen mit viel Wortwitz und Situationskomik zu halten. Das Buch hat mich tatsächlich immer wieder an "Ein Mann namens Ove" erinnert. Sehr einfühlsam schildert er Robert Winters Gefühlswelt und seine Schwierigkeiten, sich als grummeliger und spitzzüngiger Einzelgänger seiner Umwelt zu öffnen. Soziale Kontakte waren noch nie seine Spezialität, der kommunikative Part in seiner Beziehung war seine Frau Sophia, die als AVON-Beraterin arbeitete und Geselligkeit schätzte. Nach ihrem plötzlichen Tod entscheidet er sich nach einigem Ringen dazu, ihre Tätigkeit bis Jahresende fortzuführen, um ihr den Traum, "AVON-Beraterin des Jahres" zu werden, posthum zu erfüllen. Als frisch pensionierter Steuerprüfer hatte er mit Kosmetika bisher so gar nichts am Hut, und mit seiner direkten Art eckt er zunächst allerorten an. Glücklicherweise steht ihm mit Lilly eine ehemalige Kundin seiner Frau freundschaftlich zur Seite. Indem Robert Winter durch seine Kosmetikberatungen schrittweise lernt, auf andere Menschen zuzugehen, gelingt es ihm auch langsam, sich seiner Tochter Miriam und seinem Enkel Jonas zuzuwenden. Die Beziehung zu Miriam ist seit Jahren angespannt, und tatsächlich empfand ich Miriams Verhalten gegenüber ihrem Vater als übertrieben hart und abweisend. Robert Winters Entwicklung ist sehr glaubhaft beschrieben, und auch Rückfälle in alte Verhaltensmuster bleiben nicht aus. An der ein oder anderen Stelle war die Geschichte etwas langatmig, und die eingebaute Transgender-Thematik empfand ich als etwas gezwungen.

Besonders gut gefiel mir, dass der Roman bis zum Schluß authentisch bleibt und auf Liebesgeschichten oder kitschige Elemente verzichtet. Ich habe das Buch sehr genossen, und kann es in jedem Fall weiterempfehlen.

Bewertung vom 12.08.2023
Funke, Cornelia

Tintenblut / Tintenwelt Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

​Nachdem ich Tintenherz begeistert verschlungen hatte, war ich nun sehr gespannt auf die Fortsetzung Tintenblut.


Meggie und ihre Familie leben nach den aufregenden Abenteuern im ersten Band zusammen mit Darius bei Tante Elinor. Meggie ist noch immer fasziniert von der Tintenwelt und den Erzählungen ihrer Mutter, sehr zur Beunruhigung ihres Vaters Mo. Eines Tages sucht Farid Meggie auf und berichtet ihr, dass Staubfinger es geschafft hat, sich in die Tintenwelt zurücklesen zu lassen. Farid blieb gegen seinen Willen hier zurück. Er bittet Meggie, ihn in die Tintenwelt zu lesen, um Staubfinger vor einem Hinterhalt zu warnen. Da Meggies Sehnsucht nach  dieser magischen Welt so groß ist, begleitet sie ihn, auch wenn sie weiß, dass sie ihren Eltern damit das Herz bricht. Diese folgen Meggie voller Sorge auch bald nach, und so beginnt für alle ein aufregendes Abenteuer in der Tintenwelt.

Während der erste Band in der Realität spielte und Figuren aus der Buchwelt herausgelesen wurden, ist es hier umgekehrt. Die Handlung findet vor allem in der Tintenwelt statt, in die sich die Figuren hineinlesen. Wir lernen nun endlich die sagenumwobene und mittelalterlich anmutende Welt mit ihren magischen Wesen, Geheimnissen und Gefahren näher kennen.

In der Tintenwelt geht es ziemlich rau zu, und so ganz kann ich Meggies Sehnsucht danach nicht verstehen. Wir begegnen hier auch Fenoglio wieder, der noch deutlich arroganter und eingebildeter wirkt als bereits im ersten Teil. Auch in Tintenblut sind die meisten Charaktere gut oder böse, hier hätte ich mir etwas mehr Ambivalenz gewünscht. Wie bereits im ersten Band ist Staubfinger meine Lieblingsfigur, die mir richtig ans Herz geht. Die Geschichte und Cornelia Funkes lebendiger Schreibstil haben mich richtig in ihren Bann gezogen, und ich konnte kaum aufhören zu lesen, so dass ich binnen zwei Tagen durch das Buch flog. Ursprünglich hatte ich angedacht, das Buch nach Tintenherz mit meinem Sohn (9) gemeinsam zu lesen, doch für Tintenblut ist er eindeutig noch zu jung. Im Gegensatz zum 1. Band geht es hier deutlich gewalttätiger zu, und ich würde Tintenblut Leser*innen erst ab ca. 13 Jahren empfehlen.

Mich hat Tintenblut ebenso begeistert wie Tintenherz, und nun bin ich sehr gespannt, wie sich in Tintentod alles weiterentwickelt. Und im Oktober freue ich mich jetzt schon auf den brandneuen Band "Die Farbe der Rache".

Bewertung vom 08.08.2023
Blase, Tina

Insel der wandernden Flüche - Skys Gabe


ausgezeichnet

​Normalerweise gehe ich nicht auf das Cover ein, hier möchte ich jedoch ein paar Worte dazu sagen, weil es wirklich ein echter Hingucker ist. Nicht nur die Vorderseite ist farblich sehr schön gestaltet, auch der Farbschnitt sieht richtig toll aus!


Nachdem Sky Lamar ihrer Mutter, die als Hotelmanagerin häufig ihre Jobs wechselt, durch die Welt gefolgt ist, sehnt sie sich nach Beständigkeit und einem Ort, an den sie zuhause ist. Sie fährt daher zu ihrem Großvater auf die schottische Insel Sidh. Dort stößt sie auf Widerstände und Geheimnisse, die mit der Vergangenheit der Familien Lamar und McLeod zu tun haben. Es geschehen merkwürdige Dinge, die auf geheimnisvolle Weise mit ihr zu tun haben.

Das Mädchen Sky mochte ich auf Anhieb. Sky ist eine sympathische, intelligente und mutige Jugendliche, die weiß, was sie möchte, und auch nicht auf den Mund gefallen ist. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, gibt sie nicht so schnell auf. Die mystische Atmosphäre des Buches passt hervorragend zu der kleinen, rauen schottischen Insel Sidh. Das Buch ist lebendig und flott geschrieben und liest sich sehr flüssig. Die Geschichte hat mich so gepackt, dass ich das Buch in einem Rutsch gelesen habe. Mit 272 Seiten ist es, verglichen mit anderen Fantasy-Reihen, nicht allzu umfangreich. Ich bin nun schon sehr gespannt auf die Fortsetzung, und freue mich auf Skys weitere Abenteuer. 

Bewertung vom 06.08.2023
Wolf, Klaus-Peter

Das Versprechen / Ein mörderisches Paar Bd.1


schlecht

​Nachdem mich Ostfriesengier nicht überzeugen konnte, wollte ich Klaus-Peter Wolf noch eine Chance geben und habe "Ein mörderisches Paar" gelesen. Leider war das komplett verschwendete Lebenszeit, da genau wie bei Ostfriesengier völlig kopflos und realitätsfern ermittelt wird. Dass Krimis nicht die Wirklichkeit abbilden, ist klar, aber eine derart hanebüchene Handlung ist mir bisher noch nie untergekommen. Die Charaktere sind unsympathisch, unglaubwürdig und völlig überzogen. Tiefsinniger Humor geht ebenfalls anders, das ist bestenfalls Klamauk. Das Buch wirkt uninspiriert und routiniert runtergeschrieben ohne irgendwelche Raffinessen, was angesichts der hohen Frequenz an Neuerscheinungen des Autors nicht verwundert. Ich kann den Hype um die Bücher von Klaus-Peter Wolf in keinster Weise nachvollziehen. Ab der Hälfte hatte ich genug und habe den Rest nur noch quergelesen. Ich werde zukünftig sicher kein Buch dieses Autors mehr lesen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.08.2023
Lodge, Gytha

Bis ihr sie findet / DCI Jonah Sheens Bd.1


ausgezeichnet

"Bis ihr sie findet" von Gytha Lodge ist der erste Band des Krimireihe um Detective Chief Inspector Jonah Sheens aus Southampton, bei dem es um einen 30 Jahre alten Vermisstenfall aus dem Jahr 1983 geht (das Buch spielt also in den 2010er Jahren).

Sommer 1983: Die 14-jährige Aurora geht mit ihrer ein Jahr älteren Schwester Topaz und deren Clique aus zwei weiteren Mädchen und drei Jungs in den Sommerferien im Wald an einem Fluss zelten. Aurora fühlt sich als Aussenseiterin, sie hat auch als einzige kein Interesse an Alkohol und Drogen. Nachts legt sie sich etwas abseits schlafen, und morgens ist sie wie vom Erdboden verschwunden, sämtliche Suchaktionen bleiben erfolglos. 30 Jahre später findet ein Mädchen zufällig im Wald menschliche Überreste, und die Forensik bringt Gewissheit: Es ist Aurora. DCI Sheens, vor 30 Jahren bereits als junger Constable an der Suche beteiligt, und sein Team rollen den Fall neu auf. Wurde Aurora ermordet? Falls ja, hat eine*r der Jugendlichen die Tat begangen? Oder gibt es weitere Verdächtige, die damals übersehen wurden?

Das Ermittlungsteam um den intelligenten und überlegt handelnden DCI Sheens besteht aus sehr unterschiedlichen und interessanten Charakteren. Da ist die junge DC Juliette Hanson, die mit großem Engagement und guter Intuition dabei ist. DS Ben Lightman ist nüchtern, strukturiert und akribisch und hat ein hervorragendes Gedächtnis. DS Domnall O'Malley ist chaotischer, hat jedoch eine schnelle Auffassungs- und Kombinationsgabe und kann gut mit Menschen umgehen. Jede Figur hat ihre Ecken und Kanten, auch ihre Geheimnisse, die möglicherweise in den weiteren Bänden noch eine Rolle spielen könnten, aber keine wirkt unangenehm oder extrem angelegt. Diese glaubhafte Figurenzeichnung gefällt mir sehr gut, und auch, dass die Ermittler untereinander gut und effektiv zusammenarbeiten.

Die Autorin wechselt in der Zeitebene zwischen den aktuellen Ermittlungen und der verhängnisvollen Nacht im Jahr 1983, wobei die Ermittlungen den deutlich größeren Anteil ausmachen. Die einzelnen Mitglieder der alten Clique werden wieder vernommen, und auch weitere Spuren werden verfolgt. Es ist interessant zu lesen, wie sich die damaligen Jugendlichen seither verändert haben. Ich habe bis zum Schluß mitgerätselt, was denn nun damals genau geschehen war. Besonders gut gefiel mir, dass der Kriminalfall unaufgeregt, aber abwechslungsreich und fesselnd erzählt wird. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass die ein oder andere Wendung gegen Ende auf mich etwas konstruiert wirkt.

Insgesamt jedoch ein sehr vielversprechender und spannender Auftakt für die Krimireihe um DCI Jonah Sheens, den ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann.

Bewertung vom 02.08.2023
Schröder, Alena

Bei euch ist es immer so unheimlich still


ausgezeichnet

In "Bei euch ist es immer so unheimlich still" erzählt Alena Schröder auf zwei Zeitebenen die Geschichte zweier Frauen: Da ist zum einen Evelyn, eine nach Kriegsende in ein schwäbisches Dorf zugezogene Frau, eine perfektionistische Ärztin, unzufriedene Mutter und nie richtig angekommen im Dorf. Wir erleben ihre Geschichte in den 1950er/60er Jahren. Zum anderen geht es um Sylvia, ihre Tochter, die im Sommer 1989 in Westberlin in der Hausbesetzerszene lebt, und die gerade selbst Mutter von Hannah geworden ist. Diese Mutterschaft und ihre Unzufriedenheit mit ihrer Situation in Berlin bewegen sie dazu, zu Evelyn und in den Ort ihrer Kindheit zu fahren, aus dem sie vor über 18 Jahren mit knapp 16 überstürzt geflohen war und zu dem sie alle Kontakte abgebrochen hatte.

Ich konnte vom ersten Moment an richtig in die Geschichte abtauchen. Die Atmosphäre im Jahr 1989 kenne ich noch aus meiner eigenen Kindheit, und Alena Schröder hat die damalige Zeit wunderbar eingefangen. An vielen Stellen musste ich auch sehr schmunzeln, wenn mir Lieder, Gegenstände oder Werbung bekannt vorkam (Kassettenmitschnitte im Radio, Stu-Stu-Stu-Studio-Line-Werbung). Das Buch ist aber alles andere als eine nostalgische oberflächliche Erinnerung an vergangene Zeiten, sondern erzählt tiefgründig und einfühlsam Sylvias und Evelyns Geschichte. Je besser man beide Frauen im Buch kennenlernt, umso besser versteht man ihr Verhalten und ihre Charakterzüge, und viele Gedanken und Selbstzweifel kommen einem als Mutter selbst bekannt vor. Sylvias Heimatbesuch zwingt beide Frauen, sich schrittweise der Vergangenheit und lange Verdrängtem zu stellen. Hierbei nähern sie sich nicht nur langsam einander an, sondern sie lernen auch einiges über sich selbst, entwickeln sich weiter und finden die Kraft, Ballast abzuwerfen und ihrem Leben eine neue Wendung zu geben.

Einziger Kritikpunkt: Das ein oder andere Schwabenklischee war mir als bayerische Schwäbin zu dick aufgetragen, da meinte ich doch die etwas herablassende Sicht einer Berlinerin zu erkennen.

Ich habe dieses Buch regelrecht verschlungen und bin wirklich begeistert vom Schreibstil und der Geschichte. Ich möchte nun auf jeden Fall auch das Buch "Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlichen, blaues Kleid" lesen, das bereits 2021 erschien und die Geschichte von Sylvias Tochter Hannah und von Senta, Evelyns Mutter, erzählt.