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Benutzername: 
Hornita
Wohnort: 
Augsburg

Bewertungen

Insgesamt 803 Bewertungen
Bewertung vom 15.04.2025
Vorsehung
Moriarty, Liane

Vorsehung


ausgezeichnet

Wunderbare, tiefsinnige Unterhaltung;
Für mich war es das erste Buch der Autorin und der Schreibstil hat mich ab der ersten Seite gefesselt. Durch die Perspektivwechsel war die Geschichte sehr vielschichtig und interessant, auch durchaus spannend. Nach der Episode im Flugzeug werden die Leben der einzelnen Fluggäste und ihre Reaktionen auf die Todesvorhersage erzählt. Parallel dazu schildert die alte Dame immer wieder Episoden aus ihrem Leben und so lernt man alle Personen gut kennen. Ich fand die Charaktere sehr gut getroffen und der ganz unterschiedliche Umgang mit den Vorhersagen und das Erkennen als Belastung oder Chance war für die jeweiligen Charaktere treffend. Psychologisch und auch philosophisch fand ich das Buch gut gemacht und es regt zum Nachdenken an. Das Setting im Flugzeug fand ich sehr gut gewählt, da die Reisenden eine Schicksalsgemeinschaft bilden, ohne etwas voneinander zu wissen. Diese Ignoranz wird aufgebrochen und es finden sich zufällig Kontakte und Beziehungen, so wie es sich im wirklichen Leben eben auch manchmal entwickelt. Die Details zur Wahrscheinlichkeitsrechnung fand ich gut recherchiert und waren ein gutes Detail, um die Geschichte zu erden und nicht ins Esoterische abdriften zu lassen. Alles in allem bin ich sehr zufrieden mit diesem Buch, es hat mich wunderbar unterhalten.

Bewertung vom 15.04.2025
Das Haus der Türen
Eng, Tan Twan

Das Haus der Türen


ausgezeichnet

Bestechend schön;
Der Schreibstil ist wunderbar. Ich wollte nur mal kurz in das Buch schauen und hatte plötzlich schon 50 Seiten gelesen ohne es zu merken. Die Geschichte wird in drei verschiedenen Zeiten erzählt, die sich organisch ineinanderfügen. 1921 erzählt Lesley ihrem Hausgast Somerset Maugham von ihrer heimlichen Affaire und Liebesgeschichte sowie dem Schicksal ihrer Freundin einige Jahre zuvor. Das berechenbare Kolonialleben wird ebenso glaubhaft beschrieben wie einige Lebensstationen und Beziehungen des Autors, aus dessen Perspektive ein Teil des Buches geschrieben ist. Man bekommt ganz nebenbei einen guten Eindruck vom Leben in den britischen Kolonien und dadurch spielerisch historisches Wissen zu der Region vermittelt. Der Spagat zwischen der Treue zu gut recherchierten, historischen Details und literarischer Freiheit ist dem Autor spielerisch gelungen. Eingefasst wird es durch eine kurze Handlung in Südafrika im Jahr 1947, was ein gebührendes Ende für dieses schöne Buch ist. Mir hat es ausnehmend gut gefallen und es wird sicher nicht das letzte Werk sein, dass ich von Tan Twan Eng lese.

Bewertung vom 07.04.2025
Die Fletchers von Long Island
Brodesser-Akner, Taffy

Die Fletchers von Long Island


weniger gut

Massiv gekürzt könnte es unterhaltsam sein;
Der Schreibstil ist flatterhaft und unruhig mit langen, verschachtelten Sätzen, die genauso konfus sind wie die hektische Erzählweise. Ich bin nie so richtig gut ins Buch gekommen und habe mich missmutig bis zum Ende durch gequält, ein Vergnügen war es nicht. Die Familiengeschichte und die Handlung wären interessant, wenn sie nicht so hoffnungslos detailliert beschrieben würden. Das Trauma und was es über Generationen mit den einzelnen Familienmitgliedern macht, ist gut dargestellt. Auch die etwas überzeichneten Charaktere und ihre Entwicklung hätten Potenzial. Aber es ist einfach viel zu viel und vor allem zu viel Unwichtiges. Ich denke, dass das Buch unterhaltsam sein könnte, wenn man es auf ein Viertel der aktuellen Länge komprimiert. Auch der angekündigte Humor hat mich nicht abgeholt. Es werden fast nur jüdische Klischees thematisiert. Man müsste die Stereotype alle kennen, die hier auf die Schippe genommen werden, um sie komisch zu finden. Dazu fehlt mir aber das Wissen. Das Ende ist dann doch überraschend und klar. Es kommt im Verhältnis sehr kurz weg und ich fand es nur bedingt glaubhaft. Es gibt zwei Sterne, weil die Grundidee gut ist, aber ich kann das Buch nicht empfehlen.

Bewertung vom 07.04.2025
Lila Eule
Schnibben, Cordt

Lila Eule


sehr gut

Eine wilde Mischung toll illustriert, aber viel zu ausführlich;
Das Buch ist aus der Sicht des Journalisten Carl Lederer geschrieben, der auf verschiedenen Zeitebenen seine Lebensstationen schildert, die sich teilweise wie Zwiegespräche mit seiner abwesenden Lebensgefährtin Frances lesen. Die Haupthandlung spielt in den Wendejahren in Berlin, 17 Jahre zuvor in der DDR und in Carls Teenager-Jahren in Westdeutschland. Die Grundidee und Haupthandlung fand ich interessant, leider ist vieles zu ausführlich dargestellt und wiederholt sich oft. Es gibt ganze Kapitel, auf die man verzichten könnte, ohne dass es der Handlung Abbruch täte. Es geht viel um Politik, Drogen, Beziehungen und Musik, vor allem die Rolling Stones. Streckenweise war der Roman auch witzig, mir haben vor allem die „Operativen Informationen“ zu den Kapitelenden gefallen, die die Absurdität des Überwachungsstaats vorführen. Davon abgesehen war es nicht immer einfach zu lesen und ich denke, dass der Roman von einer massiven Kürzung profitiert hätte. Das Buch ist liebevoll gestaltet, jedes Kapitel wird durch eine bunte, sehr gelungene Doppelseite eingeleitet. Die ganze Aufmachung des Buches macht gute Laune, mein Kompliment an die Illustratoren. Deshalb gibt es von mir 3,5 Sterne.

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Bewertung vom 04.04.2025
Bardame gesucht - Zimmer vorhanden
Lueger, Herta;Lueger, Patricia

Bardame gesucht - Zimmer vorhanden


ausgezeichnet

Authentische Lebenserinnerungen;
Der Schreibstil ist einfach und authentisch und deshalb gut zu lesen. Es sind persönliche Erinnerungen und dazu passt es gut, genauso wie es ist. Ich fand den Aufbau gut gemacht, da das Buch mit dem Ende der thematisierten, beruflichen Tätigkeit beginnt und man auch mal die andere Seite sieht, nicht nur das was man aus der Presse-Berichterstattung kennt. Herta Lueger erzählt ihren Lebensweg angefangen bei der Kindheit in Österreich bis zu ihrer Domina- und Club-Karriere in München. Das Leben auf dem Land und die Situation für die Frauen damals wird sehr nachvollziehbar geschildert. Auch das München der 1970er und 1980er wird gut getroffen und deckt sich mit meinen Erinnerungen. Es wird alles ganz neutral erzählt und man ist als Leser bei allen Höhen und Tiefen ganz ungeschönt dabei. Auf mich wirkten die Lebenserinnerungen sehr offen, authentisch und stimmig zur gezeichneten Persönlichkeit. Mir hat es gut gefallen, dass die Autorin ihr Leben als Ganzes erzählt mit ein paar beruflichen Anekdoten und eben nicht ausschließlich fokussiert auf schlüpfrige Details. So war das Buch als Biographie sehr interessant und hat gleichzeitig gehalten, was der Titel verspricht.

Bewertung vom 04.04.2025
Winter's Game
Erler, Lukas

Winter's Game


ausgezeichnet

Immer wieder gut;
Der dritte Fall für Rechtsanwältin Carla Winter hat es wieder in sich, ist aber nicht der stärkste Fall aus der Reihe. Trotzdem bekommt das Buch volle fünf Sterne von mir, da die Reihe einfach erfrischend anders ist und mir sehr viel Spaß macht. Carlas Team ist so sympathisch und trotz der extravaganten Charakter immer noch glaubhaft und nicht überzeichnet. Auch in diesem Fall wird wieder ein Thema des Zeitgeschehens kritisch beleuchtet und der Fall ist international und vielschichtig, so wie man es aus der Reihe bisher kennt. Von daher wurden meine Erwartungen voll erfüllt. Die unterschiedlichen Fähigkeiten des Teams kommen zum Tragen. Für mich liegt die Stärke des Autors darin, die menschliche Psychologie nachvollziehbar und realistisch darzustellen und allen Figuren wertschätzend zu begegnen. Mit Carla Winter gibt es eine tolle, weibliche Hauptfigur, die Spaß macht und von der ich gerne mehr lesen würde.

Bewertung vom 04.04.2025
Die Mündung
Pieper, Tim

Die Mündung


sehr gut

Außergewöhnlicher Thriller mit spannendem Thema;
Anfangs hatte ich leichte Probleme, ins Buch hinein zu finden, da die Kriminalkommissarin Lena Funk, aus deren Sicht der Großteil des Buches geschildert wird, Erinnerungslücken hat und das ist, was man eine unzuverlässige Erzählerin nennt. Man weiß als Leser nicht, was man glauben soll. Dann hat mich aber das interessante Thema abgeholt und die vielen, gut recherchierten Details haben Spaß gemacht. Erfrischend fand ich, dass dieser Thriller durch seinen ungewöhnlichen Aufbau deutlich vom Standardthriller abweicht. Der Fokus liegt nicht auf den Taten oder Opfern des Gezeitenmörders, sondern auf dem Hintergrund und Hauptthema, der Manipulation von Erinnerungen und welches Risiko und Potenzial dahinter steckt. Die Charaktere fand ich sehr gut getroffen und es hat mir sehr gut gefallen, dass alle offenen Erzählstränge aufgelöst wurden. Die Spannungskurve ist untypisch und hat für mich noch etwas Luft nach oben, daher gibt es von mir sehr gute vier Sterne.

Bewertung vom 28.03.2025
Geht so
Serrano, Beatriz

Geht so


ausgezeichnet

Herrliche Abrechnung mit der Arbeitswelt;
Ab der ersten Seite hatte ich viel Spaß mit diesem Buch. Man erkennt sich selbst, die Kollegen, die Vorgesetzten, die Familie in so manchen Situationen wieder und man möchte wirklich mal ähnlich ungefiltert, so wie es die Erzählerin schreibt, seinem Umfeld begegnen. Die Geschichte wird fast ausschließlich von Marisa erzählt, die mit ihrer Arbeit unzufrieden ist. Sie spielt dort eine Rolle und so traurig diese Entmenschlichung auch ist, so witzig und unterhaltsam wird sie erzählt, voller kleiner Spitzen und toller Analysen. Das Buch lebt davon, dass es so absolut treffend ist und mir oft aus der Seele gesprochen hat. Auch die Charaktere fand ich sehr gelungen. Man hat das Gefühl, sie zu kennen, da diese Typen im realen Leben immer wieder auftauchen. Auch die Handlung passt auf viele Arbeitssituationen, die ad absurdum geführt werden. Dabei ist der Roman nie platt oder klischeehaft, sondern einfach nur bissig, erfrischend und unterhaltsam.

Bewertung vom 28.03.2025
Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1
Smith, Sally

Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Ein ganz besonderes Setting in einem stimmigen Buch;
Dieser erste historische Roman von Sally Smith hat mir sehr gut gefallen. Das Lesen macht ab der ersten Seite Spaß und das tolle Setting im Londoner Temple-Bezirk hat einen ganz besonderen Charme und ist prädestiniert für einen historischen Krimi. Diese Stimmigkeit zieht sich durch das ganze Buch. Die Charaktere sind sehr schön und glaubhaft gezeichnet und man spürt die Beziehung der Autorin zu ihren Figuren. Der ermittelnde Gabriel Ward war mir ab der ersten Seite sympathisch und ich hoffe, dass es eine Fortsetzung mit ihm geben wird. Der Fall ist interessant und gut aufgebaut und passt hervorragend in die viktorianische Zeit, die gut recherchiert und passend dargestellt wurde. Wie bei den Charakteren ist das Maß an historischen Details sehr stimmig, nicht zu viel und nicht zu wenig, gerade ausreichend, um die ganz spezielle Stimmung gerade auch im Temple-Bezirk wiederzugeben. Das Buch profitiert von der Orts- und Sachkenntnis der Autorin und ich kann es uneingeschränkt empfehlen.

Bewertung vom 28.03.2025
Der wahnsinnige Kaiser
Sidebottom, Harry

Der wahnsinnige Kaiser


ausgezeichnet

Ausführlich, informativ und gut erklärt;
Dieses Buch über den jungen Kaiser Elagabal hat einen schillernden und doch fast vergessenen Kaiser zum Thema. Mir hat sehr gut gefallen, wie der Autor seine Schlussfolgerungen erklärt, also im Prinzip vermittelt, wie Historiker anhand der vorhandenen Quellen arbeiten. Elagabal wird nur in drei Hauptquellen genannt und ich fand es sehr interessant, welche der Autor warum glaubwürdiger fand als eine andere oder eben auch nicht. Dies wird immer dann thematisiert, wenn es relevant ist. Dazu werden weitere Funde wie Münzen oder Statuen als Argumentationshilfen gezeigt und auch durch Abbildungen im Buch greifbar. Die ausführliche Darstellung des Wegs Elagabals an die Macht als Rebell bzw. Usurpator war hilfreich, um das Funktionieren des Römischen Reichs zu verstehen. Ab und zu gibt es einige ausführliche Exkurse, die ich wichtig und interessant fand. Kleinere Abschweifungen zwischendurch, z. B. zu Lebensläufen bestimmter Persönlichkeiten, haben mich manchmal etwas verwirrt. Allerdings ist das weniger dem Autor anzulasten als der Tatsache, dass eine Vielzahl an Personen vorkommt, die teilweise sehr ähnliche Namen haben, was den Überblick erschwert. Der Autor hat alles getan, um die Informationen nachvollziehbar zu vermitteln und doch durch kleine Sprünge und Rückblenden in der Erzählzeit, dem Leser Abwechslung zu bieten. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, ich fand es interessant und informativ und es gibt einen ausführlichen Anhang, wie bei wissenschaftlichen Arbeiten üblich.