Benutzer
Benutzername: 
Sophia

Bewertungen

Insgesamt 95 Bewertungen
Bewertung vom 18.06.2025
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


ausgezeichnet

Solingen im Juni 2006: Chris Kramer ist fünfzehn Jahre alt und wäre gerne so beliebt wie seine anderen Klassenkameraden um bei seinem Schwarm Debbie zu landen. Er spielt ziemlich gut Fußball, ist aber aus dem Nachwuchskader von Bayer 04 Leverkusen geflogen - zu schmächtig. Das alles setzt ihm zu, aber wenn er mit seinen besten Freunden Salvo und Johnny zusammen ist, wird die Welt gleich wieder ein bisschen besser. Gemeinsam quatschen sie auf dem Hof der Eltern und lassen die Seele baumeln. Als es zu DER Party des Jahres kurz vor den Sommerferien kommt, ist sich Chris sicher: sie müssen dorthin, denn Debbie ist auch da. Als Debbie und er sich annähern ist für ihn klar: das wird der Sommer, der sein Leben verändern wird.

Mir hat das Cover schon sehr gut gefallen, Christoph Kramer kannte ich noch von der Fußball-WM 2014 und als späteren Fußballexperten. Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht, Chris erzählt "von der Seele weg" aus der Ich-Perspektive. Man ist mittendrin im Geschehen, der 15-jährige Chris schildert seine Probleme, Sorgen und Gefühle so authentisch und toll, dass ich mich sofort selbst in meine Jugend zurück versetzt gefühlt habe. Er hat mit Akne am Rücken zu kämpfen, strebt eine Karriere als Fußballprofi an und wäre gerne beliebter. In vielen Situationen konnte ich mich selbst wieder finden, ich war 2066 ein Jahr jünger als der Protagonist. Der Autor erzählt so gekonnt aus der Zeit, dass man schnell merkt, dass er, das Meiste zumindest, selbst erlebt haben muss. Oft schwingt Nostalgie beim Erzählen mit, denn die Jugend ist eine Zeit des Umbruchs, die jeder anders erlebt hat, aber an den Sommer 2006 mitten in der Fußball-WM wird sich jeder zurück erinnern können.

Chris ist ein ganz normaler Teenager, aber aus seinem Blickwinkel wird die Geschichte besonders, man leidet mit, freut sich mit ihm und möchte ihn unbedingt weiter begleiten. Auch seine Freunde sind wunderbar authentisch gezeichnet. Die Zerrissenheit und der Umbruch, in denen Chris sich gerade befindet, werden eingänglich beschrieben, er findet Worte für Gefühle und Gedanken, die ich selbst in dem Alter nicht hatte. Auch die Widmung des Autors hat mich sehr berührt.

Von mir gibt es eine große Leseempfehlung für diesen wunderbaren Sommerroman über Freundschaft, das Erwachsenwerden und die besondere Atmosphäre eines Sommers in der Jugend!

Bewertung vom 17.06.2025
Freytag, Anne

Blaues Wunder


ausgezeichnet

Walter Bronstein ist Chef einer Privatbank und lädt gemeinsam mit seiner Frau Rachel seine beiden besten leitenden Angestellten samt Ehefrauen auf seine Yacht ein. Gemeinsam mit dem erwachsenen Sohn der Bronsteins möchte Walter einen Kurzurlaub auf dem Meer verbringen - scheinbar, denn schnell wird klar, dass unter dem aufgesetzten Lachen und all dem zur Schau getragenen Luxus etwas enorm Wichtiges im Gange ist. Was, weiß zu Beginn noch niemand, aber niemand auf der Yacht spielt mit offenen Karten.

Das Cover ist großartig gestaltet und der Klappentext lässt nicht vermuten, welche Geschichte sich in dem Buch verbirgt. Das Setting erinnert an ein Kammerspiel: die gesamte Handlung spielt auf der Yacht mitten auf dem offenen Meer. Abgesehen von ein paar unscheinbaren Angestellten sind die sieben alleine. Die Kapitel sind abwechselnd aus der Sicht der drei Ehefrauen geschrieben, was sehr interessant gestaltet ist und die Spannung konstant oben hält.
Schnell wird klar, dass vor allem die Frauen ihre Rolle als Frau an der Seite eines reichen und einflussreichen Ehemanns bis zur Perfektion spielen können: lachen an den richtigen Stellen, immer gut gekleidet sein, Small-Talk beherrschen. Dabei macht jede auf ihre eigene Art deutlich, was sie davon hält. Die patriarchale Struktur in dieser ganz eigenen Welt der Reichen beschreibt Anne Freytag hier grandios und authentisch. Die Frauen werden oft belächelt für ihre Rolle als "Frau von", sie sind aber feine Beobachterinnen, die jedes Geschehen und jede Regung der anderen und ihrer Männer im Blick haben. Die Autorin schafft es hervorragend, diese Rolle als stille Beobachterin in dreifacher Ausführung auszufüllen. Gerade Rachel, die im größten Luxus von allen lebt, ist im Innern todtraurig. Oder wie sie an einer Stelle schreibt: nur eine lächelnde Hülle ohne Kern.
Auf der Reise treten schnell die ersten Risse in der Urlaubsidylle auf und die Fassade eines jeden bröckelt. Die Spannung wird bis zur letzten Seite hoch gehalten, denn stets schwingt eine bedrohliche und düstere Atmosphäre mit, die am Schluss zur großen Explosion führt.

Ich war von dem Buch gefesselt und habe es fast in einem Rutsch durchgelesen. Anne Freytag hat einen Roman geschrieben, der zugleich Kammerspiel, Roman und Thriller ist und mit seinem Tiefgang begeistert. Ein Highlight dieses Jahres für mich, unbedingt lesen!

Bewertung vom 16.06.2025
Steven, Laura

Our Infinite Fates


gut

Branwen Blythe ist siebzehn Jahre alt und wohnt in Wales. Sie möchte ihrer krebskranken Schwester unbedingt mit einer Knochenmarktransplantation helfen bevor sie achtzehn Jahre alt wird. Denn was niemand weiß: sie lebt bereits seit über 1000 Jahren und wird in jedem Leben, in das sie wieder geboren wird, von Arden kurz vor ihrem 18. Geburtstag umgebracht. Die beiden scheint etwas zu verbinden, doch Branwen, die eigentlich Evelyn heißt, weiß nicht, wie sie den Fluch brechen kann. Arden hingegen ist nicht bereit, das Geheimnis zu lüften - um vor allem Evelyn vor der grausamen Wahrheit zu schützen. Evelyn möchte dieses Mal jedoch unbedingt weiterleben um ihrer Schwester zu helfen - wird sie dem Schicksal entkommen können?

Mir hat der Klappentext unglaublich gut gefallen und auch das Cover ist interessant gestaltet. Der Anfang der Geschichte hat mich auch direkt abgeholt, es wechseln sich immer die Erzählung in der Gegenwart in Wales im Jahr 2022 mit den früheren Leben Evelyns und Ardens ab. Das bildet eine gute Erzählweise, die spannend gestaltet ist and Abwechslung bietet. Gerade die Handlungen und Figuren der früheren Leben sind fesselnd und interessant, man merkt den Kapiteln an, dass die Autorin sehr viel Zeit und Recherche in die Erzählungen investiert hat.
Ab der Mitte jedoch tritt die Handlung für mich auf der Stelle, gerade die Kapitel der vergangenen Leben enden immer gleich und die Spannung lässt nach. Sowohl mit Evelyn als auch Arden bin ich nicht wirklich warm geworden. Evelyn ist dem Leser noch etwas näher, da stets aus ihrer Perspektive erzählt wird. Beide jedoch haben mich irgendwann genervt: Arden macht einen großen Bogen um das Schicksal, das die beiden verbindet und ist verschlossen, Evelyn hingegen drängt ihn immer wieder in eine Ecke nur um dann wieder von vorne anzufangen.

Ein großer Kritikpunkt ist für mich auch die Auflösung und das Ende der Geschichte, das so gar nicht zur vorgegangenen Handlung passt. Das Buch hat stark angefangen, lässt dann jedoch mehr und mehr nach. Die Grundidee finde ich nach wie vor gelungen, man hätte das Ganze anders aufbauen können um eine runde Geschichte zu erzählen.

3,5/5 Sternen

Bewertung vom 11.06.2025
Haas, Wolf

Wackelkontakt


ausgezeichnet

Franz Escher sitzt zu Hause und wartet auf einen Elektriker, denn seine Steckdose in der Küche hat einen Wackelkontakt. In der Zwischenzeit liest er ein Buch über den Mafia-Kronzeugen Elio Russo, der im Gefängnis auf seine Entlassung wartet. Im zweiten Erzählstrang sitzt der Mafia-Kronzeuge im Gefängnis und wartet auf seine Entlassung. Er liest ein Buch über Franz Escher, der auf einen Elektriker wartet, denn seine Steckdose hat einen Wackelkontakt.

Viel mehr kann man über die Handlung gar nicht verraten, denn diese Geschichte ist außergewöhnlich und fällt aus der Norm.
Das Cover spricht schon für sich, es zeigt das Bizarre der Geschichte. Angefangen bei Franz Escher, der auf den Elektriker wartet bis zu Elio Russo im Gefängnis springt die Geschichte immer wieder hin und her, auch mitten im Absatz ohne klare Trennung. Daran musste ich mich beim Lesen erstmal gewöhnen um in die Geschichte hinein kommen. Am Anfang habe ich noch versucht, beide Geschichten klar voneinander zu trennen und genau aufzupassen, wo die Handlungen jeweils in die andere übergeht, schnell jedoch habe ich einfach "nur" gelesen ohne zwanghaft Zusammenhänge herzustellen. Denn das ist praktisch unmöglich, man weiß beim Lesen bald nicht mehr, was Realität ist und was Fiktion, denn beides geht ineinander über. Diese spezielle Erzählweise macht das Ganze auch unglaublich abwechslungsreich und interessant.
Die ganze Zeit fiebert man auf das Ende hin und fragt sich beim Lesen, wie der Autor die beiden Geschichten schlüssig auflösen möchte. Es überrascht dann auch und bildet einen tollen Abschuss dieser verrückten und doch tiefgründigen Geschichte.

Ich kann das Buch jedem empfehlen, der sich auf eine ungewöhnliche, abwechslungsreiche, aber auch tiefgründige Geschichte einlassen möchte, in der nichts ist, wie es scheint. Große Leseempfehlung!

Bewertung vom 10.06.2025
Harvey, Samantha

Umlaufbahnen


ausgezeichnet

Vier Astronauten und zwei Astronautinnen sind in einer Raumstation um die Erde unterwegs: Anton (Russland), Chie (Japan), Nell (England), Pietro (Italien), Roman (Russland) und Shaun (USA). Sie leben zusammen auf engstem Raum und führen Forschungsarbeiten durch in einem durchgetakteten Tagesablauf. In 24 Stunden umrundet die Raumstation 16 mal die Erde. Weit weg von Freunden, Familie und dem gewohnten Alltag wird ein Tag der sechs Personen geschildert.

Mich hat das Buch vom Cover und Klappentext schon für sich eingenommen. Es gibt eigentlich keine wirkliche Handlung, es wird aus den unterschiedlichen Perspektiven der sechs AstronautInnen erzählt und ihre Beobachtungen, aber auch Eindrücke, Sehnsüchte und Gefühle wiedergegeben. Man erfährt, über welchen Kontinent oder Land sich die Raumstation gerade befindet und es werden unglaublich toll die Eindrücke zu diesen Landschaften und Gegebenheiten erzählt. Auch die Experimente, Forschungsarbeiten und Reparaturen in und an der Raumstation werden beschrieben, sodass man als Leser stets mittendrin ist und ich habe einiges an interessanten Dingen gelernt. Generell wird eine Welt beschrieben, die die allerwenigsten von uns jemals erleben werden und umso spannender ist ein realistischer Einblick, den man mit diesem Buch bekommt.
Das Buch plätschert vor sich hin, was die Geschichte jedoch nicht beeinträchtigt. Es ist eine leise Geschichte, der Erzählstil dazu passend, an vielen Stellen fast schon poetisch. Beim Lesen war ich mittendrin in dieser völlig anderen Welt, man wird demütig und ehrfürchtig und mir wurde bewusst, dass wir Menschen auf dieser Erde nur ein winziges Sandkorn sind im Vergleich zur Natur und dem allumfassenden Kosmos. Die Erde als kleiner Punkt im unendlichen Weltall wird so toll beschrieben, dass einem beim Lesen umso bewusster wird, wie wichtig es ist, diesen Planeten zu schützen und nicht auszubeuten.

Mir hat die Geschichte unglaublich gut gefallen, auch ohne konkrete Handlung wird so viel aus einer völlig anderen und fremden Welt erzählt. Für mich ein neues Lesehighlight!

Bewertung vom 05.06.2025
Yagi, Emi

Frau Shibatas geniale Idee


gut

Frau Shibata ist 34 Jahre alt und arbeitet als Angestellte in einem Büro in Tokio. Als einzige Frau in der Abteilung wird sie zum Kaffee kochen und Aufräumen degradiert. Eines Tages hat sie die Nase voll und behauptet gegenüber ihren Kollegen, dass sie schwanger sei. Alle sind verwundert, da Frau Shibata Single ist und keiner etwas geahnt hat. Sie zieht die Lüge der Schwangerschaft durch und genießt so die Vorteile, die es mit sich bringt, schwanger zu sein. Auf einmal wird sie im Büro wertgeschätzt, kann früher nach Hause gehen und nimmt sich Zeit für sich, ihre Hobbies und Freundinnen. Wie weit lässt sich das Spiel treiben bis es zum unvermeidlichen Moment der Geburt kommt?

Das Buch wurde mir von einer Freundin empfohlen und mit knapp 200 Seiten ist es schnell durchgelesen. Was wie ein interessantes Experiment klingt, hat jedoch gerade zum Schluss hin seine Schwächen.
Der Roman fängt leicht und locker an mit dem Alltag Frau Shibatas im Büro. Die Kapitel sind benannt nach den fortschreitenden Schwangerschaftswochen und unterschiedlich lang. Ich habe mich direkt zu Beginn gefragt, wie Frau Shibata das wohl neun Monate durchziehen möchte - vor allem danach, wenn das Baby auf der Welt sein müsste, sie Elternzeit nimmt und jeder sich fragt, wo das Baby ist. Die Handlung an sich tritt leider oft auf der Stelle, es wird aus der Ich-Perspektive erzählt und der Erzählstil hat mich nicht abgeholt, oft wirkt er fast schon monoton, was aber auch die Tristesse des Alltags unterstreicht. Mit mehr oder weniger wichtigen Anekdoten wird die Geschichte oft in die Länge gezogen.
Sehr gut hingegen gefällt mir die (Gesellschafts)Kritik des Buches: die Rolle der Frau in einer von Männer dominierten Welt, die geringe Wertschätzung und der Druck der Familienplanung von der Gesellschaft. Auch Diskriminierung, Misogynie und Ausbeutung werden gut thematisiert. Die Geschichte an sich fängt spannend an, nimmt aber immer im Verlauf der Handlung ab und auch das Ende hat bei mir eher Fragen aufgeworfen als dass ich zufrieden aus der Geschichte gegangen wäre.

Das Buch ist eine schöne Lektüre für zwischendurch und mit 200 Seiten recht schnell durchgelesen. Trotz der wichtigen Themen hat mich die Geschichten nicht mitreißen können und wird mir nicht groß im Gedächtnis bleiben.

Bewertung vom 03.06.2025
Ryder, Jess

Die Villa (eBook, ePUB)


weniger gut

Ein Junggesellinnenabschied in Marbella soll das große Highlight vor Aoifes Hochzeit werden. Gemeinsam mit vier Freundinnen will sie es dort richtig krachen lassen. Doch die Reise endet für Aoife tödlich und der Mord wird nie aufgeklärt. Drei Jahre später möchte Dani, die an dem Abend vor drei Jahren große Erinnerungslücken hat, mit den anderen drei Frauen dem Todestag von Aoife gedenken und überredet sie, mit ihr nach Marbella zu reisen. Sie erhofft sich, endlich Klarheit zu bekommen, was damals wirklich passiert ist. Schnell reißen jedoch alte Wunden auf und jede der vier versucht, ihre eigenen Geheimnisse zu schützen.

Mich haben das Cover und der Klappentext direkt angesprochen. Auch wenn das Setting mit den Protagonisten nicht neu ist, war ich trotzdem gespannt. Leider hat mich die Geschichte nicht überzeugt.
Die Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht der vier Frauen erzählt, wobei Dani hier den meisten Anteil hat. Außerdem wird zwischen Gegenwart und Vergangenheit gesprungen, woran ich mich beim Lesen erstmal gewöhnen musste, da es verwirrend ist, der Handlung und den vielen Personen zu folgen. Die Protagonistinnen an sich sind mir allesamt unsympathisch und es auch leider geblieben. Irgendeine von ihnen ist immer genervt, Dani versucht, alle mitzureißen, die anderen wollen lieber nach Hause und sind am nörgeln. Es kommt weder ein richtiger Lesefluss noch Spannung auf, auch die viele wörtliche Rede trägt dazu bei. Die Figuren bleiben undurchsichtig und ohne Tiefe. Ich hatte auf ein großes Finale gehofft, wurde aber leider enttäuscht, die Auflösung tritt ebenso auf der Stelle wie der Rest. Ein anderer Kritikpunkt ist der Umgang mit Alkohol, der in großen Massen zu jeder Zeit fließt und die teilweise sehr obszönen Szenen.

Für mich leider eine Enttäuschung trotz toller Ausgangslage, die viel Potenzial bietet. Schade!

2,5/5 Sternen

Bewertung vom 02.06.2025
Gilbert, Sian

Sie hat angefangen


ausgezeichnet

Die Freundinnen Esther, Annabel, Chloe und Tanya kennen sich seit der Schulzeit und sind seitdem immer noch mehr oder weniger gut befreundet. Alle vier erhalten eine Einladung zum Junggesellinnenabschied ihrer ehemaligen Mitschülerin Poppy. Sie wurde früher von den vieren gemobbt und umso überraschter sind die vier, dass sie von Poppy auf eine Privatinsel in der Karibik eingeladen werden, mit allem Drum und Dran. Als sie Poppy dann gegenüber stehen, können sie ihren Augen kaum trauen: aus dem schüchternen und unscheinbaren Mauerblümchen ist eine wunderschöne erwachsene Frau geworden. Als wäre nie etwas zwischen den fünf vorgefallen, freuen sich zunächst alle auf die gemeinsamen Tage. Doch die Stimmung heizt sich schnell auf, alte Wunden werden aufgerissen und auch Poppys Verhalten wird immer merkwürdiger...

Das Cover und der Klappentext haben mich direkt angesprochen. Auch der Titel ist interessant und deutet schon auf tieferliegende Probleme und Streit hin.
Bereits der Prolog lässt einen schaudernd zurück und macht Lust, mehr zu lesen. Die Kapitel sind aus den verschiedenen Perspektiven der vier Frauen geschrieben, außerdem gibt es Rückblenden, in den Poppy aus der Schulzeit anhand von Tagebucheinträgen vom Mobbing und den Ereignissen von damals erzählt. Das macht das Ganze unglaublich spannend und abwechslungsreich und hat mir sehr gut gefallen. Auch das Setting ist toll gewählt, verströmt es doch neben paradiesischem Urlaubsfeeling auch eine unterschwellig düstere Stimmung. Die Figuren sind alle toll und gut gezeichnet: die oberflächliche Influencerin ist genauso vertreten wie die reiche Hau- und Ehefrau ohne Job. Über Poppy erfährt man lange Zeit wenig, sie bleibt von allen am undurchsichtigsten - was der Spannung natürlich zugute kommt. Jede Protagonistin hat ihren eigenen Erzählstil und so fliegt man geradezu durch die Seiten.
Die Idee eines aus dem Ruder laufenden Junggesellinnenabschieds ist nicht neu, aber die Autorin versteht es, die Spannung immer weiter aufzubauen und mit einer fesselnden Geschichte zu punkten. Das Hauptthema des Buches ist Mobbing und die daraus folgende Rache, die hier unglaublich gut und realistisch dargestellt wird. Oft hat es mir beim Lesen fast das Herz zerrissen vom Mobbing zu lesen, das jede Grenze überschreitet und kein Spaß ist, wie die vier Freundinnen sich einzureden versuchen.
Die Geschichte an sich ist schon mehr als spannend, aber den Plot-Twist am Ende habe ich überhaupt nicht kommen sehen und hat das ganze Buch nochmal eine Stufe nach oben gehoben.

Thriller-Fans werden hier auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen, das Setting ist nicht neu, aber die Geschichte, die Figuren und die Spannung dafür umso fesselnder. Sian Gilbert hat einen großartigen Debütroman vorgelegt und ich bin auf weitere Werke der Autorin gespannt!

Bewertung vom 01.06.2025
Whyte, Nicola

Marchfield Square


ausgezeichnet

Der Marchfield Square ist ein vornehmer Wohnkomplex in London. Hier beobachtet Vermieterin und Bewohnerin Celeste van Duren das Treiben ihrer Mieter sehr genau. Als in der Wohnanlage ein Mord an einem Bewohner verübt wird, ist Celeste alarmiert und beunruhigt - das darf es im beschaulichen und idyllischen Marchfield Square nicht geben! Der Tote Richard Glead war alles andere als beliebt und niemand scheint so wirklich erschüttert über seinen Tod zu sein. Die Polizei ermittelt eher schleppend und deshalb beschließt Celeste, selbst Nachforschungen anzustellen. Celeste beauftragt zwei ihrer Mieter damit: ihre Reinigungskraft Audrey und den eigenbrötlerischen Schriftsteller Lewis. Beide sind zunächst wenig begeistert, zusammenzuarbeiten, aber da Celeste das Unterfangen großzügig entlohnt, stimmen sie doch noch zu. Die beiden decken einige Geheimnisse der Bewohner in Marchfield Square auf und je tiefer sie graben, desto gefährlicher werden ihre Ermittlungen...

Bereits das Cover und der Farbschnitt sind ein absoluter Hingucker. Es lohnt sich, das Cover genauer zu betrachten, finden sich doch bereits einige Hinweise auf die Handlung darin.
Die Kapitel sind übersichtlich lang und aus verschiedenen Perspektiven erzählt: es kommen Lewis', Audreys und Celestes Sichtweisen vor. Das bringt eine tolle Abwechslung und Dynamik in die Handlung und man lernt mehr über die Hauptfiguren. Den Anfang macht Celeste, die gemeinsam mit ihrem Angestellten Dixon in einer Wohnung im Marchfield Square lebt. Sie beobachtet gerne und oft das Treiben ihrer Mieter aus ihrer Wohnung heraus. Daher hat es mich nicht verwundert, als sie zu Beginn des Buches etwas Ungewöhnliches in der Wohnung der Gleads sieht. Sie wirkt beim Lesen resolut und einnehmend, man merkt ihren Einfluss auf ihre Umgebung und Mitmenschen.
Auch Audrey und Lewis werden toll gezeichnet: Audrey als Reinigungskraft, die Celeste bereits näher kennt und mit ihren Eigenheiten vertraut ist, steht Lewis gegenüber, der so gut wie nichts mit seinen Nachbarn zu tun hat. Er macht im Buch die wahrscheinlich größte Entwicklung durch: er hat sich nicht komplett verändert, aber in Audrey hat er jemanden gefunden, mit dem er befreundet sein kann und er lernt immer mehr, aus sich herauszugehen und auf Menschen zuzugehen.
Die Ermittlungen der beiden bilden natürlich den Rahmen der Geschichte und es ist stets spannend mitzuverfolgen, wen sie als verdächtig einstufen und vor allem, welche Geheimnisse sie aufdecken. Man merkt beim Lesen schnell, dass man niemandem so wirklich vertrauen kann und auch Audrey und Lewis tappen bis zuletzt im Dunkeln, wer der Täter ist. Mit Humor und Spannung zugleich ergänzen sie sich mit der Zeit immer besser und werden ein eingespieltes Team. Dabei legen sie Celeste als "Auftraggeberin" immer wieder Bericht ab, was sie herausgefunden haben. Celestes Motiv dahinter bleibt lange unklar, trotz allem wirkt sie sympathisch und bildet eine tolle Hauptfigur in der Handlung. Gerade das Ende wartet mit einem genialen Plot-Twist auf, der sich toll in die Geschichte einfügt.

Auf den ersten Blick und dem Klappentext nach wirkt das Buch wie typisch britischer Cosy Crime, jedoch ist es für mich eher Crime als Cosy und bildet daher die perfekte Balance. Mit liebevoll gezeichneten Charakteren und einer spannenden Handlung ist es ein kurzweiliges Lesevergnügen für alle Crime-Fans, die auch an typisch britischen Geschichten Gefallen finden. Beim Lesen haben mich die Rahmenhandlung und die Charaktere auch an die Serie "Only Murders in the Building" erinnert, die ich sehr gerne geschaut habe. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 28.05.2025
Hunter, Alice

Die Frau des Serienkillers


gut

Beth und Tom Hardcastle wohnen mit ihrer kleinen Tochter Poppy in Lower Tew außerhalb von London. Für Poppy sind die beiden aufs Land gezogen und Beth hat sich den Traum eines eigenen Keramik-Cafés ermöglicht, während Tom weiter für seinen Job in einer Bank nach London pendelt. An einem gewöhnlichen Wochentag klopft die Polizei an die Tür der Hardcastles: Tom steht unter Mordverdacht. Tom ist noch nicht zu Hause und wird später in Untersuchungshaft genommen und die perfekte Familienidylle fällt in sich zusammen. Die Presse stürzt sich auf Beth und Poppy und auch die Schlinge um Toms Hals zieht sich immer weiter zu.

Ich war sehr gespannt auf das Buch, der Klappentext hat mich sehr angesprochen. Leider konnte die Geschichte an sich nicht mithalten.
Der Anfang ist noch recht spannend gestaltet, die Autorin erzählt aus verschiedenen Perspektiven, den Großteil nimmt dabei Beth ein. Als Leser ist man genauso fassungs- und ahnungslos wie Beth, denn lange wird das Bild einer perfekten Familie aufrecht erhalten. Nach den ersten Kapiteln zieht sich die Handlung dann leider, vieles dreht sich um Beths Gedankenkarussell, das zu detailliert und lang erzählt wird. Spannend sind die Kapitel aus Toms Sicht, denn schnell wird klar, dass er nicht so unschuldig ist, wie er sich nach außen gibt.
Der Erzählstil ist gut zu lesen, die Kapitel sind relativ kurz gehalten und durch die verschiedenen Perspektiven kommt Abwechslung beim Lesen ins Spiel. Auch die Nebenfiguren werden dank Beth detailliert gezeichnet: vor allem die Nachbarn und Kunden des Keramik-Cafés fügen sich gut in die Handlung ein. Ich wollte unbedingt wissen, wie die Geschichte sich auflöst, der Plot-Twist am Ende ist gelungen, aber macht nicht die zähen Kapitel im Mittelteil wett.

Für mich ist das Buch eher ein Spannungsroman als ein Thriller, echte Thriller-Fans werden hier weniger auf ihre Kosten kommen. Die Ausgangslage bietet viel Potenzial, das für mich aber durch die langatmige Handlung nicht ausgeschöpft wurde.