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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Elohym78
Wohnort: 
Horhausen

Bewertungen

Insgesamt 381 Bewertungen
Bewertung vom 20.11.2022
Feldpost
Borrmann, Mechtild

Feldpost


sehr gut

Eigentlich wünscht sich Cara ein gemütliches und besinnliches Weihnachtsfest mit ihrem Mann. Zur Einstimmung trinkt sie einen Kaffee, beobachtet den Vorweihnachtlichen Trubel und genießt ihren ersten Urlaubstag. In dem überfüllten Café setzt sich eine Frau zu ihr an den Tisch und beide kommen ins Gespräch. Als die Frau nicht von der Toilette wieder kommt, bleibt Cara verwirrt und mit einer Tasche voller Unterlagen und Briefen zurück. Sie folgt ihrer Neugierde und entdeckt eine Liebesgeschichte der besonderen Art, mitten im Zweiten Weltkrieg.

Das Cover zeigt eine Frau die einen Brief innig an ihre Brust drückt. Sie will ihn beschützen und bewahren. Das Bild wirkt auf mich gefühlsstark, intim und bewegte mich zusammen mit dem Klapptext sehr.

Mechtild Borrmanns Roman hat mich bewegt. Sie schildert eine innige, herzliche und gefühlsstarke Liebe zu einer Zeit, wo eigentlich kein Platz dafür herrscht. Mitten im Zweiten Weltkrieg und der brutalen Naziherrschaft entwickelt sich zwischen zwei Freunden die zarte Pflanze der Liebe. Die Autorin schildert, wie diese wächst und gedeiht. Die Liebe zwischen diesen beiden bemerkenswerten Menschen ist für sie die Antriebsfeder, den Krieg zu überleben, komme was wolle. Mal schildert Mechtild Borrmann im Roman-Stil und dann wieder mit nackten und grauenvollen Tatsachen. Gerade diese Wechsel machten das Buch für mich zu etwas Besonderem, etwas Großem. Trotzdem war es bei weitem nicht gefühlsdusselig oder schnulzig, sondern einfach leise und eindringlich.
Besonders gut haben mir die Wechsel zwischen heute und damals gefallen. Während Cara immer tiefer in die Ermittlungen bezüglich der Aktentasche und dessen Inhalt eintaucht, werden durch die Rückblicke die nackten Tatsachen mit Leben gefüllt. Doch für manche Geheimnisse wäre es besser, sie blieben verschüttet.

Gerade weil klar war, dass Mechtild Borrmann von realen Personen schreibt, konnte ich sehr gut eine Beziehung zu ihnen aufbauen. Es fiel mir denkbar leicht, mich in sie hineinzuversetzen und ihre Sorgen und Ängste zu teilen. Die perfide Gier der Menschen, ob des Leid ihrer Mitmenschen, entsetze mich zu tiefst, auch wenn das schon fast ein Jahrhundert her ist. Denn Gier kennt weder Grenzen im Raum, noch in der Zeit. Genauso wenig wie Gewalt und Ignoranz. Komischerweise blieben mir rückblickend betrachtet, die Protagonisten doch fern. Ich konnte sie und ihre Handlungen zwar jederzeit nachvollziehen und verstehen und doch sind sie mir nicht so nah gekommen, wie ich anfangs dachte.

Mein Fazit
Ein leises Buch mit einer großartigen Stimme! Gefühlvoll und wunderschön!

Bewertung vom 30.10.2022
Café Leben
Leevers, Jo

Café Leben


gut

Henrietta Lockwood bewirbt sich in der Rosendale-Krebsambulanz auf einen Posten als Schreibkraft für das Projekt Lebensbuch. Ihr Job wird es sein, in sieben Sitzungen die Lebensgeschichte totkranker Menschen aufzuschreiben und diese in einem Lebensbuch festzuhalten. Henrietta ist bestens für diese Stelle geeignet, da sie nicht zu Gefühlsausbrüchen neigt und emotionalen Abstand wahren kann. Doch bereits ihre erste Klientin, geht ihr unter die Haut.

Das Cover zeigt eine junge Frau, die ihrem Gegenüber aufmerksam zu hört. Sie sitzt im Café Leben an meinem Tisch, hält eine Kaffeetasse in der Hand und blickt ihrem Gegenüber gespannt in die Augen. Sie scheint versunken in das Erzählte und signalisiert, dass ihr Gesprächspartner der wichtigste Mensch auf Erden ist. Ich liebe dieses Coverbild, da es ungeteilte Aufmerksamkeit, Intimität und Verständnis vermittelt. Wenn mich jemand bei einem Gespräch so anblickt, weiß ich, dass es gut ist.

Jo Leevers hat mit ihrem Roman Café Leben ein interessantes Buch geschaffen. Ich hatte mit einem rührseligen, gefühlsbetonten Buch gerechnet, dass mich zu Tränen rührt und mich emotional an meine Grenzen treibt. Denn von Lebensbüchern habe ich schon Berichte im Fernsehen gesehen, die es totkranken Menschen ermöglicht, ihren Angehörigen ein bleibendes, lebendes Stück Erinnerung zu schaffen. Jo Leevers hingegen springt nicht auf den emotionalen Zug auf, sondern verwebt das Traurige mit einer Art kriminal Geschichte zu etwas ganz eigenem.
Henrietta trifft mit ihrer ersten Kundin Annie direkt auf ein Geheimnis. Annies Schwester Kath hat sich das Leben genommen, aber ihre Leiche wurde nie gefunden. Ihr ganzes Leben quälte Annie sich mit der Ungewissheit und dem Gedanken, einen leeren Sarg zu Grabe getragen zu haben. Kurzentschlossen übernimmt Henrietta die Ermittlungen, um Annie vor ihren Tod Frieden zu schenken.

Beide Frauen lernen während des Projekt Lebensbuch nicht nur ihren Gegenüber, sondern auch sich selber kennen. Was treibt sie an, was macht sie glücklich und was stimmt sie traurig. Eine innere Reise, die durch äußere Umstände geprägt und angetrieben wird. Leider war es mir nicht möglich, mit ihnen einen Beziehung aufzubauen.
Annie und Henrietta waren mir in ihren Denk- und Lebensweisen sehr fremd und wirkten unnahbar. Sie scheinen sich von der Außenwelt abgekapselt und ihrer Trauer verschanzt zu haben, was mich traurig stimmte. Erst durch die gemeinsame Arbeit öffneten sich die Frauen und ließen Außenstehende in ihr Leben. Die Entwicklung der beiden beobachtete ich zwar interessiert, aber emotional distanziert.

Mein Fazit
Ganz anders als gedacht. Mich hat es leider nicht fesseln können.

Bewertung vom 22.10.2022
Dark Clouds
Falk, Thilo

Dark Clouds


ausgezeichnet

Deutschland und ein Großteil Europas versinkt im Dauerregen und nie gesehenen Unwettern. Die Menschen sind verzweifelt und kämpfen um ihr nacktes Überleben. Orte werden überflutet und ganze Landstriche sind unbewohnbar. Eine riesige Flüchtlingsbewegung setzt sich in Marsch. Doch während die einen vor den Wassermassen fliehen, sterben andere unter einer Hitzewelle.
Ist das noch Wetter, oder schon der Klimawandel? Diese Frage stellen sich die Wolkenkundlerin Fjella Lange, der IT-Spezialist Arian Fischer und der Schadensgutachter Philip Graf. Doch was die drei bei ihren Ermittlungen aufdecken, ist eine viel größere Gefahr, als sie jemals für möglich gehalten hätten!

Das Cover zeigt ein unvorstellbares Wolkengebirge, einen wahrgewordenen Alptraum, über einer Großstadt und deren Umgebung. Es wirkt auf mich Angst einflößend, bedrohlich und gefährlich. Und trotzdem war es zusammen mit dem Klapptext ausschlaggeben, dass ich zu dem Buch gegriffen habe. Denn ich liebe Endzeit-Thriller und wurde absolut nicht enttäuscht!

Thilo Falk beginnt zwar eher entspannt mit der Vorstellung seiner Protagonisten und der Örtlichkeiten in Deutschland, aber wie bei Gewitterluft merkt man ganz deutlich, dass etwas niederbrechen will. Nach und nach baut sich nicht nur ein Unwetter auf, sondern auch die Spannung, die mir unter die Haut ging. Gerade durch die eher kurzen Sequenzen und häufigen Wechsel der Personen und Orte, fiel es mir denkbar schwer, das Buch auch nur kurz zur Seite zu legen. Thilo Falk schildert die verheerenden Unwetter über Europa, insbesondere über Deutschland, realitätsnah. Denn jeder von uns kann sich Dauerregen vorstellen und das Gefühl, wie sich die Feuchtigkeit immer weiter in die Knochen durchzuziehen scheint. Und dieses langsam kriechende Gefühl, welches jeder nachvollziehen kann, macht sich Thilo Falk zu nutze. Erst ist es nur so ein Gefühl des Unbehagens, das an einem nagt und dann ist es plötzlich Angst geworden. Dazu die bildgewaltigen Beschreibungen und der für mich perfekte Thriller war geschaffen.


Alle Beschreibungen wären jedoch nicht so nachhaltig bei mir angekommen, wenn die Protagonisten von Thilo Falk nicht ebenfalls unfassbar stark gewesen wären. Ohne Probleme konnte ich eine Beziehung zu ihnen aufbauen und mich in sie und ihre Handlungen hineinversetzen. Hier sind es die kleinen Dinge, die mir Fjella, Arian und Philip so nah gebracht haben, dass sie sich fast wie Bekannte fühlten. Fjella mit ihrem Opa, für den sie alles tun würde. Arian, der an seinem Puli Konrad hängt und kaum einen Schritt ohne seinen geliebten Hund macht. Und Philip, der trotz Familie, sehr an seiner Arbeit hängt. Alle haben Ängste, Nöte und Hoffnungen, die ich nachvollziehen und ganz wichtig, nachempfinden konnte.

Das Thema Klimawandel ist brandaktuell und immer für ein Buch gut. Was mir allerdings besonders gut gefallen hat, Thilo Falk steht nicht mit erhobenem Zeigefinger vor seiner Leserschaft, sondern lässt mich ganz alleine Rückschlüsse ziehen. Vielleicht möchte ich gar nicht schon wieder über irgendwelche Krisen nachdenken, sondern mich einfach unterhalten lassen? Der Spagat zwischen reiner Fiktion und Geschichte mit Wahrheitsgehalt ist dem Autor hervorragend gelungen. Auch, weil er die desaströsen Unwetter anschaulich schildert und auch die Auswirkungen von zerstörter Infrastruktur.

Mein Fazit
Ein packender, spannender Wetter-Thriller, der viel Raum für eigene Rückschlüsse lässt. Ganz großes Kino!

Bewertung vom 21.10.2022
Weber's Wintergrillbibel
Weyer, Manuel

Weber's Wintergrillbibel


ausgezeichnet

Die Grillbibeln von Weber sind einfach immer wieder grandios, wunderbar und toll! Mittlerweile habe ich eine ganze Sammlung der Bände und freue mich trotzdem bei jedem Buch auf neue Ideen, tolle Rezepte und Bilder, die mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen!

Besonders gut gefällt mir, dass nicht nur für jeden Geschmack etwas dabei ist, sondern auch für jeden Grill Typ! Oft habe ich schon durch Rezepte geblättert und dann festgestellt, dass es auf meinem Kugelholzkohlegrill nicht funktioniert, oder - ja ich gebe es zu, dass ich faul bin - mir die Überlegung, wie ich das Grillgut statt auf einem Gasgrill mit meinem Holzkohlegrill wohl lecker hin bekomme, zu umständlich ist. Weber streicht jegliche Überlegungen und Rätselraten einfach, in dem die Rezepte auf die unterschiedlichen Typen ausgelegt sind.

Zu Beginn des Buches gibt es wie gewohnt Basics. Tipps für das beste Grillergebnis, hilfreiches Zubehör und für mich ganz wichtig, eine kurze Exkursion über unterschiedliche Holzarten und deren Geschmacksrichtung bei Räucherchips. Vor zwei Jahren experimentierte ich das erste Mal mit diesen Chips, habe für mich allerdings noch nicht den richtigen Fahrplan gefunden und freue mich dementsprechend über diesen Passus sehr!
Weber hat für alles das passende Zubehör. Und dementsprechend schön finde ich, dass bei der Grundausstattung auf Eigenwerbung verzichtet wird. Es werden keine markenwirksamen Bilder der Produkte in dem Buch vorgestellt, sondern Zeichnung von den Reinigungsgeräten den Grillkörben, -zangen und sonstigen nützlichen Tools. Weber beschränkt sich hier wirklich auf das Kochen, oder besser gesagt das Grillen und das gefällt mir.

Ich gehöre definitiv nicht zu den Menschen, die sich im Winter gerne rausstellen und sich am Grill versuchen! Dank der kleinen Tipps und Tricks, werde ich es diesen Winter jedoch zumindest häufiger einplanen. Denn eine gute Vorbereitung - Wahl des Standortes, Würzmischungen, Soßen - sind das a und o. Und, dass ich nicht zu viel kreuz und quer grille. Lieber ein Highlight auswählen und das in Szene setzen, statt zich Sachen. Das verkürzt nicht nur meine persönliche Standzeit am Grill, sondern unterstreicht das Werk. Warum nicht mal das Lachsfilet Wellington, ein schmackhaftes Roast Beef oder die Weihnachtsgans vom Grill. Ich persönlich habe das noch nie kosten dürfen und bin begeistert ob dieser Idee!
Aber natürlich gibt es das auch einfacher, oder eher gesagt schneller. Gemüsebeilage oder Nachtisch, ganz wie das Herz begehrt! An Ideen mangelt es nicht!

Super finde ich die Schritt für Schritt Erklärungen, die bebildert und hervorragend geschildert sind! Zudem sind sie nach Grillarten unterteilt, so dass ich mal etwas auf dem Holzkohle-, mal auf dem Gasgrill zaubern kann. Noch ist der Gasgrill bei mir zwar Zukunftsmusik, aber es ist schön, dass ich die Grillbibel dann behalten und die Gerichte dann neu umsetzen kann, ohne mich zu ärgern, dass das Kochbuch überholt ist.

Mein Fazit
Mal wieder ein wunderbares Buch mit vielen Tipps und Tricks! Ich liebe die Kochbücher von Weber einfach!

Bewertung vom 08.10.2022
Inselhoffnung
Hansen, Jette

Inselhoffnung


sehr gut

Endlich ist Sarah auf Föhr angekommen! Bei ihrer Freundin Gretje hat sie sich gut eingelebt, mit ihrer großen Liebe Marten läuft alles wie am Schnürchen und ihr Freundeskreis wächst und gedeiht. Doch plötzlich steht ein junges Mädchen vor Sarah und behauptet, ihre Tochter zu sein, die sie vor sechzehn Jahren zur Adoption frei gegeben hatte. Und Sarahs Leben steht Kopf. Wieder einmal...

Das Cover zeigt einen Bohlenweg, der durch hohes Gras zum Strand von Föhr führt. Das Meer leuchtet im Hintergrund, leichte Wolken ziehen über den Himmel. Alles wirkt friedlich und wunderbar. Ein Coverbild zum Verlieben. So wie auch der Inhalt des Buches.

Schon den ersten Teil von Jette Hansens Stürmische Zeiten auf Föhr habe ich verschlungen und mit Teil zwei erging es mir ebenso. Die Autorin schreibt beruhigend warmherzig und von Beginn an ist klar, dass sich alles irgendwie regeln lässt. Kein Unglück kann so groß sein, dass die kleine Inselgemeinschaft es nicht irgendwie schultern und beheben kann. Ich mag den herzlichen Schreibstil von Jette Hansen, die es schafft, mir Sarah, Marten, Emily, Gretje und Co nicht nur nahe zu bringen, sondern sie auch ein Teil meines Alltags werden zu lassen. Zumindest kurzzeitig. Denn die Nordsee ist mein Sehnsuchtsort und Königswinter meine Heimat. Beide Orte beschreibt die Autorin wunderbar, auch wenn Königswinter leider etwas schlecht wegkommt, aufgrund der nicht ganz so guten Erfahrungen, die Sarah in ihrer Jugend dort gemacht hat. Trotzdem lese ich immer wieder gerne über bekannte Örtlichkeiten und verliere mich in eigenen Erinnerungen.

Auf der traumhaften Insel Föhr ist es Sarah endlich gelungen, ihr Leben als Postbotin aufzubauen und zu festigen. Sie hat die Vergangenheit erfolgreich verdrängt und startet fröhlich in ihr neues Leben. Auch wenn Isabel, ihre beste Freundin aus Kindertagen, ihr stets predigt, dass sie mit der Vergangenheit erst abgeschlossen hat, wenn sie Marten alles erzählt hat. Als ihre Tochter Emily plötzlich auf Föhr auftaucht, bleibt Sarah schließlich keine Wahl mehr. Jette Hansen schildert die innere Zerrissenheit von Sarah sehr anschaulich und ich litt oft mit ihr. Zu gerne wäre ich ihr an die Seite gesprungen und hätte ihr gerne einen Teil der Last abgenommen. Gelichzeitig war es spannend zu beobachten, wie Sarah an der endlich ans Licht gekommenen Wahrheit erstarkt. Mutig blickt sie erst zurück, um dann gestärkt in die Zukunft blicken zu können.
Und das alles vor der atemberaubenden Kulisse der Nordseeinsel Föhr. Aber auch hier ist nicht alles Gold was glänzt. Mir gefiel es sehr gut, dass die Autorin auch die Nöte der Inselbewohner in ihrem Roman schildert, wie knapp Wohnraum geworden ist und die Preisexplosionen durch die Touristen für die Einheimischen. Manchmal liegen Glück und Leid eben recht nah beieinander.

Mein Fazit
Mal wieder ein zum Träumen einladender Roman, den ich sehr gerne gelesen habe!

Bewertung vom 01.10.2022
Die Filiale
Etzold, Veit

Die Filiale


sehr gut

Als die Bankfiliale, in der Laura Jacobs arbeitet, überfallen wird, behält sie Nerven wie Drahtseile. Eine Gabe, die wenige Menschen haben und die ihr beim plötzlichen Aufstieg zur stellvertretenden Filialleitung helfen. Denkt Laura zumindest. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn statt einer Belohnung, scheint die Beförderung eher ein Bestechungsversuch der Bank zu sein, um Laura von dem Kauf ihres Hauses abzubringen. Einem Haus, das ihr und ihrem Mann sehr ans Herz gewachsen ist, der Bank gehört und nun wegen eines Großinvestors weichen soll.

Veit Etzold hat mal wieder einen packenden Krimi für seine Leser kreiert! Von der ersten Seite an schaffte er es, mein nicht vorhandenes Interesse am Bankenwesen wach zu rufen und mich dafür zu begeistern. Gelungen ist ihm dies bei mir, da er das Bankwesen und seine verschlungenen Wegen zwar anreißt, aber nicht weiter in die Tiefe geht. Kryptowährung, Anlagefonds, Aktien und so weiter ist mir alles ein Begriff, die verschlungenen Wege hingegen nicht. Gut fand ich auch, dass er meine Vorurteile einer Bank gegenüber, alle bediente und sogar noch deutlich überzog. Banker haben nur ihren eigenen Gewinn im Sinn, wie deutlich an Lauras Chef zu sehen war, der sogar einen verzweifelten Familienvater noch über den Tisch zog, ohne mit der Wimper zu zucken und sich sogar am Vermögen von Toten reichlich bediente. Leerverkäufe, Geldwäsche Zinsbetrug und vieles mehr, was in meinem Kopf rum geistert, all dies wurde von Veit Etzold aufgegriffen.
Gemischt mit einer kräftigen Spur Krimi in Form von Betrug, Erpressung, Mord und Totschlag rasten die Seiten wie nichts an mir vorbei und ich tauchte gerne in das Bankwesen ab. Geholfen hat es natürlich, dass der Autor mit Laura Jacobs eine authentische Protagonistin geschaffen hat, in deren Leben ich mich ohne Probleme hineinversetzen konnte. Laura ist ein Mensch wie du und ich, steht mitten im Leben, hat ihre Träume, Ängste, Sorgen und Wünsche. Und doch hat sie eine faszinierende Gabe, die viele von uns gerne hätten: Sie behält in jeder Situation die Nerven. Egal, ob es negativ ist wie die Kündigung aus ihrem Haus, bedrohlich wie ein Banküberfall oder euphorisch bei der angekündigten Beförderung, nach außen hin ist Laura stets beherrscht und überlegt. Vielleicht schon eine Spur zu kühl, aber ich mag das an ihr.

Mein Fazit
Laura Jacobs ist eine tolle Protagonistin und ich freue mich schon sehr auf weitere Bücher mit ihr und dem Bankenwesen!

Bewertung vom 24.09.2022
Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit
Pulley, Natasha

Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit


weniger gut

Joe Tournier steht auf einem Bahnhof in London. Er weiß nicht, wer er ist. Er weiß nicht, woher er kommt, oder wohin er möchte. Joe hat sein Gedächtnis verloren. Zum Glück werden seine Besitzer schnell gefunden und die Suche nach dem Ich nimmt ihren Weg. Denn alles erscheint Joe falsch, verworren und irgendwie nicht greifbar. Er weiß nur eins: Er muss M finden! Seine Reise bringt ihn schließlich zu einem geheimnisvollen Leuchtturm und dort erkennt Joe, dass alles anders ist, als er es sich jemals vorgestellt hätte.

Das Cover zeigt den Leuchtturm von Eilean Mór als eine Art abgestempelte Briefmarke. Er thront auf den Klippen einer Insel auf den Äußeren Hebriden wie aus der Zeit gefallen; umkränzt von einem Ziffernblatt. Ich finde es sehr schön und es berührte mich sofort. Zusammen mit dem Klapptext machte es mich sehr neugierig auf das Buch.

Natasha Pulley hat eine schöne, bewegende und interessante Zeitreisegeschichte kreiert, mit deren Irrungen, Wirrungen und unvorhergesehenen Wendungen ich nie gerechnet hätte. Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht Joe Tournier, der mitten auf einem Bahnhof ohne jegliche Erinnerungen zu sich kommt. Joe spührt, ahnt und merkt, dass da noch mehr sein muss, kann das Vergessene allerdings nie wirklich greifen. Selbst als er sich endlich am Ziel wähnt, am Leuchtturm Eilean Mór, spitzt sich die Situation immer weiter zu.
Natasha Pulley nimmt nicht nur Joe, sondern auch mich, mit auf eine Zeitreise. Allerdings nicht nur durch die Zeit, sondern auch durch Joes Leben und die Geschichte Englands und wie sie sein könnte, hätte sein können, ist, wäre und in Zukunft sein wird. Mir persönlich waren das zu viele Wendepunkte und schnell verlor ich den roten Faden in der Geschichte. Und auch die Lust am Lesen, da ich nie wusste, wann ich bin und mit wem ich gerade unterwegs bin. Das legte sich erst, als ich Personen und Zeiten auf einem Zettel notierte und diesen griffbereit neben mir hatte. Die Zeitsprünge und vor allem die Rückblicke innerhalb der Zeiten waren mir zu viel des Guten. Außerdem fieberte ich die ganze Zeit nach des Rätselslösung und hatte immer das Gefühl, dass wenn ich endlich Klarheit erlangt habe, mir das Deutliche zwischen den Fingern zerrinnt.
Auch fand ich es nicht schön, die ganze Zeit Menschen leiden zu sehen, ob ihrer inneren Gefühle. Eine raue Zeit, eine faszinierende Zeit und bestimmt auch eine sehr geschichtsträchtige. Mir war es jedoch zu viel durcheinander, als dass ich mich in dem Buch hätte wohlfühlen können.

Mein Fazit
Ein grandioses Thema individuell umgesetzt. Meinen Geschmack hat das Buch leider nicht getroffen, aber es hat seine Stärken.

Bewertung vom 11.09.2022
Zehn Jahre du und ich
Hughes, Pernille

Zehn Jahre du und ich


sehr gut

Mit dem plötzlichen Tod von Ally, bricht nicht nur für ihren Verlobten Charlie eine Welt zusammen, sondern auch für ihre beste Freundin Becca. Doch statt sich gegenseitig Trost und Halt zu spenden, gehen sich die beiden aus dem Weg. Nur einmal im Jahr treffen sie sich, um Allys Bucket-List abzuarbeiten. Und es wird für beide Parteien eine wahre Knochenarbeit, aber auch eine Herzensangelegenheit. Immerhin geht es um ihre geliebte Ally...

Pernille Hughes hat einen unfassbar berührenden, wunderschönen und bewegenden Schreibstil. Sie drückt nicht kitschig auf die Tränendrüse, auch wenn ich hin und wieder schniefen musste, sondern schildert die Gegebenheiten wie aus dem Leben gegriffen. Den Streit, zwischen Becca und Charlie, die innige Liebe der beiden zu Ally, die sie verbunden hat und wie sich ihr Leben nach Allys Tod weiterentwickelt. Ohne Probleme konnte ich mit den beiden die Bucket-List abarbeiten, aber auch die Momente des Triumphes genießen und an den Aufgaben wachsen.
Denn es ging Ally nicht darum, die beiden Streithähne mit Gewalt aufeinander los zu lassen, sondern sie sollten erkennen, was sie verbindet, was sie trennt und dass sie eigentlich nicht wie Hund und Katze sind. Ich genoss es in vollen Zügen, Becca uns Charlies Entwicklung über die Jahre beobachten zu dürfen. Wie sie mit Allys Tod umgehen und sich neue Räume erobern. Ally schien es wichtig, dass die beiden den Tod nicht als böse Bedrohung ansehen, sondern die Chance dahinter sehen, etwas völlig Neues zu erleben und nimmt sie dabei mit Hilfe ihrer Liste an die Hand.
Pernille Hughes schildert dies so feinfühlig, so innig berührend, dass es selbst mir viel gegeben hat. Hoffnung, Mut und Lust an neuen Dingen. Auch mal über den eigenen Schatten springen und nicht immer den Fehler bei anderen suchen, mag es auch oft einfacher erscheinen.

Mein Fazit
Ein wunderschönes, berührendes Buch, dass ich wärmstens empfehlen kann!

Bewertung vom 04.09.2022
Stille blutet
Poznanski, Ursula

Stille blutet


gut

Als Tibor Glaser hört, dass seine Ex-Freundin Nadine Just einen verstörenden Nachrichtenbeitrag vorgetragen hat, in dem es um ihren eigenen Tod geht, fährt er sofort zu ihrem Sender. Mit schlechten Gefühlen im Bauch betritt er Nadines Garderobe und findet sie ermordet vor. Kurz darauf kündigt ein weiterer C-Promi seinen baldigen Tod an. Auch dieser ist wieder mit Tibor Glaser verknüpft. Doch Tibor beteuert seine Unschuld, doch die Schlinge zieht sich mehr und mehr zu, denn alle Indizien sprechen gegen ihn.

Das Coverbild zeigt den Stephansdom, der sich in einem Meer aus Blut zu spiegeln scheint. Das Bild wirkt düster, bedrohlich und Angst einflößend und reizte mich zusammen mit dem Klapptext zu einem beherzten Griff zu dem Buch.

Ich schätze Ursula Poznanski sehr für ihre ausgefeilten, teils tiefgründigen und spannenden Romane. Deswegen habe ich mich sehr auf ihr neues Werk gefreut und ließ mich gerne in Wiens Polizeibehörde und deren Arbeit entführen. Wie in vielen Behörden scheint das Team um die Ermittlerin Fina Plank oberflächlich betrachtet wunderbare Arbeit zu leisten, aber unter der Oberfläche brodelt es. Denn Fina ist jung und eine Frau und somit eine Rarität in der Mordermittlung. Während einige Kollegen ihr hilfreich zur Seite stehen, versuchen andere, ihr zu schaden und sie zu verdrängen. Doch Fina setzt sich mit Biss durch, was ich unterhaltsam zu lesen fand. Ich mag zwischenmenschliche Querelen und die Lösungswege hin zu einem guten Miteinander.
Denn das gute Miteinander ist bei dieser verzwickten und vor Zufällen strotzenden Ermittlung mehr als wichtig. Für meinen Geschmack reihten sich diese zu offensichtlich aneinander, was auch der versierten neuen Ermittlerin alsbald unangenehm auffiel. Die Ermittlungen konnten mich leider nicht fesseln, da mir das Motiv fehlt. In vielen Büchern gefällt es mir, gemeinsam mit den Ermittlern einer heißen Spur zu folgen und finde es grandios spannend, den Täter erst auf der letzten Seite zu stellen, aber hier fehlte mir die Spannung leider. Ich fühlte mich alleine gelassen und tappte zu oft im Dunkeln. Folgen konnte ich der Handlung zwar, aber mir fehlte der Sinn, oder das Verständnis für die Situation.

Die Protagonisten fand ich zwar durchaus ansprechend, aber irgendwie sehr Klischee behaftet. Die Neue im Team, ausgerechnet eine Frau in einer Männerdomäne, hat den richtigen Riecher. Der Alpha wird in seine Schranken verwiesen und macht Wind gegen die Neue. Es gibt die typischen Mitläufer und die, die sich dagegen auflehnen. Und doch ist dies nur der innere Schein, denn nach Außen wirkt alles professionell. Ein dankbares Opfer, das als Täter herhalten muss und ein verzwicktes Katz und Maus Spiel. Wobei Spiel falsch ist, denn alle scheinen eher zu reagieren, als zu agieren.

Mein Fazit
Mich hat das Buch leider nicht überzeugen können. Mir war die Handlung zu zäh und das Motiv hat sich mir nicht wirklich erschlossen.

Bewertung vom 21.08.2022
Die Köchinnen von Fenley
Ryan, Jennifer

Die Köchinnen von Fenley


sehr gut

... noch nie war dieser Spruch so wahr, wie zu Kriegszeiten! Vor allem für die Frauen, die zu sehen mussten, wie sie ihre Familie mit den wenigen, rationierten Lebensmitteln über die Runden bringen sollten.
In dieser Zeit lebt Audrey mit ihren drei Söhnen in Fenley. Ihr Mann Matthew wurde über Düsseldorf abgeschossen und seit dem bringt sie die Familie alleine durch. Doch es ist Arbeit, viel Arbeit. Der einzige Lichtblick scheint die Serie Kitchen Front zu sein, dessen Moderator Tipps und Tricks zeigt, wie man aus wenigen Lebensmittel eine wohlschmeckende Mahlzeit zubereiten kann.
Denn ihre Schwester, Lady Gwendoline Strickland hilft ihr nicht. Lady Gwendoline ist einzig auf ihren eigenen Vorteil bedacht und weiß sich ganz genau in Szene zu setzen. Trotzdem ist auch für sie Kitchen Front ein Lichtblick und Quell der Freude.
Ganz anders die Köchin Zelda. Schwanger und verzweifelt ist für sie Kitchen Front keine Quelle der Freude, sondern Sprungbrett. Denn als die Macher der Radioshow einen Wettbewerb ausrufen und die Gewinnerin des Kochduells groß rausbringen wollen, wittert sie ihre Chance, als Frau endlich das Ansehen zu bekommen, das ihr zusteht.
Von Ansehen und Ruhm träumt die Köchin Mrs Quince und ihre Küchenmagd Nell bei weitem nicht. Sie machen bei dem Wettbewerb mit, wachsen allerdings erst nach und nach an ihren Aufgaben.

Das Cover zeigt die vier Konkurrentinnen Zelda, Lady Gwendoline, Audrey und Nell, wie sie in Kochmontur und mit Lebensmitteln ausgestattet auf dem Weg zu Kitchen Front sind. Mitten in der Bewegung eingefangen, wirkt das Bild auf mich lebendig und voller Tatendrang. Die vier blicken nach vorne, sind zielstrebig und respektieren und schätzen sich. Ich finde es gut zu Titel und Inhalt des Buches gewählt.

Es scheinen die kleinen Augenblicke zu sein, die Jennifer Ryan in den Mittelpunkt ihrer Erzählung stellt und die das Buch für mich zu einem nachhaltigen Erlebnis machte. Sie schreibt so lebendig, so enthusiastisch und berührend, dass die Zeilen wie nichts an mir vorbei geflogen sind. Angst, Alltag, Sorgen und Nöte stehen ebenso auf dem Tagesplan wie stark sein und Spaß haben für die Kinder, der Kampf ums tägliche Leben in Kriegszeiten.
Besonders Freude bereitete mir zu sehen, wie aus den vier Frauen Freundinnen werden. Es gibt immer weniger Ich und immer mehr Wir. Verbiegen muss sich deswegen keine von ihnen, sondern sie wachsen an sich und an den anderen; an den Gegebenheiten des Krieges und an ihren Mitmenschen. Jennifer Ryan schildert diese Entwicklung sehr einfühlsam und behutsam. Sie zwingt nichts auf, sondern lässt Gefühle reifen. Ich hätte nie gedacht, dass diese vier völlig unterschiedlichen Frauen tatsächlich eine Basis finden können, um harmonisch und liebevoll miteinander umzugehen. Die Autorin macht kein Drama um allein erziehende Mütter, Witwen, Mägde oder sonstige Vorurteil behaftete Personen zu dieser Zeit, sondern lässt sie einfach leben, lieben und lachen, denn der Alltag ist schon hart genug. Und doch beschäftigt mich dies sehr. Wie sehr haben die Frauen vor sechzig, siebzig Jahren kämpfen und sich behaupten müssen, damit wir heute unser Leben genießen können.

Mein Fazit

Vier Frauen, die eigentlich ihren Platz im Leben bereits gefunden haben, auf der Suche nach sich selber. Wunderbar einfühlsam und lebendig geschrieben!