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Jackolino
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Rheinland-Pfalz

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Insgesamt 72 Bewertungen
Bewertung vom 05.01.2024
Bissegger, Catherine

Goldküste


ausgezeichnet

Catherine Bissegger hat mit ihrem Erstlingswerk „Goldküste“ einen starken Krimi geschrieben.

Die Handlung spielt am Zürichsee. Ein Flarzhaus in Küsnacht bei Zürich brennt nieder und in den Trümmern finden sich zwei verkohlte Leichen. Die beiden Kommissare Nadine Santi und Yves Harder stehen vor einem Rätsel. Während eine der Leichen recht bald identifiziert werden kann, tappen sie bei der weiblichen Leiche lange im Dunkeln.

Das Buch ist so aufgebaut, dass es in verschiedenen Zeitebenen spielt. Die Realität, das sind die Monate August und September 2022, hier folgen wir der Auffindung der beiden Toten, den ersten Befragungen im Bekanntenkreis, den Gedanken und Handlungen der beteiligten Personen. Gleichzeitig gibt es aber auch immer wieder Rückblicke in die Zeit von 2004 bis fast in die Gegenwart. Hier handelt es sich um Tagebucheinträge von Anna Cerny, die die Hintergründe für den Leser beleuchten. Einige wenige Rückblicke gehen sogar zurück in die 70er Jahre, hier fand ich es zu Anfang ein wenig schwierig, einen Zusammenhang herzustellen. Das ergab sich aber mit der Zeit.

Die Tagebucheinträge künden von einer großen Liebe, eine Floristin wird zur Gattin eines der bestbezahlten Anwälte der Schweiz, eines Architekten großer Firmenzusammenschlüsse, eines charismatischen Mannes. Sie künden von einer scheinbar perfekten Familie, vor allem, als den beiden dann nach einigen Jahren ein Sohn geboren wird. Gäbe es da nicht auch hin und wieder Schattenseiten...

Das Buch ist von Anfang bis Ende spannend, oft wird man auf falsche Fährten gelockt und scheint der Lösung ganz nah zu sein. Und dann ist doch wieder alles ganz anders.

Auch die beiden Ermittler bilden ein kompetentes Duo und endlich einmal hat man auch nicht das Gefühl, dass die einzelnen Dienststellen oder Kommissariat und Staatsanwaltschaft sich das Leben gegenseitig schwermachen. Ihre Herangehensweise an die Lösung fand ich professionell, gut gefallen hat mir aber auch ihr Auftritt zum Abschied des Kollegen aus der Wirtschaftskriminalität. Und wenn es nur ein Zeichen für ein ausgezeichnetes Arbeitsklima in der Behörde war.

Das Schweizer Lokalkolorit fand ich ganz charmant, ich habe oft geschmunzelt, wie viele Unterschiede es doch zwischen dem Schwyzerdütsch und Hochdeutsch gibt. Ich bin sicher, die Ortsbeschreibungen entsprechen auch den Tatsachen, nur leider kenne ich mich am Zürichsee nicht aus.

Mir hat das Buch gut gefallen, zumal es auch vom psychologischen Standpunkt aus betrachtet einiges an Tiefgang aufweist.

Bewertung vom 09.12.2023
Imgrund, Barbara

Räuberleiter


ausgezeichnet

Oft sind die Bücher richtig gut, an die man gar keine großen Erwartungen hatte und so ist es auch in diesem Fall.

Schon das Titelbild sprach mich nicht wirklich an und doch passte es ganz wunderbar zum Inhalt. Der Krimi spielt in einer eng besiedelten Wohngegend einer nicht genannten Stadt, wo sich Hochhaus an Hochhaus reiht und man seine Nachbarn nicht unbedingt kennt. Und auch die Schneeflocke am Fenster ist offenbar noch vom letzten Winter übriggeblieben, die Handlung spielt bei hohen Temperaturen im Sommer. Dieser Schneeflocke wird noch eine ganz besondere Rolle und Aufmerksamkeit zuteil.

Eines Morgens geht in einer Spedition ein seltsamer Anruf ein und trifft zufälligerweise auf eine junge Frau, die schon einmal in der Telefonseelsorge gearbeitet hat. Am anderen Ende der Leitung ist ein kleiner Junge, sein Alter ist schwer zu schätzen, aber er hat Probleme, sich zu artikulieren und spricht nur einzelne Worte. Er fragt nach seiner Mamilina, die er vermisst. Birte tut das einzig richtige, sie nimmt den Anruf in Teilen auf und verständigt die Polizei. Es muss davon ausgegangen werden, dass dieser Junge hilflos allein zuhause gelassen wurde, man weiß nicht, ob er etwas zu essen oder zu trinken bekommt und der Hinweis des Jungen auf einen „Räuber“ alarmiert sowohl Birte in der Spedition als auch die herbeigerufenen Beamten.

Das Buch ist aus verschiedenen Perspektiven geschrieben, und je nach Handlungsverlauf kommt einmal die Polizei, dann wieder Robbie, seine Mutter und der väterliche Freund, der Taxifahrer Anton zu Wort.

Relativ schnell können die erst nur losen Fäden zusammengeführt werden, der Junge erhält einen Namen und seine Mutter wacht im Krankenhaus aus dem Koma auf. Nur kann sie sich an nichts erinnern. Und so bleibt der Aufenthaltsort des Jungen weiterhin unbekannt.

Außerdem erzählt auch Dante seine Geschichte. Er ist ein Kleinkrimineller, der endlich von seinen Kumpels akzeptiert werden will und sich mit ein paar dunklen Gestalten aus der Drogenszene der Stadt angefreundet hat. Für sie soll er Kurierdienste übernehmen und heute schlägt seine große Stunde. Ihm ist ein tiefgefrorenes Paket übergeben worden, welches er am nächsten Abend an einer bestimmten Adresse wieder abgeben soll. Die Zeit dazwischen nutzt er allerdings auf fatale Weise.

Es beginnt eine beispiellose Suche nach der Adresse, wo der kleine Junge sich aufhält. Und hier muss man der Autorin wirklich ein großes Lob aussprechen. Sie beschreibt ihre Charaktere sehr wirklichkeitsnah und sie beschreibt sie als engagierte Polizisten, als sehr motivierte Freunde, sie beschreibt Menschen, die sich spontan zu einer Hilfsaktion zusammentun, die über die sozialen Medien Aufrufe starten, die die Straßen ablaufen und versuchen, Robbie zu finden.

In einem ganz spannenden Finale läuft schließlich alles zusammen und kommt zu einem glücklicherweise guten Ende.

Das Buch ruft nach einer Fortsetzung, man will doch wissen, ob und wie es am Hasenberg weitergeht. Und bestimmt gibt es auch noch andere Fälle, die gelöst werden müssen und bei denen man vielleicht auch die Assistenz eines Taxifahrers brauchen kann.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.12.2023
Milani, Gianna

Commissario Tasso treibt den Winter aus / Commissario Tasso Bd.3


gut

Kurz nach der Auflösung des Falles um den Polizeichef Bruno Visconti gibt es für Commissario Tasso und seine Noch-Praktikantin Mara einen neuen Fall. Bei dem Egetmann-Umzug in Tramin, bei dem traditionell der Winter ausgetrieben werden soll, treiben es die Schnappviecher gar zu doll. Jedenfalls wird mitten in der Menge ein junger Mann umgebracht und niemand hat etwas gesehen.

Kurzum werden der noch vom Dienst suspendierte Commissario Tasso, sein verrenteter Kollege Vierweger und die Praktikantin Mara wieder in Dienst gestellt und mit dem Fall betraut.

Ermittlungen in einem kleinen Dorf in Südtirol sind schwierig. Die Leute reden nicht gern mit der Staatsgewalt, ganz im Gegenteil, sie nehmen die Justiz auch schon mal in die eigenen Hände und so bedarf es sehr viel Feingefühls und auch so manchen Tricks, um dem Täter auf die Spur zu kommen.

Ich lobe ausdrücklich die sehr schönen Titelbilder der Reihe. Das winterliche Flair der norditalienischen Stadt Bozen ist gut getroffen, die Menschen, die abgebildet sind, sind elegant gekleidet in der Mode der 60er Jahre.

Überhaupt weckt ein Ausflug in diese Zeit einiges an Erinnerungen, vor allem was die Rolle der Frauen angeht. Es war noch nicht selbstverständlich, dass Frauen arbeiteten, und wenn sie es taten, dann hauptsächlich im eigenen Betrieb, wie z. B. der eigenen Bäckerei oder der Pension.

Es war gut, dass dem Buch eine Seite der beteiligten Personen vorangestellt war. Man verlor schon mal den Überblick und das traf offenbar auch auf die Autorin zu, die Namen verwechselte und einen eigentlich eingesperrten Protagonisten doch plötzlich wieder im Wirtshaus auftauchen ließ.

Schwierig fand ich außerdem die Rückbezüge auf Band 2. Ohne Vorkenntnisse war Band 3 nicht so ohne Weiteres zu verstehen, insbesondere dann nicht, wenn es um die Verhandlungen zu Tassos beruflicher Zukunft ging. Auch in Band 2 gab es Rückbezüge auf den ersten Band der Reihe, da hatte man aber nicht das Gefühl, etwas Wichtiges verpasst zu haben.

Trotz der Kritikpunkte liest sich das Buch sehr gut und auch stellenweise spannend und vor allem würde ich schon gerne erfahren, wie es mit den Protagonisten weitergeht. Ich würde gerne Maras Weg weiterverfolgen, interessiere mich für Giulios berufliche Änderungspläne und bin auch gespannt, ob Tasso Bozen treu bleibt.

Bewertung vom 06.11.2023
Stadler, Marion

Sautrog


sehr gut

Auch wenn man die vorangegangenen Bücher noch nicht kennt, so fällt der Einstieg in die Handlung leicht.

Mary Weidinger, Kommissarin in Essing im Altmühltal, ist nach einem schweren Unfall auf dem Weg der Besserung, obwohl ihre Schulter immer noch sehr schmerzt. Ihre Reha ist abgeschlossen, jetzt soll sie sich zuhause weiter erholen. Doch dann wird am Morgen nach einem Fest eine Leiche in einem Sautrog auf dem Ludwig-Kanal gefunden. Eine erste Version von Selbstmord kann nicht lange aufrechterhalten werden, es war eindeutig Mord und es traf Engelbert vom Reinen Licht, den Guru einer Sekte, die sich vor einiger Zeit in Essing niedergelassen hat.

Ein Mord vor Ort, da kann Mary nicht tatenlos zusehen und schon bald steckt sie mit ihrem neuen Kollegen Erdem mitten in den Ermittlungen. Es bleibt auch nicht bei einer Leiche, da scheint sich ein "Sündenbabel" vor den Ermittlern aufzutun, die immer tiefer in das Leben der Sekte eintauchen.

Die Suche nach einem Motiv gestaltet sich schwer. Auch wenn Guru Engelbert eine zwielichtige Vergangenheit hatte, so scheint er doch sein altes Leben hinter sich gelassen und in Essing eine neue Heimat gefunden zu haben. Von seinen Mitbrüdern und vor allem -schwestern wird er jedenfalls geliebt, so ihre Aussage. Doch mit jeder Aussage ergeben sich Risse.

Der Krimi ist so geschrieben, dass man unbedingt weiterlesen will und deswegen habe ich es auch an einem Wochenende geschafft.

Was das Altmühltal angeht, so hatte ich mir ein paar mehr touristische Informationen erhofft. Meine Erwartungen gingen so in die Richtung der Frankreich-Krimis, die einen immer am liebsten gleich die Koffer packen lassen. Aber immerhin habe ich Essing gegoogelt und auf der Homepage des Ortes ein Bild von dem Kanal gefunden, auf dem der tote Guru im Sautrog schwamm. Lokalkolorit hatte der Krimi schon aufgrund der immer mal wieder eingeworfenen bayerischen Redewendungen und Flüche und der sicher passenden Charakterisierung der grantelnden Älteren im Dorf wie Opa und Rita. Die beiden sind zwar für mich nicht unbedingt Sympathieträger gewesen, dennoch führte ein kleiner Hinweis des Opas aber zur Aufklärung des Mordes.

Ein versöhnliches Happy End im Hause Weidinger gelingt auch, weil private Probleme endlich gelöst werden können und sich der menschliche und tierische Zuwachs im Haus besänftigend auf die Gemüter auswirkt.

Bewertung vom 21.10.2023
Yang, Susie

Die kleinen Lügen der Ivy Lin


sehr gut

Das große Ziel vor Augen

Ivy Lin ist die Tochter chinesischer Einwanderer in die USA. Da ist auf der einen Seite die strenge Erziehung durch Mutter und Großmutter, wobei diese immer auf Bildung, Reichtum und gute Aussichten ausgerichtet ist. Da waren aber auch die reuiigen Belohnungen, nachdem sie bestraft worden war. "Im Haushalt der Lins wurde man dafür belohnt, bestraft zu werden". Damit und durch schlechte Beispiele (kleinere Diebstähle der Großmutter) und Erzählungen der beiden Frauen, die noch geprägt vom Hunger und den Verfolgungen der Mao-Jahre sind, gelingt es Ivy nicht, sich ein angepasstes Bild von "Gut und Böse" aufzubauen, ihre Moral unterscheidet sich von der ihrer Mitschüler. Ihre Prägung, die den Vorgaben ihrer weiblichen Vorfahren folgt, legt die Grundlagen für ihr späteres Schicksal.

In der Schule ist sie isoliert. Ihr einziger Freund der Grundschulzeit und der ersten Jahre in der Mittelstufe ist ein ebenso mittelloses Einwandererkind aus Rumänien, Roux Roman. Mit ihm hat sie auch mit 14 den ersten Sexualkontakt, den sie aber nicht wirklich ernst nimmt, obwohl sie schon merkt, dass Roux in sie verliebt ist.

Sie schwärmt für Gideon Speyer, einen Mitschüler aus sehr gutem Hause. Einmal lädt er sie tatsächlich zu seiner Geburtstagparty ein und Ivy belügt ihre Eltern, um dabei sein zu können. Der Kontakt zu Gideon wird daraufhin von ihren Eltern ein für allemal durch einen Umzug blockiert.

Für mich ist Ivy in erster Linie an Anpassung und dazugehören wollen interessiert. Sie flunkert, aber bisher hat sie noch niemandem mit ihren Lügen geschadet. Die Dinge, die sie als Kind in kleinen Läden hat mitgehen lassen, waren billige Pfennigartikel. Damit heiße ich Diebstahl nicht gut, aber er hat auch niemanden ins Verderben gestürzt.

Dem Begriff „Charakterstudie“, der in manchen Rezensionen auftaucht, würde ich zustimmen. Eine Charakterstudie nicht nur von Ivy, sondern ihrem gesamten Umfeld: den Einwanderern genauso wie der besseren Gesellschaft der USA. Ihr ganzes Umfeld scheint aus Lügen und Heuchelei zu bestehen.

Ivy beendet die Schule und wird Lehrerin. Durch Zufall trifft sie Gideons Schwester Silvia wieder und durch sie auch Gideon selbst. Die beiden freunden sich an, aber es ist mehr sie, die emotional in die Beziehung investiert. Einerseits hält er sie auf Abstand, dann stellt er sie aber auch seinen Eltern vor und macht ihr schließlich einen Heiratsantrag. Sie scheint am Ziel ihrer Träume, doch da ist immer diese Distanz. Er wirkt nicht verliebt.

Dafür taucht plötzlich Roux an Silvias Seite auf. Er hat Karriere gemacht und Silvia über die Kunst kennengelernt. Nachdem Silvia zickt und immer launischer wird, kommt es, wie es kommen muss, Ivy betrügt Gideon mit Roux. Für sie fühlt es sich ehrlich an, „ehrliche Doppelzüngigkeit anstatt der weitaus anstrengenderen doppelzüngigen Ehrlichkeit“.

Und hier beginnen die Lügen, die schließlich fatale Folgen haben werden.

Über lange Strecken am Anfang war mir Ivy durchaus sympathisch. Manchmal hatte sie mein Mitleid. Die subtilen Feindseligkeiten gegenüber Menschen, die anders aussehen, dieses Ausgrenzen gibt es in Europa genauso wie in den USA. Erst das spätere Doppelleben und das letztendlich tragische Finale gehen auf ihr Konto und machen sie schuldig. Sie hat zwar ihr Ziel erreicht, zu einer der angesehenen Familien der USA zu gehören, aber zu welchem Preis? Und so gibt es zum Schluss eigentlich nur noch Verlierer!

Die fast 500 Seiten des Buches lesen sich leicht und flüssig und lassen keine Langeweile aufkommen. Sie bieten aber auch Gesprächsstoff, es wäre sicherlich eine lohnende Lektüre für einen Buchkreis.

Bewertung vom 10.10.2023
Humberg, Christian

Mord kennt keine Feiertage / Timothy Smart Bd.1


sehr gut

Das Cover passt sehr schön zum Titel und in die Weihnachtszeit. Im Rot-Weiß-Muster einer Zuckerstange sind Autor, Titel und Titelbild eingerahmt.
Das Titelbild zeigt ein erleuchtetes Herrenhaus in dunkler Nacht am Meer. Von weitem grüßt ein Leuchtturm, die Gegend wirkt friedlich, der Schnee fällt aber unablässig.

Gerade hat Inspector Timothy Smart seinen letzten Fall gelöst und freut sich auf ruhige Feiertage mit seiner Frau Mildred, da erreicht ihn ein Anruf seines Freundes Robin Chandler. Chandler bittet ihn dringend darum, sofort nach Crannock Hall, einer Insel vor Cornwall zu kommen, es könne sonst Tote geben.

Bei denkbar schlechtem Wetter verschiebt Smart seinen Weihnachtsurlaub und macht sich auf den Weg. Die letzte Fähre bringt ihn nach Crannock Hall, danach brechen die Verbindungen ab und die Insel ist eingeschneit und von der Außenwelt abgeschnitten.

Damit ist natürlich ein perfektes Setting für einen spannenden Krimi geschaffen und tatsächlich lernen die Gäste den Hausherrn schon gar nicht mehr kennen, er liegt noch vor dem Abendessen erschlagen in der Bibliothek. Und es dauert nicht lange, da gibt es den zweiten Toten. Und weiterhin keine Möglichkeit, das Festland zu erreichen, egal ob telefonisch oder mit der Fähre.
Fast jeder könnte der Mörder sein, Misstrauen macht sich breit und erste Gäste verbarrikadieren sich bereits in ihren Zimmern. Smart und Chandler, die über jeden Verdacht erhaben scheinen, suchen nach einem Motiv, nach einer Gemeinsamkeit. Wie könnten diese beiden Todesfälle zusammenhängen?

Inspektor Smart hilft seine Neugier, sein Auftauchen in Situationen, in denen man nicht mit ihm rechnet. Er geht gerne Dingen auf den Grund, kleinste Kleinigkeiten fallen ihm auf und diese Beobachtungen tragen natürlich auch zur Lösung des Falles bei.

Der Krimi hält die Spannung bis zum Schluss, die überraschende Wendung war mir allerdings zu wenig begründet und doch zu exzentrisch. Aber immerhin erleichterte sie Inspector Smart die Suche nach dem Mörder und ermöglichte ihm, den Fall doch noch vor dem Fest zu lösen.

Das Buch las sich gut, aufgrund der relativ großen Lettern war man recht schnell durch. Ich fand den Krimi spannend, aber nicht überragend. Von daher entscheide ich mich für 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 13.09.2023
Leßmann, Max Richard

Sylter Welle


sehr gut

Ein brennender Strandkorb ist ein ungewöhnliches Motiv für ein Buchcover. Strandkörbe verbindet man eigentlich mit unbeschwerter Zeit, mit Urlaub und Entspannung. Auch wenn das Motiv im Buch nicht aufgegriffen wird, so muss ein brennender Korb eigentlich das Ende von etwas bedeuten und hier ist es wohl das Ende der gemeinsamen Urlaube von Max mit seinen Großeltern. Der Buchtitel nimmt den Bezug zu Sylt auf, Sylter Welle heißt das Quartier, in dem sie die Ferienwohnung gemietet haben.

Max verbringt ein Wochenende mit seinen Großeltern auf Sylt. Das hat er von klein auf getan, mit den Eltern, mit den Onkeln, mit den Cousins. Weibliche Wesen scheinen keine große Rolle zu spielen, jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern, dass auch Max' Schwester einmal in den Episoden aufgetaucht wäre. Oma hat nicht so gerne Konkurrenz neben sich und ihr Verhältnis zur Schwiegertochter ist gespalten. Omma ist der "Feldherr", die Macherin in der Familie.

Oma Lore und Opa Ludwig hatten die Söhne und Enkel gerne um sich und Oma Lore hat sie alle bekocht und verwöhnt und zwar auf ihre Art.

Das Leben und Verhalten der Großeltern ist strukturiert, dogmatisch und vorhersehbar. Manche Dinge waren schon immer so und sind anders auch nicht denkbar, da gibt es keine Diskussionen darüber.

Es scheint so zu sein, wie es in vielen Familien ist: da ist ein besonderes Verhältnis zwischen Großeltern und Enkeln. Die Chance der Eltern kommt, wenn sie selbst einmal Großeltern sind.

Max schildert sich selbst als Kind. Ganz einfach war es wohl nicht mit ihm, er verhielt sich nicht immer so, wie es vom ihm erwartet wurde. Wie sagt die Oma so schön: „unkontrolliert“. Erst mit den Jahren wurde es besser.

In zeitlich wechselnden Episoden erinnert er sich an gemeinsame Zeiten und oft kommt er vom „Hölzchen aufs Stöckchen“, ein Stichwort gibt das andere und er schweift weit ab, bevor er wieder zu dem kommt, was er eigentlich erzählen wollte.

Tag 1 des Wochenendes ist ausgefüllt mit allen möglichen eher positiven Erinnerungen. Ganz anders Tag 2: Hier überwiegt die Melancholie, es kommen die Schicksalsschläge zur Sprache, die der Familie über die Jahre zugesetzt haben und sie so haben werden lassen, wie sie jetzt sind. Hier erhält das Buch auch deutlich mehr Tiefgang.

Am dritten Tag kündigt sich schon der Abschied an, der Alltag kehrt ein und Max ist in Gedanken und selbst in Taten schon wieder zurück in seinem eigenen Leben. Omas Abendessen verschmäht er und macht noch einen Abstecher zu Mac Donalds, um satt zu werden. Mir schien es wie ein Abnabeln, ein Schritt in die Selbstständigkeit, die zwar nicht unbedingt besser aber selbstbestimmt ist.

Die Apfelringe, die sonst immer den Urlaub eingeläutet haben, markieren jetzt das Ende der gemeinsamen Zeit auf Sylt. Sie wirken wie ein Abschiedsgruß.

Ich bin mir immer noch unsicher, wie ich zu dem Buch stehe. Es liest sich gut und flüssig, auch wenn das Abschweifen den Leser manchmal rat- und orientierungslos zurücklässt. Omma ist der bestimmende Charakter, Oppa bleibt neben ihr blass und fällt höchstens durch seine Schrullen und seine immer wieder eingestreuten schlesischen Begriffe auf. Die "fetzige Lerge" hat mich bis zum Schluss irritiert. Gegen Oma aufbegehrt hat er wohl in erster Linie durch Wutausbrüche, die aber erst im letzten Abschnitt thematisiert werden. Jetzt im Alter wirkt er eher hilflos und abhängig. Doch auch Oma Lore ist nicht mehr die, die sie war. Als Feldherrin scheint ihr das Heer abhanden gekommen zu sein, da ist mit Opa Ludwig nur noch ein einziger müder und alter Soldat übrig geblieben.

Bewertung vom 05.09.2023
Husemann, Dirk

Die Windsor-Akte


ausgezeichnet

Die Geschichte beginnt in den ersten Monaten des Zweiten Weltkrieges. Der englische König Edward hat wegen Wallis Simpson auf den Thron verzichtet und befindet sich in Paris und feiert dort rauschende Feste. Man hat ihm Bedienstete zur Seite gestellt, die aber auch vom Geheimdienst instruiert wurden und Edward bespitzeln sollen. Einer davon ist Ajax Doggerton, ein Student der Literaturwissenschaft, eigentlich in erster Linie an Shakespeare interessiert und nun damit beauftragt, sich in die große Politik möglichst unauffällig einzumischen.
England hat Angst, dass Edward sich von den Nazis umgarnen lässt, Hitler und Ribbentrop hätten nämlich gerne eine willfährige Enkelin von Kaiser Wilhelm auf dem englischen Thron gesehen.
Ajax ist kaum in Paris angekommen, da verliebt er sich schon in Lydie, eine der weiblichen Bediensteten des Herzogspaars. Seine Berichte nach London entstammen mehr seiner Phantasie als der tatsächlichen Wahrheit.
Als die Nazis in Paris einmarschieren, flüchtet das Herzogspaar nach Süden. Ihnen auf den Fersen der britische Geheimdienst mit Mordplänen an Edward und Wallis sowie die deutsche Prinzessin Katharina, die einfach nicht wahrhaben will, dass Edward sie abgelehnt hat.
Die Flucht von Katharina und Lydie vor den sie verfolgenden Agenten Gallaghers konnte man sich bildlich vorstellen. Herrlich, dieser Stopp auf dem Bauernhof mit dem kussfreudigen Gaspard. Und wie dann Lydie blitzschnell in die Rolle der Bäuerin schlüpfte. Auch der Handel mit dem Sargschreiner war genial.

Hätte das Ganze nicht einen wahren Kern, man hätte es gut für das Produkt der schriftstellerischen Phantasie des Autors halten können. Es ging manchmal zu wie in einem Bond-Film, aber auch da befand man sich ja in den Diensten Seiner oder Ihrer Majestät.

Insofern ist es sehr gut, dass Dirk Husemann ganz zum Schluss den geschichtlichen Hintergrund erläutert und erklärt, warum es für Churchill so kompromittierend gewesen wäre, wenn die Akte zu einem frühen Zeitpunkt öffentlich geworden wäre. Dass dafür auch kurz nach Kriegsende noch getötet worden wäre, zeigt einmal mehr die Verblendung und den blinden Gehorsam der mit der Akte Betrauten.

Bewertung vom 28.08.2023
Steffens, Nicole

Meine Auszeiten - Westerwald


ausgezeichnet

Nicole Steffens hat mit „Meine Auszeiten – Westerwald“ einen Freizeitführer für eine Region geschrieben, die etwas abseits der ausgetretenen Touristenpfade liegt. Aber dafür war das Buch auch gar nicht gedacht, sondern es soll dem Leser eine Pause, eine Auszeit in einer Region ermöglichen, die sowohl aus den Ballungszentren Köln-Bonn als auch aus Frankfurt gut und schnell zu erreichen ist.

Ich wohne mittendrin und habe einige der vorgestellten Ziele direkt vor der Haustür.
Und die heimischen Ziele kenne ich natürlich auch. Aber da war auch einiges zu finden, das ich nicht kannte. So haben wir beispielsweise das Wiedtal erst in diesem Jahr beim autofreien Sonntag auf dem Rad kennengelernt und fanden es wunderschön. Schon am nächsten Wochenende werden wir ein Wanderziel aus dem Buch ansteuern und damit selbst häufig zu Besuch hier weilenden Freunden mal wieder etwas Neues bieten.

Die Aufteilung in kurze bis mehrtägige Auszeiten ist eine gute Idee. Ob es in der Realität immer so funktioniert, muss man sehen, zumal da doch oft längere Anfahrten notwendig sind. Da wird auch aus einer Atempause schon mal ein Tagesausflug oder man kombiniert ihn mit einem anderen Vorschlag in der Nähe.

Gerne werde ich Nicole Steffens hin und wieder mal eine Rückmeldung zu den gemachten Touren geben.

Bewertung vom 04.08.2023
Zenner, Jessica

Gegenwind (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Mentale Stärke

Schon allein für die Leistung, Island mit dem Fahrrad zu umrunden, sind 5 von 5 Punkten angemessen und wenn man das auch noch macht, obwohl man gar nicht gerne mit dem Fahrrad unterwegs ist, ist es noch höher einzuschätzen.

Mentale Stärke war für diese Reise absolut vonnöten. Jess meinte zwar, diese Stärke hätte sich erst im Laufe der Tour entwickelt, aber als Sportlerin hatte sie schon vorher in Wettkämpfen bewiesen, dass sie kämpfen konnte und nicht gleich aufgab. Auch die Überwindung der Krankheit war ein Kampf und auch den hatte sie gewonnen und es zurück ins Leben geschafft. Nun also diese Fahrradtour, die mit solchen Schwierigkeiten begann und dann doch zu einer Reise zu sich selbst wurde. Noch am Flughafen habe ich mit ihr gebangt und mich über die Schikanen der Zollbeamten geärgert, aber dann ging es los. Von meiner Tochter weiß ich, dass Island ein tolles Land ist, sie hat fast ein ganzes Jahr arbeitend dort verbracht, hat dabei allerdings mehr den Süden kennengelernt. Aber manches aus dem Buch habe ich wiedererkannt, das Flugzeugwrack z. B. scheint eine beliebte Attraktion zu sein.

Fahrradfahren ist die beste Möglichkeit, um den Kopf freizubekommen. Es kann regelrechte Glückshormone freisetzen. Während der Kopf die neue Freiheit genießt, leidet allerdings der Körper unter den Strapazen. Man kann nicht mehr sitzen und mit der Zeit brennen die Muskeln und die Hände verkrampfen sich.

Tobi hat für Jess die richtige Balance gefunden. Seine Rolle während der Reise scheint mir ausgesprochen wichtig zu sein, ohne ihn hätte sie diese Reise vielleicht nicht zu einem Ende gebracht. Er wusste, wie und wann er motivieren musste, reagierte gelassen auf ihre Wutattacken, gönnte sich und ihr eine Pause, wenn es notwendig war. Ich hätte mir vielleicht gewünscht, dass auch er zum Schluss noch einmal zu Wort gekommen wäre.

Ein kleiner Verbesserungsvorschlag zum Schluss: Am Anfang sind mir einige Rechtschreibfehler aufgefallen, später habe ich dann nicht mehr so darauf geachtet. Aber man könnte vielleicht nochmal querlesen.