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Benutzername: 
leseeule
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Eisenhüttenstadt

Bewertungen

Insgesamt 32 Bewertungen
Bewertung vom 19.02.2023
Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1
Mackintosh, Clare

Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1


sehr gut

Eine Party, die weit mehr als eine Leiche zutage fördert
...
Der Fund einer Leiche, während des traditionellen Neujahrschwimmens, erschüttert das kleine walisische Dorf Cwm Coed. Schnell ist klar, dass es sich bei dem Toten um den reichen Bauherren Rhys Lloyd handelt, der in der Nähe das Luxusresort „The Shore“ aus dem Boden gestampft hat. Wer könnte ein Motiv gehabt haben, ihn auf der Party in der Silvesternacht um zubringen?

„Die letzte Party“ bildet den Auftakt einer neuen Krimireihe rund um die walisische Polizistin Ffion Morgan. Aufgrund der zwiegespaltenen Zuständigkeit, ermittelt sie gemeinsam mit einem englischen Kollegen, namens Leo Bradey. Die beiden kennen sich durch eine flüchtige Begegnung, wodurch sich die Zusammenarbeit nicht gerade einfach gestaltet.

Während der laufenden Ermittlung wird eines ganz deutlich. Es gibt niemanden, der kein Motiv gehabt hätte ihn aus dem Weg zu räumen. Jeder trägt entweder ein Geheimnis in sich oder hegte einen tiefen Groll gegen Rhys Lloyd. Sei es seine eigene Familie, Einheimische oder die Bewohner des Resort. Keiner ist wirklich frei von Schuld. Nicht einmal Ffion Morgan selbst, die in dem Dorf aufgewachsen ist, ist unbefangen. Zum einen hat sie zu jedem Dorfbewohner eine Verbindung und zusätzlich ein großes Geheimnis, das sie mit aller Macht bewahren will.

Die Erzählweise war schon sehr außergewöhnlich. Die Ermittlung an sich erleben wir chronologisch fortlaufend aus der Sicht der beiden Ermittler. Dazwischen erfährt man in vielen Rückblicken, aus unterschiedlichsten Perspektiven etwas über die zurückliegenden Ereignisse. Das ganze geschieht auch noch rückwärts erzählt. Ich muss zugeben, dass die Unmenge an handelnden Personen, mich zunächst etwas überforderte. Mir fiel es schwer im Kopf zu behalten, wer, wie und mit wem was gemacht hatte. Auch zog sich für mich die erste Hälfte etwas zäh dahin, da mir die bis dato offenbarten Geheimnisse zu trivial erschienen. Doch nach einem Plottwist, konnte ich das Buch nicht mehr weglegen. Mit jedem neuen Rückblick wurden neue Details enthüllt. Ich war bis zum Ende vollkommen ahnungslos, da nichts für mich vorhersehbar war. Die Idee gleiche Handlungen aus unterschiedlichen Perspektiven zu offenbaren, empfand ich als sehr geschickt eingesetzt. Jede neue Sichtweise birgt eine ganz eigene Wahrheit und lässt nichts so sein wie es scheint. Und als ich am Schluss dachte, dass nun wirklich jede verdrängte Wahrheit an die Oberfläche getreten war, wurde ich eines Besseren belehrt. Ich war vollkommen fassungslos.

Um ehrlich zu sein hatte ich anfangs meine Schwierigkeiten mit den Charakteren warm zu werden. Einzig für Leo hatte ich Sympathie und seine Charakterentwicklung hat mich sehr beeindruckt. Ffion empfand ich zunächst als sehr anstrengend und eigenwillig mit ihrer Art. Irgendwann konnte ich sie dann aber auch verstehen und sah sie als starke Persönlichkeit. Alle anderen Charaktere blieben für mich teilweise unnahbar, obgleich die Einheimischen mich mit ihrer rauen Art mehr überzeugten. Ich denke, dass die Distanz hauptsächlich an den ganzen Geheimnissen lag und keiner wirklich auffallen wollte.

Der Schreibstil war sehr angenehm zu lesen. Die Beschreibung der Umgebung war unglaublich detailliert. Ich konnte mir wirklich sehr gut vorstellen am Llyn Drych zu stehen und die Schönheit der Natur in mich aufzunehmen. Die kühle und reservierte Art der Dorfbewohner wurde dadurch gut unterstrichen. Die Einbettung der walisischen Sprache fühlte sich für mich sehr authentisch an.

Der Handlungsort war meiner Ansicht nach, sehr gut ausgewählt. Die Fehde zwischen Nordwales und England hat die Stimmung noch mehr angeheizt und war quasi zum Zerreißen gespannt. Die Abneigung untereinander war allgegenwärtig spürbar.

Auf eine Fortsetzung bin ich schon sehr gespannt. Ich würde mich sehr freuen noch mehr von Ffion und Leo zu lesen. Wer weiß schon, welche Abgründe noch in Cwm Coed ans Tageslicht drängen wollen

Bewertung vom 19.02.2023
Jetzt ist Sense
Rath, Hans

Jetzt ist Sense


ausgezeichnet

Kommt der Tod zum Psychiater...
Was normalerweise einen platten Witz ankündigen würde, funktioniert in diesem Roman auf eine sehr eigene Art und Weise perfekt.

Das Cover an sich ist schon ein echter Blickfang und zog mich magisch an. Auf der einen Seite wirkt der Anblick des Sensenmannes an der Bar schon sehr surreal. Andererseits stimmte es mich unendlich traurig, ihn dort ganz allein sitzen zusehen.

Der Tod gehört zu unserem Leben dazu, auch wenn wir davor gern die Augen verschließen. Hier begegnet er uns in Gestalt eines griechischen Gottes, der nicht nur verdammt gut aussieht, sondern auch noch äußerst charmant zu sein scheint. Kein Wunder also, dass die Psychiaterin Olivia ihn für einen Stripper hält, als dieser rein zufällig an ihrem 50. Geburtstag auf der Matte steht. Da er nebenbei in einer Sinnkrise steckt, nutzt der Tod, hier Zino genannt, die Gelegenheit und besucht Olivia nun häufiger, um in Therapie zu gehen. An der wahren Identität hat Olivia zunächst Zweifel. Doch einige Zufälle später ist sie sich da nicht mehr so sicher.

Schon nach den ersten Seiten hatte mich die Geschichte. Der locker leichte Schreibstil, in Verbindung mit einem ganz eigenen Humor, bescherte mir reines Lesevergnügen. Es herrschte eine Situationskomik, die für mich auf den Punkt genau richtig war und nie peinlich oder zu gewollt wirkte.

Deshalb mochte ich die Charaktere, da sie auf mich verdreht aber deswegen so authentisch wirkten.

Manchmal fragte ich mich, wie Olivia es mit all den skurrilen Charakteren in ihrem Umfeld überhaupt aushält, ohne selbst in Therapie zu müssen.

Und genau dieser Humor nimmt dem Thema Tod seine erdrückende Schwere, ohne respektlos zu werden. Denn neben all der Ironie und dem Wortwitz tauchen auch viele leise Töne auf, die zum Philosophieren und Nachdenken anregen. Es treten tiefgründige Fragen und Sichtweisen auf, die noch lange nachklingen. Zum Glück passiert das Ganze, ohne esoterisch zu werden.

Was ist der Sinn des Lebens?

Ist das Schicksal unausweichlich?

Habe ich erfüllt gelebt?

Ist man irgendwann bereit zu gehen?

Viel zu oft denkt man, dass man noch ewig Zeit hätte oder man vergisst zu leben, aus Angst Fehler zu machen.

Den Tod zu personifizieren, dem Unbekannten ein Gesicht zu geben, um einem die Angst davor zu nehmen, gefiel mir sehr gut. Für mich hatte er viel menschliches an sich. Leben und Tod sind halt untrennbar miteinander verbunden. Die Einbettung der griechischen Mythologie, ist in meinen Augen das Sahnetüpfelchen.

Genau wie der Tod kam das Ende leider viel zu überraschend. Gern hätte ich noch länger in der Geschichte verweilt.

Für mich gehört dieser Roman jetzt schon zu meinen Jahreshighlights.

Und wenn der Tod eines Tages vor eurer Schwelle steht, dann hadert nicht mit eurem Schicksal.
Ladet ihn einfach auf einen Ouzo ein.