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CallmeaBookaholic
Wohnort: 
Stuttgart

Bewertungen

Insgesamt 67 Bewertungen
Bewertung vom 12.05.2019
Bella Ciao
Romagnolo, Raffaella

Bella Ciao


sehr gut

Bewegende Familiensaga

Giulia Masca verlässt als junge Frau überstürzt ihren Heimatort Borgo di Dentro, als sie herausfindet, dass ihr Verlobter und ihre beste Freundin Anita ein Paar sind. Den Verrat vergisst sie nie. Sie flieht nach New York, um sich weit entfernt von der Heimat ein neues Leben aufzubauen. Mehr als 50 Jahre später kehrt sie mit ihrem Sohn in den Heimatort zurück. Nichts ist mehr, wie es wahr. Doch wie werden sich die Freundinnen wieder begegnen. Kann man je verzeihen? Und wie verändert das Schicksal zweier Familien diese besonder Freundschaft?

Ich muss zugeben, dass ich mit einer komplett anderen Erwartungshaltung an dieses Buch herangegangen bin. Ich hatte eine Frau erwartet, die verbittert nach Rache sinnt und Jahrzehnte später in ihre Heimat zurückgeht, um ähnlich wie im „Besuch der alten Dame“ mit ihren ehemaligen Freunden abzurechnen. Zugegeben das klingt ziemlich abwägig. Aber die Lektüre dieses Buches, das mich anfangs nicht so richtig packen konnte, hat mich am Ende doch eines besseren belehrt. Ja, sogar positiv überrascht. Es gelingt der Autorin die verschiedenen Handlungsstränge und die Zeitsprünge zwischen der Gegenwart, in der Giulia durch ihren Heimatort wandert und Orte ihrer Kindheit und Jugend besucht, mit der außergewöhnlichen fiktiven Geschichte des Ortes, der Region und der beiden Familien von Giulia Masca und Anita Leones' zu verbinden. Beide Frauen verbindet mehr, als sie beide ahnen. Aber ich will an dieser Stelle nicht zu viel verraten. Das Buch muss man meiner Ansicht nach einfach lesen. Und, ja, eintauchen, in die Geschichte, die einen Bogen spannt von Anfang des 20. Jahrhunderts, als Kinder noch in Seidenspinnereien hart arbeiten mussten. Über den Ersten Weltkrieg, mit seinen vielen Trägödien. Hin zum Faschismus in Italien bis zu den Wirren des Zweiten Weltkrieges mit seinen Widerstandskämpfern, die gerade in der Region Piemont hart für ihre Freiheit kämpfen und viele persönliche Opfer bringen mussten. In diese Wirren ist das Schicksal der Familie von Anita eingebettet, die für mich zu den heimlichen tragischen Helden der Geschichte werden. Der Autorin gelingt es wunderbar, den Leser auf dieser geschichtlichen Reise mitzunehmen. Man erfährt selbst sehr viel über die Geschichte der Region. Und mal abgesehen von der erzählerischen Leistung der Autorin, finde ich sowohl das Setting, als auch die Art und Weise, wie sie die Sprache einsetzt und dabei unglaublich viel Leidenschaft transportiert – einfach nur toll. Mein Fazit: Ein kleiner Schatz. Eine außergewöhnliche Familiengeschichte vor dem Hintergrund weltbewegender Ereignisse und Umwälzungen – im Kern aber auch eine bewegende Freundschaft zweier Frauen, die das Schicksal untrennbar miteinander verbindet.

Bewertung vom 28.04.2019
Der Zorn des Pegasus / Clans von Cavallon Bd.1
Forester, Kim

Der Zorn des Pegasus / Clans von Cavallon Bd.1


sehr gut

Magische Welten

Sam Quicksilver lebt friedlich mit seinen Einhorn- und Zentraurenfreunden in der freien Stadt. Seit 100 Jahren herrscht Frieden. Der letzte erbitterte Krieg mit den Pegasus ist für viele nur eine Erinnerung, bis am Feiertag anlässlich des Friedensvertrags die Pegasus die freie Stadt angreifen und die Stadt zerstören. Sam muss fliehen und so beginnt ein spannendes Abenteuer, das den Auftakt zu einer fantasievollen Geschichte für Jung und Alt bildet.

Ich muss sagen, dass mich diese Geschichte mitgerissen und begeistert hat. Man wird geradezu hineingezogen in eine Handlung voller Fabelwesen und Sagen, die wie ich finde wunderbar miteinander zu einer spannenden Geschichte verknüpft werden. Das Cover ist fantastisch gelungen und geradezu eine Augenweide. Hier hat der Illustrator sich wirklich austoben dürfen. Die Geschichte an sich ist in vier Handlungsstränge aufgeteilt. Wir verfolgen nicht nur die spannenden Abenteuer von Sam, der sich mit den kriegerischen Einhörnern herumschlagen muss, und dabei eine schicksalhafte Verbindung zu einem Einhorn knüpft. Sondern auch die Geschichten eines jungen Zentauren, einer Pegasus-Stute und eines jungen Mädchens, die per Zufall zu einer Kelpie wird, um fortan im Meer leben zu müssen. Man spürt auf jeder Seite die Liebe zum Detail und auch den Sagenschatz der griechischen Mythologie, aus dem die Autorin aus dem Vollen schöpft. Auch alle Hauptfiguren sind sympathische Helden, von denen jeder seinen eigenen Weg gehen muss und auch nicht selten in Konflikt mit dem eigenen Gewissen gerät. Nicht zuletzt ist aber die Freundschaft, die alle Widerstände überwindet, das zentrale Motiv. Das macht es für mich zu einem gelungenen Jugendbuch, das mit seiner bildgewaltigen Erzählweise, dem sehr leichten Schreibstil und mit viel Fantasie, Lust auf mehr Abenteuer macht. Auf jeden Fall ist das ein sehr gelungener Auftakt, dem hoffentlich noch einige spannende Abenteuer folgen werden.

Bewertung vom 28.04.2019
Rheinblick
Glaser, Brigitte

Rheinblick


sehr gut

Rheinisches Intrigenspiel

Brigitte Glaser gelingt es meiner Meinung nach hervorragend die politischen Ränkespiele und Ereignisse nur wenige Tage nach der Bundestagswahl von 1972 mitreißend, spannend und persönlich zu erzählen. Für mich eines meiner persönlichen Lesehighlights in diesem Frühjahr.
Der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist der „Rheinblick“ – ein Bonner Politlokal, in dem Politiker und Mitarbeiter der Ministerien, aber auch Taxifahrer ein und ausgehen. Hilde Kessel kennt als Wirtin des Rheinblicks alle. Ihr Credo: Was im Rheinblick passiert, bleibt auch im Rheinblick. Da kann sich so mancher Politiker auf ihre Diskretion verlassen. Doch auch Hilde hat als Frau ihre Geheimnisse und nicht zuletzt wird sie durch eine vergangene Unachtsamkeit erpressbar. Dies droht ihr zum Verhängnis zu werden, als es in den Tagen nach der Bundestagswahl und des Sieges von Willy Brandt so manches Intrigenspiel um Ministerposten auch nicht vor dem Rheinblick halt zu machen scheint. Zur gleichen Zeit steht die junge Logopädin Sonja Engel vor der Chance ihres Lebens. Sie soll dem frisch operierten Willy Brandt helfen, seine Stimme wieder zu erlangen. Ein schwieriges Unterfangen, zumal sich während der schwierigen Koalitionsverhandlungen nur schwer Ruhe für die Behandlung einstellt. Doch Sonja kämpft – auch um ihre Schwester Reni, die unerwartet spurlos verschwindet. Ob ihr Cousin Erwin Tibulski, ein ergeiziger, junger Politiker helfen kann? …
Es sind nur zwei Wochen und zwei Frauen, die Brigitte Glaser zum Zentrum ihrer faszinierenden Geschichte macht. Aber es gelingt Brigitte Glaser die damaligen Ereignisse, Menschen und Situationen hervorragend miteinander zu verweben, anschaulich und lebendig zu beschreiben und einen unterhaltsamen kleinen Thriller zu schaffen. Mit „klein“ meine ich, dass er durchaus ohne gewaltsame Intrigen à la House of Cards auskommt. Es sind eher die leisen Töne, die den Roman bestimmen. Es sind die zwischenmenschlichen Beziehungen von Hilde und Sonja zu ihren Familien und Freunden/Bekannten, die den Hauptteil der Geschichte ausmachen. Beide werden in den Strudel der Ereignisse hineingezogen, obwohl sie stets Beobachter der politischen Ereignisse der damaligen Zeit bleiben. Dennoch hat es mir sehr gut gefallen, wie Brigitte Glaser beide Frauenfiguren und ihre Lebensumstände schildert und damit auch das Frauenbild der damaligen Zeit in unterschiedlichen Situationen beschreibt. Beide Frauen waren mir auf Anhieb sympathisch. Beide sind Kämpferinnen, die auf unterschiedlichen Wegen ihren Platz im Leben suchen, und für ihre Träume bereit sind Opfer zu bringen. Aber beide ringen auch mit ihren Entscheidungen, lassen sich von Gefühlen und familiären Verpflichtungen beeinflussen. Und obwohl hier durch die eingebaute zusätzliche Kriminalgeschichte der Roman leicht überladen scheint, so gibt diese der ganzen Handlung zusätzlich ein klein wenig politisches Pfeffer im Bonner Intrigenspiel bei der Machtvergabe von Ämtern und Positionen. Mein Fazit: Brigitte Glaser ist aus meiner Sicht ein sehr unterhaltsames, literarisches Stück Zeitgeschichte gelungen, das ich sehr lesenswert finde und gleichzeitig eine spannende Zeitreise, die mit einem kleinen Augenzwinkern in die Gegenwart auch aktuelle Bezüge zulässt.

Bewertung vom 13.04.2019
Lago Mortale / Simon Strasser Bd.1
Conti, Giulia

Lago Mortale / Simon Strasser Bd.1


gut

Tödlicher Piemont

In seinem ersten Krimi-Abenteuer entführt uns die Autorin Giulia Conti in den Piemont an den Lago D'Orta. Hier lebt der ehemalige Wirtschaftsjournalist und Polizeireporter Simon Strasser seit Jahren ein beschauliches Leben. Eigentlich könnte alles wunderbar im italienischen Hochsommer sein, wenn Simon nicht eines Tages bei einem Bad im See die Leiche des jungen Industriellen-Sohn Marco Zanetti auf dessen Yacht findet. Simon wird schnell klar, bei diesem Fall stimmt etwas nicht. Mit Hilfe seiner Bekannten der Polizistin Carla Moretti und einem befreundeten Boulevard-Journalisten macht sich Simon auf die Suche und entwirrt langsam einen Fall, der in der Vergangenheit liegt und eine familiäre Tragödie enthüllt.

Mit ihrem ersten Krimi aus dem wunderschönen Piement ist es der Autorin aus meiner Sicht gut gelungen, mich als Leserin in die Gegend um den Lago D'Orta zu entführen. Gerade die Beschreibungen der Gegend um den See und einige geschichtliche Hintergründe führen mir sehr anschaulich die Schönheit dieser Region vor Augen, die sicherlich etwas weniger Beachtung als der bekanntere See Lago Maggiore findet.

Während das Cover durchaus Urlaubsgefühle weckt, muss ich gestehen, konnte mich die Handlung nur wenig begeistern. Denn die richtige Spannung kam nur mäßig in Gang. Viele Beschreibungen waren mir manchmal etwas zu langatmig. Ich verstehe, wenn man gerade bei einem Auftakt zu einer Krimireihe durchaus etwas tiefer auf die Beziehungen zwischen den Menschen eingeht oder der Hauptperson mit ihren Beweggründen und Motiven mehr Raum gibt, aber hier glaube ich wurde Potenzial durchaus verschenkt. Irgendwie erschien mir der Plot teilweise zu konstruiert, zu verhersehbar. Das Tatmotiv erschien mir sogar etwas zu klischeehaft. Eigentlich schade, denn als Charakter war mir Simon Strasser durchaus sympathisch, auch mit seinen Ecken und Kanten.

Dennoch war für mich der Erzählstil sehr angenehm und locker. Die Handlungsstränge gut nachvollziehbar. Die Charakter sehr anschaulich und charmant beschrieben. Für einen ersten Auftaktroman ist Lago Mortale durchaus solide und ein angenehmer Urlaubskrimi, wenn auch mit angezogener Handbremse.

Bewertung vom 20.01.2019
Flucht in die Schären / Thomas Andreasson Bd.9 (eBook, ePUB)
Sten, Viveca

Flucht in die Schären / Thomas Andreasson Bd.9 (eBook, ePUB)


sehr gut

Spannend bis zum Schluss

Im neunten Teil der Beststellerreihe widmet sich Viveca Sten einem oft tot geschwiegenen, aber doch sehr erschreckend realem Thema: häusliche Gewalt. Ein gesellschaftliches "Tabu-Thema", dem immer noch viele Frauen und auch Männer ausgesetzt sind.

Nora Linda versucht Andreis Kovac als Kopf der Stockholmer Drogenszene wegen Steuerbetrugs und Geldwäsche zu verhaften. Als dieser seine Frau Mina fast totprügelt, erscheint eine Aussage Minas als fast einzige Möglichkeit Andreis aus dem Verkehr zu ziehen. Die junge Frau flieht in ein Frauenhaus auf die Schären. Doch Andreis ist skrupellos und verfolgt seine Frau unerbittlich. Als ein Mord geschieht, trott Thomas Andreasson als Ermittler auf den Plan. Gemeinsam mit Nora versucht er alles, um Andreis aufzuhalten.

Da es mein erstes Buch der bekannten skandinavischen Autorin war, war ich sehr gespannt auf die Geschichte, die doch einen so aktuellen Bezug hat. Ich fand die Erzählweise der Autorin, den Aufbau der Handlung und auch die immer wieder neuen dramatischen Wendungen sehr packend. Ich habe die Geschichte fast in einem Rutsch durchgelesen. Gerade die Erzählabschnitte aus der Sicht von Mina, die verzweifelt versucht, sich vor ihrem Mann zu verstecken und im Kontrast dazu das fast rücksichtslose Verhalten von Andreis machen den Hauptteil der spannenden Geschichte aus. Beide Handlungsstränge fügen sich sehr gut ineinander und lassen die Ermittlungsversuche von Thomas und Nora fast in den Hintergrund treten. Aber das tut der Geschichte dennoch sehr gut. Denn dadurch gewinnt sie für mich an Dynamik, die mich beim Lesen fesseln konnte. Gerade als Mina ins Haus ihres Mannes zurückkehrt, um sich Kleidungsstücke zu holen und ihr Mann gerade wieder auf dem Rückweg ist... puh... wie habe ich da mit Mina mitgezittert. Viveca Sten versucht zudem, den gewaltätigen Andreis zum "Opfer" zu machen, als er als Kind vor dem Bürgerkrieg und der Gewalt aus dem umkämpften Kroatien fliehen musste. Gleichzeitig wird der Erklärungsversuch unternommen, warum Andreis so gewalttätig geworden ist. Freilich überlässt es die Autorin jedem Leser selbst zu entscheiden, über Andreis zu urteilen. Sicherlich ist sein Schicksal kein Pauschalfallbeispiel für die Entstehung häuslicher Gewalt. Ich bin sicher, das war auch nicht die Absicht der Autorin. Für mich ist die Geschichte dennoch ein echtes packendes Lesevergnügen gewesen, das jeden zum Nachdenken anregt.

Bewertung vom 22.10.2018
Der Klang eines Augenblicks
Dakota, Kate

Der Klang eines Augenblicks


gut

Seichte Story für Irlandliebhaber

Britt kehrt nach vielen Jahren in die Heimat ihrer Eltern zurück. Sie will abschließen mit dem unerklärlichen Tod ihres Vaters, der einst vor der Küste Irlands bei einem Sturz schwer verunglückte. Niemand wusste, war es ein Unfall oder gar Mord? Diese Fragen beschäftigen Britt. Sie will endlich Antworten und hofft sie hier in einem kleinen Fischerdorf zu finden. Hier begegnet sie auch dem Iren Declan, der sich nach dem einem schweren Schicksalsschlag in sein Heimatdorf verkrochen hat. Was zu anfangs eher eine distanzierte Begegnung war, wird zunehmend zu einer zarten Liebesgeschichte.

Zu Anfang dachte, hm, wieder ein typischer Liebesroman: zwei ungleiche Menschen überwinden verschiedene Hindernisse, um sich am Ende doch zu kriegen. Naja, etwas ist von diesem Pathos tatsächlich in dieser Geschichte wieder zu finden. Declan und Britts erste Begegnung beginnt tatsächlich alles andere als glücklich. Dennoch fühlen sich beide irgendwann zueinander hingezogen. Zumal Declan Britt dabei hilft, endlich die Wahrheit über den Tod ihres Vaters herauszufinden. Diese Nebenhandlung bringt tatsächlich eine gewisse Spannung mit sich. Ein verschwundenes Buch, noch dazu das Nationalheiligtum Irlands und dann auch noch ein mysteriöser Mord? Ich war wirklich drauf und dran, dieses Buch in den Himmel zu loben. Doch letztlich sind doch so einige gute Ansätze beim Lesen etwas verpufft oder zu einem Nebenkriegsschauplatz buchstäblich degradiert. Schade eigentlich. Dennoch verstehe, dass die sich langsam entwickelnde Liebesbeziehung der beiden im Mittelpunkt stand und die Genre-Elemente hier einfach nicht fehlen durften. Dennoch gibt es auch für den Leser einige humorvolle und unfreiwillig komische Situationen und auch einige der Nebencharaktere aus der Familie von Declan sind witzig und liebevoll gezeichnet. Man erhält auch einige gute Einblicke in irische Traditionen, was mich als Leser, der Irland bereist hat, geradezu ins Schwärmen bringen kann. Die Geschichte liest sich relativ gut und schnell, manche Zeitsprünge sind unerwartet, geben der Geschichte aber etwas an Spannung. In Summe ist "Der Klang eines Augenblicks" eine gut erzählte, solide Liebesgeschichte vor der Traumkulisse Irland. Punkt Abzug gibt es für den leichten Hang zur Kitschigkeit gegen Ende und dass man den spannenden Ansatz einer Kriminalgeschichte leider nicht weiter erzählt hat. Dennoch wird hier jeder Liebhaber von leichter Sommerliteratur hier seine Freude damit haben.

Bewertung vom 22.10.2018
Ein unvergänglicher Sommer
Allende, Isabel

Ein unvergänglicher Sommer


ausgezeichnet

Es ist nie zu spät für einen Neuanfang

"Mitten im Winter entdeckte ich endlich, dass in mir ein unvergänglicher Sommer ist." - Besser kann man den Inhalt dieses neuen bewegenden Romans von Isabel Allende nicht zusammenfassen. Mitten im tiefsten Schneesturm in Brooklyn gerät Richard, der etwas eigenbrötlerisch mit seinen drei Katzen lebende Uni-Professor, in einen Auffahrunfall. Alles ein harmloser Unfall? Wohl kaum, denn plötzlich steht das junge guatemaltekische Kindermädchen Evelyn vor seiner Haustür und kann nicht zurück, denn das Auto ist von ihrem Dienstherrn gestohlen, sie lebt ohne Papiere in den USA und im Kofferraum des Autos befindet sich - zum Unglück aller Beteiligten - auch noch die Leiche einer jungen Frau. Schnell wird klar, die Leiche muss weg. Zusammen mit seiner chilenischen Untermieterin, der lebenslustigen Lucia schmiedet er einen Plan, die Leiche zu entsorgen. Auf dem Weg zu einer abgelegenen Hütte nördlich von New York kommt sich die Schicksalsgemeinschaft näher. Ein Kaleidoskop von Schicksalen, mittel- und südamerikanischer Geschichte entfaltet sich...

Wahnsinn! Das Buch von Isabel Allende hat mich sehr bewegt. Und die Autorin beweist hier wiedermal ihre große Erzählkunst. Es ist nicht unbedingt die Geschichte der Leiche, an deren Beseitigung alle drei eher unfreiwillig beteiligt sind. Es sind die Geschichten der drei Hauptcharaktere, die den Leser tief in die Vergangenheit des süd- und mittelamerikanischen Kontinent hineinziehen und diesen mitreißen. Da ist Richard, der einst in Brasilien liebte und lebte und durch einen selbst verschuldeten Schicksalsschlag seine Familie verlor. Da ist Lucia, die in Chile während der Diktatur aufwuchs und nie erfuhr, warum ihr Bruder Enrique spurlos verschwand. Und schließlich Evelyn, die in den grausamen Bandenkriegen ihre Brüder verlor und auf abenteuerlichen Wegen und mit Hilfe von Schleusern die Flucht in die USA antrat. Das sind die eigentlichen ergreifenden Zeugnisse, die mich als Leser zutiefst bewegt und auch beeindruckt haben. Besonders hat mich Lucia emotional berührt. Sie ist eine unglaublich starke Frau, die trotz ihrer schweren Jugend nie die Hoffnung aufgab und auch eine schwere Krankheit und eine zerbrochene Ehe "überlebte". Sie ist eine starke Kämpferin und wenn man so will der zentrale Ankerpunkt der Geschichte. Allende versteht es geradezu mühelos und leicht zu schreiben und mit den oft sehr furchtbaren Schicksalen behutsam umzugehen. In den wechselnden Perspektiven erhält der Leser immer wieder ein Puzzleteil aus der Vergangenheit der drei Protagonisten und kann sich so über deren jetzigen Charakter, der durch diese Vergangenheit geformt wurde, ein sehr gutes Bild machen. Ich habes diese Buch sehr schnell gelesen. Das Cover ist zudem sehr melancholisch, wenn auch leicht pathetisch wirkend gestaltet. Dennoch gibt es einen sehr guten Eindruck wieder von dem, was der Kern der Geschichte ist: Man ist nie zu jung für einen Neuanfang. Mein Fazit: Unbedingt lesen und mitfühlen.

Bewertung vom 22.10.2018
Oberons blutige Fälle
Hearne, Kevin

Oberons blutige Fälle


weniger gut

Es war das Eichhörnchen

In diesem Band der Fantasy-Reihe über den Druiden Atticus steht sein tierischer Begleiter Oberon ganz im Mittelpunkt des Geschehens. Mit viel Humor und kriminalistischem Geschick lösen beide zwei knifflige Kriminalfälle à la Agatha Christie und beweisen dabei immer wieder aufs Neue, dass Hund und Mensch hier insbesondere eine unschlagbare Kombination sind.

Krimiliteratur mit Tieren in den Hauptrollen gibt es ja mittlerweile sehr häufig und ist nicht zuletzt aufgrund der tierischen Perspektive immer wieder ein besonderes Lesevergnügen. Allerdings muss ich gestehen, dass mich dieser Fantasy-Roman nicht wirklich überzeugen konnte. Zwar punktet die Geschichte durch viel Humor, spritzige Dialoge zwischen Atticus seinem Hund Oberon und nicht zuletzt auch, dass es beiden gelingt, die Polizei regelrecht an der Nase herumzuführen. Dennoch fand ich die Handlungen unaufgeregt und irgendwie auch zeitweise etwas langweilig, manchmal sogar reichlich unplausibel. Aber soviel Freiheit darf man Fantasy-Literatur zugestehen. Die Fans dieser Fantasy-Reihe mögen mir verzeihen. Aber meine Art von Literatur ist es leider nicht. Mein Fazit: Unblutig, tierisches Abenteuer mit schrägem Humor und merkwürdigen Eichhörnchen.

Bewertung vom 22.10.2018
Ich komme mit
Waldis, Angelika

Ich komme mit


ausgezeichnet

Leben ist..
Vita Maier und Lazy Laval sind ein ungewöhnliches Duo. Sie - 72 Jahre alt, vom Leben enttäuscht und seit 5 Jahren Witwe. Er - 21 Jahre jung, steinreich, aber an Leukämie erkrankt. Beide eint ihr Humor und der Wunsch, das Leben hinter sich zu lassen. Was als eine etwas widerwillige Freundschaft mit einigen Hürden beginnt, entwickelt sich zu einer außergewöhnlichen tiefen Freundschaft.

Mit "Ich komme mit" gelingt der Autorin Angelika Waldis aus meiner Sicht ein sehr ungewöhnlicher, aber auch intensiver, kraftvoller Roman über das Leben und die Freundschaft im Spannungsfeld zwischen Lebensmut und -Todessehnsucht. Ich hatte zu Beginn durchaus meine Probleme, da ich die Erzählweise etwas sperrig fand und auch das Thema an sich schon sehr "schwer verdaulich" ist. Dennoch empfand ich die Entwicklung der beiden Charaktere sehr spannend und einfühlsam erzählt. In stetig wechselnder Perspektive kann sich der Leser sehr gut in die Gedanken und Gefühlswelt von Vita und Lazy einfühlen und auch verstehen, warum beide den Schritt bis hin zum Selbstmord wagen wollen. Die Geschichte punktet oft mit skurilem und ich möchte schon sagen Galgen-artigem Humor: Ein Pluspunkt für beide Charaktere, die sich trotz der doch sehr scheinbar ausweglosen Situation immer wieder Mut zusprechen können und sich ihren Sinn für Humor bewahren. Alles in allem ist "Ich komme mit" ein wunderbar feiner, einfühlsam erzählter Roman, der trotz aller Hürden und Entscheidungen seiner Protagonisten dem Sinn und des Lebens einen ganz besonderen Raum gibt.