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si_liest
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Lörrach

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Insgesamt 57 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2022
Groff, Lauren

Matrix


gut

Marie de France – vor der Lektüre von Lauren Groffs Roman „Matrix“ habe ich noch nie etwas von dieser historischen Frauenfigur gehört und musste mich zuerst schlau machen. Laut Wikipedia ist sie die erste bekannte französische Autorin, ihr Leben bleibt jedoch im Dunkeln. Bekannt ist nur, dass sie in Frankreich geboren wurde und am englischen Hof gelebt haben muss. Umso mehr war ich darauf gespannt, wie Lauren Groff dieses Unbekannte gestaltet und welche Charakterzüge und Eigenheiten sie ihr an“dichtet“.
Die Geschichte spielt im 12. Jahrhundert; Marie, groß, hager und nicht wirklich eine Schönheit, wächst nach dem Tod ihrer Mutter am Hof ihrer Halbschwester, Königin Eleonore, auf. Als Marie 17 ist, wird sie von Eleonore in ein abgelegenes Kloster geschickt, welches sie als Priorin leiten soll. Zunächst mag sie sich mit dieser ihr zugetragenen Rolle nicht so wirklich abfinden und hofft, bald wieder an den königlichen Hof zurückzukehren. Als sie jedoch merkt, dass dies nicht der Fall sein wird, nimmt sie die Geschicke des Klosters in die Hand und schafft es, aus diesem verwahrlosten und sehr armen Ort ein florierendes „Unternehmen“ zu machen, in dem die Nonnen selbstbestimmt und frei leben können.
Die Grundstimmung des Romans habe ich als eher düster, bedrückend, depressiv empfunden, was meiner Meinung nach sehr gut zum Mittelalter passt. Der monotone Schreibstil, ohne direkte Rede, trägt noch dazu bei. Leider hat mir dieser Schreibstil das Lesen erschwert, denn die Figuren, obwohl gut und teilweise relativ ausführlich beschrieben, sind mir fremd geblieben. Deshalb konnte mich der Roman bis zum Schluss nicht so recht begeistern. Ohne Frage sind die geschichtlichen Hintergründe gut recherchiert und die Geschichte baut im Verlauf eine starke feministische Aussage auf, aber die Figuren blieben blass.
Zuweilen war mir der Fokus auf die weibliche Kraft, die Liebe und die Selbstbestimmung etwas zu überzogen, zu pathetisch, zu idealisiert. Betrachtet man diesen Roman jedoch als das, was er ist, nämlich eine frei interpretierte, fiktive, fast schon märchenhaft anmutende Lebensgeschichte einer historischen Frauenfigur mit einem Augenmerk auf den Grundgedanken des Feminismus, so kann man durchaus Gefallen daran finden.

Bewertung vom 27.08.2022
Orriols, Marta

Sanfte Einführung ins Chaos


gut

Bei diesem Buch habe ich länger darüber nachgedacht, warum mich das Geschriebene nicht wirklich erreicht hat, obwohl ich das Thema an sich sehr spannend finde.
Marta und Daniel, beide um die Dreißig, sind dabei, langsam Fuß im Leben zu fassen, haben einigermaßen gut bezahlte Jobs und wohnen zusammen in einer Mietwohnung, als Marta zu ihrem Entsetzen bemerkt, dass sie schwanger ist. „Ich bin schwanger. Und ich will das Kind nicht bekommen.“ Dieser Satz und die möglichen Begründungen, Folgen und Emotionen sind das Hauptthema des Romans, wobei ich finde, dass die Emotionen nicht wirklich gut vermittelt werden und genau das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, wieso mich das Buch nicht vollkommen überzeugen konnte.
Man liest zu einem großen Teil das Erleben der Situation aus der Sicht von Daniel, wie er letztendlich vor allem den frühen Verlust seines Vaters zu verarbeiten versucht, indem er nun alle Hoffnungen in einen Sohn setzt (das Geschlecht des Kindes steht natürlich nicht fest) und seine Gefühle bezüglich des Abbruchs im Alkohol ertränkt. Von der weiblichen Seite erfährt man meiner Meinung nach zu wenig; Hauptthema ist hier die Karriere und die persönliche Freiheit. Ich hätte mir irgendwie eine differenziertere, weniger klischeehafte Betrachtung gewünscht. Die „Einführung ins Chaos“ ist mir hier zu sanft.
Insgesamt habe ich das Buch schnell gelesen, der Schreibstil ist flüssig, und auch wenn mir die Personen eher distanziert geblieben sind, konnte ich doch sehr gut verstehen, warum sie so handeln und was ihre Beweggründe sind. Die Charakterzüge von Marta haben mir gut gefallen, zeigt sie sich doch als starke Frau, die für ihre Entscheidungen einsteht und sie genau durchdenkt. Leider kam ihre Sicht etwas zu kurz, ich hätte gerne mehr über sie gelesen.
Eine kurze Lektüre, von der ich mir etwas mehr erhofft habe, die jedoch dem auf der Buchrückseite zitierten „realistischen Porträt einer ganzen Generation“ trotzdem gerecht wird.

Bewertung vom 27.08.2022
Kitamura, Katie

Intimitäten


sehr gut

Die namenlose Ich-Erzählerin zieht von New York nach Den Haag, um dort am Internationalen Gerichtshof als Dolmetscherin zu arbeiten. Langsam beginnt sie, die sich in New York nicht mehr heimisch gefühlt hat, sich in Den Haag einzuleben. Sie trifft sich mit Jana, mit der sie eine lose Freundschaft verbindet und in dem von seiner Familie getrenntlebenden Adriaan hat sie einen neuen Lebenspartner gefunden. Als sie jedoch anfängt, im Prozess gegen einen Ex-Präsidenten eines westafrikanischen Staates zu dolmetschen und Adriaan für unbestimmte Zeit nach Portugal zu seiner Familie reist, gerät ihr Leben, ihr Angekommen-Sein, Stück für Stück aus den Fugen.
Während des Lesens von ‚Intimitäten‘ hatte ich verschiedenste Gefühle, zwei sind jedoch ganz deutlich hervorgetreten. Zum einen war dies eine unterschwellige Bedrohung, die sich durch das ganze Buch gezogen hat. Die Ich-Erzählerin kommt immer wieder in Kontakt mit Gewalt; zwar indirekt und in Form diverser Personen, aber dieses unterschwellige Gefühl, dass bald etwas Schlimmes passieren wird, ist immer da. Deshalb hat es mich auch überrascht, dass das Ende – obwohl es relativ offen ist – verhältnismäßig positiv ausfällt.
Das zweite deutliche Gefühl war Distanz. Allein schon durch den Erzählstil (der mich übrigens sehr an Rachel Cusk erinnert) wird Distanz zu den Lesenden erzeugt, aber auch die Heimatlosigkeit, das Dolmetschen, bei dem man das Gesagte möglichst nicht zu nah an sich heranlassen und keine Emotionen erkennen lassen darf, die zunehmende Verlorenheit und der Schwebezustand, in dem sich die Erzählerin befindet, tragen zu diesem Gefühl bei.
Was mir an dem Roman besonders gut gefallen hat, sind die präzisen und treffenden Beobachtungen der Ich-Erzählerin, vor allem bezüglich Beziehungen und Lebenssituationen. Sehr interessant fand ich auch die Überlegungen zum Dolmetschen, denn letztendlich entscheiden Dolmetscher und Übersetzerinnen, wie das Gesagte ankommt und interpretiert wird.
„Der Gedanke war beunruhigend – dass unsere Identität so wandelbar war und damit auch der Verlauf unseres Lebens.“ (Seite 102)
Kein Feel-Good-Roman, aber dennoch sehr intensiv und lesenswert!

Bewertung vom 27.07.2022
Bervoets, Hanna

Dieser Beitrag wurde entfernt


weniger gut

Gewalt, Hass, Pornographie – all dem müssen sich Kayleigh und ihre Kolleg*innen Tag für Tag bei ihrer Arbeit als Content-Moderator*innen aussetzen. Unter prekären Arbeitsbedingungen entscheiden sie, welche Inhalte auf den sozialen Medien bleiben dürfen und welche gelöscht werden. Was das mit den Menschen macht und in welche Abgründe man dadurch geraten kann, versucht die niederländische Autorin Hanna Bervoets in ihrem Roman „Dieser Beitrag wurde entfernt“ darzustellen.
Meiner Meinung nach ist ihr dies jedoch auf den knapp über hundert Seiten nicht wirklich gut gelungen. Man erfährt zwar so einiges über die Problematik dieser eher vergessenen Seite der sozialen Medien und wird auch angeregt, sich näher damit zu beschäftigen, aber für mich blieb alles zu oberflächlich, viele Sachverhalte blieben ungeklärt. So hätte ich es zum Beispiel gut gefunden, mehr über die Sammelklage der ehemaligen Mitarbeiter*innen zu erfahren, um ein umfassenderes Bild der Folgen, die diese davontragen, zu bekommen. Obwohl man mitbekommt, wie Kayleigh mehr und mehr abstumpft, blieb sie bis zum Schluss nicht wirklich greifbar und ich konnte mich kaum in sie einfühlen. Zudem war mir die Darstellung ihrer Beziehung zu Sigrid zu verschwommen, vieles wurde angedeutet, aber nicht weiter ausgeführt, was nochmals Distanz erzeugt hat. Und auch der Schluss kam mir zu abrupt und hat mich ratlos zurückgelassen.
Gut gefallen hat mir der Schreibstil der Autorin und auch das Cover finde ich gelungen, ein richtiger Eye-Catcher.
Auch wenn mir der Roman nicht zugesagt hat, so konnte ich doch meinen Horizont erweitern, da das Buch auf die „dunkle“ Seite der sozialen Medien aufmerksam macht.

Bewertung vom 20.07.2022
Nunez, Sigrid

Eine Feder auf dem Atem Gottes


ausgezeichnet

Als ich auf der letzten Seite des Romans angekommen bin, war ich ziemlich traurig, denn für mich hätte das Buch gut und gerne doppelt oder dreifach so umfangreich sein können, so sehr habe ich es gemocht, darin zu lesen.
Sigrid Nunez beschreibt in vier Teilen (Chang, Christa, Eine Feder auf dem Atem Gottes, Vadim) die Geschichte ihrer Eltern und ihre eigene Jugend, erzählt von ihrer Identitätssuche, ihrer Verlorenheit zwischen den Kulturen, der ewig unzufriedenen Mutter, dem distanzierten Vater, ihrer Liebe zum Ballett und zu einem Immigranten aus Odessa. Mich hat dabei vor allem ihre Erzählweise begeistert; obwohl diese eher kurz und knapp beschreibend ist, mit kurzen und nüchternen Sätzen, vermag sie doch Emotionen und Stimmungen bei den Lesenden zu wecken. Die messerscharfe Analyse ihrer eigenen Person und ihrer Umwelt und die teils schonungslose Offenlegung ihrer Gefühle machen das Lesen zu einem Genuss. Außerdem gefällt mir der leicht melancholische Unterton, der das gesamte Buch durchzieht.
Eine klare Leseempfehlung für alle, die autobiographische/autofiktionale Romane mögen.

Bewertung vom 15.06.2022
Serle, Rebecca

In fünf Jahren


sehr gut

Das Cover von „In fünf Jahren“ von Rebecca Serle verkündet es schon: Man bekommt hier als Leser*in zwar eine Liebesgeschichte erzählt, die sich jedoch wirklich ganz anders entwickelt, als man denkt und die voller Überraschungen steckt.
Dannie, ehrgeizige Anwältin Ende Zwanzig, wohnt mit ihrem Freund David in New York und steht kurz davor, den Job ihrer Träume zu ergattern. Als David ihr auch noch einen Heiratsantrag macht, scheint ihr Glück perfekt. Doch in der Nacht nach dem Antrag hat sie einen merkwürdigen „Wachtraum“, in dem sie Einblick in eine Lebenssituation in der Zukunft – in genau fünf Jahren – erhält. Als sie aufwacht, ist sie verwirrt und verängstigt, lebt aber letztendlich ihr Leben wie gewohnt weiter. Je näher der Zeitpunkt des Traumes rückt, desto mehr entwickeln sich die Ereignisse in Richtung der Situation des Traumes. Welche Rolle dabei Bella, ihre beste Freundin und deren Freund Aaron spielen, stellt sich im Verlauf dann auf überraschende Weise heraus. Jede weitere Beschreibung der Handlung würde zu stark spoilern, deshalb belasse ich es bei der kurzen Inhaltsangabe.
Eigentlich habe ich einen romantischen Frauenroman erwartet, der leicht zu lesen und in gewisser Weise vorhersehbar ist. Umso mehr wurde ich dann vom Verlauf, den die Handlung nimmt, überrascht – und das im positiven Sinn. Leicht zu lesen ist der Roman, die Autorin hat einen angenehmen und flüssigen Schreibstil. Die Handlung stellt sich jedoch als tiefgründiger und differenzierter heraus, als ich gedacht habe. Ich hätte mir lediglich gewünscht, dass einige Personen, zum Beispiel Aaron und David, noch etwas ausführlicher beschrieben werden, denn diese sind mir doch etwas fremd geblieben und waren eher flach gezeichnet.
Mein Fazit: Ein überraschender und sich aus der Masse hervorhebender Frauenroman, der sehr kurzweilig ist und die Leser*innen zu berühren vermag.

Bewertung vom 11.06.2022
Vallejo, Irene

Papyrus


gut

Wenn ich darüber nachdenke, wie ich das Buch „Papyrus“ von Irene Vallejo bewerten soll, bin ich etwas zwiegespalten. Einerseits konnte mich die Autorin mit ihrer spürbar großen Begeisterung für die Welt der Bücher anstecken und hat mir viele neue Fakten und Ideen nahegebracht. Andererseits hatte ich zum Teil Mühe mit der Struktur dieses Sachbuches. Ich fand es teilweise sehr chaotisch zu lesen, mir hat der rote Faden gefehlt, an dem ich mich orientieren kann, vor allem, weil meine Kenntnisse der Antike etwas eingerostet sind. Ich war nicht nur ein Mal kurz davor, die Lektüre abzubrechen, aber meine Neugier, eventuell noch mehr interessante Fakten zu entdecken, hat letztendlich gesiegt.
Der Text bezieht sich hauptsächlich auf die Entstehung und Entwicklung des Buches in der Antike, nimmt aber immer wieder Bezug auf die Gegenwart. Deshalb habe ich mehrmals darüber nachgedacht, ob der Titel passend ist, weil „Die Geschichte der Welt in Büchern“ doch etwas anderes verspricht. Ich hätte hier eine umfassendere Betrachtung erwartet, im Grunde genommen wird nur ein Teil davon erzählt. Der Originaltitel „La invención de los libros en el mundo antiguo” passt für mich besser.
Ich habe mir sehr viele interessante Fakten markiert und habe auch einige Lektüre-Tipps notiert, aber letztendlich hat mir die fehlende Struktur das Lesen erschwert. An einigen Stellen fand ich den Schreibstil fast schon zu übertrieben und ich habe mich gefragt, ob die geschichtlichen Ereignisse nicht zu sehr ausgeschmückt wurden, aber andererseits macht dies den Text natürlich auch interessanter und mitreißender.
Trotz meiner Ambivalenz: Hut ab vor dem großen Wissen der Autorin! Und ein Lob an den Verlag für das wunderschöne Cover!

Bewertung vom 08.05.2022
Crossan, Sarah

Verheizte Herzen


ausgezeichnet

Im Buch „Verheizte Herzen“ von Sarah Crossan konnte ich hauptsächlich Trauer spüren – Trauer um eine geheime, abrupt beendete Liebe, um ein ungeborenes Kind, um nie gesagte Worte und ungenutzte Zeit.
Die Rahmenhandlung ist schnell zusammengefasst: Ana, Anwältin, verheiratet und Mutter zweier Kinder, erfährt durch die Ehefrau ihres Geliebten Connor, der ihr Klient war und dessen Nachlass sie nun verwalten soll, von dessen Tod. Sie muss sich alleine mit ihren Gefühlen, ihrer Trauer und ihren Zweifeln auseinandersetzen, kann niemanden an ihrer Verzweiflung teilhaben lassen, da die Affäre über Jahre geheim war. Nach und nach sucht sie die Nähe zu Connors Ehefrau und hofft, Antworten auf ihre drängendsten Fragen zu finden: War Connors Liebe echt? Welche Rolle hat sie wirklich in seinem Leben gespielt?
Zu Beginn hatte ich einige Bedenken, ob die Versform, in der der Roman geschrieben ist, mit der Zeit das Lesen erschwert. Dem war jedoch nicht so und ich finde, die Gefühle und Gedanken der Protagonistin wurden sehr gut beschrieben. Obwohl mir Ana nicht sehr sympathisch war – sie scheint egoistisch und zum Teil rücksichtslos – konnte ich doch ihren Schmerz und ihren Verlust sehr gut nachempfinden. Man muss sich beim Lesen konzentrieren, damit man die Sprünge in der Zeit und der Handlung mitbekommt, aber trotz der speziellen Erzählform liest sich das Buch flüssig.
Ich finde den Roman großartig und kraftvoll, da er herausfordert und nicht unbedingt gefallen will.
Auch das wunderschöne Cover ist eine Erwähnung wert, findet seine Erklärung aber erst, wenn man den englischen Titel kennt („Here is the Beehive“).

Bewertung vom 29.04.2022
Vassena, Mascha

Mord in Montagnola / Moira Rusconi ermittelt Bd.1


sehr gut

In einer Nevèra – einem historischen Eiskeller – wird eine Leiche gefunden. Und das ausgerechnet in dem ruhigen Tessiner Dorf Montagnola, wo die Übersetzerin Moira sich eine Zeitlang um ihren Vater, der vor kurzem einen Schlaganfall erlitten hat, kümmern möchte. Ihre Jugendliebe Luca ist als Rechtmediziner an den Ermittlungen beteiligt und auch Moira wird als Dolmetscherin involviert. Im Laufe der Ereignisse wird klar, dass nichts so ist wie es scheint und dass es in dem beschaulichen Dorf so einige Geheimnisse gibt.
Das Buch wird als Tessin-Krimi untertitelt, aber für mich war es eher ein Roman mit Spannungselementen. Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen; die Protagonist*innen werden detailliert beschrieben und man erfährt viel über die einzelnen Lebensgeschichten. Toll fand ich auch, wie genau die Landschaft und das Dorf beschrieben wird, denn ich mag das Tessin und war auch schon oft dort – so konnte ich gedanklich erneut dorthin reisen und mich in südlichere Gefilde träumen…
Den Kriminalfall fand ich persönlich nicht extrem spannend, jedoch solide erzählt. Die Auflösung kam meiner Meinung nach etwas zu kurz und hätte gerne noch ausführlicher erläutert werden können. Irgendwie war das Ende zu abrupt und hat nicht zum Rest des Romans, der die Ereignisse recht ausführlich beschreibt, gepasst.
Alles in allem ein guter, wenn auch nicht übermäßig spannender Regional-Krimi, der mich vor allem wegen des Tessin-Feelings überzeugt hat.

Bewertung vom 13.04.2022
Clement, Jennifer

Auf der Zunge


weniger gut

Eigentlich lese ich sehr gerne Bücher, die abseits vom Mainstream in einer anderen Form oder in einem anderen Stil verfasst wurden. Ich habe dadurch schon viele tolle Texte entdeckt, die mir eine neue und andere Welt aufgezeigt haben.
Leider gehört „Auf der Zunge“ von Jennifer Clement nicht zu diesen Büchern, obwohl mich der Klappentext und die Leseprobe neugierig auf das Buch gemacht haben.
Kurz zum Inhalt: Eine namenlose Frau streift ziellos durch Manhattan. Sie versucht, ihrer lieblos gewordenen Ehe zu entfliehen, ihrer Sehnsucht und ihren Träumen nachzuspüren. Dabei begegnet sie den unterschiedlichsten Männern – einem Arzt, einem Polizisten, einem Dichter, sogar einem Löwenbändiger. Bei allen findet sie ein Stück dessen, was ihr in ihrem Leben fehlt.
Das ist jedoch schon alles, was ich über den Inhalt sagen kann, denn ich habe kaum Zugang dazu gefunden und für mich waren viele Dinge unverständlich. Die Sprache des Romans ist sehr lyrisch-poetisch, bildreich und rätselhaft, die Handlungen und Dialoge sind surreal und haben mir das Lesen und die Suche nach einer Bedeutung des Geschriebenen sehr schwer gemacht. Man bekommt Fragmente einer Fantasie präsentiert, was ich an sich spannend finde, aber wie schon erwähnt hat sich mir leider das große Ganze nicht erschlossen.
Sprachlich sicherlich ein interessanter Roman, der mir persönlich aber zu abgehoben und kryptisch ist.