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DrAmaya

Bewertungen

Insgesamt 102 Bewertungen
Bewertung vom 30.08.2021
Auszeit
Lühmann, Hannah

Auszeit


sehr gut

Auszeit auf unterschiedlichen Ebenen
In dem Roman "Auszeit" widmet sich Hannah Lühmann einem durchaus aktuellem Thema: Der Suche nach dem Sinn, unseren Zielen und Träumen, den alltäglichen Ängsten und Sorgen. Nachdem Henriette eine Abtreibung durchlebt, nimmt sie sich mit einer Freundin eine Auszeit in einer Ferienhütte im Bayrischen Wald und reflektiert über ihr Leben.

Bereits das Cover des Buches lässt mich die Auszeit fast schon spüren. Aber insbesondere auch der fast schon poetische Schreibstil, das Tempo sowie die Ruhe, vermitteln die Auszeit sehr gut. Auch inhaltlich hat mich das Buch sehr gut abgeholt. Die Probleme beim Schreiben einer Dissertation und die Längen, die sich fast schon natürlich dabei ergeben, kann ich sehr gut nachvollziehen, so dass Henriette für mich sehr natürlich erschien.

Insbesondere mag ich außerdem die Dynamik zwischen Frauen und Männern. Aber auch die Gegensätze der beiden Freundinnen Henriette und Paula. Paula mit ihrer lebensbejahenden Art bildet einen sehr interessanten Kontrast zu Henriette – definitiv eine Person, die ich so wirklich gern kennenlernen wollen würde. Auch der Bezug zur Natur ist mir sehr positiv aufgefallen.

Trotzdem ließ mich das Ende zunächst etwas verwirrt zurück. Allerdings nicht auf negative Art. Ich finde, dass es durchaus sehr gut zu dem Buch passt und insbesondere auch zur Thematik der Werwölfe, die im Zentrum der Dissertation von Henriette stehen. Definitiv keine Lektüre, die man sofort vergisst, sondern viel zum Nachdenken und Reflektieren liefert. Für mich definitiv ein tolles Buch!

Bewertung vom 30.08.2021
Was fehlt dir
Nunez, Sigrid

Was fehlt dir


gut

Ab Kapitel 8 fehlt mir kaum noch was
In dem Roman "Was fehlt dir" widmet sich die Autorin Sigrid Nunez dem Thema des Mitgefühls und was das Schicksal anderer mit uns zu tun hat. Den Rahmen bildet eine Erzählung, in der eine Jugendfreundin, die unheilbar krank ist, die Protagonistin um einen großen Gefallen bittet.

Für mich war es das erste Buch der Autorin, doch bei dem Thema und dem Klappentext bin ich mit entsprechend hohen Erwartungen an das Buch gegangen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich mich das Buch bis Kapitel 8 sehr verwirrt hat und mich auch immernoch frage, wie die ersten Kapitel mit dem Rest des Buches genau zusammenhängen. Ab Kapitel 8 ist das Buch wirklich sehr gut und absolut lesenswert, aber die ersten Kapitel wirken fast schon wie unabhängige Kurzgeschichten auf mich. Von dem gemeinsamen Nenner der Protagonistin mal abgesehen, aber auch das kann man eindeutig erst sehr viel später feststellen. Ich mag es sonst wirklich gern über das Gelesene zu reflektieren, aber hier hat mich die Autorin leider nicht abholen können.

Den Schreibstil mag ich sonst wirklich sehr. Die nicht gerade leichten Themen werden nüchtern und sachlich präsentiert und wirkt dadurch eindrucksvoll und bedrückend. Die Protagonistin selbst bleibt für den Lesenden unbekannt. Für mich passt das hier wirklich gut; aber wie gesagt, aufgrund der ersten Kapitel hat der Gesamtleseeindruck wirklich sehr gelitten.

Ich kann leider nicht einschätzen, wie sehr der Inhalt des Buches durch die Übersetzung gelitten hat. Bereits der Titel hat etwas gelitten, denn der Originaltitel "What are you going through" passt so viel besser... Vielleicht sollte man doch manchmal die Bücher in ihrer Originalfassung lesen.

Mich lässt das Buch jedenfalls etwas zwiegespalten zurück. Einerseits ist es wirklich lesbar und vielleicht finde ich einfach nur nicht den richtigen Zugang zu den ersten Kapiteln...

Bewertung vom 22.07.2021
Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz
MacDonald, Andrew David

Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz


ausgezeichnet

Sei deine eigene Legende
Der Debütroman "Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz" von Andrew David MacDonald hat mich nicht nur überrascht, sondern wirklich begeistert. In dem Roman geht es um die 21-Jährige Zelda, die mit einer fetalen Alkoholspektrumsstörung geboren wurde – sie ist daher auf feste Strukturen und Regeln in ihrem Leben angewiesen. Zelda lebt gemeinsam mit ihrem Bruder Gert, der sich gleichzeitig auch um sie kümmert. Gert ist aber nicht nur Zeldas Bruder sondern gehört auch zu ihrer Sippe (neben AK47, die die Ex von Gert ist); das kommt daher, da ihre große Leidenschaft die Wikinger sind und sie ihr Leben daran ausrichtet. Als Gert in ernsthafte Schwierigkeiten gerät, ist dies für Zelda die perfekte Möglichkeit, endlich zu einer echten Legende zu werden.

Die Geschichte wird durch die Augen von Zelda erzählt. Dies wird sehr eindrücklich auch durch den teilweise sehr einfachen und kindlichen Schreibstil des Autors untermauert. Gleichzeitig schafft er es über die Beobachtungen und Gedanken von Zelda einen absolut liebenswerten und heldenhaften Charakter zu kreiren. Wie Zelda die alltäglichen Herausforderungen meistert und auch darüber hinaus Situationen löst, mit denen vermutlich jeder von uns so seine Probleme hätte, das macht sie wirklich zu einer Heldin oder gar einer Legende. Auch wenn viele Themen angesprochen werden, die mich zum Nachdenken und Reflektieren angeregt haben, so gibt es doch immer wieder auch Situationen, die einen zum Lachen bringen. Ein wirklich sehr empathischer Roman!

Gleichzeitig finde ich auch die anderen Charaktere im Buch wirklich sehr gut gezeichnet, wenn auch vielleicht nicht ganz so eindrucksvoll und umfangreich wie Zelda. Zum Beispiel auch die Herausforderungen, denen sich Gert tagtäglichen stellen muss und vermutlich schon viele Jahre stellen musste, machen ihn zu einem Helden. Zusammenfassend kann man also sagen, dass man in diesem Buch viele Helden kennen und lieben lernt und noch so ganz nebenbei jede Menge über Wikinger lernt.

Für mich war es wirklich ein großartiges Highlight, mit dem ich absolut nicht gerechnet hatte – ein Buch, dass einem Mut macht und sensibilisiert für die Herausforderungen des Alltags.

Bewertung vom 19.07.2021
Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1
Pötzsch, Oliver

Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1


ausgezeichnet

"Das Buch des Totengräbers" von Oliver Pötzsch ist der erste Teil der Totengräber-Serie und spielt in Wien im Jahre 1893. Der junge Inspektor Leopold von Herzfeldt wurde gerade erst nach Wien versetzt und wird direkt mit einer Mordserie konfrontiert, bei der die Toten gepfählt werden. Bei seinen Ermittlungen steht ihm der Totengräber des berühmten Wiener Zentralfriedhofs, Augustin Rothmayer, mit seinen vielfältigen Kenntnisse zu Todesursachen und Verwesungsstufen, zur Seite.

Augustin schreibt im Laufe des Buches selber an einem Buch, dem ersten Almanach für Totengräber. Einige der Passagen aus diesem fiktiven Buch hat der Autor an den Anfang unterschiedlicher Kapitel gestellt. Das fand ich stilistisch wirklich klasse, da es nicht nur den damaligen Kenntnisstand und die Sprache widerspiegelt, sondern den Lesenden auch in die richtige Stimmung versetzt. An sich habe ich mich sofort in die Vergangenheit zurückversetzt gefühlt, nicht nur wegen der manchmal altertümlich daherkommenden Sprache, sondern auch den alltäglichen Transportmitteln und Gepflogenheiten. Sonst mag ich historische Romane nicht allzu sehr, aber hier ist das wirklich sehr gut gelungen. An sich ist die Zeit für diesen Krimi auch wirklich gut gewählt; viele Neuerungen, denen sich die Bürger Wiens gegenüber stehen, es scheint die Zeit großer Umbrüche. So auch im Bereich der Kriminalistik.

Den Schreibstil des Autors finde ich sehr gut gelungen. Es liest sich sehr flüssig. Den Charakter des Inspektors finde ich etwas holprig, dafür dass er eigentlich schon viel Erfahrung in Graz gesammelt haben soll, scheint er doch etwas naiv. Durch Anwendung neuer Kriminalistikmethoden, die in Wien bisher noch unbekannt sind, stößt er seinen neuen Kollegen beispielsweise direkt vor den Kopf und provoziert so das Misstrauen seiner Kollegen. Ganz besonders gelungen finde ich Augustin, also den Totengräber. Hier ist dem Autor ein zugleich schrulliger aber auch liebenswerter Charakter mit viel Herz gelungen. Also ich freue mich schon jetzt darauf, wie es mit der Totengräber-Reihe weitergeht und wann wir wieder mehr von Leopold von Herzfeldt und dem Totengreber lesen können.

In diesem Krimi ist es auch sehr gut gelungen, dass man als Lesender tatsächlich miträtseln kann. Und dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kriminalistik in ihren Kinderschuhen steckt. Eine sehr gelungene Kombination.

Ich fand das Buch wirklich toll, es hat nicht nur tolle Charaktere und eine tolle historische Atmosphäre, sondern lädt zum Miträtseln ein, wirkt sehr authentisch und erzählt dann auch noch eine absolut spannende Geschichte, die auch noch überraschen kann. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich Rollenbilder so langsam ändern, viele Modernisierungen passieren, wie z.B. die Einführung der Kriminalistik, ist dieser historische Krimi absolut lesenswert!

Bewertung vom 19.07.2021
Der Nachlass
Winner, Jonas

Der Nachlass


gut

Lässt nach
"Der Nachlass" von Jonas Winner dreht sich genau darum: um den Nachlass von Hedda Laurent. Kurz vor ihrem Tod sammelt sie ihre komplette Familie um sich. So sind alle bei der Testamentseröffnung vereint und erfahren, dass nur derjenige das komplette (nicht unerhebliche) Vermögen erben wird, der im Rahmen eines Wettkampfes die meisten von 27 gestellten Aufgaben für sich entscheiden kann. Wie bei einem Thriller zu erwarten, droht die Situation schnell zu eskalieren, denn für Rache ist es offensichtlich nie zu spät.

Das Buch beginnt sehr spannend und durchaus geheimnisvoll. Durch unterschiedliche zeitliche Einschübe werden nicht nur die Charaktere vorgestellt, sondern auch die Vergangenheit der Familie aufgerollt. Der Schreibstil des Autors ist dabei flüssig und gut zu lesen.

Die gestellten Aufgaben sind interessant aber der Wettstreit selbst erinnert ein bisschen an andere Werke. Die Aufgaben werden allerdings schnell ziemlich schockierend und teilweise auch eklig. Hier hatte ich das Gefühl, dass das vorrangig für den Schockwert so eingeführt wurde. Die Aufgaben scheinen für mich im Gesamtwerk der Auflösung des Thrillers allerdings keine tiefere Bedeutung zu haben, was ich sehr schade finde. Denn die Familiengeschichte selbst gibt wirklich viel her. Auch viele der Andeutungen, die sich in der Vergangenheit und auch Gegenwart finden, haben leider keine weitere Bedeutung für die Auflösung, was es wirklich schwer macht, mitzurätzeln. Klar, die Auflösung ist dadurch natürlich sehr überraschend, aber sie fühlt sich für mich sehr konstruiert an. Einige Punkte finde ich zudem nicht ganz logisch. Sowohl, was den eigentlichen Plan des Täters/der Täterin angeht, aber auch, manche Details im Buch (z.B. der Induktionsherd).

Der erste Teil des Thrillers ist wirklich spannend und auch die Familiengeschichte gibt sehr viel her, aber die Auflösung hat das Lesevergnügen für mich doch sehr getrübt. Hier kam einfach viel zu viel zusammen. Manchmal erscheint weniger doch mehr. Aber für Liebhaber von Thrillern, die gern mal zwischendurch eine spannende Lektüre brauchen und auch nichts gegen einen gewissen Ekelfaktor einzuwenden haben, ist dieser Thriller durchaus eine Lektüre wert.

Bewertung vom 19.07.2021
Der Junge, der das Universum verschlang
Dalton, Trent

Der Junge, der das Universum verschlang


ausgezeichnet

Ein Universum an Gefühlen
Der Debütroman "Der Junge, der das Universum verschlang" von Trent Dalton begleitet den Jungen Eli Bell, den die Frage umtreibt, wie man zu einem guten Menschen wird und ob man das auch werden kann, wenn man zuvor ein schlechter Mensch war. Da Eli nicht gerade in einem einfachen Umfeld aufwächst – Mutter und Stiefvater dealen mit Drogen, der Babysitter ist ein Exhäftlng und sein Bruder Gus redet bereits seit Jahren kein einziges Wort mehr – ist das eine durchaus berechtigte Frage. Trotzdem erfährt Eli Zuneigung, Freundschaft und ganz besonders kindliche Phantasie.

Ich hatte zunächst Probleme in das Buch hineinzufinden. Nachdem ich mich dann aber mit dem Schreibstil angefreundet hatte, konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Die Spannung ist streckenweise besser, als bei einem Thriller und doch hat das Buch so viel mehr zu bieten – der Autor vermag es sehr bildhaft zu schreiben aber auch Gefühle unglaublich gut zu transportieren, so haben wir in einem Moment an Vertrauen, Glück und Leichtigkeit teil, und im nächsten sind wir schon wieder mit Trauer, Gewalt, Hass und Brutalität in ihrem Alltag konfrontiert.

Ganz besonders mag ich, wie der Autor die Gedankenwelt des Eli Bell zeichnet. Insbesondere die Interaktion mit seinem Bruder Gus, aber auch mit Slim, haben mich immer wieder zum Nachdenken angeregt. Zudem ist auch die Symbolik hervorzuheben. Angefangen natürlich bei dem Universum, bis hin zum roten Telefon oder der Glückssprosse. Ich mag es wirklich sehr, in solchen Romanen viel Spiel für Interpretation zu haben. Und gerade auch bei der Frage, wie man zu einem guten Menschen wird, oder ob man gar ein schlechter Mensch ist, könnte das nicht passender sein. Was ich etwas schade finde ist, dass der Titel des Buches so leider nicht mehr ganz zu den Titeln der einzelnen Kapiteln und der Symbolik dahinter passt. Das hat im Englischen etwas besser funktioniert.

Für mich ist das zusammenfassend ein wirklich tolles Buch, und insbesondere das Ende tröstet einen über etwaige Längen oder einen schwierigen Start hinweg. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 19.07.2021
Girl A
Dean, Abigail

Girl A


sehr gut

Schockierend, beklemmend und beeindruckend
Mit "Girl A" hat sich Abigail Dean mit ihrem Debüt keinem einfachen Thema gewidmet: Wenn Kinder in ihrem Elternhaus angekettet werden und hungern müssen, kann davon definitiv nicht die Rede sein. Als die Mutter schließlich Jahre später im Gefängnis stirbt und ihre Tochter Alexandra Gracie, kurz Lex, als Testamentsvollstreckerin einsetzt, muss sich diese erneut mit ihrer Vergangenheit – dem Hunger, der Angst und ihrer Identität als Girl A, dem Mädchen, dem es gelang zu fliehen – auseinandersetzen.

Die Erzählung beginnt mit dem Tod der Mutter. Girl A ist mittlerweile Anwältin und scheint mit beiden Beinen im Leben zu stehen. Nach und nach lässt die Autorin geschickt immer wieder Episoden aus der Vergangenheit in die Erzählung einfließen. Die Zeitlinien scheinen dabei manchmal ineinander überzugehen und sind nicht immer leicht auseinanderzuhalten oder nachzuvollziehen, aber dies finde ich, passt ganz gut zu der Story und den Gedankengängen von Lex. An sich finde ich die Geschichte, trotz oder gerade wegen des sehr beklemmenden Themas, sehr gut erzählt. Die Autorin schafft es sehr eindrucksvoll, immer wieder diese schrecklichen Episoden einfließen zu lassen und so nach und nach die komplette Vergangenheit, aber auch den Seelenzustand von Lex und ihren Geschwistern zu verdeutlichen.

Das Buch selbst ist in verschiedene Teile unterteilt – eins für jedes Geschwister. So lernen wir nach und nach das komplette Grauen und die unterschiedlichen Entwicklung der Charaktere und die Auswirkungen der Vergangenheit kennen. Das Ende wirkte auf mich nochmals sehr bedrückend und sorgt dafür, dass die Geschichte als ganzes noch eine Weile nachwirken wird. Die Charaktere empfinde ich zum Teil als blass und nicht unbedingt als sympathisch; aber das passt hier definitiv sehr gut ins Setting.

Ich würde nicht sagen, dass es sich bei diesem Buch um einen Thriller handelt – eher ein Psychodrama oder ähnliches. Trotzdem hatte es durchaus spannende Passagen und es hat mich sehr gefesselt. Also definitiv ein gut gelungenes Debüt, dass mich aufgrund der Nachwirkung auch sehr beeindruckt hat.

Bewertung vom 11.07.2021
Der Blutkünstler / Tom-Bachmann-Serie Bd.1
Meyer, Chris

Der Blutkünstler / Tom-Bachmann-Serie Bd.1


gut

Blutig und grausam aber zu wenig Seelenleserei
Der Thriller "Der Blutkünstler" von Chris Meyer weckt bereits mit der Inhaltsangabe höchste Erwartungen. Die Rede ist von dem besten Profiler seiner Generation. Konkret hat es der Profiler Tom Bachmann mit einem Killer zu tun, der seine Opfer ausgiebig foltert und sich dabei zum Ziel setzt, dass sein Kunstwerk in die Geschichte eingehen soll: dem Blutkünstler. Der Thriller ist zugleich der erste Teil der Reihe rund um den Profiler "Tom Bachmann".

Das Buch beginnt sehr spannend und man gewinnt bereits einen ersten Eindruck von der Brutalität, die sich im Verlaufe des Buches noch weiter steigern wird. Aber dies ließ auch der Klappentext bereits erahnen – insbesondere dann, wenn die Kunstwerke des Blutkünstlers beschrieben werden oder der Blutkünstler selbst zur Sprache kommt, wird es aber so richtig blutig. Passt für mich aber sehr gut zu diesem Buch. Was für mich eher nicht so gut zu dem Buch passt, ist das Cover. Klar, es hat etwas mit Blut zu tun, wäre so aber sicherlich nicht im Sinne des Blutkünstlers. Außerdem finde ich es leider auch viel zu überladen – die Schrift kann so leider nur kaum wirken.

Der Schreibstil des Autors ist flüssig und gefällt mir gut. Der Autor lässt geschickt durch Reflektionen und Gespräche von Tom Bachmann Hintergrundinformationen zu Psychopathen und psychologischen Auffälligkeiten einfließen. Das empfand ich als sehr angenehm. Er arbeit zudem mit vielen Szenen- und Perspektivwechseln. So führt er bis zum Ende des Buches unterschiedlichste Handlungsstränge zusammen. Für mich als Leserin waren die Verknüpfungen zunächst sehr unklar, aber zum Ende hin wird dies besser, auch wenn ich nicht ganz alle Fragen klären konnte – vielleicht dann in einem der nachfolgenden Bände. Die Auflösung der Ermittlung fand ich leider auch nicht sehr rund – klar, schon sehr überraschend, aber auch nicht wirklich logisch.

Die Ermittlungstätigkeit des Hauptcharakters Tom Bachmann selbst, empfand ich allerdings als weniger gut, wenn überhaupt vorhanden. Dafür, dass der Charakter als Seelenleser eingeführt wurde, macht er seinem Namen leider keine Ehre. Weder das psychologische Gutachten, noch die Ermittlungstätigkeiten scheinen im Vordergrund zu stehen. Auch die Arbeit mit seinen Kollegen ist etwas ungewohnt. Er wirkt auf mich sehr zurückweisend, unfreundlich und auch ungeduldig. Hier bin ich allerdings noch etwas zwiegespalten. Die kalte Art und das doch sehr unfreundliche, ungeduldige Auftreten hat etwas... Allerdings kann ich einfach noch nicht abschätzen, ob das ein Beiprodukt ist, da der Charakter erschreckend viele Parallelen zu den Hauptcharakteren anderer Autoren hat, oder ob es einfach an dem Setting in diesem Buch lag: Für mich war einfach zu viel von allem. Es werden viele grausame Themen angeschnitten und es gibt von jedem Grauen zumindest etwas zu finden. Manchmal ist weniger einfach mehr.

Für Freunde blutiger Thriller ist das Buch aber definitiv geeignet. Und auch ich würde dem Autoren gern noch beobachten, ob sich der Charakter von Tom Bachmann etwas festigt und er seinem Ruf dann endlich gerecht wird. Potential hat die Reihe jedenfalls.

Bewertung vom 11.07.2021
Die Morgenröte - Sie nehmen dir dein Leben
Richter, Noah

Die Morgenröte - Sie nehmen dir dein Leben


gut

Hochaktuell und packend aber auch enttäuschend
"Die Morgenröte – Sie nehmen dir dein Leben" von Noah Richter handelt von allgegenwärtiger Überwachung, politischer Meinungsmache, Lügen, Hass und Wählermanipulation. Als Georg Herzfeld, ein bekannter Youtuber, aufgrund seines neuesten Videos auf eine immense Summe Schadenersatz verklagt wird, bietet ihm der charismatische Entertainer Götz Wolf Hilfe an. Als Gegenleistung soll Herzfeld ihn bei seinem Wahlkampf unterstützen; Wolf hat die Bewegung "Die Morgenröte" gerade erst ins Leben gerufen und will sich so zusätzliche Kompetenz und Follower in den sozialen Medien sichern.

Die Grundidee dieses Politthrillers hat mich sofort begeistert; insbesondere die digitale Welt und ihre allgegenwärtige Überwachung und wie dies zur Meinungsbildung und -manipulation genutzt und ausgenutzt werden kann. Auch die politischen Themen, die Götz Wolf seiner Bewegung zugrundelegt sind verständlich und topaktuell. Insbesondere der Realitätsbezug ist wirklich sehr gut verwoben und der Roman ist auch so angelegt, dass alles genau jetzt so passieren könnte. Ein paar der technischen Details sind allerdings nicht ganz konform, aber das schadet der Story so nicht und zähle ich mal als künstlerische Freiheit.

Den charismatischen Charakter von Götz Wolf stellt der Autor auf großartige Art und Weise dar. Auch die Abgründe – beruflicher und privater Natur – denen sich Georg Herzfeld gegenüber sieht, sind sehr gut beschrieben. Ansonsten habe ich aber das Gefühl, dass die Charaktere eher blass erscheinen und zum Teil auch unverständlich handeln. Insgesamt musste ich auch feststellen, dass mir keiner der Charaktere so richtig sympathisch ist... Der Schreibstil selbst ist aber flüssig und ich habe mich sofort in die Thematik einfinden können.

Der Spannungbogen beginnt sehr gut, lässt zum Ende hin aber sehr nach. Die Story ist grundsätzlich aber gut konstruiert und man fragt sich als Lesender doch des öfteren, wer eigentlich wen manipuliert. Insbesondere die letzten Kapitel und das Ende haben bei mir sehr allerdings viele Fragen aufgeworfen, die leider nicht beantwortet werden und nur unzureichend beantwortet wurden. Das Ende scheint sehr offen und wirft natürlich sofort die Frage nach einer Fortsetzung auf.

Was ich bei diesem Buch zusätzlich noch als sehr störend empfinde, ist der Klappentext. Dieser nimmt bereits viel zu viel der Geschichte vorweg und insbesondere auf den letzten Satz wartet man in der Story bis zum Ende des Buches. Meine Empfehlung ist daher, den Klappentext am besten gar nicht erst zu lesen, da er viel zu viel vorwegnimmt und so sehr viele Längen im Text erzeugt ;)

An sich finde ich das Buch aber sehr gut zu lesen; es ist spannend und eine gute Unterhaltung. Wie bereits erwähnt, sind die Charaktere etwas blass und wenn man den Klappentext bereits gelesen hat, wird man mit einigen Längen konfrontiert. Ansonsten aber eine gute Lektüre, die etwas Spannung mit sich bringt.

Bewertung vom 29.05.2021
Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?
Green, John

Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?


sehr gut

Abwechslungsreich, unterhaltsam und auch noch lehrreich
Der Autor John Green präsentiert uns in “Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen? – Notizen zum Leben auf der Erde” eine Sammlung von Essays zu Dingen, die das aktuelle Zeitalter der Menschheitsgeschichte prägen und verändern.
Mit Beiträgen zu Teddybären, Klimaanlagen, Monopoly, Super Mario Kart oder Sonnenuntergänge präsentiert der Autor nicht nur eine wilde, sondern vor allem abwechslungsreiche und überraschende Sammlung von Themen, die unser aktuelles Zeitalter prägen. Ich kannte den Autor bisher nicht, bin also ohne viele Erwartungen an dieses Sachbuch herangegangen. Und was soll ich sagen? Ich bin absolut fasziniert und begeistert :) Die Schreibweise des Autors ist von der ersten Seite – nein, eigentlich sogar bereits seit dem Copyright – an fesselnd. Er schafft es nicht nur seine persönlichen Erfahrungen in die unterschiedlichen Essays geschickt einfließen zu lassen, sondern auch jede Menge nützliches und manchmal auch unterhaltsam-unnützes Wissen mit einem Augenzwinkern darzustellen. Dabei wird es aber nie langweilig und man schafft es daher kaum, das Buch zwischendurch auch mal wegzulegen.
Es handelt sich also hierbei keineswegs um ein trockenes Sachbuch, sondern um großartige Unterhaltung, bei der man auch noch einiges lernt. Einziges Manko für mich ist die doch starke amerikanische Prägung. Aber auch wenn manche der Titel einem nichts sagen sollten, habe ich zumindest beim Lesen viele Aha-Effekte gehabt.
Also dieses Buch ist definitiv eine Lektüre wert und darf definitiv nicht als trockenes Sachbuch verstanden werden!