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Europeantravelgirl

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Insgesamt 483 Bewertungen
Bewertung vom 15.05.2023
Goodwin, Sarah

Stranded - Die Insel


sehr gut

Das Monster im Menschen

„Acht Fremde. Ein Mörder. Kein Ausweg.“ Acht Menschen, die im Rahmen eines Fernsehexperiments für ein Jahr auf einer einsamen schottischen Insel ausgesetzt werden. Vier Frauen und vier Männer, von denen nicht alle zurückkehren werden. Am Ende ist es nur Maddy, die von den grauenhaften Ereignissen auf der Insel berichten kann, die dort ihren Lauf genommen haben.

Nach dieser Ankündigung habe ich einen spannenden Thriller mit geheimnisvoller Mörderjagd erwartet. Was ich stattdessen bekam, war ein psychologisches Masterpiece. Bereits kurz nach der Ankunft auf der Insel deuten sich erste Spannungen innerhalb der Gruppe an, und bald kristallisiert sich Maddy als Außenseiterin heraus und wird zum Sündenbock gemacht. Schmerzhaft ist es, diese Entwicklungen zu verfolgen, Maddys Hilflosigkeit zu spüren. Unbändige Wut packt einen angesichts der Ungerechtigkeiten, die sie zu erdulden hat. Dabei sind es nicht nur Demütigungen oder Schikane, sondern Drohungen und am Ende auch körperliche Gewalt steigern den Leidensdruck ins Unermessliche. Dazu kommen Hunger, Kälte und Entbehrungen, die alle Beteiligten an den Rand des Wahnsinns und der Verzweiflung treiben und letzte Hemmungen fallen lassen. Ein irrsinnig intensives Leseerlebnis, das mich nur so durch die Seiten fliegen und mitfiebern ließ.

Für das Ende bzw. die Auflösung hätte ich mir dann als Höhepunkt der Erzählung einen richtigen Knaller gewünscht, einen Plottwist, der alles noch einmal auf den Kopf stellt. Stattdessen wird die Geschichte abgewickelt und brav auserzählt. Wirkliche Überraschungen gab es nicht mehr, sondern im Großen und Ganzen wurde Erwartetes bestätigt. Hier wurde leider Potenzial verschenkt.

Dennoch kann ich eine klare Leseempfehlung für dieses psychologische Meisterwerk aussprechen, das mich gefühlsmäßig gefesselt und gebeutelt hat!

Bewertung vom 15.05.2023
Jähnel, Sven

Kathmandu & ich


ausgezeichnet

Eintauchen in eine andere Welt

Nein, das ist nicht einfach ein weiterer Reise-Fernweh-Liebes-Roman, dieses Buch ist so viel mehr! Na gut, wir haben da tatsächlich erst einmal eine Reise in ein fernes Land, nämlich nach Nepal, und dazu Erik und Jule, zwischen denen es gewaltig knistert. Aber das ist nicht das Geheimnis dieses wundervollen Romans! Es fängt schon einmal damit an, dass hier keine traute Zweisamkeit herrscht, sondern eine sechsköpfige Chaotentruppe die Reise nach Nepal antritt. Eigentlich war diese Reise immer Jules Traum gewesen, und um sie zu beeindrucken, ergreift Erik auf einer Party die Initiative und sorgt dafür, dass er wahr wird! Allerdings ist Erik schüchtern, ängstlich und vor allem tollpatschig, und sehr schnell fragt er sich, ob das so eine gute Idee war!

Die Dynamik innerhalb der Gruppe dieser ach so unterschiedlichen Charakterköpfe sorgt für reichlich Spannungen, Gefühle, Enttäuschungen, Schwierigkeiten und Spaß. Gerade den völlig bescheuerten Humor fand ich klasse. Zuerst einmal jedoch müssen sich Erik, Flo, Theo, Alex, Jule und Tine dem Gegenteil eines Luxusurlaubs stellen. Was schief gehen kann, geht schief, und Hygiene wird schnell zum Fremdwort. Unvergesslich Eriks Kampf mit der rattengroßen Riesenspinne oder der Flug in einem klapprigen Flugzeug! All diese Unwägbarkeiten sind jedoch schnell vergessen angesichts der Einzigartigkeit der atemberaubenden Landschaft Nepals.

Es war eine wahre Freude, dass mit der Konstellation der Gruppe der ausgetretene Pfad von Liebesromanen verlassen wurde. Vielleicht liegt es daran, dass das Buch von einem Mann geschrieben wurde, aber ich habe noch keine männliche Stimme in einem Roman derart authentisch empfunden wie die von Erik. Auch war für mich der Zeitsprung (denn die Haupthandlung spielt vor rund 20 Jahren) hervorragend gelungen. Die Reise ist so ungeschönt und realistisch erzählt, dass man Kälte, Nässe und Schmutz fast schon spürt – aber umgekehrt auch bei den unvergesslichen Erlebnissen mittendrin ist. Und die sind es letztendlich, die zählen, denn am Ende ist es nicht nur eine Reise aufs Dach der Welt, sondern vor allem zu sich selbst.

Bewertung vom 13.05.2023
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


ausgezeichnet

Blick auf die Guckkastenbühne

„Man sollte sich immer ein bisschen mehr Hoffnung als Sorgen machen. Alles andere wäre doch blödsinnig, oder?“

Es ist die Geschichte von Robert Simon, der in Wien ein Café eröffnet. Ein Café ohne Namen, aber dafür mit Seele. Dabei liest sich die Erzählung nicht wie eine Geschichte, sondern es fühlt sich beim Lesen an wie das Betrachten eines Dioramas, wie der Blick auf eine Bühne. Sozusagen eine Guckkastenbühne, auf die wir neugierig einen Blick werfen dürfen. In diesem Fall eindeutig eine Volksbühne, denn es sind keine Heldenrollen, die dort aufziehen, sondern Menschen aus der Nachbarschaft, Gescheiterte, Trinker, Hoffnungsvolle und Hoffnungslose. So bunt wie das Leben ist eben auch die Besetzungsliste der Gäste des Cafés. Wir sehen Menschen auf diese Bühne treten, begleiten sie ein Stück weit und verlieren sie wieder. Und immer wieder wird geträumt. Wach und schlafend. Dies alles in einem unaufgeregten, ruhigen Erzählton, der Raum für Gedanken gibt. Selten habe ich in einem Buch so viele schöne Sätze gefunden. Immer wieder mag man beim Lesen innehalten, dem Gelesenen nachspüren und die Formulierungen in seinem Geist und Herzen bewegen:

„Wohin gehen wir?“
„Nach Hause“, sagte Simon.
„Durch Wetter, Staub und Überdruss?“
„Klar“, sagte Simon. „Wie sollte es denn sonst gehen?“

Ich gebe offen zu, dass dies mein erster Roman von Robert Seethaler war. Ich konnte mich unbefangen und unvoreingenommen auf die Erzählung einlassen und wurde mit einem ganz besonderen Stück Literatur belohnt. Besonders reizvoll fand ich die Namensgleichheit von Autor und Protagonist, die Raum breitet für die Frage, wieviel Robert Seethaler wohl in Robert Simon stecken mag?

Bewertung vom 06.05.2023
Steffl, Corina

Island


ausgezeichnet

Im Land der Gletscher, Wasserfälle und Vulkane

Ein großformatiges Schmuckstück erwartet uns mit „Island – Das Land aus Feuer und Eis“ von arsEdition. Der Band ist der Auftakt einer neuen Länderreihe für die ganze Familie. Ich hatte die Vulkaninsel bereits 2018 besucht, sowohl den Süden als auch den äußersten Norden der Insel. Ich muss gestehen, dass ich beim Lesen dieses wunderbaren Buches immer wieder vor Entzücken aufjauchzen musste! Der Wiedererkennungswert, und damit auch die Authentizität sind wahnsinnig hoch. Ich konnte geliebte Orte und Sehenswürdigkeiten wiederentdecken, gleichzeitig aber auch viele neue Details erfahren.

Besonders gefällt mir, dass sich das Buch auch verschiedenen Lebensbereichen wie z.B. der isländischen Küche widmet. Hier hatte unsere ganze Familie viel Spaß, zu identifizieren, was wir damals selbst gekostet hatten, etwa das Lavabrot oder Snúður. Übrigens: Wer denkt, Skyr zu kennen, sollte sich vor einer Reise nach Island auf eine irrsinnig große Geschmacksvielfalt einstellen! Weitere faszinierende Themenfelder sind die Vogelwelt, die Sagenwelt Islands und vor allem auch das alltägliche Leben. In letzteres bekommt man auf einer Reise nur bedingt Einblick, da bietet dieses Buch hilfreiche Erkenntnisse. Uns war es immerhin in unserer Zeit in Akureyri möglich, zumindest ein klein wenig am Alltag in Island teilzuhaben.
Mein einziger Kritikpunkt ist das Kapitel über den Walfang, wo sehr großzügig über die Problematik des Themas hinweggegangen wird. Da hätte ich mir ein wenig mehr Mut zu einem Bekenntnis gewünscht.

Die Zeichnungen im Inneren dieses kleinen Buchschatzes sind modern und wahnsinnig gut gelungen, die Ausstattung ist äußerst edel. Für uns persönlich kommt das Buch schon einem Erinnerungsalbum gleich. Wer noch nicht dort war, geht natürlich mit anderen Gefühlen an so einen Band heran, findet dann aber komprimiertes und sehr schön aufbereitetes Wissen für Familien und Kinder ab 10 Jahren.

Bewertung vom 03.05.2023
Janz, Tanja

Wo der Seewind flüstert / Die St.-Peter-Ording-Saga Bd.1


sehr gut

Nordsee-Idylle vs. Ruhrpott-Realität

Die 17-jährige Sabine träumt im Sommer 1959 von einer Reise an den Gardasee. Doch statt La Dolce Vita erwartet sie völlig ungeplant ein Sommer an der Nordsee, wo sie ihrer älteren Tante im Pensionsbetrieb helfen muss. Ihre anfängliche Enttäuschung schlägt schnell in Begeisterung um, denn sie verliebt sich in St. Peter, in den Strand – und in Tom mit den meergrünen Augen. Doch die Liebe wird auf eine harte Probe gestellt, weil Sabine nach einem unbeschwerten Sommer zurück zu ihren Eltern ins Ruhrgebiet reisen muss.

Der Roman nimmt uns mit in eine spannende Zeit. Der Krieg ist vorbei, die Menschen atmen durch und träumen von der Ferne. Das Lebensgefühl ist hervorragend getroffen, auch in Kleinigkeiten wie Frisuren, der Mode oder der Musik. Ebenfalls authentisch erzählt ist das Eltern-Kinder-Verhältnis, wie es damals üblich war. Da bestimmen die Eltern über den Kopf der Tochter hinweg, Widerspruch kommt gar nicht erst auf, zumal die Figur der Sabine generell recht brav und duckmäuserisch angelegt ist.

Mir gefielen ganz besonders die Schilderungen aus dem Dorf St. Peter mit dem Tourismus, der damals noch in den Kinderschuhen steckte. Anfangs gibt es noch nicht einmal fließendes Wasser im Dorf; dieses muss täglich am Brunnen geholt werden. Oder auch die umständliche Kommunikation per Brief, wo beim Reisen regelmäßig die Post überholt wird! Auch die bescheidene Lebensweise ist sehr realistisch erzählt. Allerdings war mir der Umgang der Menschen miteinander und der Fortgang der Handlung insgesamt zu viel „Friede, Freude, Eierkuchen“. Eine einzige schwierige Person hat es in das Buch geschafft, alle anderen Figuren sind außergewöhnlich freundlich, hilfsbereit und gut. Da hätte ich mir deutlich weniger Weichzeichner gewünscht, denn das hat die schöne Geschichte gar nicht nötig. Ich bin nun sehr gespannt auf die Fortsetzung der Geschichte, denn der Handlungsort St. Peter hat mich wirklich eingefangen!

Bewertung vom 03.05.2023
Bonetto, Andrea

Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1


sehr gut

Von wegen beschauliche Idylle

„Schuld ist derjenige, der ein Geheimnis nicht für sich behalten kann und stattdessen die Wahrheit spricht.“

Commissario Vito Grassi lässt sich nach einem aufsehenerregenden Mafia-Prozess aus Rom ins beschauliche Ligurien versetzen, wo sein kürzlich verstorbener Vater ihm ein Haus hinterlassen hat. Kaum dort angekommen, stolpert er sozusagen gleich in einen Mordfall – und eine zweite Leiche wird kurz darauf in seinem eigenen Olivenhain entdeckt! Und schon findet sich Vito anstelle in Ruhe und Beschaulichkeit in einem Wahnsinn aus Kompetenzgerangel, Ermittlungen und der Suche nach der Wahrheit.

Eingebettet in die Landschaft an der ligurischen Küste am Rande der Cinque Terre erwarten uns jede Menge italienische Lebensart, Wildschweine und kantige Charaktere. Da wird morgens beim Caffé an der Bar heiß diskutiert und analysiert, wie die AS Roma gespielt hat.

Der Kriminalfall selbst ist solide konstruiert, und die Ermittlungsarbeit geht zielstrebig voran, so dass beim Lesen keine Längen oder Sprünge auftreten. Die tatsächlich etwas verwirrenden Zuständigkeiten der verschiedenen italienischen Polizei-Institutionen wie Carabinieri und Polizia di Stato spielen eine große Rolle für die Handlung und sind fast schon zu ausführlich erklärt, so dass man für die Lektüre wirklich überhaupt kein Vorwissen benötigt. Es ist ein richtig schöner Krimi zum Mitraten, zum Spekulieren und Kombinieren.

Im Verlauf des Romans lernt man den Commissario, seine Mitbewohnerin und seine Kollegin immer besser kennen, und besonders die Frauenfiguren sind starke und eigenwillige Charaktere, die der Geschichte ihre Würze geben. Der Autor hat bereits verraten, dass es eine Fortsetzung geben wird. Man darf sich also freuen, diese starken Charaktere wiederzutreffen und ihre Entwicklung zu verfolgen.

Bewertung vom 26.04.2023
Bach, Tabea

Sonne über dem Salzgarten / Salzgarten-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Aus der Küche auf die Kanaren

Julia hat es geschafft. Sie hat sich bis an die Spitze hochgearbeitet und für das Nobelrestaurant ihres Chefs einen Michelin-Stern erkocht. In ihrer Küche hat sie ihre persönliche Erfüllung gefunden, die sie rund um die Uhr auf Trab hält. Daher ist sie im ersten Moment überfordert, als plötzlich ihr zehnjähriger Neffe Emil ihre Unterstützung benötigt. Eigentlich braucht sie ja nur paar Tage frei, um alles zu regeln, doch damit setzt sie eine wahre Kettenreaktion in Gang. Sie begleitet Emil zu seinem Vater auf die Kanareninsel La Palma, doch ein Unwetter verhindert ihre geplante Rückkehr. Als die Flüge endlich wieder gehen, muss sie feststellen, dass sie im Restaurant ganz unfein und unfair rausgeschmissen wurde.

Der Roman bietet wahnsinnig interessante Einblicke in die Abläufe in der Spitzengastronomie mit allen Schattenseiten. Besonders lebendig wird die Geschichte durch die Eindrücke von La Palma. Ich habe die Insel schon mehrfach besucht und habe sie in den Schilderungen ganz authentisch wiedergefunden. Die landschaftlichen Beschreibungen, die kulinarischen Köstlichkeiten, die Sehenswürdigkeiten und das Lebensgefühl – alles hervorragend getroffen! Mir gefiel ganz besonders die Entwicklung, die Julia von der unter Hochdruck arbeitenden Spitzenköchin durchläuft. Der Zusammenbruch, die kritische Reflektion, die Auseinandersetzung mit ihrer Situation und der Blick nach vorn – alles glaubwürdig und lebensnah geschildert. Die Contemporary Romance bietet auch viel Raum für Emotionen. Was habe ich mich über Julias schrecklichen Bruder Jens doch aufgeregt! Und wie habe ich mit dem kleinen Emil gelitten! Nicht zu vergessen die sturen Dorfbewohner! Einzig die Lovestory mit Àlvaro blieb für mich ein wenig blass; das Ende kam für meinen Geschmack ein wenig zu abrupt. Da hätte ich mir mehr Raum für die Entwicklung von Gefühlen gewünscht.

Aaaaaber: Hier wartet schon der Fortsetzungsband sehnsüchtig darauf, gelesen zu werden! Und nur allzu gerne werde ich zurück nach La Palma reisen.

Bewertung vom 25.04.2023
Hadler, Colin

Exilium


sehr gut

Ein Alptraum, aus dem du nie erwachst

Lennox hat sich ganz in seine eigene Welt als Hacker zurückgezogen. Seit er bei einem Unfall seinen rechten Arm und seine Schwester verloren hat, lebt er ganz in einer digitalen Scheinwelt. Doch eine ungewöhnliche Begegnung mit seiner Nachbarin reißt ihn jäh aus dieser selbstgewählten Isolation. Tessa hat etwas zu verbergen. „Was im Schatten geschieht“ steht auf ihrer Tür, und einen Tag nach der Begegnung ist sie tot. Lennox wird aus seiner Komfortzone katapultiert, und plötzlich ist nichts mehr, wie es scheint. Hat Exilium, der Technikkonzern, etwas damit zu tun? Und wem kann er wirklich vertrauen?

Ich habe dieses Buch nach dem Lesen beiseitegelegt und meine Gedanken sich erst einmal setzen lassen. Was sich mir am eindringlichsten eingeprägt hat, ist die surreale Stimmung, die sich durch die ganze Geschichte zieht. Da ist die latente Bedrohung, die ständig spürbar ist. Dieser Jugendroman lebt vor allem von solchen Eindrücken und unterschwelligen Gefühlen, der bedrohlichen Grundstimmung. Hinzu kommt natürlich die Raffinesse der Geschichte mit unzähligen und völlig überraschenden Wendungen. Jedes Mal, wenn man sich der Auflösung nahe wähnt, schlägt die Story einen Haken wie ein Hase auf der Flucht, und schon steht man wieder staunend da. Für mich ist es vor allem die Kombination aus dem erschütternd realistischen und brandaktuellen Thema der Gefahren des technischen Fortschritts und der einzigartigen Atmosphäre, die diesen Jugendthriller aus der Masse herausheben.

Bewertung vom 19.04.2023
Martin, Noah

Florentia - Im Glanz der Medici


ausgezeichnet

Kunst und Liebe, Intrigen und Macht

Diese vier Themen entsprechen zugleich den vier außergewöhnlichen Erzählstimmen in dem Roman, der uns nach Florenz zum Ende des 15. Jahrhunderts führt: Da sind Leonarda da Vinci, Fioretta Gorini, Albiera de´Pazzi und Giuliano de Medici. Dank des klugen Schachzugs dieser vier so unterschiedlichen Stimmen erleben wir die Geschichte rundum beleuchtet und äußerst lebendig erzählt. Die Handlung an sich ist historisch hinlänglich bekannt: Die Medici als reiche Bankiersfamilie dominieren Florenz und haben Einfluss in ganz Italien und Europa. Was der Roman nun allerdings bietet, sind lebendige Einblicke in die Intrigen, die voller Neid gegen die Medici gesponnen werden. Wir spüren, wieviel Kraftanstrengung und Taktieren der Brüder Lorenzo und Giuliano es bedarf, um die Machtposition innezuhalten, welche Opfer gebracht werden müssen. Die Sichtweise des Leonardo gewährt uns Einblick in die jungen Jahre und ungeahnte Züge des Universalgenies. Fioretta Gorini wiederum zeigt die weibliche Seite von Florenz sowie die Seite einer Bürgerlichen, und ihr Engagement bei Meistern wie Verrocchio und Botticelli schenkt uns tiefe Einsichten in die Entstehung bekannter Kunstwerke, die man nach der Lektüre dieses Romans sicher mit anderen Augen betrachten wird.

Der Roman ist so üppig und prächtig wie das Leben in Florenz selbst. Die politischen Zusammenhänge sind spannend und völlig schlüssig dargelegt; das Netz der Intrigen spannt sich im Verlauf der Handlung bis zum Zerreißen. Vor allem überzeugen die wunderbar ausgearbeiteten Charaktere mit den Konflikten, die sie durchlaufen, voll und ganz. Der Spannungsbogen wird über den gesamten Roman wunderbar gehalten, der Sprachfluss eine wahre Freude so dass kein Moment der Länge auftaucht. Im Gegenteil: Ich bin beim Lesen immer tiefer in den Strudel der Ereignisse, Intrigen und Gefühle geraten, die sich am Ende so explosionsartig entluden, dass auch ich emotional völlig erschüttert war.

Ein hervorragend recherchiertes Meisterwerk, mit dem uns die Autorin eine neue Sicht der Dinge schenkt!