Benutzer
Benutzername: 
haberlei
Wohnort: 
Wien
Über mich: 
Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 373 Bewertungen
Bewertung vom 12.03.2022
Florin, Elisabeth

Merano mortale


ausgezeichnet

Ein sehr persönlicher Fall für Ispettore Emmenegger

„Merano Mortale“ ist der erste Krimi, den ich von der Autorin Elisabeth Florin gelesen habe. Er macht eindeutig Lust auf mehr.

Das Cover stimmt einen schon auf das Umfeld ein – die Stadt Meran: im Mittelpunkt die Pfarrkirche St. Nikolaus, im Hintergrund eine Bergkette. Ein malerisch-idyllisches Ambiente. Immer wieder fließen in die Handlung Hinweise auf Sehenswertes und Besonderes in und rund um Meran ein. Das Nachwort gibt Aufschluss darüber, welche Örtlichkeiten es real gibt und welche der Fantasie entsprangen. Meran erscheint mir jedenfalls ein sich lohnendes, einiges zu bietendes Reiseziel zu sein.

Worum geht es?
Die Nachbarin des Chefs der Meraner Mordkommission, Ispettore Emmenegger, wird erschlagen aufgefunden. Die Ermordete hat in ihrer Funktion als Leiterin der Kreditabteilung bei Zahlungsproblemen der Kunden gnadenlos Kredite fällig gestellt. Doch der Fall erweist sich als komplexer als es anfangs erscheint. Selbst Emmenegger wird persönlich darin verwickelt.

Der Schreibstil des Romans ist flüssig, besticht durch die bildsprachliche Ausdrucksweise und humorvolle Szenen. Die Kapitel sind von angenehmer Länge und mit Orts- und Zeitangaben versehen, was ich persönlich immer sehr schätze. Stimmungen und Kulisse werden gut vorstellbar, aber nie zu langatmig beschrieben. Der Roman spielt in der Gegenwart, daher wird auch Corona erwähnt, jedoch wohltuenderweise nur am Rande.

Der Prolog, ein mysteriöser Blick in die Zukunft, erweckt gleich einmal Neugierde. Die Spannung flacht nie ab, die Handlung bleibt stets abwechslungsreich. Teils dadurch, dass sich aufgrund der Ermittlungen immer wieder neue Verdächtige herauskristallisieren, man als Leser somit neue Theorien erstellen kann, teils auch durch Emmeneggers private Turbulenzen. Das Finale ist spektakulär, actionreich und alles klärend.

Das Ermittler-Duo Ispettore Emmenegger und Eva Marthaler war mir auf Anhieb sympathisch – Emmenegger menschlich engagiert über das Dienstliche hinaus, beide einfühlsam charakterisiert, mit Blick in deren Privatleben. Ich konnte mir sie nicht nur äußerlich sehr gut vorstellen, sondern auch ihre Wesenszüge und Gefühle. Generell sind alle handelnden Personen anschaulich beschrieben. Man erfährt so manch berührendes Schicksal, erschütternde Ereignisse aus deren Leben. Spannung wurde sehr harmonisch mit Emotionalem vermengt.

„Merano Mortale“ ist der gelungene Auftakt zu einer neuen Krimireihe. Ich habe eine weitere Schriftstellerin gefunden, deren Stil mir großes Lesevergnügen bereitet. Dieses Buch hat mir nicht nur Lust auf weitere Fälle von Ispettore Emmenegger gemacht, sondern auch auf die andere Reihe dieser Autorin, jene rund um Commissario Pavarotti.

Bewertung vom 06.03.2022
Blasl, Klaudia

Kernölkrieg


ausgezeichnet

Mord oder doch kein Mord – das ist hier die Frage
Schon lange hat mich ein Regionalkrimi nicht derart gut unterhalten wie „Kernölkrieg“ von Klaudia Blasl. Das waren 269 Seiten pures Lesevergnügen für mich!

Worum geht es?
Im fiktiven südsteirischen Damischtal planen profitgierige, korrupte Politiker und Unternehmer einen Kraftwerksbau und eine Ferienhaussiedlung, was einerseits die schützenswerte Flora und Fauna der Aulandschaft zerstören und andererseits auch das beschauliche Leben der Einheimischen und die Ruhe und unberührte Natur suchenden Urlauber beeinträchtigen würde. Die Initiativen der Umweltschützer scheitern, bis eines Tages ein Toter im Bach liegt …

Abgesehen davon, dass der Handlungsaufbau so geschickt gestaltet ist, dass durch immer neue Überraschungen und Ereignisse die Spannung stetig aufrecht erhalten wird, und man bis zuletzt als Leser völlig im Dunkeln tappt, wer in diesem von recht einfach gestrickten Menschen bewohnten Dorf so raffiniert mordet, amüsierte ich mich in erster Linie über die Protagonisten, die wunderbar humorvoll charakterisiert, ja, eigentlich karikiert sind. Mir kamen beim Lesen immer wieder die Zeichnungen von Manfred Deix in den Sinn. Im Übrigen, das Geschehen ist zwar in der Südsteiermark angesiedelt, doch es könnte sich eigentlich auch überall anders so zutragen …

Nichtsdestotrotz ist die Handlung im Steirischen angesiedelt, was durch Landschaftsbeschreibungen und die für diese Gegend typische Kulinarik gut zum Ausdruck kommt. Die Ortsbewohner sprechen je nach Position mehr oder weniger Umgangssprache, gespickt mit vielen landsläufigen Ausdrücken (Glossar ist vorhanden), leider spricht jedoch keiner, nicht einmal der urigste Bauer, wenigstens ein paar Worte, ursteirischen Dialekt.

Im Mittelpunkt stehen die Ermittler – der deftige Hausmannskost liebende, etwas behäbige und nicht gerade von Arbeitseifer strotzende, aber keineswegs dumme Revierinspektor Kapplhofer und sein Vorgesetzter vom Landeskriminalamt Graz, der asketische, eigenbrötlerische, misanthropische und überhebliche Polizeihauptmann van Trott. Deren Dialoge und Hickhack waren einfach köstlich zu lesen. Doch es bevölkern noch so einige überall präsente Typen dieses idyllische Dorf - wie der rücksichtslose und geldgierige Bankier, der nur auf Profit bedachte und Schmiergelder verteilende Unternehmer, der korrupte Fremdenverkehrsobmann, der geltungsbedürftige Bürgermeister, der passionierte Umweltschützer. Sie sind alle sehr einprägsam beschrieben, bereits ihre Namen lassen (wie seinerzeit bei Nestroy) auf ihre Eigenschaften schließen, wie Protzmann oder van Trott(l). Was da nicht alles an Situationskomik passiert, das die Lachmuskeln aktiviert!

Da ich das Spiel mit der Sprache sehr schätze und liebe, begeisterte mich vor allem der Schreibstil der Autorin, die eigenwilligen, fantasievollen und aussagekräftigen Wortkreationen und bildhaften Assoziationen, z.B. motorisiertes Viagra (das knallrote Oldtimer-Coupé des nicht mehr jungen Bürgermeisters), hochhackige Haxenbrecher (High-Heels) oder im Zuge eines Ehestreits „vipert und nattert“ das Eheweib.

Das Buch spielt im Jahr 2020, erschien jedoch bereits 2018. Folglich ist Covid-19 natürlich kein Thema. Dennoch traut man der Autorin – denkt man an die Ibiza-Affäre und deren Folgen - beinahe seherische Fähigkeiten zu, ist doch im Prolog folgender Satz zu finden: „Ganz Österreich erbebt unter umweltpolitischen Rückzügen und wirtschaftspolitischen Vorstößen, schmierigen Korruptionsskandalen und schmutzigen Campaigning-Affären.“ Und auf Seite 148 steht: „Wobei die Zahl blauer Wunder seit der letzten Regierungsbildung generell rapide angestiegen war und – ganz im Sinne der alten Redewendung – für einige böse Überraschungen gesorgt hatte.“

Bei „Kernölkrieg“ handelt es sich um den dritten Band der Damischtal-Reihe, der Krimi kann aber problemlos ohne Kenntnis der Vorgängerbände gelesen werden. Sehr hilfreich, von Anfang an die zahlreichen Dorfbewohner überblicken zu

Bewertung vom 06.03.2022
Blasl, Klaudia

Gärten, Gift und tote Männer


ausgezeichnet

„Gärten, Gift und tote Männer“ ist der Auftakt zu einer neuen Krimireihe von Klaudia Blasl, deren Krimis für mich die bei weitem unterhaltsamsten sind, die ich kenne.

Worum geht es?
Die pensionierte Lehrerin Pauline lebt mit ihrem Mann in einem kleinen abgelegenen österreichischen Dörfchen, wo der Alltag so dahin plätschert, man sich mit anderen älteren Damen beim Lesekreis trifft, sich mit Gartenarbeit oder Bekochen des Gatten beschäftigt. Diese Idylle und Paulines geregeltes Leben werden von einem Moment auf den anderen durchgerüttelt, als ein – wie Pauline vermutet - Giftmörder sein Unwesen treibt …

Der Roman besticht in erster Linie durch den Schreibstil, der geprägt ist von originellen Wortschöpfungen und unheimlich viel Situationskomik, dass man aus dem Schmunzeln und Grinsen kaum herauskommt. Es liest sich flüssig und flott, es ist so amüsant, das die Seiten nur so dahin fliegen. Ein bisschen vermisste ich allerdings eine Einteilung in Kapitel.

Da es sich um eine neue Krimireihe handelt, dienen die ersten rund hundert Seiten zum Hineinfinden in das Umfeld, die dörfliche Atmosphäre, dem Kennenlernen der Protagonisten. Man fühlt sich bald wohl in dieser Gemeinschaft und unterhält sich blendend über deren Marotten, Zwistigkeiten, Hoppalas und Sprüche. Der erste Tote wird noch nicht ernsthaft wahrgenommen. Doch es bleibt nicht bei einem und von nun an steigt die Spannung. Die Frage nach dem Warum, dem Wie und nach dem Täter beschäftigt nicht nur die Protagonisten, sondern auch als Leser kann man wunderbar eigenen Theorien und Spuren folgen, bis letztlich nach einem dramatischen Showdown eine schlüssige Auflösung geboten wird. Und wer’s ganz genau wissen möchte, kann im Anhang noch nachlesen, welch todbringende Eigenschaften Eisenhut, Bilsenkraut und Klatschmohn haben.

Die unterschiedlichen Charaktere, nicht nur jene der Hauptpersonen, sind ausgezeichnet und sehr anschaulich beschrieben, nicht nur äußerlich, sondern mit Stärken und Schwächen, und sie entwickeln sich im Laufe der Handlung weiter. Pauline und Berta, die innig befreundeten Nachbarinnen, stehen im Mittelpunkt. So verschiedenartig sie in ihrem Wesen auch sind, sie sind stets füreinander da. Zwischenmenschliche Beziehungen, Toleranz und Akzeptanz anderer Ansichten und Lebensart werden in diesem Buch auf heiter-besinnliche Art hervorgehoben.

Dass die Autorin über fundiertes Fachwissen über Pflanzen und Kräuter verfügt, durchzieht die Handlung unaufdringlich wie ein roter Faden, sei es in Form der diversen von Pauline selbst fabrizierten Tropfen für jedes Wehwehchen, sei es bei den Beschreibungen der Gartenfauna und –flora. Die Farbenpracht der Blüten, Vogelgezwitscher und das Summen von Bienen und Hummeln sind fast fühlbar. Für Interessierte enthält die Lektüre sicher manch brauchbaren Ratschlag.

Wenn man wie ich derart vergnügliche Lesestunden mit einem Buch verbracht hat, dann schließt man es mit großem Bedauern und mit dem sehnlichen Wunsch, dass es bald eine Fortsetzung geben möge.