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haberlei
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Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 326 Bewertungen
Bewertung vom 03.05.2022
Marmulla, Rüdiger

Imago Dei


ausgezeichnet

Mächtig, ewig jung und unsterblich !?

„Imago Dei“ von Rüdiger Marmulla ist ein in der Zukunft spielender Thriller, mit dem der Autor beweist, dass dieses Genre auch ohne bluttriefende Grausamkeiten fesseln kann.

Worum geht es?
Nordamerika anno 2045. Pastor Tim erhält einen Hinweis, dass Menschen, die der Sekte Imago Dei angehören, manipuliert werden. Es werden Forschungen betrieben, die ewige Jugend und Unsterblichkeit verheißen, wobei Menschen für gefährliche Experimente missbraucht werden.

„Imago Dei“ war nicht mein erstes Buch von Rüdiger Marmulla. Ich kannte bislang nur die romantische Regensburg-Trilogie und war sehr neugierig auf einen Thriller aus seiner Feder. Und ich wurde nicht enttäuscht, im Gegenteil.

Auch ohne den ersten Band zu kennen, kam ich problemlos in die Geschichte hinein und überblickte rasch den überschaubaren Personenkreis. Ich hatte nie den Eindruck, mir würden Informationen aus dem Vorgängerband fehlen. Das Buch ist problemlos eigenständig lesbar und verständlich.

Der Schreibstil ist einfach, schnörkellos, die kurzen, oft nur eine Seite langen Kapitel lesen sich flott und flüssig. Da fliegen die Seiten nur so dahin. Der Autor verzichtet auf detaillierte Beschreibungen des Umfelds, Stimmungsbilder und Darstellung starker Emotionen. Der Text ist im Präsens und vorwiegend im Dialog verfasst, wodurch es sich sehr lebendig anfühlt und man sich mitten im Geschehen wähnt.

Der Spannungsbogen zieht sich durch das gesamte Buch. Bereits der Prolog vermittelt ein ungutes Gefühl und je mehr man als Leser von Imago Dei und deren Machenschaften erfährt, desto mulmiger wird einem, man bangt um die Menschen, es wird umso spannender. Sehr eindrucksvoll und vorstellbar schildert der Autor die zukünftigen technischen bzw. medizinischen Möglichkeiten und Finessen – es sind nicht nur erstrebenswerte Zukunftsvisionen.

Die Handlung gestaltet sich durch Orts- und Szenenwechsel abwechslungsreich. Besonders beindruckend fand ich die Verflechtung der Handlung von Richard Wagners Oper „Der Ring der Nibelungen“ mit den wahnwitzigen Ideen des Sektenführers. Zudem steckt einiges technisches Knowhow und wissenschaftliche Recherche in dem Buch.

Die Charaktere sind anschaulich, wenn auch nicht tiefgründig dargestellt. Pastor Tim und sein Umfeld wirken durch ihre Hilfsbereitschaft, ihr geradliniges Wesen und Gläubigkeit authentisch, ebenso sind auch die machthungrigen Sektenführer überzeugend gezeichnet.

„Imago Dei“ ist ein fesselnder, aber wohltuend unblutiger Thriller, der mir spannende Lesestunden beschert und Lust auf weitere Abenteuer von Pastor Tim gemacht hat.

Bewertung vom 02.05.2022
Lukas, Leo

Mörder Pointen


sehr gut

Ein etwas anderer Krimi - Spannung inklusive facettenreichem Lokalkolorit

„Mörder Pointen“, der zweite Kriminalroman aus der Feder von Leo Lukas spielt diesmal in seinem ureigensten Milieu, nämlich jenem der Kabarettisten.

Worum geht es?
Ein Serienmörder hat es auf Kabarettisten abgesehen. Chefinspektor Fux wird bei ihren Ermittlungen von Peter Szily, der sich in der Szene auskennt, unterstützt, und dessen Freund Bravo, der Auftragskiller, verfolgt seinerseits diverse Spuren, um sich selbst vom Verdacht zu befreien.

Der Schreibstil ist flüssig, die immer wieder eingeflochtenen typischen Wienerischen Ausdrücke, wie aufganseln, ausfratscheln oder jemanden häkerln, vermitteln wunderbar das Lokalkolorit, ebenso wie die Beschreibungen sehenswerter Plätze u.a. in Wien, Linz oder Graz, angefangen vom Böhmischen Prater über den Wurstelprater und die Liliputbahn bis zum Kalvarienberg, die Alte Donau oder die Jugendstil-Toilette am Graben, die Murinsel, den Grazer Uhrturm oder das Linzer Hafengelände. Darüber hinaus steckt viel Wissenswertes in dem Text, teils irrelevant für die Mordfall, teils irreführend - Historisches, Skurriles, Skandalöses aus österreichischer Politik und Wirtschaft.

Der Roman erschien 2022, die Pandemie wird leicht gestreift. Ungewöhnlich ist der Aufbau des Krimis, nämlich analog einer Minigolfanlage verfügt er über 18 Kapitel, betitelt jeweils mit der entsprechenden Bahn, ergänzt mit der Information über die von Profis dafür bevorzugten Bälle. Ein Witz pro Kapitel dient zur spaßigen Auflockerung, wissenserweiternd fand ich die verschiedenen Definitionen rund um das Wort Pointe.

Da ich auch Band 1 kenne, waren mir die handelnden Personen von Anfang an vertraut und ich kam auch problemlos in der Geschichte hinein. Ich kann mir aber vorstellen, dass Quereinsteiger die ungewöhnliche Beziehung zwischen Peter Szilly (Pez) und Bravo, immerhin ist er ein Auftragskiller, nicht sofort durchschauen. Positiv fiel mir auf, dass im Vergleich zum Vorgängerband diesmal den polizeilichen Ermittlungen mehr Raum gegeben wurde, inklusive Informationen über den österreichischen Polizeiapparat.

Die Handlung nimmt nur langsam Fahrt auf, die Ermittlungen gehen realitätsnah zäh voran. Die offiziellen Untersuchungen und Recherchen basieren nun einmal auf mühevoller Kleinarbeit. Hinzu kommt auch noch Kompetenzgerangel, weil der Fall Bundesländer übergreifend ist. Man tappt allgemein im Dunkeln, die Ermittler ebenso wie die Leserschaft. Miträtseln erweist sich als schwierig, mangelt es doch an Verdächtigen. Dadurch, dass Chefinspektorin Fux, Pez und Bravo kaum direkt kommunizieren und voneinander unabhängig agieren, ergeben sich drei abwechslungsreiche Handlungsstränge. Neben der Polizeiarbeit eröffnen Pez und Bravo einen Blick auf die österreichische Kabarettszene – es blieb wohl keine der namhaften Kabarettbühnen unerwähnt – und führen den Leser bis in die tiefe Wiener Unterwelt. Reales vermischt sich mit Fiktiven. Als sich erste Spuren verdichten, steigert sich die Spannung, die Protagonisten geraten in brenzlige Situationen, bis letztlich in einem dramatischen Showdown der wahre Täter gefasst wird und sich das wahre Motiv offenbart. Eine überraschende, aber schlüssige Lösung.

Die Charaktere der Protagonisten sowie wesentlicher Nebendarsteller sind anschaulich dargestellt, sie zeigen so manche Eigenart und Schwäche, sogar romantische Gefühle.

„Mörder Pointen“ (wie auch zuvor „Mörder Quoten“) sticht aus der Masse der Krimis dahingehend hervor, dass man abgesehen von der Mördersuche sehr viel an österreichischer Atmosphäre vermittelt bekommt. Gerne empfehle ich das Buch für jene, die einmal einen etwas anderen Krimi lesen möchten.

Bewertung vom 28.04.2022
Gruber, Andreas

DAS EULENTOR


ausgezeichnet

Wo das Grauen lauert

Der Name Andreas Gruber hat mich dazu animiert, mich an meinen ersten Mystery-Thriller zu wagen – „Das Eulentor“ hat mich dann gepackt wie noch kein Buch zuvor.

Das Buch erschien bereits 2008, allerdings nur mit der Kernhandlung, den Expeditionsjahren 1911 bis 1914, und wurde nunmehr vom Autor überarbeitet und u.a. um eine in der Gegenwart angesiedelte Rahmenhandlung ergänzt.

Worum geht es?
1911 bricht eine Expedition auf, um Spitzbergen kartographisch zu erkunden. Nicht nur Kälte und widrige Wetterverhältnisse setzen dem Team unter der Leitung von Alexander Berger zu. Sie entdecken einen weit in die Tiefe führenden, mysterlösen Schacht …

Über 100 Jahre später macht sich eine junge Frau, Neele Tujunen, zur Forschungsstation auf Spitzberger auf, sie will mehr über Alexander Bergers seinerzeitige Expedition in Erfahrung bringen.

Die Handlung fesselt ab der ersten Seite. Man befindet sich sofort mitten im Geschehen. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, die Kapitel kurz. Das Buch gliedert sich in 12 Abschnitte, wobei sich die in der Gegenwart spielenden mit jenen aus der Vergangenheit abwechseln.

Neeles Erlebnisse werden in Erzählform geschildert, Alexander Berger berichtet in Ich-Form, wodurch man die Ereignisse, seine Eindrücke und Emotionen besonders lebendig und mitreißend empfindet. Das unfassbare Grauen, das all jene erfasst, die das Geheimnis des Schachtes ergründen wollen, kriecht regelrecht zwischen den Zeilen hervor und verursacht Gänsehaut. Die düstere Atmosphäre, aber auch die Widrigkeiten der Eis- und Schneehölle sind so anschaulich beschrieben, dass man sich mitten unter den Expeditionsteilnehmern oder tief unten im Schacht wähnt. Faszinierend und sehr interessant fand ich auch all die detaillierten technischen und physikalischen Erklärungen, deren Plausibilität ich zwar nicht nachvollziehen konnte, die mir jedoch durchaus glaubhaft erschienen.

Die Spannung ließ nie nach. Kaum atmete man auf, passierte wieder etwas Unerwartetes, etwas Erschreckendes, etwas Grauenhaftes. Das Tempo der Handlung steigerte sich gegen Ende des Buches in Form verkürzter Kapitel. Fiese Cliffhanger ließen einen das Buch überhaupt nicht mehr aus der Hand legen.

Die verschiedenen Charaktere sind ausgezeichnet dargestellt, zeigen Stärken und Schwächen. Insbesondere Alexander Berger entwickelt sich vom jungen Abenteurer zu einem verantwortungsbewussten Forschungsleiter.
„Das Eulentor“ war mein erstes Buch von Andreas Gruber und hat mich schwer begeistert. Nun muss ich endlich auch beginnen, seine Thriller-Reihen zu lesen.

Dieses Buch empfehle ich gerne weiter – wenn auch nicht unbedingt als Einschlaflektüre.

Bewertung vom 27.04.2022
Brandis, Katja; Schmitz, Ingrid; Aurass, Dieter; Troi, Heidi; März, Mari; Kölpin, Regine; Biltgen, Raoul; Zentel, Janet; Nielsen, Eva; Schleheck, Regina; Neuwirth, Günter; Kleindl, Reinhard; Kramlovsky, Beatrix; Thomas, Alex; Laub, Uwe; Wimmer, Barbara; Schmid, Claudia

Einmal kurz die Welt retten


ausgezeichnet

SOS - Erde in Gefahr!

Bei „Einmal kurz die Welt retten“ handelt es sich um eine Anthropologie rund um das Thema Nachhaltigkeit und Ressourcenverschwendung. Herausgeberin des Buches ist Jennifer B. Wind.

23 namhafte Autor*innen zeigen in 24 Kurzgeschichten zu 12 Themen primär düstere Visionen vom Leben auf unserer Erde, wenn nicht - eher heute als morgen - tiefgreifende, weltumspannende Maßnahmen gesetzt werden.

Dieses Buch lässt einen nicht unberührt. Noch dazu spielen all diese beklemmenden Zukunftsszenarien bereits Mitte des 21. Jahrhunderts, in fast greifbarer Nähe, durchaus erlebbar für uns und unserer Kinder. Für mich war dies keine Lektüre, die ich so in einem Zug hätte auslesen können. Das lag nicht am Schreibstil, sondern an dem Inhalt der Geschichten. Ja, all diese schrecklichen, gruseligen oder makabren Visionen entsprangen der Fantasie, doch wenn man genauer darüber nachdenkt, sind die meisten Szenarien im Kern durchaus schon heutzutage ein Thema, mancherorts bereits ein Problem, wie Wasserknappheit, das Schmelzen des Eises in Grönland oder an den Polen, Erderwärmung, Dürrekatastrophen oder Überbevölkerung. Doch der Großteil der Weltbevölkerung nimmt die den Weiterbestand der Erde bedrohenden Einflüsse nicht ernst, lebt mehr oder minder gedankenlos vor sich hin. Wenn nicht bald massiv gegengesteuert wird, wird dies verheerende Folgen für die Menschheit haben, Folgen wie sie in diesem Buch nur zu anschaulich vor Augen geführt werden.

Abgesehen vom Inhalt, so lesen sich die Geschichten verschieden flüssig, einige gefielen mir besser andere weniger, was aber die generelle Aussage nicht schmälert.

„Einmal kurz die Welt retten“ sollte nicht nur jeder gelesen haben, sondern vor allem dann darüber nachdenken, was man selber tun kann, um ein kleines bisschen zur Rettung der Erde beizutragen.

Bewertung vom 24.04.2022
Haller, Ina

Liestaler Gold


ausgezeichnet

Warum musste Josephine sterben?

„Liestaler Gold“ von Ina Haller, der vierte Band mit Samantha Kälin als Protagonistin, ist ein spannender Krimi, eingebettet in Schweizer Flair.

Worum geht es?
Samanthas Nachbarin Josephine wird brutal ermordet, ihr Haus wurde durchwühlt und verwüstet. Samantha und ihr Partner Joel helfen dem alten, gebrechlichen Vater der Ermordeten bei der Räumung. Dadurch gewinnen sie Einblick in Josephines widersprüchliches Leben, was Samanthas Neugier und Spürsinn weckt. Der Mordfall und Samanthas Privatleben verflechten sich zusehends. Sie wird immer mehr in den Fall hineingezogen und schließlich selbst zur Zielscheibe.

Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge. Die Geschichte spielt in der nicht genau datierten Gegenwart in Liestal, der Hauptstadt des Schweizer Kantons Basel-Landschaft (Baselbiet). Das Buch erschien 2022, Corona bleibt unerwähnt. Die gut dosiert eingeflochtenen Schweizer Ausdrücke wie Stedtli, Törli oder Plättli sowie Brauchtum wie „Eierläset“ veranschaulichen das Lokalkolorit. Vom Sprachlichen her hat man keine Verständnisprobleme (behaupte ich als Wienerin). Notfalls kann man diese Wörter im Glossar nachschlagen.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Samantha, eine junge Frau mit indischer Herkunft, deren berufliches und privates Umfeld von dem Mordfall betroffen ist. Die polizeilichen Ermittlungen werden nur am Rand erwähnt.

Der brutale Mord im Prolog scheint zunächst in keinem Zusammenhang zum Mord an Samanthas Nachbarin zu stehen. In kleinen Dosen erfährt man immer mehr über die Ermordete, es kristallisieren sich Verdächtige heraus, widersprüchliche Aussagen verwirren, Spuren verlaufen im Sand. Samanthas Privatleben gerät durcheinander. Sie weiß nicht mehr, wem sie trauen darf und wem nicht. Man kann zwar wunderbar eigene Theorien entwickeln, mitraten, doch es gibt immer wieder neue Wendungen und unerwartete Zusammenhänge. Somit sinkt der Spannungsgrad nie ab, im Gegenteil, er steigert sich noch im finalen Showdown. Letztlich klärt sich der Fall schlüssig und zufriedenstellend.

Grundsätzlich bin ich als Quereinsteigerin in die Geschichte gut hineingekommen, doch was die Charaktere anbelangt, insbesondere jenen der Hauptaktivistin Samantha, so zeigte sich auch hier, dass in Folgebände logischerweise die Entwicklung und die Vorgeschichte nicht detailliert wiederholt, sondern höchstens angedeutet werden kann. Somit blieben für mich Fragen offen, wie z.B. wieso die junge Inderin als Kind von Schweizern adoptiert wurde, wie sie ihre indische Familie fand, usw. Nichtsdestotrotz fand ich Samantha nicht nur bloß sympathisch, sondern konnte sehr wohl ihre kulturelle Problematik nachvollziehen. Ich verspüre jedenfalls das Bedürfnis, sie noch besser kennenzulernen, daher werde ich die Vorgängerbände wohl nachlesen.

„Liestaler Gold“ ist ein spannender Kriminalroman mit einem komplexen Handlungsaufbau, der Lust auf mehr aus der Feder der Autorin macht.

Bewertung vom 19.04.2022
Berg, Hendrik

Strandfeuer / Theo Krumme Bd.8


ausgezeichnet

Urlaub schützt vor Morden nicht

„Strandfeuer“ von Hendrik Berg, der 8. Band der Nordsee-Krimiserie rund um Kommissar Theo Krumme ist nicht nur spannend, sondern verfügt darüber hinaus über viel Nordsee-Flair und einen Schuss Mystik.

Worum geht es?
Eigentlich verbringt Kommissar Krumme in Sankt Peter-Ording seinen Urlaub, als in der Nähe seines Hotels die Leiche eines jungen Mannes gefunden wird. Der Tote lebte als Freund der Enkelin im Haus der reichsten Familie des Ortes, auf deren Kosten. Seine Arbeit als Barkeeper diente eher seinem Vergnügen und dem Anknüpfen von Frauenbekanntschaften. Kommissar Krumme gewinnt immer mehr den Eindruck, dass alle, die mit dem Toten in Verbindung standen, irgendetwas verschweigen.

Obwohl ich in die Reihe quer eingestiegen bin, fand ich problemlos in die Geschichte hinein. Auch den maßgeblichen Personenkreis überblickte ich rasch. Vorkenntnisse aus früheren Bänden vermisste ich nicht, verspüre aber große Lust Krummes Werdegang und die bisherigen Fälle nachzulesen.

Der Schreibstil ist flüssig, die kurzen Kapitel fliegen nur so dahin. Der Kriminalfall spielt, bis auf die in der Vergangenheit liegende Rahmenhandlung, in der zeitlich nicht näher bestimmten Gegenwart. Obwohl das Buch 2022 erschien, bleibt Corona unerwähnt. Sprachlich ist der Text wohl im gesamten deutschsprachigen Raum gut verständlich, landläufiger Dialekt kommt kaum vor - etwas mehr davon hätte ich durchaus reizvoll und noch authentischer empfunden..

Was diesen Krimi so besonders macht, ist einerseits das stimmungsvolle Bild der Urlaubsfreuden an der Nordsee - vom turbulenten Treiben am Badestrand über interessante Wattwanderungen bis zu romantischen Sonnenuntergängen – und andererseits der Hauch von Mystik und Geheimnisvollem, der noch zusätzliche Spannungseffekte auslöst.

Die eigentliche Handlung, die Ermittlungen rund um den Mord an dem Barkeeper, ist eingebettet in eine Rahmenhandlung, ein Schiffsunglück im Jahre 1822. Hier gelingt dem Autor in beachtenswerter Weise, den wahren Kern mit einer fantasievollen Story zu ummanteln.

Durch stetige neue Erkenntnisse, weitere Verdächtige, Cliffhanger am Kapitelende und darauffolgende Szenenwechsel bleibt die Spannung durchgehend erhalten. Zum Miträtseln hat man als Leser*in reichlich Gelegenheit. Letztendlich löst sich der Fall – schlüssig und doch nicht wie erwartet.

Wie meist bei Folgebänden erweist sich die Charakterisierung der Protagonisten als nicht sehr tiefgreifend, weil ja logischerweise die Entwicklung und die Vorgeschichte nicht detailliert wiederholt, sondern höchstens angedeutet werden kann. Nichtsdestotrotz erscheint Theo Krumme als angenehmer Chef, kein Superheld, sondern ein Mensch mit Schwächen und mit normalen Alltagsproblemen eines Polizeibeamten, der zwischen Privatleben und verantwortungsbewusstem beruflichen Einsatz einen Spagat machen muss. Auch sein Team und seine Lebensgefährtin sind sympathisch und wirken lebendig.

„Strandfeuer“ hat mir nicht nur Lesestunden voller Spannung geschenkt, sondern die Urlaubsatmosphäre an einem Nordseestrand erscheint mir nunmehr so verlockend, dass ich mir gut vorstellen kann, dass ich mich doch einmal von Wien aus auf die Reise nach Nordfriesland mache. Zuvor lese ich wohl erst noch den einen oder anderen Band aus dieser Reihe. Auf eine Fortsetzung freue ich mich sowieso.

Bewertung vom 18.04.2022
Hauer, Sonja

Einstand


ausgezeichnet

Satz, Sieg, Schuss

„Einstand“ von Sonja Hauser, mein erstes Buch dieser Autorin, ist der Auftakt zu einer neuen Reihe – mit dem Linzer Inspektor Felix Brunner als Ermittler.

Worum geht es?
Nach einer Doppelpartie Tennis wird einer der miteinander befreundeten Männerrunde in der Duschkabine erschossen. Bei dem Mordopfer handelt es sich um den Immobilienmakler Alexander Baumann, einen beruflich erfolgreichen, sehr attraktiven Frauenliebling. Inspektor Felix Brunner erkennt bald, dass der Fall komplexer ist als gedacht.

Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge. Das Buch erschien 2022, spielt in der Gegenwart, ohne genaue Zeitangaben, vermutlich vor Corona. Die Tat und die Ermittlungen finden in Linz und Umgebung statt.

Die Handlung ist ausgezeichnet aufgebaut. Je intensiver Felix Brunner und sein Team ermitteln, desto mehr erweitern sich der Kreis der Verdächtigen und die Motive für die Tat. Immer wieder verlaufen sich Spuren ins Leere. Als Leser*in hat man reichlich Gelegenheit mitzurätseln und eigene Theorien zu entwickeln. Nur stückchenweise verdichten sich die Informationen, dadurch hält sich der Spannungsbogen durchgehend bis zum dramatischen Finale. Die Lösung des Falles ist dann doch etwas überraschend, aber durchaus schlüssig.

Inspektor Felix Brunner kämpft quasi an zwei Fronten. Denn er muss nicht nur die komplizierten Fäden des Falles entwirren und sich gegenüber Kollegen und Vorgesetzten behaupten, sondern steckt auch inmitten einer Ehekrise. Er ist sympathisch, hat aber durchaus Ecken und Kanten. Auch sein Umfeld und die Tatverdächtigen sind gut vorstellbar beschrieben.

„Einstand“ ist ein spannender, gut konstruierter Krimi, den ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 16.04.2022
Minck, Lotte

Tote tanzen keinen Walzer


ausgezeichnet

„Tote tanzen keinen Walzer“ von Lotte Minck ist nicht nur der 15. Band der sogenannten Ruhrpott-Krimödien-Reihe, sondern laut Autorin bzw. Verlag leider auch der letzte.

Worum geht es?
Bärbel und Frank planen ihre Hochzeit. Aus diesem Anlass besuchen Loretta und der gesamte Freundeskreis einen Tanzkurs. Wie kann es anders sein? Wo Loretta auftaucht, gibt es einen Mordfall! Ein Tanzkursteilnehmer wird während der Tanzstunde erschossen. Natürlich beginnt Loretta auf eigene Faust zu ermitteln.

Ich bin bei Band 12 quer eingestiegen und bin seither ein Fan von Loretta. Die Krimis lesen sich flott und flüssig, sind vom Schreibstil her sehr unterhaltsam, humorvoll, auch der eingeflochtene Ruhrpott-Dialekt trägt zum Amüsement und zur Authentizität bei.

Mir ist nicht nur Loretta ans Herz gewachsen, sondern die gesamte Freundesschar um sie herum, die alle immer füreinander da sind, so sympathisch und menschlich gezeichnet sind, liebenswert trotz ihrer Eigenheiten oder vielleicht gerade wegen ihrer Wesenszüge.

Der Kriminalfall ist spannend konzipiert. Es ist von Anfang an fraglich, ob der Schuss den Richtigen traf. Immerhin bewegten sich die Tanzpaare. Es mangelt weder an Verdächtigen noch an Motiven. Man kann wunderbar miträtseln, verfolgt Theorien, die ins Nirwana führen, tappt – wie Loretta – lange im Dunkeln, bis in einem dramatischen Finale sich alles - doch irgendwie überraschend – klärt.

Somit endet diese Reihe mit einem spektakulären Fall, der Lorettas Spürsinn noch einmal ordentlich fordert. Dennis und sie planen einen neuen Lebensabschnitt, eine Auszeit, auch vom Detektivspielen. Wer weiß, vielleicht kommen sie ja wieder …? Als begeisterte Leserin dieser Krimis würde ich es mir wünschen. Vorerst kann ich ja noch jene Bände nachlesen, die ich noch nicht kenne.

Bewertung vom 12.04.2022
Wood, Dany R.

Nur Bärbel backte besser


ausgezeichnet

„Nur Bärbel backte besser“ von Dany R. Wood, der bereits 5. Band einer Dorfkrimi-Reihe, ist ein Feuerwerk an Komik, reich an witzigen Dialogen, schräg-schrulligen Typen und aberwitzigen Situationen. Zudem steckt auch noch eine Krimihandlung dazwischen, mit vielen Verdächtigen und zahlreichen in die Irre führenden Spuren.

Worum geht es?
Familie Backes, bestehend aus dem Dorfpolizisten Jupp, seiner Frau Inge und Oma Käthe, stellen die Putzfrau Ivana ein, weil Inge durch ein Gipsbein gehandicapt ist. Tags darauf ist Ivana tot. Vom Balkon gestürzt. Der Krimi spielt in einem kleinen Nest namens Hirschweiler, wo praktisch jeder jeden kennt und der Polizeiposten nur von einem Mann besetzt ist – von Jupp. Und Jupp glaubt nicht an Selbstmord. Ivanas Nachbarn benehmen sich verdächtig. Und Oma Käthe, eine rüstige 80jährige, will sich mit der Produktion von Torten selbstständig machen …

Dies war für mich das erste Buch dieser Reihe. Ich war nach wenigen Seiten nicht nur mit den Protagonisten vertraut und mitten im Geschehen, sondern voll begeistert von den originellen Typen und den humorvollen Schilderungen. Der Schreibstil ist flüssig, dialogreich, auch der saarländische Dialekt fließt mit ein, und die Kapitel sind angenehm kurz.

Die Spannung zu erfahren, wer nun eigentlich Ivana umgebracht hat und warum, wird im Grunde genommen von all den urkomischen Situationen, den kauzigen Menschen, von Jupps unkonventionellem Ermittlungsstil und den witzigen Dialogen getoppt. Man kommt aus dem Schmunzeln und Lachen kaum heraus, bei all den Hoppalas, den verrückten Ideen und abstrusen Aktionen. Nichtsdestotrotz ist die Krimihandlung gut konzipiert. Man kann mit rätseln, wird auf falsche Fährten geleitet und am Ende überrascht.

Ich habe mich schon lange nicht mehr so köstlich amüsiert. Diese verrückt-liebenswerte, chaotische Familie hat mir Spaß gemacht. Ganz sicher lese ich die anderen Bücher auch noch!

Bewertung vom 11.04.2022
Ehmer, Kerstin

Der blonde Hund


ausgezeichnet

„Etwas geschieht. Aber es ist größer als dein Fall.“ (Niko zu Spiro)

„Der blonde Hund“ von Kerstin Ehmer ist ein beeindruckend realistisch und authentisch verfasster historischer Kriminalroman.

Worum geht es?
November 1925. Ein Journalist wurde ermordet und in einen Berliner Kanal geworfen. Im Zuge der Ermittlungen stößt Kommissar Spiro auf einen Jungen, „blonder Hund“ genannt, der mit dem Ermordeten in Verbindung stand. Spiro folgt dieser Spur nicht nur in Berlin, sondern sie führt ihn nach München und schließlich bis nach Pommern. Immer wieder begegnet er nationalsozialistischen Bewegungen. Während er versucht seinen Fall zu lösen, wirft sich seine Freundin Nike nicht nur ins schillernde und auch tief dunkelrote Nachtleben der Stadt Berlin, sondern interessiert sich auch für Séancen und Astrologie.

„Der blonde Hund“ ist bereits der dritte Fall dieser Reihe; Kenntnis der Vorgängerbände ist nicht erforderlich. Ich kam problemlos in die Geschichte hinein und überblickte auch den maßgeblichen Personenkreis in Kürze.

Der Schreibstil liest sich flüssig. Die Sprache ist authentisch, zeitlich angepasst, Lokalkolorit wird durch Dialektdialoge erzeugt. Die Kapitel haben eine angenehme Länge und verfügen über Datumsangaben, was ich persönlich sehr schätze, weil man dadurch chronologisch den Überblick behält. Besonders eindrucksvoll empfand ich die Stimmungsbilder, die einen so richtig hineinziehen, ob ins schillernde Berliner Nachtleben mit all seinen Ausschweifungen, in die Düsternis einer Moorlandschaft, in das Grauen des Krieges, das kärgliche Leben der Artamanen oder in ein pompöses Fest der Oberen Zehntausend.

Den Kriminalfall in all seiner Komplexität empfand ich als das Gerippe für einen grandios recherchierten Roman über das Gesellschaftsbild in Deutschland im Jahr 1925. Es offenbart sich immer deutlicher das Umsichgreifen des nationalsozialistischen Gedankenguts, in höheren Kreisen ebenso wie unter den armen und einfachen Menschen. Die Menschen sind aus den verschiedensten Motiven dafür empfänglich, von Machtstreben über Idealismus, Gemeinschaftsgefühl oder Hoffnungslosigkeit bis zur Verinnerlichung dessen, was immer eindringlicher und lautstark verkündet wird. Wie von Spiro werden diese Tendenzen anfangs vielfach noch belächelt, keineswegs als gefährlich, sondern nur als Spinnerei weniger, als eine vorübergehende Zeiterscheinung eingestuft. Doch im Laufe des Romans werden sie immer spürbarer, immer mächtiger, sodass Nike letztlich feststellt: „Etwas geschieht. Aber es ist größer als dein Fall. Es geschieht gleichzeitig an verschiedenen Orten.“

Wie bereits das Cover assoziiert, hat auch Esoterik einen gewissen Einfluss auf die Menschen dieser Zeit. So interessiert sich auch die sonst sehr rational und wissenschaftlich denkende Nike für Séancen und Astrologie. „Der Aberglaube ist zurück“, sagt Nike, „Unwissen und Dummheit sind wiederauferstanden.“

Der Spannungsbogen hält sich über den gesamten Roman auf gutem Niveau. Genaugenommen laufen eigentlich zwei Handlungsstränge parallel. Denn während Spiro den Mordfall bearbeitet, pflegt Nike einen sadistisch schwer verletzten Jungen und gerät auf der Suche nach dem Peiniger ins SM-Milieu. Der Perspektivenwechsel bringt zusätzliche Spannungsmomente, gestaltet die Handlung noch abwechslungsreicher und bietet weitere gefahrvolle Situationen.
Miträtseln erweist sich als schwierig, zu kompliziert sind die Zusammenhänge, zu viele Fäden hat Spiro zu verfolgen, zu entwirren. Auch Nikes Aktionen werfen weitere Fragen auf. Das macht den Fall aber umso interessanter. Stück für Stück offenbaren sich die Einzelheiten, bis die wahren Geschehnisse aufgedeckt und die Täter gefunden sind. Das Ende mag vielleicht nicht zufriedenstellend sein, aber es ist realistisch und passt zu jener Zeit.

Die Protagonisten Ariel Spiro und Nike Fromm sind sympathische Menschen, aber Charaktere mit Ecken und Kanten, die es sich und ihrem Umfeld nicht leicht machen. Er wirkt ernsthafter als die