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[insomnia]

Bewertungen

Insgesamt 53 Bewertungen
Bewertung vom 08.11.2024
Eckardt, Tilo

Gefährliche Betrachtungen


sehr gut

interessante Mischung aus Geschichte und Fiktion

Thomas Mann, insbesondere bekannt durch seinen Bildungsroman Der Zauberberg, hielt im Oktober 1930 in Berlin seine "Deutsche Ansprache – ein Appell an die Vernunft". Der vorliegende Kriminalroman beleuchtet fiktiv den Sommer 1930, in dem Thomas Mann heimlich in Nidden an dieser bedeutenden Rede arbeitet. Als das Manuskript der Rede verloren geht, entspinnt sich daraus ein spannender Kriminalfall.

Der Sprachstil des gesamten Buches gefällt mir äußerst gut. Er passt hervorragend zur Person Thomas Mann und lässt sich sehr gut lesen. Wie auch die Bücher von Thomas Mann ist dieser Roman sicher nicht “ganz einfach” im Sinne eines gemütlichen Kriminalfalls zu lesen, man findet aber sehr schnell hinein.

Insgesamt finde ich die Verwebung von tatsächlicher Geschichte über Thomas Mann und dem fiktiven Kriminalfall um die verlorene Rede sehr gut gelungen. Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen und kann es nur weiterempfehlen.

Bewertung vom 07.11.2024
Grangé, Jean-Christophe

Blutrotes Karma


gut

Lesefluss von einigen Längen gestört

Da ich vor Kurzem erst wieder die Purpurnen Flüsse gelesen und mir die Verfilmung angeschaut hatte, war ich sehr gespannt auf das neue Buch von Jean-Christophe Grangé.
Der Klappentext verspricht inhaltlich einen spannenden Thriller, dieser beginnt auch recht gut in Paris im Jahr 1968. Im Verlauf der Handlung entwickeln sich leider einige Längen im Text. Viele Informationen, die für die Erzählung nicht relevant waren, wurden eingeflochten und störten den Lesefluss.
Zudem konnte ich keine Verbindung zu den Hauptcharakteren, insbesondere zu Herve, aufbauen. Der weitere Verlauf des Thrillers wirkte auf mich zu konstruiert und wenig glaubwürdig.
Insgesamt konnte mich das Buch leider nicht überzeugen. Der Sprachstil des Autors ist zwar gewohnt gut, aber ich hatte mir wesentlich mehr erwartet. Gerade durch einige Längen im Text stockte der Lesefluss.

Bewertung vom 29.10.2024

Trinken wie ein Dichter


gut

hätte mir mehr erwartet

Die Aufmachung des Buches ist durchaus gelungen, der rote Leineneinband ist mal etwas anderes, auch wenn das Cover schlicht gehalten ist. Die Idee des Buches finde ich an sich gut, obwohl Alkohol für manche Dichterinnen und Dichter ein heikles Thema war, da Alkoholsucht nicht selten vorkam.
Die vorgestellten Rezepte decken eine breite Palette ab: von aufwendigeren Kreationen über verschiedene Martini-Variationen bis hin zu einer einfachen Tasse Tee. Mit kurzen Anekdoten wird jeweils der Bezug zu einer Dichterin oder einem Dichter bzw. auch einem ihrer Werke hergestellt. Diese Anekdoten sind jedoch recht oberflächlich. Ich hätte mir hier wesentlich mehr Tiefgang und Informationen über die verschiedenen Autorinnen und Autoren gewünscht. So bleibt das Buch insgesamt ziemlich an der Oberfläche.
Es bietet eine schöne Sammlung von gut beschriebenen Rezepten, aber alles darüber hinaus wirkt leider wie ein nettes, aber oberflächliches Gimmick.

Bewertung vom 25.10.2024
Zeman, Barbara

Beteigeuze


ausgezeichnet

Nach dem Lesen des Klappentextes war ich gespannt, was mich in diesem Buch erwartet. Und was für eine Überraschung! In einem Feuerwerk aus Bildern und Episoden erlebt man hautnah, wie es um die eigene Gedankenwelt steht, wenn man seine Medikamente nicht nimmt. Neben der “wahnsinnigen” Welt, die vollkommen auf Beteigeuze ausgerichtet ist, blitzen immer wieder Fakten über das Leben der Protagonistin Theresa auf. Ihre Vorfahren, ihr Zusammenleben mit Freund Josef, die Ratschläge des Therapeuten Schaller – all das erscheint kurz zwischen der Obsession für Beteigeuze.

Die Autorin versteht es wunderbar, mit kurzen Sätzen Bilder zu erschaffen, die einen staunen lassen. Dass der Plot dabei überschaubar bleibt, tut dem Ganzen keinen Abbruch, da es hier um die Atmosphäre und die Gedankenwelt ohne Medikamente geht. Mich hat der Schreibstil restlos begeistert. Ein wunderbares Buch – wärmste Empfehlung!

Bewertung vom 21.10.2024
De Franchi, Marco

Das zweite Kind


gut

Das Cover des Buch ist aus meiner Sicht schön gestaltet, der Klappentext verspricht einen interessanten Thriller. Im Laufe des Lesens musste ich jedoch feststellen, dass das Buch in meinen Augen eher ein Krimi als ein Thriller ist, was man sich auch von einem Hauptkommissar als Autor erwarten könnte.
Was man sich auch von einem Hauptkommissar erwarten kann, ist eine klare deutliche Sprache ohne zu viele Schnörkel und Umwege. Und genau das liefert der Autor auch, genau so stelle ich mir die Sprache eines Kommissars vor.
Durch den Sprachstil ist das Buch gut zu lesen, die Perspektivenwechsel tun dem Buch gut.
Inhaltlich bin ich hin und hergerissen, was am Anfang wie ein klarer Kriminalfall aussieht, nimmt dann weitere Handlungsstränge auf, die mich dann im weiteren Verlauf nicht mehr überzeugen. Auch mit der Protagonistin konnte ich wenig anfangen.
Insgesamt konnte mich das Buch daher nicht überzeugen.

Bewertung vom 21.10.2024
Geiger, Arno

Reise nach Laredo


weniger gut

Arno Geiger genießt im deutschsprachigen Raum große Anerkennung als gefeierter Autor. Sein Roman "Der alte Konig in seinem Exil" ist natürlich bekannt und wird von mir geschätzt. Im neuen Roman "Reise nach Laredo" geht es tatsächlich um einen echten König, Karl V. Ich war sehr gespannt auf dieses Buch, auch weil es vielerorts positiv erwähnt wurde, wurde aber leider insgesamt enttäuscht. Freilich, der Schreibstil ist interessant, gut zu lesen. Trotzdem musste ich mich durch das Buch fast quälen, weil: es passiert einfach fast nichts. Der Inhalt des Buches ist für mich einfach belanglos, die Innenwelten des Protagonisten Karl geradezu langweilig.
Lediglich der Einstieg, die detaillierte Beschreibung, wie Karl per Hebevorrichtung in einen Badezuber gehoben wird, fand ich sehr gelungen. Mit diesem Schreibstil und den eindrucksvollen Bildwelten könnte man großartige Romane schaffen, doch meiner Meinung nach bedarf es einer spannenderen Handlung. Daher konnte mich dieser Roman nicht wirklich begeistern.

Bewertung vom 10.10.2024
Lind, Jessica

Kleine Monster


gut

Ich habe lange überlegt, was ich in meiner Rezension zu Jessica Linds Roman “Kleine Monster” schreiben soll. Einerseits ist der Roman sehr gut geschrieben und lässt sich flüssig lesen, andererseits hat er mich auch enttäuscht zurückgelassen.

Der Klappentext und der Titel suggerieren, dass es in dem Buch um den kleinen Luca geht. Seine Eltern werden in die Schule ihres Sohnes gerufen, weil es einen “Vorfall” gegeben hat. Ich erwartete eine detaillierte Beschreibung des Vorfalls und eine Aufarbeitung des Geschehenen. Stattdessen entwickelt sich die Geschichte zu einem Psychodrama über eine Frau, die einen Verlust in ihrer Kindheit nie verarbeitet hat. Erst durch die Vergangenheit der Protagonistin, Lucas Mutter Pia, erschließt sich die Auswahl der Cover-Illustration. Wer oder was die “kleinen Monster” sind, bleibt offen für Interpretation.

Die Geschichte lässt viele Fragen unbeantwortet, für meinen Geschmack zu viele, sodass ich mit dem Buch insgesamt nicht voll zufrieden bin. Gleichzeitig muss man anerkennen, dass der Text sehr gut geschrieben ist und in manchen Abschnitten eine starke Emotionalität entfaltet. Wenn man sich nicht zu sehr vom Klappentext leiten lässt, bietet das Buch einen tiefen Einblick in die Psyche einer Frau und die “kleinen Monster” in ihrem Kopf, die sie mit sich herumträgt.

Bewertung vom 09.10.2024
Winkler, Katharina

Siebenmeilenherz


ausgezeichnet

Katharina Winklers Roman Siebenmeilenherz greift ein schwieriges Thema auf: den sexuellen Übergriff auf Kinder. Diese Traumata der Kindheit begleiten eine Person ein Leben lang. Das Buch erzählt die Geschichte eines Missbrauchs eines Mädchens und vermittelt eindrucksvoll ihr Innenleben. Schon die Thematik geht einem unter die Haut, der gewählte Stil verschärft dies nur und lässt einen das gesamte Buch mit Gänsehaut lesen.

Die anfangs fünfjährige Ich-Erzählerin schildert ihre Erlebnisse und ihr Innerstes. Dabei fallen Worte wie “Einhorn” und “Horn”, “Zauberritze” und “Wundersaft”, der weiß und klebrig ist. Durch diese Sprache aus der Sicht eines Kindes wird einem beim Lesen noch viel mulmiger. Gleichzeitig stimmt es einen traurig, dass genau das tagtäglich auf der Welt passiert – sexuelle Übergriffe an Kindern sind leider allgegenwärtig und kommen nur selten ans Licht.

Es ist ein Buch, das mir ein wenig den Atem geraubt hat, ein Buch, das ich durch die sprachliche Dichte in Form eines Langgedichts in einem Rutsch lesen musste. Schockiert regte mich das Buch zum Nachdenken an. Ich kann der Autorin nur für dieses wichtige Buch danken. Auch wenn das Thema schwierig ist, gebe ich eine volle Leseempfehlung.

Bewertung vom 08.10.2024
Jost, Julia

Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht


sehr gut

starkes Debüt

Julia Jost präsentiert mit ihrem Debütroman “Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht” ein beeindruckendes Werk. Genau dort, 40 Kilometer vom spitzesten Zahn entfernt, versteckt sich die elfjährige, namenlose Erzählerin unter einem LKW. Sie spielt Verstecken mit ihrer Freundin Luca und wartet, bis Luca von 100 rückwärts zählt, um sie zu suchen. Während dieses Wartens erfahren wir zahlreiche Geschichten über das Aufwachsen auf dem Kärntner Land, über einen verstorbenen Klassenkameraden sowie über die Vorgeschichte ihrer Eltern und Großeltern.

Da ich selbst ein Jahr nach der Autorin in Kärnten geboren und in einer ländlichen Gegend aufgewachsen bin, hat mich das Buch sofort angesprochen. Erstaunlich, wie viele kleine Details man aus der eigenen Vergangenheit im Text wiedererkennt. Durch die vielen Sprünge zwischen Gegenwart und verschiedenen Geschichten aus der Vergangenheit ist es nicht immer klar, wo wir uns gerade befinden, bis der Kontext genug Hinweise gibt. Dennoch war das Buch für mich äußerst spannend zu lesen, weckte viele Erinnerungen und ich kann die Lektüre nur empfehlen.

Bewertung vom 04.10.2024
Roiss, Stephan

Lauter


ausgezeichnet

Schon Stephan Roiss letzten Roman Triceratops habe ich mit Begeisterung gelesen. In "Lauter" folgen wir dem Protagonisten Leon, dessen Krebserkrankung einen Wendepunkt darstellt. In einer Reise quer nach Venedig und später quer durch Italien beschäftigt er sich mit Meditation, mit Erinnerungen, mit seiner verstorbenen Mutter und mit seinem Vater.
Stephan Roiss hat hier einen sehr dichten Roman vorgelegt, beschreibt bildhaft die Szenerie und das Innenleben des Protagonisten. Ein außergewöhnlicher Roman, den ich nur empfehlen kann.