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Magnolia
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Bayern

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Insgesamt 157 Bewertungen
Bewertung vom 14.07.2025
Maiwald, Stefan

Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechlicher Frieden (MP3-Download)


ausgezeichnet

Gelungener Auftakt der Thalmeyer-Saga

Das erste Buch „Die Porzellanmanufaktur - Zerbrechlicher Frieden“ der Thalmeyer-Saga aus der Feder von Stefan Maiwald ist nun auch als ungekürztes Hörbuch (9 Stunden und 43 Minuten) erhältlich, gesprochen von Nils Kretschmer. Mit seiner ausdrucksstarken, wandelbaren Stimme hat er mir die einzelnen Protagonisten nahegebracht, sodass ich sie gut unterscheiden konnte. Die kurzen Pausen zwischen den Kapiteln machen das Hören einfach, der Erzählfluss ist stets gegeben. Er spricht auch die Frauenrollen, allen voran Sophie und Marie. Auch diese beiden Stimmlagen sind angenehm zu hören, überhaupt gefällt mir sein Sprechstil und sein Erzähltempo gut.

Wir sind in Selb, der Heimat des weißen Goldes, im Jahre 1947. Der Krieg ist vorbei, die Auswirkungen dessen, die Entbehrungen, der Mangel an vielem ist noch deutlich spürbar. Das Kaolin ist, neben Feldspat und Quarz, ein wichtiger Bestandteil des Porzellans, ist jedoch äußerst schwer zu beschaffen. Karl Metsch, ein mächtiger Papierfabrikant, der ebenfalls auf dieses Rohprodukt angewiesen ist, macht ihnen ein Angebot, das sie zähneknirschend annehmen müssen.

Ludwig Thalmeyer, der Patriarch des Unternehmens, stirbt überraschend und so ist es Marie, die älteste Tochter, die von nun an die Firmengeschicke leitet, unterstützt von ihrer jüngeren Schwester Sophie, ihr Bruder Joachim ist noch immer verschollen. Er ist Pianist, für das familieneigene Unternehmen hatte er sich noch nie interessiert und doch wird seine Rückkehr sehnsüchtig erwartet, denn in dieser Nachkriegszeit wird eine Frau an der Firmenspitze nicht ernst genommen.

Stefan Maiwald hat diese Zeit gut eingefangen. Der Krieg ist zwar vorbei, die damaligen Größen sichern sich auch jetzt gute Posten. Karl Metsch etwa versteht es, sich qua Bürgermeisteramt und auch dank seiner Papierfabrik das zu holen, was ihm vermeintlich zusteht. Frauen werden als willige Objekte betrachtet, auch seine Ehefrau deckt ihn ganz selbstverständlich. Und da ist John McNarney, stellvertretender US-Militärgouverneur, der Marie unterstützt, der aber in seine Heimat zurückbeordert wird.

Neben den historischen, gut recherchierten Fakten sind es auch die fiktiven Elemente rund um die Familie Thalmeyer, die diese Saga so hörenswert machen. Man spürt ihr Engagement, ihre Ängste und Sorgen, ihre glücklichen Momente und die Aufbruchsstimmung, eingebunden in die engstirnige Denkweise dieser Zeit.

Der Auftakt der Thalmeyer-Saga hat mich neugierig auf die weiteren Hörbücher gemacht, „Zerbrechliche Hoffnung“ und „Zerbrechliche Träume“ werden noch im Juli 2025 erscheinen.

Bewertung vom 14.07.2025
Hausmann, Romy

Himmelerdenblau


sehr gut

Wo ist Julie?

Julie Novak ist vor 20 Jahren aus ihrem Elternhaus verschwunden. Eine Lösegeldforderung gab es zwar, aber die Übergabe fand nie statt. Ihr Vater war zu der Zeit ein erfolgreicher Herzchirurg, ihre Mutter ist mittlerweile tot. Julies zwei Jahre jüngere Schwester Sophia kümmert sich um ihren Vater, der mehr und mehr ins Vergessen abgleitet, er hat aber auch klare Momente. Noch kann er alleine leben in seiner kleinen Wohnung, das ehemalige, luxuriöse Familienanwesen jedoch kann er sich nicht mehr leisten.

Zwei Themen sind es, die hier im Vordergrund stehen. Zum einen ist es die Demenz des heute 74jährigen Theo Novak und dann ist es die Ungewissheit um das Schicksal der damals 16jährigen Julie. Hier kommen Liv und Phil ins Spiel, die beiden Podcaster mit ihrem erfolgreichen Kanal twocrime15, die den Fall wieder aufgreifen. Die Konkurrenz ist groß, sie brauchen Klicks, ihre Hörerquoten ermöglichen ihnen ein gutes Leben. Er hat ein Händchen dafür, interessante Cold Cases aufzuspüren, Liv übernimmt die Recherchearbeit. Sie sucht Theos Nähe und bald ist sie es, die ihn anspornt, mit ihr tief in die Vergangenheit einzutauchen. Dabei blitzt immer wieder ein Name auf…

„Himmelerdenblau“ wird aus mehreren Perspektiven erzählt, wobei in der ersten Hälfte des Buches Theos Demenz in einer Ausführlichkeit hervorsticht, die doch einiges an Durchhaltevermögen einfordert. Mit Liv und auch Phil, zwei ganz und gar unterschiedliche Charaktere, werfe ich einen Blick hinter die Kulissen der Podcast-Szene, die mitunter reißerisch daherkommt. Und da ist Daniel und dessen Leben, das viel preisgibt und doch Entscheidendes zurückhält. Er ist nicht einzuschätzen, auch kann ich eine andere, immer wiederkehrende Stimme nicht zuordnen, auch wenn ich zwischendurch meine, es doch zu können.

Romy Hausmann treibt nach dem zähen Anfang die Story voran. Und wie. Keiner ihrer Charaktere ist greifbar, die Grundstimmung durchgehend bedrückend, ja deprimierend. Sie fesselt auf ganzer Linie, führt in nie geahnte Abgründe, ihre raffiniert konstruierte Story und perfekt inszenierte Suche nach Julie ist ein Psychothriller vom Feinsten.

Bewertung vom 11.07.2025
Romes, Claudia

Zeit der Pfingstrosen


ausgezeichnet

Das Leben ist nicht immer fair

Als die Rose ohne Dornen wird Paeonia, die Pfingstrose, gerne bezeichnet. Ihr gebührt in Claudia Romes neuestem Roman „Zeit der Pfingstrosen“ ein ganz besonderer Platz. Sie erzählt eine bittersüße Liebesgeschichte, die ihren Anfang kurz vor dem Zweiten Weltkrieg hat.

ich lerne den 96jährigen Jeff Craig kennen, der an Demenz erkrankt ist und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung braucht. Sein Großneffe Aiden sucht für ihn eine Betreuerin, die auf Jeffs Farm wohnen kann. Momentan ist Aiden es, der sich liebevoll um seinen Onkel kümmert, denn Jeff hat schon etliche Betreuerinnen vergrault und nun hofft Aiden, dass es mit Katy McConnell besser klappt. Nun, Katy zieht mit ihrer 10jährigen Tochter Mabel ein, beide haben sie auch mit Anfeindungen und Vorurteilen der Leute hier zu kämpfen. Nur gut, dass Aiden immer da ist, wenn er gebraucht wird.

Die Betreuung eines Demenzkranken ist eine Herausforderung, diese in seinem Zuhause zu organisieren fordert alle Beteiligten. Eine entsprechende Ausbildung, viel Geduld und Verständnis sind Grundvoraussetzung, um sich dieser Aufgabe zu stellen. Auch Katy kommt an ihre Grenzen, denn Jeff ist flink, er entwischt gerne mal. Es zieht ihn immer wieder in einen Blumenladen, dort ist er glücklich, dort ist er in seiner ganz eigenen Welt.

Zwei Zeitebenen wechseln sich ab. Neben der Jetzt-Zeit begegne ich Jeff im Oktober 1939, als er sich unsterblich in Roslyn verliebt und auch sie erwidert diese Liebe. Der Krieg kommt ihnen dazwischen – wird ihre Liebe diese schlimme Zeit überdauern? Mit seinem besten Freund Hamish erlebt er die Schrecken des Krieges in der Normandie und als er schließlich heimkehrt, ist auch hier alles anders als erwartet.

Der vielschichtige Roman erzählt von einer Liebe im Heute und von einer, die die Zeit überdauert. Nicht alles ist rosig, Rivalitäten und eine tief empfundene Feindschaft schwingen mit. Ich lese aber auch von ehrlichen Freundschaften, von unbedingtem Zusammenhalt und von den Kriegswirren lese ich auch. Die Charaktere sind fein gezeichnet, sie haben ihre Ecken und Kanten, regen mich extrem auf oder aber ich mag sie gerne – alles ist dabei, so wie das Leben eben ist. Auch wenn dieses Leben nicht immer fair ist, so ist es dies zuweilen doch.

Beide Zeitstränge sind interessant, beiden bin ich gerne gefolgt, wobei mich der junge Jeff noch einen Ticken mehr gepackt hat. Die Handlung ist logisch, in Teilen aber schon vorhersehbar. Was der Story an sich aber nicht schadet, sie ist in sich schlüssig. Dabei kurzweilig und lebendig erzählt.

Bewertung vom 09.07.2025
Leser, Antje

Lost in the Wild


sehr gut

Der Albtraum schlechthin

Timo ist es, der diese Bergtour ausgearbeitet hat. Sie sind zu fünft, sie sind gute Freunde, sie planen nicht das erste Mal ein gemeinsames Erlebnis. Nicht jeder ist begeistert davon, ein Städtetrip wäre bestimmt angenehmer, aber sei´s drum. Timo, Jasper, Fabio, Khadra und Daria sind gut gerüstet, die Rucksäcke prallvoll, das Wetter jedoch sieht nicht ganz so einladend aus. Sie wandern drauflos, die erste echte Herausforderung bilden Baumstämme, die sie überwinden müssen, lediglich ein starkes Seil ist zu ihrer Sicherung in luftiger Höhe gespannt.

Schon hier hätte ich mich geweigert, wäre auf der Stelle umgekehrt. Der nicht ganz ungefährliche Weg ist plastisch beschrieben, auch die Wetterverhältnisse geben allen Grund zur Sorge. Den fünf Freunden ist als Kinder der Stadt die Bergwelt nicht vertraut, von abrupten Wetterumschwüngen haben sie noch nie gehört. Sie geraten in einen Bergrutsch – und das zu nachtschlafender Zeit. Ihre Zelte, ihre Ausrüstung und auch einer von ihnen werden mitgerissen. Sie suchen nach ihm, sind ohne Orientierung. Irgendwann dann treffen sie auf Prepper, die hier ihr Intensiv-Survivaltraining abhalten.

Ja, sie scheinen absolut verloren zu sein in dieser Wildnis. Werden sie von den Preppern Hilfe bekommen? Oder aber in ihr Survivaltraining mit einbezogen? Die Story ist durchgehend spannend, ihre Freundschaft hängt nicht nur einmal am seidenen Faden, Konflikte sind vorprogrammiert. Die komplett unterschiedlichen Charaktere sind gut ausgearbeitet. Khadra etwa, um nur eine herauszugreifen, ist WWF-Mitglied, sie ist ein Musterbeispiel für Klimaschutz, sie ist selbstverständlich Veganerin, sie vertritt auch in dieser schier ausweglosen Situation ihre Ideale. Auch in der Survivalgruppe finden sich die unterschiedlichsten Lebensanschauungen, allen voran ist es Ragnar, der diese Kurse anbietet.

Bis zuletzt ist nicht klar, ob - und wenn ja wie - sie aus dieser Wildnis herauskommen. Gebangt habe ich um (fast) alle. Und nicht nur das, immer mehr kristallisiert sich eine Ideologie heraus, die nichts Gutes bringt. Die einzelnen Figuren und auch die Story sind zuweilen überzeichnet, was diesen Albtraum jedoch noch zusätzlich unterstreicht. Mich hat das Buch nachdenklich zurückgelassen, die Spannung war durchweg da, ich hab es gerne gelesen.

Bewertung vom 07.07.2025
Pötzsch, Oliver

Der Totengräber und die Pratermorde / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.4


ausgezeichnet

Es ist viel los im Wiener Prater

Ich gestehe, ich bin süchtig nach der Totengräber-Serie. Dieser nunmehr vierte Band führt mich direkt hinein in den Wiener Prater anno 1896.

Gleich mal huscht Marie, die schöne Squaw, vorbei und am darauffolgenden Abend dann die Sensation im Ronacher – Charles Banton, der Magier aus Amerika, führt mit der „zersägten Jungfrau“ einen noch nie da gewesenen Zaubertrick vor. Doch der Trick endet in einem Desaster, die junge Frau wird tatsächlich entzweigesägt. Oberpolizeirat Stukart schickt Inspektor Erich Loibl nach Leopold von Herzfeldt, der im Stiftskeller vor einem Vierterl Wein sitzt. Die Dienstkutsche bringt die beiden Inspektoren zum Theater an der Himmelpfortgasse, unterwegs erfährt Leopold das Wesentliche zu diesem Fall.

Oliver Pötzsch führt mich diesmal in den Volks- oder Wurstelprater, der seit dem 18. Jahrhundert existiert. Er ist einer der ältesten Vergnügungsparks. 1896 waren die Attraktionen ganz andere als heute, über allem schwebt der Große Calafati. Kleinwüchsige treten auf und Bauchredner, die ersten bewegten Bilder sorgen für Aufsehen, man gondelt durch Venedig in Wien, Chinesen und andere Exoten werden bestaunt und – das Böse lauert gefühlt hinter jeder Ecke.

Julia schreibt mittlerweile für eine Zeitung, sie berichtet über die zersägte Jungfrau und nicht nur das, sie nimmt eine Anstellung im Zirkus zu Recherchezwecken an, was natürlich keiner weiß. Dabei trifft sie auf Leopold, von dem sie noch immer nicht loskommt. Dieser geht einem angeblichen Suizid nach, es verschwinden Mädchen, über diese Ermittlungsarbeit nähern sich die zwei wieder an.

Augustin Rothmayer, der Totengräber, studiert „seine“ Leichen genau, seine wissenschaftlichen Studien sind nicht jedem geheuer, er wird abwertend als Dillo oder Dodl, als Dummkopf abgetan. Dabei ist er ein schlauer Kopf. Momentan hat er mit der Konkurrenz zu kämpfen, die Pompfüneberer arbeiten mit unlauteren Methoden, der ehrliche Bestatter hat das Nachsehen. Auch sorgt er sich um Anna, seine Ziehtochter. Sie wird flügge und damit ist er komplett überfordert. Als dann Anna einen grauslichen Fund macht, ist Leopold gefragt.

Viel habe ich über den Prater und die Menschen darin erfahren, ich war im Varieté und im Zirkus, hab hinter die Kulissen geschaut, hab den Zauber der kurzen, bewegten Bilder verfolgt, daneben und dazwischen galt es, die Mordserie zu stoppen und den wahren Mörder dingfest zu machen. Und das alles im historischen Wien mit einer gehörigen Portion Wiener Schmäh, das den ganz besonderen Reiz dieser Buchreihe ausmacht. Und nun heißt es wieder warten, auch beim nächsten Fall für Leopold von Hertzfeld bin ich wieder dabei. Es war und ist Krimi-Unterhaltung vom Allerfeinsten.

Bewertung vom 07.07.2025
Verano, Daniel

Inspector Pescadores und der Tote im Pool (eBook, ePUB)


sehr gut

Im Unruhestand auf Gran Canaria

Bei El Gordo, der spanischen Weihnachtslotterie, hat Markus Fischer so richtig abgeräumt. El Gordo heißt auf Deutsch ganz einfach der Dicke und genau so ein dickes monetäres Polster ermöglicht es ihm, sein bisheriges Leben hinter sich zu lassen.

Auf Gran Canaria lebt er seit einem halben Jahr, sein Job als Kriminalhauptkommissar ist gekündigt und gerade eben hat er den Kaufvertrag für eine Tapas-Bar unterschrieben. Der Mittfünfziger stößt mit seinen Freunden Andreas, dem Bademeister, mit der Sportskanone Marianne und mit Petra stilgerecht mit Champagner auf ihre Freundschaft, auf den Kauf an sich und aufs Leben überhaupt an. Am Morgen danach schwimmt eine Leiche im Pool und bald schon nimmt die herbeigerufene Polizei einen Tatverdächtigen fest. Was den vier Inselfreunden so gar nicht gefällt, denn für sie ist der Festgenommene unschuldig. Also bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als selbst zu recherchierten - „Der Gran-Canaria-Mordclub ermittelt“.

„Inspector Pescadores und der Tote im Pool“ ist der erste Band der neuen Krimireihe aus der Feder von Daniel Verano – ein absoluter Kenner dieser Insel. Und selbstredend lässt er uns an der Schönheit der Insel teilhaben, seine Landschaftsbeschreibungen wecken eine unbändige Reiselust in mir, auch möchte ich mich nicht nur einmal zu ihnen an den reich gedeckten Tisch setzen oder besser noch mit Markus all die Köstlichkeiten zubereiten.

Und natürlich wird ermittelt. Die beiden Inselpolizisten Cortadora und Diaz kommen mir schon ein wenig spanisch vor, wenn ich diese Zweideutigkeit bemühen darf. Aber sei´s drum, der Gran-Canaria-Mordclub ist auf zack, sie alle sind sehr motiviert und daran interessiert, den noch immer Inhaftierten schnellstens freizubekommen. Dabei kommen sie in so mach brenzlige Situation und nicht nur einmal habe ich um sie gebangt. Sie ermitteln sozusagen undercover, auch halten sie sich über ihr früheres Leben eher bedeckt. Ob Markus seinen kriminalistischen Hintergrund geheim halten kann? Zumindest bei ihren ersten gemeinsamen Fall ist ihm dies ganz gut gelungen, auch Marianne scheint eine ähnliche Vorgeschichte zu haben, auch sie ist diesbezüglich eher wortkarg.

Und da wäre etwa noch die Eigentümerin der Wohnanlage und ihr längst erwachsener Sohn – er spielt eine durchaus tragende Rolle und Ayoub, der nach dem Tod seines Chefs ohne Job dasteht. Ihn mag ich ganz besonders wie auch so einige andere, gut skizzierte Charaktere, mit denen ich nur zu gerne Tür an Tür wohnen würde.

Dieser erste Fall hat mich gut unterhalten. Er wird natürlich aufgeklärt, eh klar. Das ganze Prozedere um diese Aufklärung war mir nen Ticken zu drüber, was aber angesichts der kurzweiligen Story und des Inselflairs vernachlässigbar ist. Es waren vergnügliche Lesestunden, die Lust auf mehr machen.

Bewertung vom 06.07.2025
Krohn, Henriette

Pinguine fliegen nur im Wasser


ausgezeichnet

Von echter Freundschaft und chaotischen Momenten und noch mehr

„Pinguine fliegen nur im Wasser“ erzählt von zwei Menschen, die gegensätzlicher nicht sein könnten - Greta und Vincent. Ist es Zufall, dass sie an einem entscheidenden Wendepunkt ihres Lebens aufeinandertreffen? Ist es Schicksal, das sie zusammenführt? Noch wissen wir es nicht, aber doch sehr bald. Henriette Krohn lässt ihre Leser ab dem Zeitpunkt ihrer Begegnung am Leben der beiden teilhaben, zwischendurch erzählen Rückblenden von deren Vergangenheit.

Vom Fitnessstudio direkt ins Büro. Das Team-Meeting hat Vincent für 7.30 h angesetzt und selbstredend ist er eher da, er ist seinen Mitarbeitern stets ein Vorbild. Heute aber läuft alles schief. Sein Mitarbeiterausweis scheint defekt zu sein, er schafft es dann aber doch in sein Büro, aber nicht ins firmeneigene Netz. Seine Vorgesetzte macht ihm unmissverständlich klar, dass er raus ist. Job weg, Wohnung weg – was ist passiert?

Er landet ausgerechnet in Gretas Taxi, sie kommen ins Reden und da er sowieso seinen Job los ist und sie die alte, von ihren Großeltern geerbte Villa renovieren will, nimmt er ihr Angebot an, in dieser Villa mit anzupacken. Dafür kann er hier für die Zeit der Renovierung mietfrei wohnen.

Gesagt – getan. Sie beginnen mit der Küche, denn sie ist nun mal das Herzstück eines Hauses. Sie machen Pläne, kaufen ein, sind sich sofort einig oder auch nicht, werkeln von früh bis spät, sie sind ein gutes Team. Ein Nachbar will helfen, auch Gretas Ex steht im Weg rum, außerdem ist da noch eine ältere Dame, eine Gräfin, in der Nachbarschaft und eine Schildkröte gibt es neben so etlichen anderen Mitspielern auch.

Henriette Krohn ist ein wunderbarer Roman gelungen, der so viel mehr ist als „nur“ ein Wohlfühlbuch. Ihre Charaktere sind liebenswert und nahbar, die meisten zumindest. Andere wiederum sind ganz schön fies, auch diese Typen kennt wohl jeder. Allesamt sind sie echt und glaubwürdig. Das Miteinander steht im Mittelpunkt, ebenso der Zusammenhalt. Echte Freundschaft und Herzlichkeit und auch mal chaotische Momente machen das Buch so authentisch. Was braucht man, um glücklich zu sein, um ein erfülltes Leben zu führen? Man sollte achtsam mit sich und mit den anderen sein, das ist sehr viel mehr wert als all die luxuriösen Dinge. Die so leichtfüßig daherkommende Story macht schon auch nachdenklich, eine feine Prise Humor schwingt immer mit und wenn Greta das gewisse Ümpf in einem Raum noch fehlt, dann sind kreative Ideen gefragt.

Die Renovierung ist nun abgeschlossen, das warmherzige, tiefgründige Buch ausgelesen, ich war gerne dabei und – ganz nebenbei bemerkt: In diese Villa würde ich (wäre sie noch frei) gerne einziehen.

Bewertung vom 03.07.2025
McConaghy, Charlotte

Die Rettung


sehr gut

Geheimnisse

Vor acht Jahren ist Dominic mit seinen Kindern auf Shearwater Island angekommen, seitdem bewohnen sie den inseleigenen Leuchtturm. Die Forschungsbasis ist mittlerweile verwaist, das Team hat die Insel verlassen und auch Dominic Salt mit Familie wird bald weg sein. Shaerwater ist dem Untergang geweiht, das Meer holt sich dieses etwa 120 qkm große Eiland zurück.

Eine Frau im Meer. „Der Sturm spült sie an, drapiert auf ein Gewirr aus Treibholz. Das Mädchen sieht sie von ihrem Platz bei den Robben aus… Sie taucht ab, schwimmt hinaus, greift nach dem wirren Bündel, lenkt es in Richtung Strand…“ Fen heißt das Mädchen, Dad und Raff helfen ihr, die Frau herauszuziehen. Sie säubern ihre Wunden, legen sie in ein Bett, wärmen sie. Sie hat Fieber.

Der dramatische Beginn, einhergehend mit Kälte und Regen, wirft viele Fragen auf. Wie kommt diese Frau auf die doch sehr abgelegene Insel irgendwo zwischen Australien und der Antarktis? Ist es Zufall oder Absicht? Was sucht sie hier? Erst ziemlich dem Ende zu weiß man über sie und ihre Beweggründe Bescheid. Alles vorher ist eher Spekulation, überhaupt durchziehen Geheimnisse die ganze Story. Auch Dominik ist nicht zu durchschauen, ihn kann ich bis zum Schluss schwer einschätzen. Eher schon seine Kinder, wobei auch die 17jährige Fen, die mit den Walen schwimmt und taucht, die sich eher absondert, erst spät ihr Innerstes preisgibt. Raff (18) öffnet sich so nach und nach und der 9jährige Orly ist der Botaniker schlechthin. Wobei er ziemlich altklug sein profundes Wissen über Flora und Fauna zum Besten gibt. Nun gut, einem Neunjährigen nehme ich diese Ausdrucksweise nicht so ganz ab, aber sei´s drum – durch ihn wird etwa der Mangrovenkeimling super erklärt.

Überhaupt legt die Autorin neben der Story um die fünf Menschen ihr Augenmerk auf die Natur. Sie nimmt sich Zeit, um die Tier- und Pflanzenwelt zu beschreiben, man spürt beim Lesen direkt den tosenden Wind und den Starkregen, holt Luft und taucht mit den Walen ab, ich bin hautnah dabei. Sie vermittelt eine total schöne, sehr atmosphärische Stimmung und zugleich macht sie die bedrohlichen Folgen des Klimawandels und dessen Einfluss auf die Natur deutlich.

Die Story um die fünf Menschen ist voller Geheimnisse. Andeutungen, die viel Dramatisches ahnen lassen, führen nicht weiter, man rätselt von Kapitel zu Kapitel, zuweilen nervt dieses Unheilvolle, nicht Greifbare, man tappt bis fast zum Schluss im Dunkeln. Die kurzen Kapitel sind mit der jeweils erzählenden Person übertitelt, man erfährt immer nur so viel, dass man unbedingt weiterlesen muss - um dann doch nochmal ganz fest zu schlucken, denn das Ende hat es in sich und ist so gar nicht vorhersehbar, so auch die entscheidende Wendung zuvor.

„Die Rettung“ ist spannend, ist düster, ja zeitweise unheimlich, zuweilen musste ich das Buch zur Seite legen und doch wollte ich wissen, was denn nun auf dieser Insel mit diesen fünf Personen geschieht. Der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten – oder gibt es für diese unsere Welt noch eine, noch „Die Rettung“?

Bewertung vom 01.07.2025
Stava, Sophie

Eine falsche Lüge - Wird es ihre letzte sein? (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Lügen funktionieren

Irgendwann hat sie angefangen, sich interessant zu machen. Sie waren oft umgezogen, in Kalifornien waren sie zwar nie, aber wer weiß das schon. Auch erzählt sie von ihrem Dad, dem (angeblichen) Filmstar – die Aufmerksamkeit der anderen ist ihr endlich sicher, sie ist etwas Besonderes. Lügen funktionieren. Besser als die schnöde Wahrheit. Sloane ist eine Lügnerin.

Ihre Mittagspause verbringt sie in einem Park, lesend auf einer Decke. Jay Lockhart ist ihr mit seiner kleinen Tochter Harper schon lange aufgefallen und heute endlich ergibt sich eine Gelegenheit, mit den beiden näher ins Gespräch zu kommen. Krankenschwester sei sie und ja – mit Kindern kann sie gut. Sie stellt sich mit einem falschen Namen vor und auch ansonsten kommen ihr Lüge für Lüge ganz leicht über die Lippen. Sloane findet, dass sie die genau richtige Nanny für Harper sei, denn die Lockharts suchen schon länger nach einem neuen Kindermädchen.

Sloane scheint eine Lügnerin par excellence zu sein, die Lockharts dagegen ein Musterbeispiel der perfekten Familie. Jay ist der attraktive, fürsorgliche Ehemann und Vater und auch Violett, seine Frau, scheint alle Vorzüge auf sich vereint zu haben. Dazu die kleine, süße Harper – eine Idylle schlechthin, zumal sie auch sehr vermögend sind. Und nett sind sie auch. Sloane nehmen sie mit offenen Armen auf, Violett sieht sie als liebe Freundin.

Dass es so nicht bleiben kann, ist mir schon bewusst. Schließlich lese ich einen Thriller und keinen Heile-Welt-Roman. Nun, irgendwann kippt die Stimmung, die Perspektive ändert sich, ich habe ähnliches vermutet. Diese andere Sicht auf die Dinge lässt die Story in einem anderen Licht erscheinen. Und als dann eine dritte Erzählebene dazukommt, wird es dermaßen rasant und atemraubend, die sowieso ständig vorherrschende Spannung steigert sich ins Unermessliche, das brillante Ende ist dann nochmal eine Klasse für sich. Denn wenn man denkt, das war es jetzt, dann war es das noch lange nicht.

Dieser Thriller voller Geheimnisse und unglaublicher Wendungen entwickelt sich als ein subtiles, raffiniert konstruiertes Spiel, das bis zuletzt nicht zu durchschauen ist. Jeden einzelnen Satz, jede Seite habe ich genossen, ich hab mich in die Irre führen lassen, ich bin schlichtweg begeistert. Eine absolute Empfehlung für jeden Thriller-Fan.

Bewertung vom 29.06.2025
Wesseling, Antonia

Loverboy - Niemand liebt dich so wie ich (MP3-Download)


sehr gut

Die Masche der Loverboys

Zwischendurch darf es auch mal ein Romance-Thriller sein, also habe ich mir „Loverboy“ näher angeschaut – ein Thema unserer Zeit. Leider fallen sie ihnen immer wieder auf ihre Liebesschwüre herein, auch Vivian ist ganz hin und weg von Pascal. Sie, die eher am Rande steht, wird von „Mr. Ich-bin-zu-schön“ umgarnt, er scheint nur Augen für sie zu haben.

Vivian und Lola haben sich in ihrer WG gut eingerichtet. Sie kennen sich, sie unterstützen sich, sie mögen sich. Bis jetzt, denn Vivian verändert sich, seitdem sie Pascal begegnet ist. Sie leiht sich Geld von Lola, erzählt nichts mehr und dann verschwindet sie. Lola weiß nicht, wo sie ist. Sie geht zur Polizei, die jedoch nichts unternehmen kann. Irgendwann taucht Vivians Bruder Elias bei Lola auf und beide beschließen, sie zu suchen.

Loverboys gaukeln ihren Opfern die große Liebe vor und kaum haben sie Vertrauen gefasst, zwingen die Männer sie in eine ganz andere Richtung. Die Masche dürfte jedem und jeder bekannt sein und doch glauben die jungen Frauen an ihre Liebesschwüre.

„Loverboy – Niemand liebt dich so wie ich“ ist auch als Hörbuch erhältlich, das über 12 Stunden und 43 Minuten diese Thematik aufgreift. Schon der Buchtitel macht klar, dass es sich hier um keine Liebesgeschichte handelt, es ist schlechthin Ausbeutung, die diese Loverboys betreiben. Eine Triggerwarnung gibt es zuvor und auch danach.

Die Sprecher greifen die Stimmungen gut auf, auf weiten Strecken sind es Lola und Elias, die sich zuvor nicht gekannt haben und nun gemeinsam nach Vivian suchen. Irgendwann sind sie auf der richtigen Spur, die ganze Angst um sie und die Dramatik dahinter ist spürbar, ich bin nah bei ihnen. Auch Vivian höre ich, sie ist Pascal verfallen, glaubt ihm jede Lüge, die sie als wahr wahrnimmt. Es knistert direkt vor Spannung, alle Sprecher transportieren die aufwühlenden Gefühle perfekt wider.

Antonia Wesseling zeigt anhand dieser Story deutlich die ganze Dramatik hinter den Loverboys auf. So manch Liebesszene hätte ich nicht unbedingt in ihrer Gänze gebraucht, aber gut – ein wenig Romance darf in diesem Genre schon auch sein. Gut und spannend geschrieben und als Hörbuch perfekt in Szene gesetzt.