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a.n.
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dd

Bewertungen

Insgesamt 124 Bewertungen
Bewertung vom 28.07.2019
Dunkelsommer
Jackson, Stina

Dunkelsommer


ausgezeichnet

Ein gelungener Scandi-Krimi
Die innere Getriebenheit von Lelle, der Hauptfigur, treibt auch gleichermaßen die Handlung gekonnt voran. Nacht für Nacht streift er umher, um seine geliebte Tochter wiederzufinden. Hoffen, bangen, Gedankenfetzen an die gemeinsame Zeit. Nach dem mysteriösen Verschwinden sind nur Leid und Unruhe zurück geblieben.
Der Schreibstil – persönlich, mitunter tief in der menschlichen Seele schürfend, hält den Leser stets auf der Höhe des Geschehens. Und so durchlebt er auch gemeinsam mit Lelle manch seelische Abgründe und gefährlich anmutende Situationen. Er kann nicht anders. Er wird so lange weiter machen, bis er seine Tochter wieder gefunden hat. Man bekommt eine wirkliche Ahnung davon, wie sich das anfühlen muss und durch die Realitätsnähe vor allem, dass es sich um mehr handeln könnte, als nur einen Krimi. Spannend und ergreifend zugleich.
Ein zweiter Handlungsstrang umschlingt die Haupthandlung und verfließt allmählich mit ihr. Meja, aus schwierigen familiären Verhältnissen stammend, verschwindet ebenfalls auf unerklärliche Weise. Lelle kannte das Mädchen aus der Schule und so lässt ihn auch ihr ungewisses Schicksal nicht kalt. Beim Heranführen des Lesers an diese zusätzlich einsetzende Handlung konnte die Autorin den Spannungsbogen nicht immer aufrecht halten.
Nur von außen her betrachtet, passiert bewegungstechnisch daher nicht so viel, wie man vom Klappentext her vielleicht erwarten mag. Die „Action“ spielt sich vielmehr im Inneren der Handelnden ab. Vermeintliche Schuld, Gewissensbisse, Ohnmacht und Ungewissheit sind starke Triebfedern, die einen Menschen zu Unvorhersehbarem bringen können. Die Tragik des ganzen ist ebenso präsent wie Schnee, Kälte und die tiefen Wälder Schwedens. Düster und beklemmend. Ein Krimi, weniger Thriller, der unter die Haut geht.

Bewertung vom 06.07.2019
Die stille Tochter / Kommissar Tommy Bergmann Bd.4 (MP3-Download)
Sveen, Gard

Die stille Tochter / Kommissar Tommy Bergmann Bd.4 (MP3-Download)


gut

Etwas zu still für einen Scandi Krimi
Detlef Bierstedt müht sich redlich. Ihn trifft keine Schuld. Der Autor lässt dem Hauptakteur Tommy Bergmann in seinem vierten Fall nicht gerade die gewohnte freie Hand und vor allem flinken Füße. Und so stapft die Handlung auch eher dahin als dass sie vorwärts treibt. Nicht nur als Leser voran gegangener Folgen der Krimireihe erwartete der gespannte Leser einfach mehr. Zu viel Spionage, zu kompliziert der Aufbau. Vergangenheit trifft Gegenwart. KGB, DDR, Agenten, Erpressung, Intrigen. Für mich aufgrund dieser Konstellation wohl eher doch nicht ein wirklicher Spannungsgarant. Ich war zugegeben etwas mehr auf rotes Blut im weißen Schnee aus. Doch nicht nur unter diesen Umständen würde ich die vorliegende Lektüre / das Hörbuch „nur“ ein einen guten Kriminalroman und weniger als einen wirklich spannenden Thriller bezeichnen.
Es ist ein langer holpriger Höreinstieg bei dem man sich sehr konzentrieren muss.Mehrere Handlungsstränge, eng und bislang unentwirrbar, entspinnen sich und werden erst nach einer ganzen Weile erkenn- und verständnistechnisch greifbar. Das geht zu Lasten eines wirklichen Hörvergnügens. In Buchform vor sich wäre dies wahrscheinlich weit weniger verwirrend empfunden. Doch nicht alles ist lau, zuweilen lodert tatsächlich das Scandi Krimi Feeling auf, das den Krimileser und -hörer wärmt. Und das wiederum verdankt man zum Großteile eben eher den Sprecher Detlef Bierstedt.

Bewertung vom 30.06.2019
All das zu verlieren
Slimani, Leïla

All das zu verlieren


ausgezeichnet

Was fehlt?
Alles besitzen und dennoch schmerzenden bohrenden Mangel empfinden. Sucht die Lektüre nach Verständnis für ihr Handeln? Kann das auch einem selbst passieren? Eine Außensuche, deren Auflösung doch tief im eigenen Innern liegt. Die Autorin hat sich viel vorgenommen. Der Leser erwartet einen innere Kampf, der Reflexion einer nicht mehr normal wirkenden Handlungsweise. Ein Drang, ein Zwang, der zumindest dem Leser eindeutig vor Augen führt, dass dies nicht gut enden wird, dass Handlungsbedarf besteht.
Aléle ist eine zerrissene Frau, die einem trotz allem vorerst sympathisch ist. Und man hat zumindest insofern Verständnis für ihr inneres Ringen, da ja bekanntlich niemand von ähnlichen Zwiespälten gefeit zu sein scheint. Das macht Aléles Geschichte auch so packend und realistisch. Angeheizt vom Geschehen, schwingen beim Lesen schwingen stets die eigenen Erfahrungen, Vorsätze und gängige Moralvorstellungen mit. Eine Dramatik, die sich im Laufe des Romans noch steigern wird. Eine Getriebene, die das emotionale Karussell nicht aufhalten kann.
Der Leser dreht sich eine Weile wohlwollend mit. Doch dann kommt allmählich der Punkt, wo er abspringt und ihrem Sich-im-Kreis-drehen nur noch hilf- und verständnislos zusieht. Die Sympathie weicht, das Verständnis schwindet. Sie hat zwar viel Sex, tut aber rein gar nichts für sich. Ihre Gedanken gehen nicht weit genug. Sie beschäftigt sich zwar intensiv mit diversen Dingen, ja, auch viel mit sich selbst, doch setzt sie sich nie wirklich mit sich selbst auseinander. Und so bleibt auch die Handlung ziemlich bodenständig. Wie auch sonst, wenn sich unsere Antiheldin nicht über sich selbst erhebt sondern sich nur treiben lässt. Das enttäuscht aber weit weniger, als dass es doch ein literarischer Genuss ist, Bücher von Leila Slimani zu lesen.

Bewertung vom 24.06.2019
Bell und Harry
Gardam, Jane

Bell und Harry


ausgezeichnet

Die Zeit, die so wichtig ist
Eine Kindheit, die man sich vielleicht selbst gewünscht hätte. Die Jungen Bell und Harry machen das beste daraus, unterstützt von ihren Familien. Eine tiefe Freundschaft beginnt, sie wächst und hält vielleicht bin ins Erwachsenenalter an. Heranreifen, gemeinsam erleben, sich verstehen. Und das, obwohl sie aus ganz verschiedenen Sphären aufeinander getroffen sind. Eine Wonne, dies zu lesen. Harmonie, Ruhe, Einigkeit. Keine Action und dennoch so ereignisreich und eindrucksvoll. Bewegung ist auch im Inneren der Hauptpersonen. Ein zielgerichteter warmer Sommerwind, der den Leser trägt und erfrischt. Eine Inspiration. Einfach Kind sein dürfen, die Freiheit erleben; aber mit Sinn und Verstand. Sich selbst erinnern, seinen eigenen Kindern Möglichkeiten geben jenseits von Handyspielen und der neuesten Mode. Schmunzeln, denken, schwelgen, mitfiebern – alles ist erlaubt und sehr willkommen. Aufmerksames Lesen erleichtert das Hineinkommen in die Handlung und der etappenhaften Erzählweise.
Für den einen werden diese empfundene Langsamkeit im Erzählen und Erleben, die sich wiederholenden Sommerabenteuer vielleicht langweilig vorkommen. Doch vielleicht ist genau dies ein Ritual als Voraussetzung für Beständigkeit; eben die Zeit, die wichtig ist und die sich heute kaum mehr jemand nimmt oder einem gestattet wird. Plätschernd, mit wohl platzierten Untiefen. Ein wenig aus dem Hier und Heute gefallen scheint die Geschichte der Jungen tatsächlich. Doch gerade das macht dieses Buch lesenswert. Das Bild von einer schönen heilen Welt wird gezeichnet. Nicht Weltfremdheit gleichzusetzen. Es bringt ein gedankliches Idyll zum Vorschein. Rückblicke, Vergangenheit, die Gegenwart beeinflusst. Und die große Frage, ob diese Freundschaft auch wirklich halten wird, egal, was noch kommt, sorgt dafür, dass man das Buch einfach bis zu Ende lesen muss. Vorhersehbar ist dies nämlich nicht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.05.2019
Eine Samtpfote zum Verlieben / Samtpfoten Bd.1
Metz, Melinda

Eine Samtpfote zum Verlieben / Samtpfoten Bd.1


gut

Eine Katze als Kuppler
MacGyvers eigene Probleme sind überschaubar. Doch die seines Frauchens sind da weitaus gravierender, auch wenn die Betroffene noch gar nichts davon weiß. Und daher weiß auch nur der samtpfotige Kater, was zu tun ist. Aufzuhalten ist er dabei nicht, obwohl er sich und sein Frauchen damit in so manch knifflig-komische Situation bringt.
Den Leser freut es, wird er doch kurzweilig und einfallsreich unterhalten. Mehr kann und sollte man von der Lektüre allerdings auch nicht erwarten. Ein leichtes, und humorvolles Buch zur Lesefreude mit Romantik, Alltagswitz und eigenen Träumereien. Hin und wieder lernt man doch noch etwas über das komplizierte Metier Kennenlernen und ja, auch über Katzen. Und so mancher Single wünscht sich sicher einen so engagierten Begleiter wie unseren knuffigen Hauptakteur.
Nicht nur aufgrund der Konstellation der Akteure und deren skurrilen Erlebnissen fällt das Buch aus dem Rahmen, auch das Cover ist ein Hingucker. Hier passt einfach alles zusammen. Heiter und enthusiastisch, ohne aber die Schattenseiten des Lebens zu verdrängen, begibt begeben sich nicht nur der Kater und sein Frauchen auf einen ereignisreichen und emotionalen Parcours, der Leben genannt wird. Auch bei dieser Lektüre ist der Ausgang vorhersehbar, doch war dies für den Leser noch nie so egal.

Bewertung vom 21.04.2019
Das Haus meiner Eltern hat viele Räume
Ott, Ursula

Das Haus meiner Eltern hat viele Räume


ausgezeichnet

Ein wichtiges Stück Heimat
Wie viel Persönlichkeit kann sich in Dingen verbergen? Muss man ein schlechtes Gewissen haben, wenn man die elterlichen Sachen nicht immer mit ebensolcher Ehrfurcht und Verbundenheit behandelt? Wie fühlen sich die Betroffenen wirklich? Ist es doch ein einschneidender Lebensabschnitt, über den man weder gern offen spricht, noch im Vorfeld gern nachdenkt. Vieles spielt sich im Verborgenen, tief im Inneren ab und wird vor sich her geschoben, so lange es nur geht.
Freud, Leid, Trauer, Wehmut, Loslassen. Emotionen, unerwünschte Realitäten und Erinnerungen zwischen „das Leben muss weiter gehen“, obwohl die Welt für einen selbst doch irgendwie stehen bleibt oder sich zumindest langsamer zu drehen scheint. Ursula Ott teilt ihre Erfahrungen und Gefühle mit uns. Und das auf eine sehr innige und direkte Art und Weise, die Vertrauen weckt, Verständnis gibt, sodass diese Phase für einen selbst noch einmal durchlebt wird. Für mich ist diese Lektüre zwischen Roman und Sachbuch eine die eigene Unruhe nehmende innere Vorbereitung, wenn ich einmal durch die Räume im Haus meiner Eltern gehen muss. Ein „letzter“ Gang, den man nicht allein gehen sollte. Denn der Auszug / das Leeren an sich ist auch immer nur eine Etappe auf deinem langen Davor und Danach. Wie die Kapitelübersicht verrät, werden auch eben diese Aspekte nicht außer Acht gelassen. Hierfür lässt die Autoren u. a. auch Experten zu Wort kommen und gibt uns weiterführende Literaturvorschläge mit an die Hand. Ein gelungener und hilfreicher Ratgeber – von Mensch zu Mensch.

Bewertung vom 17.04.2019
Das Volk der Bäume (MP3-Download)
Yanagihara, Hanya

Das Volk der Bäume (MP3-Download)


ausgezeichnet

Die Seele – ein Abgrund
Psychoanalyse eines Menschen. Aus verschiedenen Perspektiven nähert sich die beklemmende Lektüre der zwiespältigen Persönlichkeit Norton Perinas. Einerseits aus der Sicht eines langjährigen und treuen Freundes, der ebenfalls verstehen will, was sich doch kaum erschließen und vor allem unter einen Hut bringen lässt. Sein Freund ist Genie und Monster zugleich. Als Zuhörer sträubt man sich, seinen Ausführungen dieselbe Milde zu schenken, seinen Standpunkt einzunehmen. Und man tut recht daran, denn nichts kann begangenes Unrecht aufwiegen. Als Arzt und Forscher nur das Beste für die Menschheit wollend, zerstörte Perina dennoch so manches Leben. Die Frage nach Schuld und Unschuld stellt sich somit gar nicht erst, denn schon vorab ist klar, dass sich Perina schuldig gemacht hat.
Imposant und bewegend ist auch der stimmliche Akzent der beiden Sprecher. Gunter Schoß, dunkel, kräftig, mächtig und sehr viel Raum einnehmend. Dagegen Matthias Bundschuh, klar, dezenter, weicher. Eine imaginäre Hierarchie tut sich auf, die dem Zuhörer emotional so einiges abverlangt. Schier jeder Satz wird unweigerlich auf den Prüfstand gestellt, will man sich und seinem eigenen Unrechtsbewusstsein treu bleiben; ungeachtet der menschlichen Leistung dieses genialen Arztes, der gleichzeitig aber auch ein Verbrecher ist.
Wissenschaft als Kampf um Macht und Ruhm. Alles was geht, ist erlaubt. Preise und Ehren für ehrlose Einzelkämpfer. Egoist in Weiß. Zu Unrecht empor gehoben. Die charakterlichen und seelischen Defizite können ungesteuert und ungebremst entfaltet werden, so scheint es. Man ist erstaunt und angewidert. Wie leicht das doch geht, wer alles davon weiß und wer alles mitspielt. Alles wird gebührend honoriert, koste es, was es wolle. Leben retten, indem man Leben vernichtet. Beklemmend auch dahingehend, dass ein jeder von uns ebenfalls von dubiosen und schrecklichen Forschungen profitiert hat. Wenn es hilft, wer fragt dann noch, wie es dazu kam?

Bewertung vom 18.03.2019
Onkel Stan und Dan und das ungeheuerlich ungewöhnliche Abenteuer / Onkel Stan und Dan Bd.2
Kennedy, A. L.

Onkel Stan und Dan und das ungeheuerlich ungewöhnliche Abenteuer / Onkel Stan und Dan Bd.2


sehr gut

Lesen UND Staunen
Herrlich ungewöhnlich, ein Feuerwerk für Auge, Herz und Geist. Schon das Cover signalisiert, dass es turbulent und unterhaltsam zugehen wird. So ist das nun mal, wenn Dachs Dan, streitende Lamas und außergewöhnliche Kinder gemeinsam in Aktion treten und auch Onkel Stan seinen einzigartigen Beitrag leistet. Schlag auf Schlag, Seite für Seite.
Reich bebildert, witzig beschrieben, die Seiten übersichtlich gestaltet, die Handlung leicht zu verstehen. Putzig, lehrreich, fesselnd. Freundschaft, Mut, Ideenreichtum stehen im Vordergrund. Andererseits scheinen hier in diesem Buch die Uhren gehörig anders zu ticken. Nicht alles ist wahr, doch manches ist einfach zu schön, um wahr zu sein. Für den einen vielleicht zu skurril, für den anderen genau richtig für einen ungewöhnlichen Ausflug ins Reich der Phantasie, Fiktion und Fröhlichkeit.
Die jungen Leser werden das Buch sicher nicht mehr so schnell aus der Hand legen, wenn sie sich erst einmal auf Dans und Stans Abenteuer eingelassen haben. Superlative werden zu Standards. Alles scheint möglich zu sein. Alles ist erlaubt. Ein Hoch auf das Anderssein, das sich nicht hinweghebt sondern auch andere bereichert.

Bewertung vom 10.03.2019
Sind wir noch ganz sauber?
Tügel, Hanne

Sind wir noch ganz sauber?


ausgezeichnet

Jetzt wird aufgeräumt
Der Titel lässt aufhorchen. Das Buch wird bemerkt. Doch der Inhalt ist noch bemerkenswerter. Die dank uns profitable Reinheitsindustrie – ein schmutziges Geschäft. Woher kommt der wirkliche Dreck und was tut der tatsächlich mit uns?
Erschreckend, was wir uns und unserer Umwelt täglich mit anscheinend bestem Gewissen antun. Zahlen und Fakten machen glasklar, wie sehr wir uns irren. Zu sauber macht krank und das nicht nur den Körper sondern auch die Seele. Zwänge und Allergien können die Folge sein. Wir entfremden uns der Natur immer mehr und zerstörend sie für eine große Lüge, einen eingeredeten Irrglauben.
Die Autorin klärt auf und erklärt, ohne den Zeigefinger zu erheben. Leicht wird es nicht, die Leser zu überzeugen, denn wie weit sich jeder bereits vom normalen Maß entfernt hat, ist beängstigend. Unser gesunder Menschenverstand ist gefragt und der Wille, es einfach mal zu probieren mit „weniger ist mehr“. Sinnvolles Tun durch anders Handeln. Alles beginnt jedoch mit Nachdenken und Umdenken.
Alltagstaugliche Beispiele, gepaart mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und neuesten Forschungsergebnissen betreffend der Veränderung der gesamten Flora und Fauna (allein durch uns!) geben einen praktikablen und vor allem nachhaltigen Denkanstoß.
Machen wir uns also nicht länger mit die Finger schmutzig.