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Schoko_und_buch
Wohnort: 
Friedberg

Bewertungen

Insgesamt 33 Bewertungen
Bewertung vom 19.02.2025
Achtzehnter Stock
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock


gut

Wanda lebt als alleinerziehende Mutter in einem Berliner Problemviertel. Doch sie hat Träume - als Schauspielerin hofft sie auf den großen Auftrag, der sie aus der Situation rausbringen kann. Sie bandelt mit einem Kollegen an, doch schämt sich für ihr Leben und erfindet Geschichten. Im Wohnblock wird getuschelt, sie hält sich für etwas besseres. Das Leben dort ist eintönig, die Kinder spielen zusammen, die Mütter sitzen zusammen, rauchen und philosophieren über das Leben. Heirate einen Mann, der fürs Einkommen sorgt, ist die Devise. So richtig will Wanda aber weder in die eine noch in die andere Welt passen. Als sie ihre Tochter eines Tages zum Dreh mitnehmen muss, beginnen die Welten aufeinander zu treffen und ihr Kartenhaus langsam in sich zu fallen.

Hier prallen wirklich Welten aufeinander - die schillernde Filmkulisse im Nobelrestaurant gegenüber dem tristen Alltag von Sozialleistungsempfängern. Beim Film dreht es sich um Macht, Geld, schnellen Erfolg, Zeit ist Geld, Frauen idealerweise gefügig. Auf der anderen Seite - Eintönigkeit, Anspruchslosigkeit, aufgegebene Träume und sich arrangiert haben mit dem wenigen was man hat. Die Gegensätze werden gut geschildert. Ich bin in beiden Welten nicht zu Hause, daher las es sich für mich zum Teil wie Klischee. Emotional hat mich das Buch leider nicht mitgenommen. Wanda konnte ich nicht für mich gewinnen, ich habe sie teilweise nicht verstanden, insbesondere in Umgang mit der Tochter. Ja, Träume muss man nicht aufgeben, wenn man ein Kind bekommt. Aber sich diesen auch nicht kopflos hingeben und die 5jährige nachts allein lassen. Der Stil des Buches ist interessant, stellenweise hektisch (wenn es um Film geht). Das wirkte wiederum sehr authentisch. Die Sprache ist bildreich und insgesamt ist der SchreibStil etwas anders, aber dadurch interessant und lebhaft, wenngleich dennoch mit einem melancholischen Touch. Leider konnte mich das Buch insgesamt aber nicht 100%ig gewinnen, es hat einfach nicht ganz meinen Geschmack getroffen

Bewertung vom 19.02.2025
Von hier aus weiter
Pásztor, Susann

Von hier aus weiter


ausgezeichnet

Da ist Wut, ganz viel Wut. Doch wie passt Wut auf die Beerdigung des eigenen Ehemannes? Marlene und Rolf waren 30 Jahre verheiratet, als bei ihrem Mann ein schwerer Hirntumor diagnostiziert wird. Rolf, selbst Arzt, beschloss, freiwillig zu sterben, bevor er dahinsiechen muss. Gemeinsam mit Marlene schmiedet er einen Plan. Und am Ende steht Marlene an seinem Grab mit furchtbarer Wut. Sie schottet sich ab, bis Jack in ihr Leben platzt. Ihr ehemaliger Schüler repariert ihre Dusche und von da an verändert sich etwas. Viele kleine Episoden lassen Marlenes Wut nach und nach verschwinden.

Es ist eine sehr berührende Geschichte, die sich erst nach und nach richtig entfaltet und ihre ganze Bandbreite offenbart. Es ist nicht nur eine Erzählung, es ist viel mehr. Obwohl die Wut mehr als deutlich herauskommt, entwickelt sich etwas zartes und freudvolles. Ein Werk, dass zeigt, wie lebenswert das Leben eigentlich ist und wie wichtig menschliche Beziehungen sind. Einfühlsam, aber stark geschrieben, setzt es auch die eigenen Gedankengänge in Gang. Ein sehr gelungener Roman, den ich wirklich gern gelesen habe.

Bewertung vom 12.02.2025
Bevor es geschah
Spierer, Céline

Bevor es geschah


ausgezeichnet

Eine Familie bestehend aus Elisabeth, einer Matriarchin, 2 Söhnen und 2 Töchtern kommt mit den jeweiligen Partnern und Kindern zum jährlichen gemeinsamen Barbecue zusammen. So unterschiedlich wie die erwachsenen Kinder sind, so unterschiedlich hängen sie während des Nachmittags ihren Gedanken und Problemen nach. Und davon hat jeder von ihnen reichlich, was natürlich nicht nach außen dringen darf. Der Schein einer perfekten Familienharmonie wird aufrecht erhalten - bis ein dramatisches Ereignis alle zum „Aufwachen“ zwingt.

Celine Spierer versteht es, den Leser in die Familie Haynes mitzunehmen. Mit einem wunderschönen Erzählstil werden die Familienmitglieder eingeführt. Die sich aufbauende Anspannung ist schnell zu spüren. Die Familienmitglieder tänzeln umeinander herum, sticheln, provozieren, aber lassen sich nicht in die Karten schauen. Mit Essen wird die Harmonie wieder aufgefrischt. Ein wunderbares Buch über Familiengeflechte hinter der Fassade. Wunderbar geschrieben. Einziger Haken: ich fand es manchmal schwierig zu folgen, in welcher Zeit wir gerade sind, ob es ein Rückblick ist oder am besagten Nachmittag. Dies verschwimmt manchmal. Macht für mich aber keinen Abzug, absolute Empfehlung.

Bewertung vom 12.02.2025
Scheidung
Herngren, Moa

Scheidung


ausgezeichnet

„Scheidung“ von Moa Herngren ist ein Roman, der mir noch Tage danach im Kopf rumschwirrte. Bea und Niklas sind seit Jahren verheiratet, haben 2 Töchter und eine gemeinsame Wohnung. Niklas arbeitet auf einer Entbindungsstation. Nach einem Streit über Nichtigkeiten verlässt Niklas die Wohnung und kommt auch Tage später nicht nach Hause. Die Versuche eines gemeinsamen Gesprächs schlagen fehl, bis Niklas mit dem Wunsch der Scheidung Bea den Boden unter den Füßen weg zieht.
Das Buch besteht aus 3 Teilen – erzählt aus Beas Sicht, Niklas‘ Sicht und dann nach der Trennung. Ich war beim Lesen hin und hergerissen, wessen Verhalten ich nachvollziehen konnte. Doch letztlich gehören immer 2 dazu und zum Erwachsen sein gehört es auch, Verantwortung zu übernehmen, und zwar in jeder Hinsicht. Es ist ein Buch, welches auch zeigt, was Familiengeflechte ausmachen, der Druck, den Familie aufbauen kann und der manches Mal dazu führt, dass man sich selbst verliert. Natürlich ist es oft leichter, immer so weiter zu machen, wie bisher und Konfrontationen aus dem Weg zu gehen. Macht es aber glücklicher? Ist es das wert, sein eigenes Leben soweit zurückzufahren, dass man letztlich das Gefühl hat, das Leben eines anderen zu leben? Reflektieren, Erkennen und Schlüsse ziehen – dazu gehört Mut und Verantwortung, die Konsequenzen seines Handelns zu tragen. Dieses Buch greift in einer emotionalen und packenden Handlung diese Themen auf, geschickt verpackt in eine Geschichte, wie sie jederzeit auftreten kann. Sicher sind einzelne Aspekte nicht „Standard“, aber so lebensnah dieses Buch geschrieben ist, so beklemmend ist es gleichermaßen. Ich habe mich nicht nur einmal gefragt, ob die handelnden Personen nicht selbst erkennen, wie ungewollt übergriffig sie sind. Nicht gesehen oder gehört zu werden, ist ein schreckliches Gefühl, welches einen hilflos macht und vermittelt, handlungsunfähig und ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Niklas ist dem mit dem radikalen Schritt der Scheidung entgegengetreten und hat somit wahrscheinlich nicht nur sein Ich gerettet. Ein klasse Buch, welches ich jederzeit wieder lesen würde.

Bewertung vom 10.02.2025
Halbe Leben
Gregor, Susanne

Halbe Leben


ausgezeichnet

Klara hat in ihrem Leben viel erreicht - Mann, Tochter, tollen Job, tolles Haus. Als ihre Mutter einen Schlaganfall erlitt, stellt die Familie eine polnische Pflegekraft ein. So kann das Leben der Familie weitergehen wie bisher. Paulína aber lässt ihre Familie wochenweise zurück unser Heimat, um für die „neue“ Familie zu arbeiten. Dies birgt Probleme auf beiden Seiten, sehr unterschiedlicher Art. Am Ende bleibt die Frage, was genau hinter Klaras tödlichem Unfall steckt.

Ich habe das Buch sehr genossen. Es ist wunderbar geschrieben. Als Leserin konnte ich mich in beide Frauen sehr gut hineinversetzen. Die Gedankengänge von beiden Frauen sind auf ihre Art nachvollziehbar, wenn auch sicherlich im extremen dargestellt. Das Spannungsfeld zwischen Familie und anderen Verpflichtungen (Beruf, Selbstfürsorge, Pflege….) ist auf den Punkt leicht überspitzt gebracht. Diese innere Zerrissenheit, die manche (insb. Frauen) sicher häufig in einer Person spüren, teilt sich hier auf auf 2 Frauen. Die Leben von 2 sehr unterschiedlichen Frauen und Verhältnissen treffen aufeinander. Paulina, die durch die Arbeit in Wien eine Welt voller Konsum und Annehmlichkeiten kennenlernt, während zu Hause Einfachheit, Alltag und Sorgen warten. Karla, die alles hat, aber sich in Arbeit flüchtet und Familie nicht kann und immer mehr auslagert. Das Buch lässt sich angenehm und flüssig lesen und ich habe es kaum aus der Hand gelegt.

Bewertung vom 10.02.2025
Die Schanze
Menz, Lars

Die Schanze


sehr gut

Ellen möchte zurück in ihr Heimatdorf ziehen und dort die Praxis des Hausarztes übernehmen. Ihr Vater und ihre Schwester leben weiterhin dort. Doch Ellen hatte es Jahre zuvor in die Großstadt verschlagen. Die Rückkehr sieht sie mit gemischten Gefühlen, denn schlimme Erinnerungen hängen an ihrer Heimat. Nahezu zeitgleich mit ihrer Rückkehr geschieht ein Mord. An der Schanze hängend wird der Sohn des Bürgermeisters gefunden. Schnell kommen die alten Geschichten Stück für Stück wieder hoch. Als ein weiterer Mord geschieht, rückt auch Ellen in den Fokus der Ermittlungen. Ein Motiv hätte sie…

Ein spannender Thriller, der kleinere Überraschungen bereit hält. Es ist kein Gänsehaut-Thriller, aber spannend auf jeden Fall, gut zu lesen, man möchte unbedingt die gesamte Geschichte erfahren. Und auch wenn man diese ansatzweise erahnen kann, offenbart sich aber erst zum Schluss der ganze Schrecken. Tolles Buch.

Bewertung vom 10.02.2025
Not your Darling
Blake, Katherine

Not your Darling


sehr gut

Margret nutzt die eine Gelegenheit, ein neues Leben zu beginnen und ihrem Traum näher zu kommen. Als Loretta setzt sie nach Amerika über, schafft den Weg nach Kalifornien und beginnt an ihrem Traum, Maskenbildnerin in Hollywood zu werden, zu arbeiten. Für den Lebensunterhalt tritt sie zunächst eine Stelle in einem Diner an, wo sie bald auf Raphael Goddhart trifft, der ihr einen ersten Weg in Richtung Maskenbildnerin ermöglicht. Doch mit ihm muss sie auch eine tiefgreifende schmerzliche Erfahrung machen. Ihr Wille, Durchhaltevermögen und ihre charmante Art öffnen ihr jedoch die Welt von Hollywood mit all den guten und schlechten Seiten.

Die Geschichte ist aus der Sicht Lorettas erzählt und spielt in den 50ern, frech, witzig, charmant. Sie weiß genau, was sie will und bekommt es in der Regel auch. Dabei fällt sie ein paar mal hart auf die Füße, aber sie arbeitet unermüdlich an ihrem Traum. Die Geschichte zeigt eine Welt, die von normalem Alltag nicht weiter entfernt sein könnte. Stars, Allüren, eine von Männern dominierte Welt, eine Welt, in der es nur um Macht und Geld geht. Drogen, Alkohol, Parties, Orgien… um da sich selbst treu zu bleiben, bedarf es einem sehr starken Charakter. Loretta mag nicht jedermanns Darling sein, aber ich mochte sie. Zielstrebig geht sie ihren Weg ohne sich Ablenken zu lassen. Als Lip Girl macht diebisch bald einen Namen bei Stars und Produzenten. Dabei setzt sie ihre messerscharfen Verstand ein und schafft es auch, Menschen im Umfeld zu finden, die ehrlich sind mit ihr. Das Buch liest sich sehr gut. Ich hatte es binnen kürzester Zeit durch. Ein interessanter Einblick und gleichzeitig schockierend, welch Blick auf Frauen dabei auch deutlich wird.

Bewertung vom 20.01.2025
Freunderlwirtschaft
Hartlieb, Petra

Freunderlwirtschaft


ausgezeichnet

Die junge Kommissarin Alma Oberkofler wurde frisch nach Wien versetzt. Ihr erster Fall hat es direkt in sich, der Landwirtschaftsminister wurde tot in seiner Wohnung aufgefunden. Allem Anschein nach, starb er keines natürlichen Todes. Seine Verlobte Jessica ist nicht auffindbar, ebenso wenig sein Laptop. Während für alle damit die Verdächtige sofort feststeht, kommen Alma Zweifel. Doch das Umfeld mauert.

Zwischen gemütlicher Kaffeehaus-Atmosphäre und hartem politischen Machtkampf rangiert dieser Krimi und hat mein Herz erobert. Die österreichische Gelassenheit, die Kulisse, das Setting - einfach top. Bis zum Ende blieb unklar, was nun dahinter steckt. Doch dank Almas sympathischer Hartnäckigkeit sowie ihrer vertrauensvollen Art schafft sie es, den Fall zu lösen. Almas Privatleben fließt am Rande mit ein, genau in der richtigen Dosis. Die Geschichte springt ab und zu in der Zeit zurück, so dass wir beim Lesen auch genau erfahren, wie Jessica und der Minister zusammengefunden haben. ‚Freunderlwirtschaft‘ - nichts anderes als Vetternwirtschaft hierzulande - klingt jedoch irgendwie leichter, sympathischer, gemütlicher. Und genau so ist das Buch. Ein wunderbarer Schreibstil, authentische Protagonisten, eine perfekt geschaffene Kulisse. Mich hat das Buch wirklich begeistert und ich würde es jederzeit empfehlen.

Bewertung vom 25.09.2024
Scheue Wesen
Chambers, Clare

Scheue Wesen


ausgezeichnet

Helen, eine junge Frau in den 60er Jahren, ist Kunsttherarapeutin an einer Klinik für psychische Erkrankungen - sie hat damit einen für diese Zeit eher modernen Weg gewählt. Sie muss sich gegenüber der männlichen Ärzteschaft behaupten. Damit begibt sie sich in die Beziehung mit einem Kollegen. Doch ist es das was sie will? Oder hält sie nur an dem Wunsch eines glücklichen Endes fest?
eines Tages wird William als Patient eingeliefert. Nach dem Tod seiner Tante spricht er nicht. Nach und nach kommt Williams Geschichte ans Licht. Und dank Helen lernt auch er, sich wieder zu öffnen.

Mein Eindruck:

Die Geschichten von Helen und William erscheinen zunächst völlig losgelöst voneinander und doch verbinden sie sich später. Durch Rückblicke erfahren wir beim Lesen auch Williams ganze Geschichte. Zunächst fand ich dies etwas verstörend, aber William ist leider einfach das Opfer seiner psychisch auffälligen Tanten. Ängste, Zwänge und schizophrene Gedanken haben William stark zugesetzt. Es war so einfühlsam und zart, wie Helen es geschafft hat, eine Verbindung aufzubauen. Umso härter ist es für Helen selbst, dass sie sich als moderne Frau in eine andere Form der Abhängigkeit begibt. Der Autorin gelingt es auf eine sehr zarte Art die Personen zu zeichnen. Das schrittweise auflösen der Geschichte ist wunderbar gelungen. Ein gefühlvoller Roman, leise und doch eindrucksvoll.

Bewertung vom 09.09.2024
Der Morgen nach dem Regen
Levensohn, Melanie

Der Morgen nach dem Regen


ausgezeichnet

Worum geht es:
Johanna erbt das Haus der Tante Toni am Rhein. Nach vielen Jahren Arbeit für die UN, vielen Reisen und viel Weltgeschehen und einem Leben in New York kehrt sie zurück in die heimelige Gegend. Kaum angekommen, möchte sie zusammen mit der Unterstützung ihres Nachbarn nahezu alles erneuern und umbauen.
Nahezu zeitgleich erleidet ihre Tochter Elsa einen Burnout, mitten in der Vorbereitung eines großes Prozesses für sie als Strafverteidigerin in Den Haag. Um zur Ruhe zu kommen, sehnt sie sich nur nach dem heimeligen Gefühl in Tonis alten Haus. Doch da weilt nun ihre Mutter. Da die beiden sich alles andere als nahestehen, ist es für Elsa (aber auch Johanna) eine Überwindung. Johanna war viel unterwegs für die UN, keine Zeit für Familie, sie haben sich sehr entfremdet und nie ausgesprochen. Fragen, Gefühle, Wut, Schuld… alles auf einmal kommt nun hoch. Notgedrungen arrangieren sich die beiden Frauen und Wort für Wort klärt sich die Vergangenheit auf. Sie lernen sich neue kennen.

Meine Meinung:
Ich habe am Ende viele Tränen vergossen und konnte das Buch nicht aus der Hand legen. Es hat mich wahnsinnig berührt, als Mutter und als Tochter. Das Buch ist wundervoll geschrieben und die Entwicklung absolut nachvollziehbar, weder übertrieben noch schöngefärbt. Ein Buch, welches ich gern ein zweites Mal zum ersten Mal lesen würde und allen, die dramatisch angehauchte Familiengeschichten mögen, empfehlen würde.