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Jessi2712
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Köln

Bewertungen

Insgesamt 26 Bewertungen
Bewertung vom 24.09.2024
Lind, Jessica

Kleine Monster


ausgezeichnet

Wer ist hier das wahre Monster?

Worum geht’s?

Pia, Jakob und Luca, ihr sechsjähriger Sohn – eine glückliche kleine Familie. Bis sich die Grundschule mit einem unglaublichen Vorwurf meldet, den die Eltern kaum fassen können. Ab diesem Tag sieht Pia ihren Sohn mit anderen Augen. Ist er wirklich der süße, kleine Unschuldsengel oder ein hinterlistiges kleines Monster? Was genau ist in der Schule vorgefallen? Und wie hängt das alles mit Pias eigener Kindheit, dem tragischen Verlust ihrer jüngsten Schwester und dem Verhältnis zu ihrer Adoptivschwester zusammen, zu der sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hat?

Wie war’s?

Dieses Buch habe ich innerhalb von zwei Tagen förmlich verschlungen. Jessica Lind versteht es, sehr geschickt Gegenwart und Vergangenheit miteinander zu verweben.

Auf der einen Seite Pia, die plötzlich einen ganz anderen Blick auf ihren Sohn bekommt, deren Verunsicherung von Tag zu Tag immer größer wird. Die Fassade der heilen Welt, die schnell erste Risse bekommt, als Pia und Jakob sofort aus der WhatsApp-Gruppe der Eltern ausgeschlossen werden, nachdem der Vorwurf gegen Luca offen auf dem Tisch liegt.

Auf der anderen Seite Pias Kindheit mit dem tragischen Tod ihrer kleinen Schwester Linda, ein Tag, ab dem sich ihr Leben von Grund auf geändert hat. Die ungeklärte Frage, ob ihre Adoptivschwester Romi möglicherweise was damit zu tun hatte. Das jahrelange Todschweigen innerhalb der Familie, die eigene Mutter, die Pia und Romi mit Verboten schikaniert und sich vor allem Romi gegenüber sehr grausam verhält.

Und schließlich auf dem Höhepunkt des Spannungsbogens die Frage, wie weit Pia selbst bereit wäre zu gehen, um die Wahrheit aus Luca herauszuholen. Hier ist mir schon die eine oder andere Gänsehaut über den Rücken gelaufen.

Fazit

Auch wenn mir Pia als eigentlich Protagonistin dieser Geschichte oft sehr unsympathisch war (deshalb auch die Frage eingangs, wer hier das wahre Monster ist), habe ich mich von dieser sehr geschickt aufgebauten Story bestens unterhalten gefühlt und empfehle sie gerne weiter.

Bewertung vom 23.09.2024
Karim Khani, Behzad

Als wir Schwäne waren


ausgezeichnet

Ein Buch, das uns allen einen Spiegel vorhält

Worum geht’s?

Reza, im Iran geboren, kommt im Alter von 9 Jahren mit seinen Eltern nach Deutschland. »Als wir Schwäne waren« erzählt die Geschichte einer Kindheit zwischen zwei Stühlen in den siebziger Jahren im Ruhrgebiet.

Wie war’s?

Vorab, das ist kein einfaches Buch. Ein Werk, das uns alle zum Nachdenken anregen sollte, wie wir mit dem Thema Migration, Integration und den Menschen umgehen, die zu uns nach Deutschland kommen.

Spannend geschildert fand ich vor allem den Spagat zwischen der Lebenswirklichkeit der Eltern, die sich gedanklich noch voll im Iran abspielt (»Sie kennen den Mullah, der im Fernsehen behauptet, Frauen, die keine Büstenhalter tragen, verursachen Erdbeben. Oder Gespräche von Geistlichen, bei denen es um die Frage geht, ob ein Kind haram ist, wenn sein Erzeuger bei einem Unfall auf die eigene Tante gefallen ist und sie dabei versehentlich geschwängert hat«).

Und als krassen Gegensatz dazu die Kindheit in der deutschen Siedlung, zwischen den Versprechungen des Kabelfernsehens, den Ostermärschen, einer regelrechten Hierarchie zwischen den verschiedenen Lagern, in der beispielsweise die Roma nochmal eine Stufe unter den Iranern stehen und noch »schlimmer« scheinen als alle anderen.

Den Bemühungen der Eltern, dieses Deutschland zu verstehen, die Sprache, die Schuhe, die dem Vater nicht passen, der Wassermelone, die nicht schmeckt. Und wie all ihre Versuche, hier eine Heimat zu finden, am Ende doch scheitern.

Beeindruckend war vor allem Rezas Weg, der anfangs wie seine Freunde immer mehr auf die schiefe Bahn zu geraten droht und irgendwann doch beschließt, sich zusammenzureißen und »Meter zu machen«.

Fazit

Ein Buch, das aktueller kaum sein könnte. Wie verhalten wir uns selbst dem Andersartigen gegenüber und was könnten wir besser machen? Beeindruckend die Szene, in der Reza mit seiner Mutter Kornelkirschen pflückt, die die allermeisten in Deutschland für giftig halten. Viele Leute gehen vorbei, bis sie irgendwann eine Frau darauf anspricht. Der Vater fragt sich später, warum denn die anderen nichts gesagt hätten. Ja, warum eigentlich? Hier habe ich mich beim Lesen an die eigene Nase gefasst und gefragt, ob ich was gesagt hätte. Ehrlicherweise muss ich zugeben, wahrscheinlich nicht. Ein Buch, das mich nachdenklich gemacht hat und eine unbedingte Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.09.2024
Peters, Caroline

Ein anderes Leben


ausgezeichnet

Hanna! Who the f*** was Hanna?

Worum geht’s?

Caroline Peters, eine meiner Lieblingsschauspielerinnen, legt mit »Ein anderes Leben« ihren ersten Roman vor.
Anlässlich der Beerdigung ihres Vaters Bow blickt die Ich-Erzählerin und jüngste Tochter der Familie Ramspeck auf das Leben ihrer Mutter Hanna zurück. Wer war diese spannende, oft so widersprüchliche Frau, Mutter von drei Töchtern aus drei verschiedenen Ehen?


Wie war’s?

Natürlich habe ich mich gefragt, ob Caroline Peters, unvergessen in ihrer Rolle als Kommissarin Sophie Haas in Mord mit Aussicht, auch Buch »kann«. Und ob. »Ein anderes Leben« hat mich begeistert, gepackt, förmlich durch die Seiten fliegen und am Ende auch beinahe Tränen vergießen lassen.

Angefangen am Tag der Beerdigung ihres Vaters Bow blickt die Tochter zurück auf das »Buch Hanna«, das Leben ihrer Mutter.

Die Kindheit mit so vielen Freiheiten, in der vor allem eines wichtig war: die richtigen Worte finden.
»Ich verstehe nicht viel, aber ich merke: Hanna ist gereizt. Oder alarmiert. Eine falsche Wortwahl bringt sie in Rage. Im Winter mit Badeanzug mit Gummistiefeln bekleidet in den Kindergarten wollen, die Tischdecke mit Tomatensoße vollschmieren, alles kein Problem, aber ein falsches Wort am Sonntagmorgen im Bett benutzen, das ist zu viel.«

Eine Kindheit mit einer Mutter, die ihren Gästen Weinbergschnecken mit Kräuterbutter serviert, den eigenen Kindern Toastbrot mit Mayo und Tomatenmark.

Interessant skizziert fand ich auch das Verhältnis der jüngsten Tochter zu ihren beiden älteren Schwestern, Laura und Lotta.

Immer wieder unterbrochen von Phasen, in denen der »schwarze Hund« zu Besuch kommt und Hanna mit Depressionen im Bett liegt.

Bis zu jenem Tag, an dem Hanna schließlich ihren Ehemann Bow und ihre jüngste Tochter verlässt und sich eine eigene Wohnung sucht, um ihren Frieden zu finden.
»Ihr Denken und Fühlen war endlich an dem Punkt angekommen, auf den Hanna zugestrebt war: ein eigenes Zuhause. Ein Zuhause, das sie ihren sich überschlagenden Gedanken, den vielen Worten in ihrem Kopf und ihrer Seele schuldig war.«

Eindrucksvoll geschildert wird auch, was diese plötzliche Trennung von der Mutter mit ihrer jüngsten Tochter macht und welche Auswirkungen dies sogar noch auf ihr Leben als Erwachsene hat – das Problem mit den Übergängen und der Rückkehr in eine lange leerstehende Wohnung, die ihr feindlich gesinnt vorkommt. Vieles davon konnte ich sehr gut nachempfinden.

Fazit

Am liebsten würde ich Frau Peters jetzt fragen, wieviel von diesem Buch nun tatsächlich autobiografisch ist, einfach weil es mich brennend interessiert. »Ein anderes Leben« hat mich voll abgeholt und begeistert, von mir glatte 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 14.09.2024
Weiß, Sabine

Die Leuchttürme der Stevensons


gut

Der Junge, der immer nur eines wollte – schreiben!

Worum geht’s?

In »Die Leuchttürme der Stevensons« von Sabine Weiss erfahren wir alles über eine wenig bekannte Zeit im Leben des bekannten Schriftstellers Robert Louis Stevenson – seine Kindheit und Jugend bis hin zum Abschluss seines Studiums.

Robert, der kränkliche kleine Junge mit der blühenden Fantasie aus Edinburgh, der immer nur eines wollte: Schreiben. Allerdings hat sein Vater Tom andere Pläne mit ihm. Robert soll der nächste in einer Dynastie der Leuchtturmbauer werden, der schon sein Großvater und auch sein Vater angehören. Doch das Ingenieurstudium ist für ihn stets nur Nebensache und er verfolgt es mit wenig Begeisterung, viel wichtiger ist ihm von Anfang an seine Schreiberei. Als er sich darüber hinaus noch in Jeannie verliebt, eine junge Frau, die sein Vater für unstandesgemäß hält, muss er die Stadt verlassen. Sein Vater will dem Sohn die Flausen austreiben, nimmt ihn mit auf seine Leuchtturm-Inspektionsreisen, wo er die praktische Seite kennenlernen soll. Immer enger wird das Korsett, in das sein ehrgeiziger Vater ihn pressen will. Immer wieder versucht Louis, auszubrechen und sich von den Zwängen zu befreien, was ihm einfach nicht gelingt. Kurse an der Uni werden geschwänzt, Rauschmittel konsumiert, bis er schließlich nach seinem Studienabschluss endlich den Mut findet, dem Vater zu sagen, dass er Schriftsteller sein will. Um des lieben Friedens willen schließt er nach dem Ingenieurs- noch ein Jurastudium an, doch auch diesen Beruf übt er nicht lange aus. Was später aus ihm wurde, ist weltbekannt.

Wie war’s?

Vorab muss ich sagen, dass historische Romane eigentlich gar nicht mein Beuteschema sind, allerdings habe ich hier mal eine Ausnahme gemacht und trotzdem zum Buch gegriffen, da mich das Leben des Schriftstellers sehr interessierte und ich auch schon einiges von ihm gelesen habe. Es ist auf jeden Fall spannend, zu sehen, woher er die Inspiration für seine wunderbaren Geschichten genommen hat.

Schon das Cover passt perfekt zum Buch und stimmt einen sehr schön auf den Inhalt und die raue See ein.
Was mir gut gefiel, ist die Art, wie Sabine Weiss mit Sprache spielt, mit ihrem Sätzen Atmosphäre schafft. Es geht schon direkt im ersten Kapitel los: »Finsternis. Flappernde, klappernde Finsternis.« Sie versteht es, die damals oft bedrückende Atmosphäre, Armut, Krankheit und die schwierigen Bedingungen, unter denen sich die ärmere Bevölkerung durchs Leben schlagen musste, so zu schildern, dass man sich viel darunter vorstellen kann.

Mein persönlicher Kritikpunkt an diesem Buch ist die Tatsache, dass vieles einfach zu sehr ins Detail geht. Diese detaillierten Beschreibungen von Leuchttürmen, Wellenbrecherbau etc. waren mir einfach »too much information« und ich habe hier oft nur noch überflogen, um nicht völlig die Leselust zu verlieren.

Auch die dargestellten Personen (abgesehen von Robert Louis und seinen Eltern, die wirklich ausführlich skizziert werden) waren mir persönlich oft zu blass, vieles wurde nur angerissen und man konnte sich nicht wirklich mit ihnen identifizieren.

Fazit:

Für alle, die historische Romane lieben, mit Sicherheit eine Leseempfehlung. Auch Schottlandfands oder Menschen, die sich für technische Einzelheiten von Bauprojekten interessieren, dürften voll auf ihre Kosten kommen, Fans von Robert Louis Stevenson sowieso. Ich persönlich war eher froh, dass das Buch dann nach 462 Seiten „endlich“ vorbei war.

Bewertung vom 09.09.2024
Hamilton, Henrietta

Mord in der Charing Cross Road


gut

Worum geht’s?

Butcher, ein unbeliebter Mitarbeiter des Londoner Antiquariats Heralds, wird erstochen an seinem Schreibtisch aufgefunden.

Natürlich taucht schon bald Scotland Yard auf, doch parallel beginnen Sally, eine junge Mitarbeiterin und Johnny, ein Juniorpartner, mit ihren eigenen Ermittlungen.

Wer hat Butcher ermordet und was hat das alles mit dem Geist zu tun, der kurz zuvor mal wieder im Antiquariat gesichtet wurde? Und wer steckt hinter den Diebstählen wertvoller Bücher, die auch aus anderen Antiquariaten gemeldet wurden?

Wie war’s?

Man spürt auf jeder Seite, dass dieser Krimi in den sechziger Jahren geschrieben wurde. Die ganze Geschichte wirkt ein wenig angestaubt, allerdings nicht auf eine negative Art und Weise, es ist eher eine Art Zeitreise in die Vergangenheit. Ein klassisch britischer Krimi, bis auf den einen Mord recht unblutig und mit einer ganz interessanten Story.

Warum ich persönlich wahrscheinlich den zweiten Teil eher nicht lesen werde? Alle Protagonisten wirkten auf mich seltsam blass, ich konnte mich mit niemandem so recht identifizieren und habe schon auf den ersten Seiten, in denen wie in einem Theaterstück ein Mitarbeiter nach dem anderen vorgestellt wurde, langsam den Überblick verloren. Auch die angekündigte Liebesgeschichte kommt erst auf den letzten Seiten so langsam ins Rollen und konnte mich nicht wirklich abholen

Auch die ellenlagen Beschreibungen, wer wann in welchem Raum gewesen sein könnte und wer an wem vorbeigelaufen sein müsste, haben mich irgendwann nur noch gelangweilt und ich muss ehrlich zugeben, dass ich hier doch das eine oder andere überblättert habe.

Fazit

Für Fans klassischer englischer Krimis sicherlich eine Leseempfehlung, allerdings kein Vergleich mit Miss Marple oder ähnlichem. Mein persönliches Fazit: kann man lesen, wenn gerade der Lesestoff knapp wird, „muss“ man aber nicht unbedingt.

Bewertung vom 25.08.2024
Ventura, Maud

Mein Mann


ausgezeichnet

O là là, gefährliche Obsession!

Worum geht’s?

Eine Frau, die rundum zufrieden sein könnte. Glücklich verheiratet, zwei süße Kinder, im Job erfolgreich als Lehrerin und Übersetzerin. Trotzdem gibt diese leise Stimme in ihrem Kopf einfach keine Ruhe: Liebt mich mein Mann wirklich? Gesagt hat er es gestern Nacht wieder – oder habe ich das nur geträumt? Aber wenn er mich wirklich liebt, warum hat er dann gestern nicht meine Hand genommen, als wir zusammen Ferngesehen haben … dabei habe ich sie doch extra zu ihm rübergeschoben? Und warum hat er vorgestern vergessen, mir eine gute Nacht zu wünschen? Und wie kann ich ihn für seine kleinen Vergehen bestrafen? Als die Fragen immer drängender werden, beschließt SIE, ihren Mann auf die Probe zu stellen. Erst nur ein kleines bisschen, irgendwann ein bisschen mehr bis sie schließlich zu weit geht.

Wie war’s?

Ich habe diesen Roman am Wochenende quasi in einem Rutsch verschlungen und kann verstehen, warum er in Frankreich so gut angekommen ist.
Der Spannungsbogen baut sich erst ganz allmählich auf, trotzdem kann man das Buch kaum aus der Hand legen und fliegt quasi durch die Kapitel. Immer mit der Frage im Kopf, ob ER irgendwann mitbekommt, was für ein falsches Spiel SIE mit ihm treibt.
Einige Punkte fand ich doch schockierend, so zum Beispiel, dass SIE überlegt, dass sie es zwar verkraften könnte, wenn eines ihrer Kinder stirbt, nicht aber den Tod ihres Mannes.
Den Epilog auf den letzten Seiten habe ich mit angehaltenem Atem gelesen, mit dem Twist hätte ich am Ende so gar nicht mehr gerechnet. Chapeau, Maud Ventura und ihre weiteren Werke werde ich auf jeden Fall im Auge behalten.

Fazit

Meine unbedingte Leseempfehlung! Super für alle, die gern französische Romane lesen, kein Problem damit haben, wenn sich ein Spannungsbogen erst allmählich aufbaut, dafür aber umso mehr psychologische Hintergründe der Protagonisten aufgedeckt werden. Eine sehr empfehlenswerte Geschichte über eine obsessive Liebe und ihre Folgen.