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Benutzername: 
kleinfriedelchen
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 22.10.2010
Die Ankunft / Morbus Dei Bd.1
Zach, Bastian;Bauer, Matthias

Die Ankunft / Morbus Dei Bd.1


sehr gut

Tyrol, 1703: Der Deserteur Johann flieht durch die kalten Tyroler Berge. Schwerverletzt und mit letzter Kraft gelangt er zu einem verschneiten Dorf und sackt bewusstlos zusammen. Die Bauerstochter Elisabeth pflegt ihn gegen den Willen ihres herrischen Vaters gesund. Bald nach seiner Genesung muss Johann jedoch feststellen, dass ihm nicht alle Menschen des Dorfes so freundlich gesonnen sind. Sie begegnen ihm mit Misstrauen und Stillschweigen.
Die Quelle ihrer Angst scheint im Wald zu liegen, dem die Dorfbewohner fernbleiben. Doch wovor fürchten sich die Menschen so, dass sie ihre Häuser mit seltsamen Symbolen versehen haben und im Gebet Gott bitten, sie vor "ihnen" zu schützen? Welches düstere Geheimnis verbergen die Dorfbewohner? Johann versucht, gegen ihren Aberglauben anzukommen, muss aber bald feststellen, dass die Gefahr doch realer ist als gedacht, als die erste Kuh gerissen wird. Als er mit Elisabeth, in der er seine große Liebe gefunden hat, aus dem Dorf fliehen will, überschlagen sich die Ereignisse. "Sie" haben den Wald verlassen...

Schon nach den ersten Seiten war ich in der Geschichte gefangen. Anfangs erinnerte mich die Geschichte um das unheimliche Dorf, in welchem sich die Menschen vor dem Wald fürchten, etwas an den Film "The Village", doch Zach und Bauer haben mit diesem Buch etwas ganz Eigenständiges geschaffen. Beim Lesen baute sich kontinuierlich Spannung auf, die Bedrohung durch sie ist anfangs nicht richtig greifbar, die Szenerie wirkt düster und unheimlich. Die Charaktere waren durchweg interessant gezeichnet, jeder trägt sich mit einer gewissen Schuld, so wie Johann, der im Krieg mehr als einmal den Tod gebracht hat.

Leider verlor sich das unterschwellige Gefühl der Gefahr, als das Mysterium geklärt wird und Johann endlich erfährt, was da genau im Wald haust. Ab da wurde das Buch ziemlich brutal. Trotzdem war die Handlung durchweg spannend. Und ich finde, man merkt, dass beide Autoren bereits zusammen Filme produziert haben. Das ganze Buch besteht aus prägnanten Szenen, die man ohne zu kürzen verfilmen könnte. Die Beschreibungen von Szenerie und Personen fand ich sehr plastisch, ich konnte mir das unheimliche Dorf inmitten der Berge bildlich vorstellen.

Mein Fazit: das Buch bietet gruselig spannende Unterhaltung vom Feinsten. Ich werde Ausschau nach weiteren Werken des Autoren-Duos halten.

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Bewertung vom 22.10.2010
Der zweitbeste Koch
Bracharz, Kurt

Der zweitbeste Koch


sehr gut

Xaver Ypp, Gourmetkritiker und Journalist für ein Feinschmecker-Magazin, ist nicht gerade begeistert, als er einen pubertierenden Burger- und Pommesliebhaber zum neuen Superkritiker ausbilden soll, weil dieser keinen Geschmack vergisst, den er je kennengelernt hat. Doch der Anweisung vom Chefredakteur kann sich Xaver leider nicht verweigern und führt den Teenie daher in die besten Restaurants der Stadt. Als er dabei auf ein Stückchen Fleisch trifft, dessen Geschmack nicht einmal das Geschmacksgenie erkennt, beginnt der eigenartige Kriminalfall. Xaver nimmt eine Probe zwecks Untersuchung mit, die ihm jedoch kurz darauf gestohlen wird. Was hat ihm die Restaurantküche da bloß auf den Teller getan? Und was hat das alles mit dem Verschwinden des Kochs Wang Li zu tun, dem zweitbesten Koch der Welt?

Was anfangs wie ein kulinarischer Krimi wirkte, schlug irgendwann im Laufe des Buches in etwas anderes um. Plötzlich tauchen mächtige Milliardäre und eine Tierschutzorganisation in der Stadt auf, die dem Verlauf des Buches eine ganz andere Richtung geben als ursprünglich angenommen. Als richtigen Krimi würde ich das Buch allerdings eh nicht bezeichnen. Der eigentliche Inhalt der Geschichte scheint nämlich die chinesische Küche zu sein, in der ja bekanntlich alles gegessen wird, was kreucht und fleucht. So macht der Autor mit dem Leser einen amüsant makaberen Ausflug in die kulinarischen Abartigkeiten fremder Kulturen. Und das passt auch wunderbar zum kuriosen Fall, der doch schließlich mit einem kleinen Stückchen Fleisch startet. Leider war das Rätsel um dieses nicht sonderlich geheimnisvoll, wenn man vorher den kurzen Satz auf der Rückseite des Buchumschlages gelesen hat. So konnte man sich als Leser schon vieles denken. Doch das nahm dem Buch nichts vom Lesevergnügen, denn es unterhält den Leser nicht vordergründig mit dem Kriminalfall.

Das Ende hat mir den Eindruck vom Buch dann doch etwas getrübt. Ich finde es immer sehr schade, wenn ein bis dato gutes Buch durch ein eher schwaches Ende runtergerissen wird. So ging es mir hier leider auch: die Auflösung des Krimifalls hatte letztendlich kaum noch etwas mit dem Fleischstückchen zu tun und es kam mir irgendwie banal vor, zu simpel, das Ganze wirkte konstruiert und erzwungen.

Abgesehen davon bietet das Buch aber gute ungewöhnliche Unterhaltung für Feinschmecker und für Liebhaber unblutiger Spannungsgeschichten.

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Bewertung vom 10.10.2010
Winnetou unter Werwölfen
May, Karl; Thannisch, Peter

Winnetou unter Werwölfen


ausgezeichnet

Sei gegrüßt, Bleichgesicht! Du suchst nach Abenteuern im Wilden Westen? Nach unendlicher Freiheit, Bohnen und Speck am Lagerfeuer und dem Heulen der Kojoten in der abendlichen Prärie? Dann bist du hier genau richtig. Aber gibt acht, das ist nicht das einzige, dass du hier finden kannst. Die Rothäute, die die Gebiete besetzen, sind nämlich in Wirklichkeit alles Werwölfe und auch der schönen Squaw, mit der du da liebäugelst, wächst bei Nacht ein dichter Pelz. Oh, und hab ich schon erwähnt, dass viele Cowboys tagsüber in Särgen schlafen? Wie, das glaubst du mir nicht? Dann überzeuge dich doch selbst, mit dem Reisebericht "Winnetou unter Werwölfen" von Karl Mayer und Peter Thannisch.


Es beginnt damit, dass Karl Mayer, der mehr oder minder berühmte Monstertöter und Autor aus Deutschland, damit beauftragt wird, Land zu vermessen, durch das der Unternehmer Bancrott Eisenbahnschienen verlegen will. Dummerweise soll die Bahnstrecke direkt durch das Gebiet der Werwolfs-Apachen führen, die das Eindringen der Weißen nicht kampflos hinnehmen wollen. So kommt es zum Kampf gegen die Apachen und Winnetou und sein Vater Schuschuschuna werden gefangengenommen. Doch Karl Mayer, der von seinen Freunden mittlerweile Old Silverhand genannt wird, erkennt Winnetous edles Gemüt, das dem Deutschen in nichts nachsteht, und befreit die beiden. Doch Winnetou erkennt ihn nicht als seinen Wohltäter und verletzt ihn in Werwolfgestalt lebensgefährlich. So wird Karl Mayer als Gefangener ins Lager der Apachen gebracht, wo er auf seine Hinrichtung am Marterpfahl warten muss. Und der Werwolfskeim wächst bereits in ihm...


Inspiriert durch den Erfolg von "Stolz und Vorurteil und Zombies" schreibt Peter Thannisch die Geschichte Winnetous und Old Shatterhands neu. Und fügt hinzu, was Karl May zu erwähnen vergessen hat. Vampire, Werwölfe, Zombies und Co. machen den Wilden Westen unsicher. Das Resultat ist eine Parodie vom Feinsten. Fans des Originals werden mit diesem Buch sicher auf ihre Kosten kommen, denn der Autor verknüpft Mays Geschichte sehr gekonnt mit den eigenen Ideen. Aber auch Neulinge, die die Geschichten um Winnetou nicht kennen, werden mit diesem Buch ihren Spaß haben, denn Thannisch vermittelt nicht nur die Geschichte um Winnetou, er schreibt auch sehr humorvoll, mit viel Wortwitz und Situationskomik. Also, jeder der Lust auf ein Abenteuer im Wilden Westen hat, verbunden mit der haarigen Gefahr durch Werwölfe etc., der sollte dieses Buch lesen. Hau, Friedelchen hat gesprochen!

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Bewertung vom 21.09.2010
Ein Ort zum Sterben / Detective Kathleen Mallory Bd.1
O'Connell, Carol

Ein Ort zum Sterben / Detective Kathleen Mallory Bd.1


weniger gut

Drei alte Frauen werden auf grausame Art ermordet und verstümmelt. Die Polizei tappt im Dunkel, denn der Täter hinterlässt keine Spuren, benutzt immer ein anderes Messer. Für Kathy Mallory, menschenscheue Hackerin, wird der Fall persönlich, als auch ihr Ziehvater dem Mörder zum Opfer fällt. Kannte er den Täter etwa? Mallory beginnt zu ermitteln...

Thriller leben von einem guten Spannungsbogen, der das Buch durchzieht, den Leser an die Seiten fesselt und ihn spekulieren lässt, wer wohl der Mörder sein könnte. Leider fehlt das diesem Buch. Der Fall wird unspektakulär aufgerollt, die Verdächtigen sind einfach nicht verdächtig genug. Der ständige Perspektivenwechsel zwischen Mallory und diversen anderen Figuren aus dem Buch nervt irgendwann, weil die Fallaufklärung dadurch immer wieder unterbrochen wird und einfach nicht voran geht. Vielleicht ist das Buch als Auftakt einer Serie ja auch eher dazu gedacht, die Charaktere einzuführen. Aber ganz ehrlich, Fallaufklärung und Charakterbeschreibungen müssen sich die Waage halten, damit das Buch nicht langweilig wird, und das ist hier nicht gelungen.

Die Hauptakteurin Mallory wird als "eine der originellsten und bestechendsten Ermittlerinnen, die Ihnen je begegnen wird" beschrieben. Okay, originell mag es schon sein, eine Frau als Protagonistin zu nehmen, die als Kind auf der Straße gelebt hat, sich alles zusammenklauen musste und nun als Hackerin auf höherem Niveau stiehlt und trotzdem für die Polizei arbeitet. Macht sie das sympathisch? Nein. Ihre Art ist einfach seltsam, so dass man als Leser nicht so recht Verbindung zu ihr aufnehmen kann. Noch ein Punkt also, der mich nicht zum Weiterlesen animiert hat.

Was mir auch ins Auge gestochen ist, aber das schiebe ich auf die deutsche Übersetzerin, ist die zeitweise seltsame Wortwahl. Beispiel: "Die reiche Alte hatte sich der Cousine gegenüber offenbar ziemlich schofel benommen" (S. 125). Waren der Übersetzerin die Worte knauserig oder geizig zu banal? Und die "Luden vom Babystrich" musste ich auch erstmal googeln, um festzustellen, dass es sich um Zuhälter handelt. Und dabei dachte ich eigentlich immer, ich hätte einen großen Wortschatz :-)

Mein Fazit: unspektakulärer Fall, unsympathische Ermittlerin, ungünstige Übersetzung. All das hat dazu geführt, dass ich mich durch das Buch durchquälen musste. Und dazu ist Literatur nicht gedacht. Schade!

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Bewertung vom 08.09.2010
Der Eid der Kreuzritterin
Jordan, Ricarda

Der Eid der Kreuzritterin


gut

Historische Romane, besonders mit einer fesselnden Liebesgeschichte, erfreuen sich bei den meisten Frauen großer Beliebtheit. Was kann es da also besseres geben als gleich 2 Liebesgeschichten vor dem Hintergrund der Kinderkreuzzüge im 13. Jahrhundert in Deutschland? „Der Eid der Kreuzritterin“ bietet sowohl eine interessante Rahmenhandlung als auch viel Gefühl. Warum das Buch für mich trotzdem kein Highlight am historischen Literaturhimmel ist, erfahrt ihr hier.

Deutschland, 1212: Zwei junge Frauen fliehen vor ihrem Schicksal; die eine möchte nicht ihr Leben im Kloster verbringen, die andere ist mit der für sie arrangierten Ehe nicht einverstanden. So schließen sie sich dem immer größer werdenden Heer von Kindern an, die gemeinsam von Deutschland nach Jerusalem ziehen wollen, um die Stadt mit ihren Gebeten von den Heiden zu befreien. Zeitgleich machen sich auch der Ritter Armand und der Sarazenensohn Malik aus dem Orient auf, um herauszufinden, wer hinter den Kinderkreuzzügen steckt und was damit bezweckt werden soll...

Wie gesagt, die Rahmenhandlung klingt spannend. Über die Kinderkreuzzüge ist historisch gesehen nicht allzu viel bekannt und laut der Autorin sind sie eher „Themen für Geschichtenerzähler als für Wissenschaftler“, da nur wenige Fakten existieren. Aus den wenigen Informationen hat Ricarda Jordan, alias Sarah Lark, aber eine spannende Geschichte gesponnen, die den Leser mitreißt. Sie versteht sich gut darauf, das mittelalterliche Flair zu vermitteln, denn die Beschreibungen der Landschaft und der mittelalterlichen Städte mit ihren Gauklern, Badestuben und bunten Märkten fand ich recht gelungen.

Leider blieben während des ganzen Buches die Figuren platt und eindimensional, ihre Handlungen waren vorhersehbar und kaum überraschend. So konnten mich die beiden Liebesgeschichten leider nicht so fesseln wie erwartet. Zum Weiterlesen hat mich da eher das traurige Schicksal der Kinder bei ihrer gefährlichen, entbehrungsreichen Reise nach Jerusalem motiviert.

Mein Fazit: Ricarda Jordan beschreibt vor einer farbenprächtigen Kulisse das Schicksal zweier mutiger junger Frauen. Leider bietet das Buch trotz interessanter Handlung nur eher durchschnittliche Unterhaltung.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.09.2010
Solo
Dasgupta, Rana

Solo


weniger gut

Ein indisch stämmiger Engländer, der über ein Land schreibt, in dem er noch nie war und über das er nichts weiß. Kann das gut gehen? Offenbar nein. Wenn man nämlich bereits nach den ersten Seiten eines Buches das Gefühl bekommt, das es einen nicht zum Weiterlesen reizt, ist das ein schlechtes Zeichen. Dabei klingt der Klappentext doch so vielversprechend.

Worum geht es? Ein fast hundertjähriger blinder Mann sitzt in seiner kleinen Wohnung in Bulgarien und resümiert über sein Leben. Dieses verlief eher leidlich. Als kleiner Junge wollte er Geiger werden, doch sein Vater war gegen solch ein Lotterleben. Als junger Mann war es sein Traum, Chemiker zu werden, doch sein Studium in Berlin musste er abbrechen, als seiner Familie das Geld ausging. Zurück in der Heimat, muss er miterleben, wie sein bester Freund aus Kindertagen als politischer Aufständischer von der neuen Regierung ermordet wird. Und schließlich verlässt ihn seine Frau zusammen mit dem gemeinsamen Sohn, da sie das eher ärmliche Leben mit ihm nicht ertragen kann. Jetzt, am Ende seines Lebens angelangt, erschafft sich der alte Mann eine Fantasiewelt, um seiner Realität zu entkommen. In seinen Tagträumen erobert ein junger Geiger die ganze Welt mit seiner Musik. Und der alte Mann sieht endlich seinen Sohn wieder…

Klingt doch gut, oder? Leider hat mich das traurige Schicksal des alten Mannes und seiner Lebensbegleiter, das vom Faschismus, Sozialismus und Kommunismus geprägt wurde, beim Lesen einfach nicht berührt, da der Autor alles so oberflächlich schildert, dass einem die Charaktere überhaupt nicht ans Herz wachsen und man somit auch nicht mitleiden kann. Und überhaupt, die Charaktere. Die wirkten einfach flach und zeitweise fürchterlich unglaubwürdig in ihren Handlungen. Welche Frau beispielsweise würde, nachdem sie ihr Exmann gerade beim leidenschaftlichen Sex mit einem anderen beobachtet hat, danach freundlich zur Tür gehen, den Spanner herbeiwinken und ihn liebevoll drücken? Diese und andere Szenen ließen mich an der Tiefe und Glaubwürdigkeit der Charaktere zweifeln.

Dazu kommt der Schreibstil. Einerseits sehr flüssig geschrieben, andererseits so oberflächlich, dass es beim Leser keine Gefühle auslöst. Und immer wieder blieb mein Auge an Satzkonstruktionen hängen, die so platt waren, dass ich ernsthaft an der Schreibfähigkeit des Autors gezweifelt habe.

Romanhaft klingt die Geschichte, doch besonders im ersten Teil des Buches ähnelt die Ausführung eher einem Sachbuch, da es eine Aneinanderreihung von historischen Fakten ist, gespickt mit persönlichen (angelesenen) Erfahrungen. Der Autor sagt selbst, dass er über Bulgarien nichts wusste, bis er dieses Buch geschrieben hat, und ich finde, das merkt man auch. Die Beschreibungen der Orte, der gesamten Szenerie wirken blutleer und reizlos, das Flair des Landes und der Zeitgeist wollen einfach nicht richtig aufkommen. Und wer keine Ahnung von bulgarischer Geschichte hat, dürfte sich etwas verloren vorkommen. Wissen über die politische Situation Bulgariens am Anfang des 20. Jh. wird offenbar vorausgesetzt, denn erklärt wird kaum etwas, man wird nur mit Namen der Politiker überhäuft. Mit einem Geschichtsbuch wäre ich an dieser Stelle besser bedient gewesen.

Mein Fazit: ein streckenweise gutes, dann wieder schwaches Buch über das Leben in einem politisch zerrissenen Land. Leider bleibt nichts hängen, sobald man das Buch zugeklappt hat. Am gelungensten war da wohl noch der Klappentext. Schade eigentlich.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.09.2010
Über mir der Himmel
Nelson, Jandy

Über mir der Himmel


ausgezeichnet

Wie lebst du weiter, wenn der wichtigste Mensch in deinem Leben stirbt?

Lennie ist siebzehn, als ihre ältere Schwester Bailey völlig unvorhergesehen stirbt und sie allein zurücklässt. Ihre Grandma und ihr Onkel, bei denen sie wohnt, können ihr nicht helfen. Lennie zieht sich mit ihrem Kummer immer mehr zurück und hängt in ihrem Zimmer, das sie sich bis vor ein paar Tagen noch mit ihrer Schwester geteilt hat, düsteren Gedanken nach. Wie führt man eigentlich ein eigenständiges Leben, wenn man doch immer nur im Schatten der schönen, begabten Schwester gestanden und die eigenen Träume ihr zuliebe zurückgestellt hat? Wenn man verloren auf das leere Bett auf der anderen Seite des Zimmers starrt?

Um ihren Schmerz zu verarbeiten, schreibt Lennie. Momente aus dem gemeinsamen Leben der Schwestern, Gedichte, was ihr halt gerade so durch den Kopf geht. Sie schreibt überall drauf, auf benutzte Pappbecher, Klowände, Buchseiten, Papierfetzen, die sie einfach dort liegen lässt, wo sie sich gerade befindet. So verteilt sie ihre Trauer über die ganze Stadt.

In diesem verlorenen Zustand trifft sie auf Joe, den Neuen an ihrer Schule, der wie sie im Orchester spielt. Joe sieht nicht nur super aus, sondern ist auch ein leidenschaftlicher Musiker und führt Lennie mit seiner heiteren lebensfrohen Art langsam wieder zurück ins Leben. Und bevor Lennie sich klar wird, ob man überhaupt fröhlich sein und sich sogar verlieben darf, wenn die Schwester doch tot in ihrem Grab liegt, ist es auch schon um sie geschehen. Mit Joe verbringt sie wundervolle Stunden voller magischer Küsse und bezaubernder Musik. Wäre da doch nur nicht diese seltsame Anziehungskraft zwischen ihr und Toby. Denn der war eigentlich Baileys Freund …

Die besten Geschichten schreibt immer noch das Leben, heißt es. So beruht auch diese Geschichte auf einer wahren Begebenheit. Die Autorin, Jandy Nelson, erlitt selbst einen schrecklichen Verlust und verteilte ihre Gefühle auf Zettelchen über die ganze Stadt. Und über so eine lebensverändernde Erfahrung wollte sie ein Buch schreiben, aber als Romantikerin ließ sie es sich nicht nehmen, dies vor dem Hintergrund einer mitreißenden Liebesgeschichte zu tun. So entstand dieser gefühlvolle Debütroman, der durch Witz und Originalität begeistert, aber ebenso durch die liebevolle Gestaltung des Buches, in dem Lennies Notizen auf Kacheln oder zerdrückten Pappbechern gezeigt werden. So lacht und leidet, trauert und bangt man mit Lennie zusammen, erlebt ihr Gefühlschaos hautnah und begleitet sie bei ihrem langen Weg durch die Trauer. Solange, bis auch Lennie schließlich begreift, dass ein Weiterleben möglich ist.

„Über mir der Himmel“ ist ein wirklich schönes Jugendbuch über einen schweren Verlust, über unsägliche Trauer, aber auch über Herzschmerz und die erste große Liebe, welches nicht nur Teenager begeistern wird. Nehmen und lesen!

3 von 14 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.