Benutzer
Benutzername: 
B. S.

Bewertungen

Insgesamt 178 Bewertungen
Bewertung vom 16.05.2025
Kullmann, Katja

Stars


gut

Schwaches Leuchten am Sternehimmel

In "Stars" von Katja Kullmann geht es nicht um Stars und Sternchen, also VIPs, sondern um die Sterne am Nachthimmel, denn im Astrobusiness ist Carla Mittmann, die Protagonistin des kurzweilig geschriebenen Romans, unterwegs. Dort ist sie zu einer erfolgreichen Astrologin geworden.
Wie? 
Alles beginnt mit einem Schuhkarton, in dem sich 10.000 $ befinden. Anfangs noch mit viel Schwung, begleitet man Carla auf ihren Weg, wie sie den Fund, als ein Zeichen sieht, ihr Leben zu verändern. Sie gibt ihren tristen Job als Angestellte auf und macht aus ihrer als Hobby betriebenen Horoskop-Webseite ein eigenes Astrobusiness als Astrophilosophin. Selber glaubt sie jedoch nicht an das, was sie in den Sternen liest. Ihre (wohlhabenden) Kunden scheinen sich das aber nicht zu kümmern.
 
Anfangs noch mit einem gewissen Biss, verlieren sich Carlas Gedanken über die Zeit in Oberflächlichkeiten und schon oft durchgekauten stereotypen und überzeichneten Darstellungen ihrer ehemaligen Arbeitskollegen, Kunden und Mitmenschen. Ein sympathisches und ein für sich einnehmendes Bild von Carla stellt sich hierbei nicht wirklich ein, was es schwer macht, ihren Gedanken und ihrem Leben mit Interesse zu folgen.
Zudem krankt der Roman daran, dass besonders zum Ende hin sich auch eine gewisse Inhaltsleere einstellt. Die Handlung plätscherte so vor sich hin und die Charakterentwicklung stockte. Erhoffte scharfsinnige Kommentare über die Gesellschaft bleiben so aus und Carla bleibt den ganzen Roman über eindimensional in ihren Gedanken und Gefühlen.

Seichte Unterhaltung, mehr aber auch nicht. Ein Griff nach den Sternen sieht anders aus.

Bewertung vom 16.05.2025
Cors, Benjamin

Aschesommer / Gruppe 4 ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Das große Sterben beginnt - Spannung pur!

Die Endzeit ist nahe, das ist zumindest der Eindruck, der entstehen könnte, wenn man "Aschesommer" von Benjamin Cors liest.
Denn was alle Mordopfer im packend geschriebenen und stimmungsvoll düsteren Thriller gemeinsam haben, ist, dass ihr Tod einer Variante vergangener Massenaussterben der Erdgeschichte ähneln. Das Problem, der Hauptverdächtige, ein verurteilter Mörder und Professor der Geologie, der ein Buch über Massenaussterben verfasst hat und das als Inspiration für die Morde dient, sitzt in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt. Er kann also die Morde nicht begangen haben, aber wer mordet in seinem Auftrag? Jakob Krogh, Mila Weis und ihrer Kollegen und Kolleginnen der Sonderermittlungsgruppe 4 rennt die Zeit davon, denn der Täter ist noch nicht fertig mit seinem Rachefeldzug.

Wer schon den ersten Band "Krähentage" gelesen hat, weiß, dass hier kein Thriller für Zartbesaite auf einen wartet, denn die Morde sind in der Regel grausam. Cors schafft es aber geschickt, düstere Thrillerelemente mit spannender Ermittlerarbeit zu verbinden. So kommt zu keinem Zeitpunkt Langeweile auf!
Dazu trägt zum einen auch der atmosphärisch düstere Schreibstil bei, der zusammen mit der Hitze und der Asche so etwas wie Endzeitstimmung erzeugt.

Aufgrund der Erzählung aus verschiedenen Perspektiven, darunter neben den Mitgliedern der Sonderermittlungsgruppe 4 auch die der Opfer und die des Täters, wird der Spannungsbogen bis zum Ende konstant hochgehalten, um dann in einem spannungsgeladenen Finale zu enden.

Anders als zum Vorgängerband spielen die privaten Geheimnisse von Jakob und Mila eher eine Nebenrolle und lassen noch Fragen auf. Dadurch treten die Personen im Vergleich zum Vorgängerband in den Hintergrund und verbleiben in ihrer Charakterisierung oberflächlich. Zudem erzeugt das offen gehaltene Ende, den Eindruck, dass die Geschichte von den beiden noch nicht ausgezählt ist.

Wer schon den ersten Band der Reihe gelesen hat, wird mit großer Sicherheit auch seine Freude mit dem zweiten Band haben.
Eine, trotz ihrer geologischen Bezüge, gut konstruierte und fesselnd erzählte Handlung treffen auf eine schlagfertige Ermittlungsgruppe, deren Mitglieder einem immer mehr ans Herzen wachsen.
Ein spannender und kurzweilig geschriebener Thriller, der die ein oder andere überraschende Wendung bereithält, verbirgt sich hinter "Aschesommer". Gerne mehr davon!

Bewertung vom 24.04.2025
Wiebusch, Michaela

Nur du weißt, wer du bist


sehr gut

Kurzweilige und inspirierende Reise für mehr Selbstwertgefühl

In ihrem 265 Seiten starken Selbsthilfe-Ratgeber in Romanform "Nur du weißt, wer du bist" erzählt Michaela Wiebusch die Geschichte von Lena, deren Selbstwert nach einer schmerzhaften Trennung tief im Keller ist. Auf Anraten ihrer besten Freundin sucht Lena Hilfe bei der "Agentur für Selbstwert". Das Programm der Agentur hat es in sich und fordert Lena heraus, eröffnet ihr aber gleichzeitig neue Perspektiven. Sie taucht tief in ihre Gefühlswelt ein, konfrontiert sich mit ihrer Vergangenheit und lernt Tag für Tag, sich selbst besser anzunehmen und wertzuschätzen. So erobert sie ihre Selbstliebe zurück, erkennt ihren wahren Wert und fasst den Mut, das Glück in ihr Leben zu lassen, davor muss sie sich aber unbequemen Fragen stellen und teils über ihren eigenen Schatten springen.

Anfangs war ich noch skeptisch, wie der Autorin es gelingt fiktionale Geschichte mit Tipps für ein besseres Selbstbewusstsein miteinander zu verbinden, aber das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Die Geschichte wirkt zwar an der ein oder anderen Stelle etwas konstruiert, aber insgesamt glaubhaft. Dazu trägt vor allem bei, dass die Geschichte von Lena als anschauliches Beispiel für die vermittelten Strategien zur Stärkung des Selbstbewusstseins dient.

Anteil daran hat auch der anschauliche und flüssige Schreibstil der Autorin, sowie die Aufteilung der 7 Wege zur Stärkung des eigenen Selbstbewusstseins nach Tagen. So wird die Motivation gesteigert, die Schritte selber bei sich mal anzuwenden.

Bezogen auf den Inhalt regt "Nur du weißt, wer du bist" so zum Nachdenken über die eigene Selbstwahrnehmung an und inspiriert dazu, die vorgestellten Tipps und Übungen selbst auszuprobieren, um ein besseres Selbstwertgefühl zu entwickeln. Der positive Grundton des Buches hilft dabei, sich selbst in einem freundlicheren Licht zu betrachten und das eigene Potenzial neu zu entdecken.
Zudem werden die Texte durch künstlerisch ansprechende und inhaltlich passende Illustrationen aufgelockert, was den Reiz des Roman-Ratgebers noch erhöht.
Auch wurde mit Lena eine sympathische und realistische Hauptperson geschaffen, in der sich einige wiederfinden könnten, wodurch es einen leichter fällt, sich in die Handlung hineinzuversetzen.

Wer auf der Suche nach einem kurzweiligen geschriebenen Ratgeber über Wege zu mehr Selbstbewusstsein ist und gegenüber der Vermittlung dieser mittels einer fiktionalen Geschichte nicht abgeneigt ist, kann Gefallen an "Nur du weißt, wer du bist" finden.
Eine Reise zu einem besseren Selbstwertgefühl, -liebe und -akzeptanz mit Mehrwert!

Bewertung vom 23.04.2025
Schmidt, Dirk

Die Kurve


gut

Wenig Schwung in der Kurve

Carl, ist nicht der Mann für gewisse Stunden, sondern für verschiedene Dienstleistungen krimineller Art. Immer, wenn seine Dienste mal wieder gebraucht werden, sei es von der italienischen Mafia oder einem amerikanischen Großindustriellen, telefoniert er mit einem oder eine seiner abgebrühten Mitarbeiter, um sie zu beauftragen, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Dass sie dabei nicht gerade zimperlich vorgehen, ist bei der Art von Calrls Gewerbe wenig überraschend.

Erzählt aus verschiedenen Perspektiven, taucht man in die kriminelle Unterwelt von Carl und seinen Mitarbeitern, wie z.B. Ridley, Betty oder Schneider, ein und lernt so die Figuren und vor allem ihre Abgründe näher kennen.
Bedingt durch den eher dialogorientierten Aufbau der Kapitel und den knappen Schreibstil, findet dabei jedoch keine tiefergehende Introspektion statt. Die Charakterzeichnung verbleibt so eher oberflächlich und besonders Carl behält so eine mysteriöse Aura, was wiederum für seine Art von Geschäft von Vorteil ist.

Die Geschichte wird drehbuchartig und sprunghaft erzählt. Es gibt einen regen Wechsel zwischen den Charakteren, sowie Rückblicke in vergangene Lebensereignisse derer.

Für mich plätscherte das alles so hin, richtig Spannung kam für mich zu keinem Zeitpunkt auf.
Der sich auf das Wesentliche fokussierte Schreibstil sorgt zwar für schnelles Lesen, ein vielschichtiges Bild von Carls Universum entsteht dabei nicht. Das Spannung verheißende Potenzial der kriminellen Unterwelt wird so leider nicht wirklich genutzt.

Insgesamt hinterlässt "Die Kurve" einen gemischten Eindruck.
Ein vielversprechender Mix aus Thrillerelementen und interessanten Charakteren verbindet sich enttäuschenderweise nicht zu einem fesselnden Thriller. Da wäre mehr drin gewesen, auch was das KI-generierte Cover angeht.

Bewertung vom 23.04.2025
Mittelmeier, Martin

Heimweh im Paradies


gut

Thomas Manns Zeit im Exil wird nicht greifbar

Vorneweg Interesse an Thomas Mann und am besten schon Kenntnisse in Bezug auf sein Werk und sein Leben sollte man für "Heimweh im Paradies" auf jeden Fall mitbringen, ansonsten könnte es schwierig werden, bei der Stange zu bleiben.

Es ist Thomas Mann Jahr und "Heimweh im Paradies" ist ein weiterer literarischer Beitrag dazu.
"Der Zauberberg", "Die Buddenbrooks" oder "Doktor Faustus", um nur ein paar zu nennen, sind bekannte Werke Manns. Aber nicht nur literarisch ist Mann interessant, auch als Person fasziniert er. Thomas Mann lebte zur Zeit Hitlers und als dieser an die Macht gelangte, begab er sich ins Exil nach Kalifornien und schrieb dort gegen die Herrschaft der Nationalsozialisten an und machte sich Gedanken, wie ein Deutschland nach Hitler aussehen könnte. Ebenso hielt er Reden und war dort im Kontakt und im Austausch mit anderen Exilanten, wie z. B. Theodor W. Adorno, Bertolt Brecht oder Lion Feuchtwanger. Dabei schlägt ihm Neid, aber auch Bewunderung entgegen.
Einblicke in die Zeit seines Exils von 1938 bis 1952 versucht Martin Mittelmaier in seinem Roman "Heimweh im Paradies" zu geben.

Klingt vielversprechend, doch insgesamt hinterlässt der Roman bei mir gemischte Gefühle. Stellenweise konnte der Autor mich mit seiner Erzählung fesseln, häufig jedoch aber nicht wirklich.
Die Erzählung ist teils zu stark verdichtet, teils zu ausführlich in seiner Beschreibung, dann wieder zu oberflächlich und obendrauf die Verwendung von unterschiedlichen stilistischen Mitteln - all das führt dazu, dass Thomas Manns als Person und seine Zeit im Exil wenig greifbar bleibt.

Infolgedessen lässt sich der Roman schwer einordnen, mit mehr Hintergrundwissen zu Manns Wirken fällt es vielleicht leichter.

Leider wurde das vorhandene Potenzial nicht genutzt, etwas mehr Seiten hätten dem Roman sicherlich gutgetan, um eine vielschichtige, differenzierte und lesenswerte Erzählung über Thomas Manns Zeit im Exil zu schaffen.

Trotz oben genannter Schwächen sind jedoch auch interessante Passagen und Diskussionen enthalten, die die Gedanken, Ansichten und das Leben von Mann lebendig werden lassen.

Eher für Liebhaber von Thomas Mann zu empfehlen.

Bewertung vom 23.04.2025
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Der zweite Verdächtige / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.5


sehr gut

Spannende Suche nach der Wahrheit

Sagt mein Mandant die Wahrheit und er ist unschuldig, wie er behauptet, und ist nicht für den Tod von jungen Männern in Nachtclubs in Berlin verantwortlich?
Diese Frage stellt sich der Strafverteidiger Rocco Eberhardt im 4. Band der Justiz-Krimi-Reihe um Eberhardt und Jarmer. Anfangs noch von der Unschuld seines Mandanten Jan Staiger überzeugt, kommen ihm mit der Zeit immer mehr Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Staiger behauptet, er kann sich an die fraglichen Tatnächte nicht erinnern, doch die Beweise sprechen gegen ihn. Rocco bemerkt jedoch bei seinen Nachforschungen, dass sich bei den Ermittlungen vonseiten der Polizei Ungereimtheiten auftun.

Erzählt anhand verschiedener Charakterperspektiven und dank kurzer Kapitel wird die Spannung konstant hochgehalten. Es macht Spaß, Rocco dabei zu folgen, wie er versucht, Licht ins Dunkle zu bringen und der Wahrheit auf der Spur zu kommen und dabei auf Machtmissbrauch und Vorurteile im polizeilichen und strafrechtlichen Umfeld trifft.

Wer schon die vorherigen Bände der Reihe gelesen hat, ist mit dem Aufbau und den wichtigsten Personen vertraut. Ohne sich in unwichtigen Nebenhandlungen und Beschreibungen zu verlieren, wird die Handlung vorangetrieben. Die Charaktere sind überzeugend und realistisch gezeichnet.
Bevor es zur Gerichtsverhandlung kommt, verliert zwar die Geschichte etwas an Schwung, nimmt dann aber mit Beginn des Strafprozesses wieder an Fahrt auf, um dann in einem packenden Finale zu enden, das regelrecht nach einem weiteren Band schreit.

Kurz, die Reihe von Tsokos und Schwieker ist einfach ein glaubwürdig konstruierter und fachlich interessanter, fesselnd erzählter Mix aus Justiz- und Rechtsmedizinkrimi in einem. "Der 2. Verdächtige" enttäuscht in dieser Hinsicht kein bisschen.
Lesenswert für alle, die schon immer hinter die Kulissen des Justizwesens, polizeilichen Ermittlungen und der Rechtsmedizin blicken wollten, die sich mit aktuellen Themen beschäftigen!
Nicht nur für Fans von Tsokos interessant!

Bewertung vom 23.04.2025
Johnsrud, Ingar

Echokammer / Ein Fall für Benjamin & Tong Bd.1


sehr gut

Spannungsgeladener Wahlkampf in Norwegen

Es ist Wahlkampf in Norwegen und die Lage ist angespannt, bei der Arbeiterpartei und der norwegischen Terrorabwehr gleichermaßen. Eine Gruppe von Rechtsextremen plant nämlich einen Terroranschlag mit Rizin während des Wahlkampfs. Liselott Benjamin arbeitet unter Zeitdruck mit ihrem neuen Kollegen Martin Tong zusammen, um den Anschlag zu verhindern. In den Ermittlungen findet sich auch der juristische Polizeiberater Jens Meidell wieder, der immer stärker in die Intrigen und Machtspiele der von ihm unterstützten Arbeiterpartei mitsamt ihrer aussichtsreichen Spitzenkandidaten hineingezogen wird.

Mit Rechtsextremismus, KI, politische Machtspiele und Terror kann "Echokammer" mit aktuellen und Spannung verheißenden Themen für einen packenden Thriller aufwarten, der besonders zum Ende hin auch durchaus gerecht wird.
Nach einem fesselnden Anfang verliert, die Handlung zunächst etwas an Schwungkraft und verliert sich in der ein oder anderen Nebensächlichkeit. Auch ist der Schreibstil manchmal etwas zu beschreibend.
Aber nach dem anfänglichen Durchhänger nimmt die Geschichte dann wieder an Fahrt auf und wie!
Kurze Kapitel, wechselnde Erzählperspektiven, eine actionreiche Handlung und tolle Wendungen sorgen für ein thrillermäßiges Ende, das dank mancher Cliffhanger Lust auf den Folgeband macht.

Neben der gut durchdachten und durchaus realistischen Handlung, kann auch die Personenzeichnung überzeugen. Nach und nach lernt man vor allem Liselott und Martin näher kennen und kann sich ein gutes Bild von ihnen machen. Einzig Jens Charakter bleibt im Vergleich zu den anderen Hauptcharakteren etwas im Dunklen, vieles in Bezug auf sein bisheriges Leben und seine Person an sich wird nur angedeutet. Hier ist durchaus noch Entwicklungspotenzial in den weiteren beiden Bänden.

Alles in allem ist "Echokammer" ein fesselnder Politthriller, der durch eine aktuelle und teils erschreckend realistische Handlung sowie interessanten Charakteren überzeugen kann. Gerne mehr davon!

Bewertung vom 03.04.2025
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


gut

Jugendliche Leichtigkeit - Debüt mit Potenzial

Wenn ehemalige bekannte Fußballspieler unter die Autoren geht, kann das gutgehen?

Mit "Das Leben fing im Sommer an" zeigt Christoph Kramer, dass er nicht nur auf dem Rasen eine gute Figur gemacht hat, sondern auch, dass er einen kurzweiligen und unterhaltsamen jugendlichen Sommerroman schreiben kann. Zu viel sollte man jetzt aber auch nicht erwarten.

Protagonist des leichten (Jugend)romans ist der 15-jährige Chris, der es im heißen WM-Sommer 2006 zunächst kaum glauben kann, dass die begehrte Debbie sich für ihn zu interessieren scheint. Er wähnt sich schon im 7. Liebeshimmel, als Chris jedoch Zweifel an den Gefühlen von Debbie ihm gegenüber kommen. Jugendliches Gefühlschaos pur und dann bittet ein Freund ihm noch um einen Gefallen und ein abenteuerlicher Roadtrip beginnt.

Von Beginn an, schafft es Kramer gut, die Stimmung eines heißen Sommers und die Gedanken- und Gefühlswelt des 15-jährigen Chris einzufangen, sodass man nah an den Personen und dem Geschehen dran ist.
Der anfängliche Schwung kommt jedoch mit der Zeit etwas abhanden. Mit Beginn des Roadtrips nimmt der Roman dann zwar wieder an Fahrt auf, will dann aber gleich zu viel auf einmal. Der rote Faden der ansonsten geradlinig erzählten Geschichte geht hierbei leider verloren. Besonders am Ende wird vieles nur angedeutet und schnell abgehandelt, was im Gegensatz zu der emotionalen Tiefe besonders am Anfang des Romans steht.

Alle in allem ist "Das Leben fing im Sommer an" von Christoph Kramer auf jeden Fall ein Debüt, dass trotz Schwächen durchaus zu überzeugen weiß. Kramers Schreibstil ist flüssig, bildreich und stimmungsvoll. Alles gute Voraussetzungen für weitere Romane und wie auch im Fußball gilt, Übung macht den Meister.

Bewertung vom 03.04.2025
Gröschner, Annett

Schwebende Lasten


sehr gut

Ein Leben voller Lasten - schwebend erzählt

"Schwebende Lasten" ist ein Roman, durch den dank des stimmungsvollen Schreibstils der Autorin nur so schwebt, auch wenn sich das Schweben mehr auf den Beruf der Hanna Krause als Kranführerin in der DDR bezieht.
Bevor sie jedoch Kranführerin wurde, war sie Blumenbinderin und passend dazu sind am Anfang jedes Kapitels kurze Beschreibungen von verschiedenen Blumensorten zu finden, die den Ton für den folgenden Abschnitt setzen.

Ebenso wie man durch die Seiten schwebt, schwebt man durch Jahrzehnte ereignisreicher deutscher Geschichte sowie das Leben voller Höhen und Tiefen von Hanna Krause. Besonders die Kriegsjahre bleiben hier in Erinnerung.
Auf den knapp 280 Seiten entsteht so nach und nach ein vielschichtiges Bild von Hanna Krause, als eine Frau, die unbeirrt ihren Weg geht und sich unter Männern behaupten weiß.

Zum Ende hin verliert der Roman zwar leider etwas an Tiefe und verweilt mehr an der Oberfläche als in das Innenleben und ihre Zeit in der DDR einzutauchen, seine Ausdrucksstärke behält er aber bei.

"Schwebende Lasten" ist somit alles in allem ein unaufgeregt erzählter Roman, der ein starkes Porträt über eine Frau, die ihren Weg finden musste, mit Lasten unterschiedlicher Art in ihrem Leben klarzukommen vor dem Panorama gesellschaftlicher und zeitgeschichtlicher Veränderungen, entwirft.
Die Autorin schafft es hierbei, nah an ihrer Protagonistin zu sein und so den Lesenden das Gefühl zu vermitteln, direkt vor Ort zu sein.

Bewertung vom 04.02.2025
Kirakosian, Racha

Berauscht der Sinne beraubt


gut

Nicht berauscht - informativ, aber zu einseitig und detailliert

Unter Ekstase wird häufig ein Sinneszustand verstanden, der durch bewusstseinserweiternde Substanzen hervorgerufen wird und mit Halluzinationen, Glücksgefühlen sowie anderen sinnlichen und spirituellen Erfahrungen einhergeht.
Dass Ekstase jedoch noch viel mehr sein kann, beweist Racha Kirakosian, Professorin für Mediävistik, in ihrem sachlich fundierten und vielschichtigen Buch "Berauscht der Sinne beraubt".

Vorwiegend aus kulturhistorischer, religiöser und feministischer Sicht beleuchtet die Autorin in ihrem inhaltlich gut strukturierten Sachbuch die verschiedenen Facetten von Ekstase.
Ausführlich werden unterschiedliche Aspekte wie die Interpretation von Prophezeiungen und Visionen, Schmerz und Freude im Zusammenhang mit Ekstase behandelt, sowohl im individuellen als auch im gesellschaftlichen Kontext. Mittels Diskursen, Exkursen, Quellenzitaten und teils kommentierten Anmerkungen wird hierbei auch das ein oder andere noch tiefgehender beleuchtet. Auch werden auf die guten und schlechten Seiten der Ekstase, wie z.B. Massenhysterie, eingegangen.

"Berauscht der Sinne beraubt" ist sicherlich kein Buch für zwischendurch, wer ein kurzweiliges und leicht zu lesendes Sachbuch sich erhofft, wird enttäuscht.
Besonders zu Anfang wird man regelrecht von Fachwörtern, religiösen Bezügen und Quellenzitaten erschlagen. Vor allem die vielen religiösen Bezüge waren mir teils zu viel. Auch fehlte mir die Bedeutung von Ekstase in der heutigen Zeit. So war es inhaltlich doch etwas einseitig, wenn auch detailliert in seiner Darstellung.
Zwar ist es wissenschaftlich gut aufgearbeitet und man merkt, dass die Autorin weiß, wovon sie spricht; hat man als Lesende*r jedoch bis jetzt nur wenige Berührungspunkte mit der Materie gehabt, kann es teils zu Verständnisschwierigkeiten kommen.

Alles in allem hinterlässt "Berauscht der Sinne beraubt" bei mir einen gemischten Eindruck.
Wissenschaftlich fundiert und erkenntnisreich einerseits, einseitig und zu detailliert andererseits.
Für Lesende, die mehr an der Theorie von Ekstase als an erlebbaren Rauschzuständen während des Lesens interessiert sind.