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Nesa8486
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Leipzig
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Stubenhocker und Tierfreund - Gebt mir Bücher, Serien, Videospiele, eine bequeme Couch und Hunde und Katzen zur Seite und ich bin super happy!

Bewertungen

Insgesamt 22 Bewertungen
Bewertung vom 19.04.2020
Das Dorf der toten Seelen (eBook, ePUB)
Sten, Camilla

Das Dorf der toten Seelen (eBook, ePUB)


gut

Schwedisches Roanoke

Ich war wahnsinnig gespannt, denn das Cover und der Klappentext, sowie eigentlich bereits der Titel an sich versprachen absolutes Highlight-Potenzial. Sowas ist ja wirklich genau mein Ding! Von Stranger Things merkte ich allerdings nichts, auch ist es kein Krimi, eher ein Mystery-Roman.

Wir begleiten Alice und ihr 4-köpfiges Team nach Silvertjärn, einer geheimnisvollen Gemeinde, in der 60 Jahre zuvaor alle Einwohner plötzlich verschwunden sind. Die Hintergrundstory scheint sehr von der Kolonie Roanoke inspiriert worden zu sein – Die verschwand Ende des 16. Jahrhunderts ebenfalls spurlos und bis heute konnte nicht allumfassend geklärt werden, was mit ihnen passiert ist. Das fand ich sehr interessant.

Parallel begleiten wir Elsa in den „Damals“-Kapiteln zu genau dieser Zeit und können so als Leser als einzige Personen die komplette Wahrheit über Silvertjärn und das Verschwinden der Gemeinde erfahren. Auch da bin ich mir sicher, dass die Autorin sich von bekannten Menschen hat inspirieren lassen.


Leider konnte mich das Buch nicht vollends überzeugen. Die Charaktere blieben für mich blass, bekamen kaum Tiefe. Viel zu viele Andeutungen, deren Auflösungen dann irgendwie nur so plätscherten. Der Schreibstil liest sich äußerst flüssig und auch die sehr kurzen Kapitel, jeweils in Heute und Damals unterteilt, halten dazu an, „nur noch schnell mal ein Kapitel“ zu lesen, woraus dann gerne 10 oder mehr wurden :D Das Buch habe ich in nicht einmal 3 Tagen gelesen – meine eBook-Ausgabe hatte allerdings laut tolino-App auch nur 333 Seiten, statt die wie überall angegebenen 448 Seiten. Ich weiß nicht, ob die Information einfach fehlerhaft ist oder ob ich irgendwie eine „komische“ Ausgabe hatte. Gekürzt oder so kam mir allerdings nichts vor.


Beide Zeiten sind im Präsens geschrieben – Ich persönlich hätte es besser gefunden, das „Heute“ im Präsens zu lassen und das „Damals“ ins Präteritum zu setzen. Allerdings tauscht Camilla Sten immerhin die Perspektiven, um die Abgrenzung nochmal etwas zu verdeutlichen. In der „Heute“-Zeit spricht/schreibt Alice selbst über das Geschehen, in den „Damals“-Kapiteln setzt die Autorin auf die dritte Person, der Fokus liegt dennoch deutlich bei Elsa.

Nach und nach decken wir die persönlichen Verbindungen der Filmcrew mit Silvertjärn oder auch den anderen Mitgliedern auf und merken so, dass eigentlich jeder so seine ganz persönlichen Gründe dafür hat, sich der Crew angeschlossen zu haben. Wie oben schon erwähnt, fehlt mir leider irgendwie die besondere Tiefe. Es wurde zwar auf ein paar wenige Charaktere mehr eingegangen, aber irgendwie blieben sie trotzdessen für mich einfach nur blass. Schade.

Auch die Geschichte plätschert irgendwie vor sich hin. Es gab zwei, drei Stellen, an denen ich mich leicht gegruselt habe, und das passiert mir nicht so häufig. Nur leider war das immer wieder schnell vorbei und man dümpelte so irgendwie mit der Crew mit, auch wenn eigentlich schon recht viel passierte, aber irgendwie…

Die Wendung fand ich zu überzogen. Die Auflösung in der „Heute“-Zeit fand ich mehr als dürftig, nahezu unrealistisch, und es blieb irgendwie nur ein „Äh… Ok“-Gefühl zurück. Die Ereignisse im „Damals“ spalten mich,einerseits kann ich mit manchen Teilen davon nichts anfangen,andererseits wird der Rest sehr gut rübergebracht, weswegen es mich dann doch nicht so sehr störte und auch irgendwie passte. Die Auflösung,was damals passiert ist, gefiel mir gut. Ein paar mehr Informationen hätte ich mir gewünscht, aber da wir die Geschehnisse aus Elsas Perspektive betrachten und auch sie nicht alles wusste,war das schon okay so.


Das Buch ist jetzt keinesfalls schlecht, ich habe aber leider deutlich mehr erwartet und beendete das Buch eher mit einem enttäuschten Gefühl.

Von mir bekommt das Buch 3,5 von 5* Sternen; da ich mich aber entscheiden musste, auf- oder abzurunden, entschied ich mich dennoch fürs Abrunden, da mir persönlich zu 4* doch mehr gefehlt hat.

Bewertung vom 20.03.2020
Miracle Creek
Kim, Angie

Miracle Creek


ausgezeichnet

Ich fand die Leseprobe schon vielversprechend und interessant, aber dass es mich letzten Endes so dermaßen abholen würde, hätte ich nicht gedacht. Das wirklich wunderschöne Buch bzw. Cover trägt nur einen kleinen Teil dazu bei, aber ich muss sagen: Es ist echt ein richtig, richtig schönes Buch!


Zum Inhalt lässt sich gesagt sein, dass ich nie gedacht hätte, dass das Angie Kims erstes Buch ist. Der Schreibstil ist fantastisch, flüssig, leicht zu lesen und doch eher gehoben, aber ich - aufgrund einer chronischen Erkrankung starke Konzentrationsprobleme und dementsprechend manche Schwierigkeiten habend, wenn der Schreibstil z.B. arg viele Fremdwörter enthält, eher altmodisch (auch wenn's soo schön ist!) oder schwierig geschrieben wurde – kam wunderbar damit zurecht und die Seiten flogen nur so dahin, fühlt sich dennoch einfach „reif und erwachsen“ an und man merkt, dass diese Autorin ihren Beruf versteht. Er passt hervorragend zu der doch sehr ernsten Geschichte, auch wenn Kim hin und wieder, wenn auch selten, noch ein paar Sätze einstreut, die einen auch in den ganzen bedrückenden Szenen sogar kurz zum Schmunzeln bringen.

Kim vermischt hier in diesem Buch sehr Vieles: Rassismus gegenüber koreanischen Einwanderern, Einblicke in die koreanische Kultur (da sie selbst eine koreanische Einwanderin ist, gehe ich davon aus, dass diese, wenn auch manchmal tatsächlich etwas klischeehaften, Einblicke authentisch sind), teilweise Kindesmisshandlung (oder eben auch nicht?) und das Leben von Müttern mit behinderten (hier vor allem autistische) Kindern, völlig authentisch, gute sowie vor allem auch schlechte Seiten, ihre Liebe und Hingabe, aber auch ihren täglichen Kampf und ihre Opfer, die sie dafür bringen, ohne auch nur ansatzweise zu urteilen, zusätzlich bringt sie noch das Thema der HBO-Therapie (eine Sauerstoff-Therapie) ein, mit der sie selbst Erfahrung hat, und zeigt auch auf, dass diese Therapie teilweise umstritten ist; all das noch paniert mit einer schönen Prise Gerichtsdrama, was ich persönlich sehr gerne mag. Das klingt nach sehr vielen Themen, finde ich, doch verwebt sie alle so wunderbar, so authentisch miteinander, dass alles absolut perfekt miteinander harmoniert.

Die Charaktere bekommen alle eine gewisse Tiefe, manche mehr, manche etwas weniger, da Angie Kim immer in der 3. Person, aber aus den verschiedenen Sichten der verschiedenen Charaktere schreibt. Man fühlt mit, man lernt, man bekommt Einblicke in die verschiedenen Welten und findet man einen der Charaktere erst einmal noch eher blöd, oder denkt, diese Person ist schuldig, sie hat es nicht anders verdient, der Fall sei doch klar, kommen einem spätestens im Abschnitt dieser Person ihre Zweifel, bekommt Mitleid, überdenkt doch nochmal alles, bringt Verständnis auf... Wir werden im Buch ständig mit anderen Sichtweisen konfrontiert. Und stimmt man mit einer zu, kann es sein, dass man die ganz andere Sichtweise dann auch nachvollziehen, man überdenkt doch nochmal, ob man seine eigene Sichtweise nicht doch nochmal anpassen soll.

Ob der Fall klar bleibt oder doch noch eine Überraschung auf einen wartet, mag ich nicht verraten, aber es lohnt sich so oder so. Viele Wendungen, viele Geheimnisse, die ans Licht kommen, die immer alles hin und her werfen und bei denen die Verdachte dann teilweise von Kapitel zu Kapitel wieder wechseln. Man kann sich nie sicher sein, wer es letzten Endes war (wirklich die Angeklagte? Oder doch jemand völlig anderes?) und es bleibt spannend und interessant bis zum Schluss.
Das Buch findet zeitlich vor allem während des Prozesses statt, die Autorin bietet aber auch viele Rückblicke auf Geschehenes im vergangenen Jahr oder teilweise noch früher und bettet sie alle wunderbar ein.


Ich musste teilweise wirklich mehrmals innehalten, einen Moment durchatmen, einfach nur, um den Gedanken „Oh mein Gott, das ist SO gut!!“ in Ruhe fertig zu bringen.
Definitiv ein Highlight meines Jahres!