Benutzer
Benutzername: 
Rebekka
Wohnort: 
Mainz

Bewertungen

Insgesamt 22 Bewertungen
Bewertung vom 01.11.2020
Voland, Maxim

Die Republik


weniger gut

Was wäre, wenn die DDR (mit Ausnahme Westberlins) das gesamte deutsche Staatsgebiet umfassen würde? Dieser Frage ist der deutsche Autor Maxim Volland nachgegangen und hat darüber einen 524 Seiten umfassenden Roman voller Attentate, Spione und bluttriefenden Szenen verfasst.

Normalerweise bin ich ein großer Freund von Spionage-Romanen und auch Parallelwelten finde ich faszinierend. Einige davon habe ich regelrecht verschlungen: „Der Anschlag“ von Stephen King etwa, „Die Zeitmaschine Karls des Großen“ von Oliver Henkel, „Das Orakel vom Berge“ von Philipp K. Dick und noch viele andere, die im Laufe der Jahre unter dem Stichwort „Science fiction“ veröffentlicht wurden. Sie alle hatten eins gemeinsam: Ihre Parallelwelten und die Umstände, die zu ihrer fiktiven Entwicklung geführt hatten, waren logisch und nachvollziehbar.

Dieses Buch gehört nicht dazu. Schon allein die Behauptung, die DDR sei „dank ausgeklügelter Planwirtschaft ein erfolgreicher Global Player“ geworden (Seite 11) ist lächerlich. Bei der Wiedervereinigung war die Wirtschaft der sozialistischen Länder am Boden, weil Planwirtschaft eben gerade nicht funktioniert. Die Übel eines Überwachungsstaates erwähnt der Autor immer nur am Rande, dafür ist die „Rest-BRD“ in Westberlin ein vom Kapitalismus zerstörtes Billiglohnland, das von gierigen Imperialisten in ein Steuer- und Glücksspielparadies verwandelt wurde. Und natürlich: „Eine gute Arbeitsstelle hatten jenseits der Mauer die wenigsten…. Manche landeten in den hastig hochgezogenen Fabriken, in denen verschiedene Massenwaren hergestellt wurden“. Wie es eben so ist, im Kapitalismus.

Vielleicht tue ich dem Bestsellerautor unrecht, der dieses Buch unter einem Alibi-Namen schrieb. Aber beim Lesen bekam ich den Eindruck, es handele sich um einen unzufriedenen „Ossi“, der sich nach den Idealen der DDR zurücksehnt und mal darlegen wollte, wie schön alles hätte enden können, wenn man die Sozialisten nur gelassen hätte. Er macht sich nicht mal die Mühe, westdeutschen Lesern (und möglicherweise auch der heutigen ostdeutschen Jugend) Begriffe wie „Goldbroiler“ (= Brathähnchen) zu erklären. Im Glossar fehlt dieses Wort jedenfalls, genau so wie „Memfis“, dessen Bedeutung man sich selbst zusammenreimen muss.

Nein, mir gefällt dieses Buch ganz und gar nicht. Nicht etwa, weil ich ein Wessi bin, sondern deshalb, weil die Annahmen, auf denen diese Story beruht, einfach nicht logisch und nachvollziehbar sind.

Bewertung vom 13.02.2018
Harper, Jordan

Die Rache der Polly McClusky


sehr gut

In einem Rache-Roman geht es üblicherweise darum, dass jemandem übel mitgespielt wird und er dafür seinem Peiniger auf perfide und ausgeklügelte Weise Schaden zufügt. Jordan Harper hat mit einer solchen „zahmen“ Vorgehensweise nichts am Hut. In seinem Buch geht es blutig und brutal zu – und wer wissen will, worin „Die Rache der der Polly McClusky“ besteht, muss bis zu den letzten Seiten aushalten und dann auch noch zwischen den Zeilen lesen können.

Als eine Bande amerikanischer Nazi-Gangster den Kleinkriminellen Nate und seine elfjährige Tochter Polly umbringen wollen, haben die beiden nur ein Ziel: Dass das Todesurteil gegen das Kind aufgehoben wird, koste es was es wolle. Dieses Ziel erreichen sie schließlich – aber der Weg dahin ist nichts für Zartbesaitete. Auf ihrer Flucht vor den Gangstern und Helfern der „Aryan Steel“ kommen sich Vater und Tochter immer näher und machen dabei eine erstaunliche Entwicklung durch. Der früher eher ichbezogene Nate beginnt das Mädchen bis zur Selbstaufgabe zu lieben, und Polly wird nach hartem Überlebenstraining zu einer selbstbewussten Kämpferin.

Jordan Harper schildert das in einem knappen, schnörkellosen Schreibstil, der aber trotz aller Direktheit viel Platz für Interpretationen lässt. Die Verwandlung des schüchternen kleinen Mädchens, das seine Überforderung nur mit Hilfe eines Plüschbären in den Griff bekommt, in eine kaltblütige Killerin hat bei mir tiefe Trauer ausgelöst. Die hält auch noch lange nach der Lektüre dieses Buches an, denn der Schluss lässt keine Hoffnung zu, dass Polly irgendwann einmal wieder ein normales Leben führen kann. Trotz dieser Einschränkung ist es aber ein empfehlenswerter Roman.