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Dajobama

Bewertungen

Insgesamt 158 Bewertungen
Bewertung vom 02.02.2025
Für Polina
Würger, Takis

Für Polina


ausgezeichnet

Für Polina – Takis Würger
Dieser Roman hat mich bereits ab der ersten Seite gefesselt und bis zum Ende nicht mehr losgelassen. Er beginnt ganz beim Anfang mit Hannes‘ Geburt und dessen Mutter Fritzi. Im Krankenhaus im Bett nebenan liegt Baby Polina mit ihrer Mutter. Dies ist der Beginn einer jahrzehntelangen innigen Freundschaft und später auch Liebe zwischen Polina und Hannes.
Es ist dieser ganz besondere Schreibstil des Autors, der diesen Roman so großartig macht – seine leichtfüßige Art zu erzählen - sein liebevoller und humorvoller Blick auf seine Figuren. Und davon gibt es einige extrem schrullige und liebenswerte in dieser Geschichte. Überhaupt scheint bei Würger niemand perfekt zu sein. Die auf den ersten Blick absonderlichsten, schrulligsten Charaktere, offenbaren auf den zweiten Blick das gutmütigste Innere.
Polina und Hannes sind von Anfang an ein recht ungleiches Paar. Während Polinas Intelligenz schnell offensichtlich wird, lässt sich Hannes Zeit mit seiner Entwicklung. Er ist langsam und schnell überfordert. Mit fremden Menschen kann er kaum etwas anfangen. Für ihn wird später die Musik sein großes Talent und sein Tor zur Welt. Die beiden Kindheitsfreunde verlieren sich immer wieder aus den Augen. Jeder muss für sich seinen eigenen Weg ins Leben finden und als Polina schon für ihn verloren scheint, erinnert sich Hannes wieder an die Macht seiner Musik.
Eine wunderbare traurig-schöne musikalische Liebesgeschichte. Einfach grandios geschrieben.
5 Sterne

Bewertung vom 31.01.2025
Halbe Leben
Gregor, Susanne

Halbe Leben


ausgezeichnet

Halbe Leben – Susanne Gregor
Was am Ende passiert, erfährt man gleich auf der allerersten Seite – die schwangere Klara verunglückt bei einer Wanderung tödlich. Bei ihr ist nur die slowakische Pflegerin ihrer alten Mutter Irene – Paulina. Dieser sehr ruhige und nachdenkliche Roman beschäftigt sich nun mit der Beziehung zwischen Paulina und ihrer österreichischen Arbeitgeberfamilie.
Was ist passiert zwischen dem ersten sympathischen Aufeinandertreffen und diesem verhängnisvollen „Unfall“? Klara und ihre Familie machen sich wenig Gedanken darüber, dass Paulina zuhause, in der Slowakei ebenfalls zwei Kinder hat, die sie immer wieder wochenlang bei der Schwiegermutter zurücklassen muss. Tatsächlich sind es sehr unterschiedliche Lebensbedingungen, denen sich Klara und Paulina gegenübersehen. Gegenseitiges Unverständnis führt zu einer schleichenden Verschlechterung ihrer Beziehung. Klara verwechselt Freundschaft mit finanzieller Abhängigkeit und macht mit diversen gönnerhaften Zuwendungen alles nur noch schlimmer. Im Grunde genommen ist es jedoch das gleiche Problem, das beide Frauen umtreibt: die Zerrissenheit zwischen Familie und Beruf.
Dieser Roman sollte vielen Frauen aus der Seele sprechen. Die praktische Unvereinbarkeit von Kindern und Karriere ist nach wie vor ein Problem in unserer Gesellschaft. Ebenso das verzweifelte Gefühl, allein gelassen zu werden. Die eine, Paulina, muss ihre Kinder zurücklassen um in der Fremde genug Geld für ihren Lebensunterhalt aufzubringen, indem sie sich um die Angehörigen einer anderen Frau kümmert. Die andere, Klara, hat hohe Ansprüche an ihre Karriere, was sie aber nicht mit der Betreuung ihrer Tochter und ihrer Mutter vereinbaren kann. Hier wie dort ist ein schlechtes Gewissen und das Bewusstsein, dass immer etwas zu kurz kommt, allgegenwärtig. Die Männer kommen nicht gut weg. Klaras Mann ist gutmütig und geduldig mit der „, sieht aber dennoch nicht, was seine Frau braucht und macht mit gutem Gewissen immer alles falsch. Der Vater von Paulinas Kindern hatte weniger Geduld und hat sich bereits vor Jahren eine Jüngere gesucht. Hier werden nun zusätzlich die Grenzen bzw. Nachteile einer bezahlten Pflegekraft aus dem Ausland thematisiert. Mit nicht einmal 200 Seiten ist dies eine eher kurze Geschichte, die jedoch alles sagt und mit Wucht einschlägt.
Das Werk fesselt mit seiner eingängigen Sprache und der Unfallsituation ganz am Anfang ab der ersten Seite. Auf eine sehr unaufgeregte eher psychologische Art und Weise ist dieser Roman extrem spannend, denn schnell wird klar, dass es sich hierbei um sehr komplexe und unterschwellige Zusammenhänge handelt. Die Autorin beobachtet genau und steigt psychologisch sehr tief in die Gedanken- und Gefühlswelt ihrer Figuren ein.
Hervorragend, 5 Sterne.

Bewertung vom 30.01.2025
Nachtflut
Westerkamp, Stina

Nachtflut


sehr gut

Nachtflut – Stina Westerkamp
Ein atmosphärischer Thriller, der mich faszinieren und fesseln konnte.
An der Ostseeküste ist eine Sturmflut vorausgesagt. Häftlinge aus der nahegelegenen JVA nutzen diese Ausnahmesituation zum Ausbruch. In einem kleinen Ort direkt an der Küste verweigert eine junge Frau, Elisa, die Evakuierung – ebenso wie das ältere Paar im Nachbarhaus. Sie alle scheinen etwas zu verbergen zu haben, das nun von der Flut an die Oberfläche gespült wird. Und einer der entflohenen Häftlinge aus der JVA hat als einziges Ziel: Elisa.
Gerade die Naturkatastrophe und ihre Auswirkungen fand ich sehr gut und atmosphärisch beschrieben. Die ganze verwirrende Vorgeschichte der Protagonisten wird erst nach und nach aufgeklärt. Außerdem gibt es gerade zum Ende hin einige überraschende Wendungen, die alles in neuem Licht erscheinen lassen.
Auch wenn man als Leser recht lange im Dunkeln tappt, schafft es die Autorin dennoch eine unheilvolle Spannung zu erzeugen und damit an die Geschichte zu fesseln. Und das, obwohl keiner der Figuren eindeutiger Sympathieträger ist…
Mich hat dieser Thriller hervorragend unterhalten.
4 Sterne.

Bewertung vom 23.01.2025
Sing mir vom Tod
Pochoda, Ivy

Sing mir vom Tod


weniger gut

Sing mir vom Tod – Ivy Pochoda
Florida und Dios sind zwei Frauen, die während der Corona-Pandemie auf Bewährung aus dem Gefängnis in Arizona freigelassen werden. Anstatt sich an ihre Bewährungsauflagen zu halten und erst einmal in Quarantäne zu gehen, machen sich beide auf den Weg nach Los Angeles. Es ist Floridas Heimat, soweit also nachvollziehbar. Dios jedoch verfolgt sie, um Jagd auf sie zu machen. Und hier beginnen schon meine Probleme mit dieser Geschichte. Das Motiv hierfür ist für mich nämlich viel zu schwach, außer man gesteht sich schon recht früh ein, dass man es mit einer Verrückten/Besessenen zu tun hat.
Zu Beginn dieses Thrillers befinden die Frauen sich noch im Gefängnis. Die Zustände und der Alltag an diesem Ort werden sehr realistisch beschrieben. Insbesondere Dios fällt bereits hier durch ihre Gewaltbereitschaft auf, Florida verhält sich eher unauffällig. Von Dios' Herkunft erfahren wir kaum etwas, Florida dagegen stammt aus einem reichen Elternhaus.
Ab der Hälfte der Geschichte kommt noch Detective Lobos hinzu, auch sie eine gewaltbereite Frau.
Geschrieben ist diese Geschichte ganz wunderbar. Man kann die Figuren regelrecht vor sich sehen und alles ist sehr atmosphärisch beschrieben. Insbesondere auch die Wohnsituation in Los Angeles und die Probleme dort, fand ich sehr interessant.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Message hinter dieser Geschichte überhaupt verstanden habe, bzw. ob ich damit einverstanden bin. Für mich blieben da dann zu viele Fragezeichen.
Im Prinzip sind es drei Protagonistinnen: Dios, Florida und Lobos. Alle drei haben hohes Gewaltpotential. Nun stellt sich mir die Frage, woher kommt das? Ist es so, wie der Klappentext verrät, „dass Dunkelheit auch in Frauen lebt“? Auffällig ist noch, dass alle drei Frauen extrem negative Erfahrungen mit Männern gemacht haben (körperliche Gewalt, auch sexualisiert). Sind es Taten aus generalisierter Rache, als Statement, als „Machtdemonstration einer Frau, die gesehen werden will“? Soll das eine Art von gewaltbereitem Feminismus sein? Sauer aufgestoßen hat mir auch, dass beinahe sämtliche Männer, die in dieser Geschichte auftauchen, absolut und von Grund auf böse sind (eine Ausnahme scheint hier nur Lobos' armer Kollege Easton zu sein) und es scheinbar gar nicht anders verdient haben, von diesen Amazonen dahingemeuchelt zu werden.
Ich fand die ganze Sache schon sehr schwarzweiß gezeichnet. Klar, es ist spannend geschrieben und wenn man es schafft, nicht weiter darüber nachzudenken, ist es sicherlich eine unterhaltsame Lektüre. Meins ist das aber nicht.
2 Sterne.

Bewertung vom 21.01.2025
Coast Road
Murrin, Alan

Coast Road


sehr gut

Coast Road – Alan Murrin
Diese Geschichte ereignet sich in einer irischen Kleinstadt vor dreißig Jahren, 1994, kurz vor der Legalisierung der Scheidung und thematisiert die Lage der Frauen in der Gesellschaft und in der Ehe.
Jeder der in einem Dorf oder einer Kleinstadt lebt, kennt die Situation, auch heute noch. Es wird getratscht was das Zeug hält, Gerüchte machen die Runde, Neid und Missgunst überall. Natürlich gibt es auch positive Seiten einer eingeschworenen Kleinstadt-Gemeinschaft. In diesem Roman überwiegen allerdings die negativen.
Im Wesentlichen lernen wir drei Familien kennen, insbesondere drei Ehepaare. Keines davon ist glücklich. Die Frauen stecken zurück, erziehen die Kinder, letzten Endes ist ihr Umgang mit der jeweils schwierigen Ehe sehr unterschiedlich. Colette nämlich, hat ihre Familie verlassen. Zwar kehrt sie kurz darauf zurück, in den Augen der meisten Kleinstadt-Bewohner hat sie jedoch jedes Recht verwirkt, ihre Kinder zu sehen. Izzy dagegen ist unglücklich verheiratet mit einem Lokalpolitiker. Während es in ihrer Ehe hauptsächlich um die passende Außenwirkung geht, freundet sie sich nach und nach mit Colette an. Die Situation spitzt sich zu.
Zwar möchte man es kaum für möglich halten, dass vor gerade mal dreißig Jahren solche Zustände noch möglich waren – nichtsdestotrotz kann man einige dieser Vorurteile und Werte noch heute beobachten. Der Autor entlarvt hier ganz wunderbar die scheinheilige Kleingeistigkeit der Gesellschaft, von der insbesondere das weibliche Geschlecht eingeschränkt wurde.
An den Männern dieser Geschichte lässt Murrin kaum ein gutes Haar (außer dem Pfarrer Brian), das mutet manchmal ein klein wenig einseitig an. Wobei man sagen muss, dass auch die Frauen nicht unbedingt positiv geschildert werden – die ganze Gesellschaft wird an den Pranger gestellt. Dennoch kann man diesen Roman als feministisch lesen, geschrieben von einem Mann.
Diese Geschichte ist richtig spannend, sobald man sich einmal eingelesen hat. Tatsächlich habe ich es innerhalb eines Tages verschlungen.
Empfehlenswert. 4 Sterne

Bewertung vom 21.01.2025
Die Kolonie
Magee, Audrey

Die Kolonie


sehr gut

Die Kolonie – Audrey Magee
Ein Londoner Maler und ein französischer Sprachwissenschaftler verbringen beide den Sommer 1979 auf einer abgelegenen irischen Insel.
Die Männer könnten unterschiedlicher nicht sein und obwohl sie versuchen, sich aus dem Weg zu gehen, beeinflusst jeder die Inselbewohner auf seine eigene Weise. Sympathieträger sind beide nicht. Der Linguist möchte den Untergang der irischen Sprache aufhalten und ermutigt die Iren, ihre Umgebung frei von englischen Einflüssen zu halten. Der Maler versteht kein Wort irisch und hat auch kaum Interesse an Kultur und Sprache dieser Menschen; er interessiert sich vielmehr für die Klippen. Er bringt moderne Ideen und Einflüsse auf diese Insel, deren einziger Berufsweg für einen Jungen im Fischen liegt.
Und dann ist da immer im Hintergrund noch der Nordirlandkonflikt. Die Insel scheint abgeschieden davon zu sein. Dennoch kommen auch hier die aktuellen Nachrichten über neue Anschläge an und beeinflussen zusätzlich die Haltung mancher Einwohner gegenüber dem englischen Maler.
Es ist ein sehr ruhiger Roman mit vielen starken Figuren, vor allem im Bereich der Inselbewohner, die sehr genau charakterisiert werden. Die beiden „Urlauber“ sind sozusagen Eindringlinge, die die bewährte Ordnung dieses durch traditionelle Werte bestimmten Mikrokosmos durcheinander bringen und dem ein oder anderen Flausen in den Kopf setzen. Denn es gibt sie, die Träume und Hoffnungen von einem anderen Leben, in den Köpfen dieser einfachen, von der Insel eingeschränkten Menschen.
Viele Gedanken und Aufzeichnungen zur Malerei sowie zur Linguistik, insbesondere des Irischen, lassen den Roman manchmal etwas langatmig oder zumindest theoretisch erscheinen. Langweilig wird es aber nie.
Ein ganz besonderer, sehr lesenswerter Roman.
4 Sterne

Bewertung vom 03.01.2025
Tausend Meilen weites Land. Ein früher Western
Braun, Meinrad

Tausend Meilen weites Land. Ein früher Western


ausgezeichnet

Tausend Meilen weites Land – Ein früher Western – Meinrad Braun
Der Junge Gregor Schoenheit verlässt im frühen 19. Jahrhundert überstürzt seine Heimat im Schwarzwald und betritt ein Schiff in die Neue Welt. Eine Reise voller Gefahren und Ungewissheiten in die Fremde.
In der neuen Heimat wird Gregor zu Greg Schoner. Viele Abenteuer erwarten den jungen Mann, von denen er sich mehr oder weniger ziellos treiben lässt. Vom Assistenten eines Berufsspielers wird er zum Büchsenmacher, zum Wagenschmied und Treckführer. Er heiratet eine Cheyenne und kämpft als Captain der US-Kavallerie in der blutigen Schlacht von Shiloh.
Jahrzehntelang lässt er sich treiben auf dem noch spärlich besiedelten Kontinent und erlebt wichtige Meilensteine der Geschichte mit. Er muss Weggefährten zurücklassen und macht neue Bekanntschaften. Ab und an gibt es sogar ein Wiedersehen.
Meinrad Braun schildert den Wilden Westen wie er wirklich war. Man spürt die Freiheit, aber auch die vielfältigen Gefahren. Es ist ein ganz wunderbarer literarischer Schreibstil, der das Lesen zum Genuss macht und all die Stationen und Begegnungen Gregs geradezu bildlich erscheinen lassen.
Über allem liegt immer die Hoffnung Gregs, etwas aus seinem Weg zu machen und am Ende sein Glück zu finden. Dennoch dominiert ein starkes melancholisches Gefühl angesichts der menschlichen Verluste, die diesen Weg begleiten.
Das ist ganz starke Literatur.
5 Sterne

Bewertung vom 03.01.2025
Sturm
Stewart, George R.

Sturm


gut

Sturm – George R. Stewart
Mein Problem mit diesem Roman ist eindeutig die falsche Erwartungshaltung, mit der ich die Lektüre begonnen habe. Ich dachte, ich hätte es mit einem der modernen Wissenschaftsthriller nach dem Vorbild von Schätzing etc. zu tun. Jedoch weit gefehlt. Dieses Buch kann man vermutlich gar nicht in ein Genre einordnen. Es ist weder Roman noch Thriller. Meist erinnert es eher an ein Sachbuch, aber auch das nicht durchgängig.
Ganz klare Protagonistin dieses Werkes ist der Sturm Maria. Es gibt zwar ein paar menschliche Nebenfiguren, die bleiben aber recht blass. Der Autor hat scheinbar ein Faible für meteorologische/geologische Fakten. Sicherlich über die Hälfte des Buches besteht aus Texten wie diesem:
„Bevor die Polarluft begonnen hatte, sich aus der Arktis zu ergießen, hatte eine tropische Luftmasse zwischen Hawaii und der nordamerikanischen Küste geruht. Während der Tage des polaren Ansturms blieb diese tropische Luft größtenteils intakt und unverändert. Die ungewöhnliche atmosphärische Aktivität im Norden hatte sie südwärts gedrängt,…“
„Die gewaltigen, stetigen Flüsse schneiden nur hier und da in ihre Ufer ein, andernorts schütten sie Auen auf oder strecken die langen Finger ihrer Mündungen in den Ozean.“
Auf den ersten Blick durchaus reizvoll und interessant, auf lange Sicht aber für mich persönlich zu viel. Vor allem weil ansonsten kaum etwas passiert.
Wir begleiten also Maria von ihrer Entstehung irgendwo vor Japan bis zu ihrer Entladung über dem amerikanischen Kontinent. Neben der detaillierten Erläuterung diverser Luftströme geht es hier auch noch um die Auswirkungen von Maria. Telegraphenmasten müssen regelmäßig repariert werden, der Flugverkehr hat Schwierigkeiten. Die Arbeitsbedingungen und die große Verantwortung der Meteorologen ist ebenfalls ein großes Thema. Das Problem bei all der Technik ist nur, dass diese augenscheinlich nicht auf dem aktuellen Stand ist. Erst nach einer Recherche im Internet bin ich darauf gestoßen, dass dieser Roman des bereits 1980 verstorbenen Autors im Jahre 1942 veröffentlicht wurde. Das erklärt so einiges.
Die wenigen Menschen, die auftauchen, scheinen dem Autor nicht besonders am Herzen gelegen zu haben. Einige werden gleich wieder dahingerafft, andere lässt er in keinem guten Licht erscheinen. Anfangs sind es immer nur kurze, wenige Seiten lange Schnipsel, die erst im Laufe des Romans einen Zusammenhang erkennen lassen. Aber es ist mühevoll.
Tja, möglicherweise ist dies tatsächlich der erste Klima-Roman. Ich fand es nicht uninteressant, aber mir persönlich war es doch insgesamt etwas zu trocken. Am Ende ist es wohl eine Frage der Herangehensweise. Hätte ich das Buch gleich als Klassiker eingeordnet und gelesen, wäre mein Urteil möglicherweise gnädiger ausgefallen.
3 Sterne

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.11.2024
Das große Gynbuch
Mangler, Prof. Dr. Mandy

Das große Gynbuch


ausgezeichnet

Das große Gyn Buch – Prof. Dr. Mandy Mangler
Die Autorin ist Chefärztin zweier gynäkologischer Kliniken und teilt hier ihr Wissen und ihre Erfahrungen aus weiblicher Sicht. Entstanden ist ein höchst informatives, feministisches und modernes Standardwerk der Frauenheilkunde. Sämtliche Phasen eines Frauenlebens werden abgebildet und mit etlichen Mythen und Halbwahrheiten aufgeräumt.
Auf fast 500 Seiten mit vielen, leicht verständlichen farbigen Abbildungen informiert Dr. Mangler und klärt auf – und das ohne Tabus.
Immer noch wird die Medizin allgemein und auch die Gynäkologie von Männern dominiert, denen manchmal einfach die eigene Erfahrung und das Wissen um die Komplexität der weiblichen Anatomie fehlt. Die Autorin bringt eine ganz andere, empathischere Seite, ins Spiel.
Dabei ist dieses Sachbuch keineswegs belehrend geschrieben oder mit Fachausdrücken gespickt – nein, es ist eher in einem angenehmen Plauderton gehalten. Wie ein Gespräch auf Augenhöhe zwischen Freundinnen.
Ich muss gestehen, dass ich dieses Buch derart spannend fand, dass ich es fast wie einen Roman mehr oder weniger von vorne bis hinten durchgelesen habe. Natürlich habe ich das ein oder andere Themengebiet, das gerade so gar nicht aktuell ist, übersprungen. Wobei ich sogar das Kapitel zu Schwangerschaft und Geburt wie gebannt verschlungen habe, obwohl die Familienplanung längst abgeschlossen ist.
Vorne im Buch ist ein detailliertes und übersichtliches Inhaltsverzeichnis mit Hilfe dessen man problemlos das passende Themengebiet für sich selbst finden kann. Auch ein Stichwortverzeichnis fehlt natürlich nicht.
Ein tolles Buch, das einen Ehrenplatz im Regal bekommen wird! 5 Sterne

Bewertung vom 03.11.2024
Wenn nachts die Kampfhunde spazieren gehen
Brüggemann, Anna

Wenn nachts die Kampfhunde spazieren gehen


ausgezeichnet

Wenn Nachts die Kampfhunde spazieren gehen – Anna Brüggemann
Wie schon der Untertitel verrät, ist dies ein Roman über Mütter und Töchter.
Zwanzig Jahre lang begleitet dieser Roman Regina und ihre beiden Töchter Antonia und Wanda. Die Geschichte steigt ein bei der Abiturfeier von Antonia. Regina ist unzufrieden mit der Figur ihrer Tochter, mit ihrem Gemüt, ihrem fehlenden Ehrgeiz. Ihre zweite Tochter liegt ihr mehr, ist ihr ähnlicher. Was sie nicht sieht, ist, dass Wanda eine Maske trägt, alles tut um ihrer Mutter zu gefallen – und sich dabei geradewegs in eine Essstörung katapultiert.
Regina ist eine sehr unsympathische Protagonistin. Von außen sieht man nämlich fast auf Anhieb, wie hoch ihre Erwartungen an ihre Töchter sind, wie unzufrieden sie mit ihnen und eigentlich mit allem ist, was für ein negatives Selbstbild sie ihren Kindern vermittelt.
Antonia und Wanda sind recht unterschiedliche Mädchen. Wo die eine es längst aufgegeben hat, der Mutter gefallen zu wollen, kämpft die andere bis zur Selbstaufgabe. Gesund ist beides nicht. Auch die Beziehung zueinander leidet unter dem falschen Ehrgeiz Reginas.
Interessant wird es, als die beiden Mädchen zu jungen Frauen, zu Erwachsenen werden. Beide tragen schwere Komplexe und Unsicherheiten mit sich herum. Mit der Liebe tun sie sich, jede auf ihre Art, schwer. Und immer noch ist da im Hintergrund Regina. Sie lässt nie ganz los. Sie bewertet, kommentiert, setzt alles herab, was die beiden in Angriff nehmen.
Eine absolut fesselnde Geschichte über eine toxische Familie, die zwei gebrochene Mädchen in die Welt entlässt. Das Schlimme ist ja, dass Regina es niemals böse meint. Als Ergebnis ihrer eigenen Erziehung tut sie alles dafür, das Beste aus ihren Kindern herauszuholen. Ihr ist es sehr wichtig, was die Gesellschaft von ihr und ihren Töchtern hält. Beruflich hat man erfolgreich zu sein und Körper müssen perfekt und sportlich sein. So etwas wie bedingungslose Mutterliebe fehlt dabei komplett; generell ist Regina eine sehr kalte Frau.
Dieser Roman lässt sich unheimlich süffig lesen. Da mich zusätzlich die Thematik sehr fasziniert hat, habe ich ihn innerhalb zweier Tage durchgesuchtet.
Ein wichtiges und großartiges Werk! 5 Sterne