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haberlei
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Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 331 Bewertungen
Bewertung vom 17.03.2023
Dünschede, Sandra

Friesendämmerung


sehr gut

Beharrlichkeit führt zum wahren Mörder

„Friesendämmerung“ von Sandra Dünschede ist ein ruhiger, unblutiger Regionalkrimi.

Worum geht es?
Der Chef eines Entsorgungsunternehmens wird am Golfplatz ermordet aufgefunden. Je mehr Kommissar Thamsen über das Opfer und sein Umfeld erfährt, desto mehr Verdächtige tauchen auf und umso undurchsichtiger wird das Motiv. Nicht nur, dass der Tote über seine Verhältnisse lebte, überschuldet war und seine Frau betrog, dürfte er auch in zweifelhafte Geschäfte verwickelt gewesen sein.

Der Schreibstil ist flüssig. Die Kapitel sind kurz, ohne Orts- und Zeitangaben versehen, wodurch man chronologisch nicht ohne weiteres nachvollziehen kann, über wie viele Tage sich die Ermittlungen hinziehen. Das Buch erschien 2023, die Handlung ist in der nicht näher bestimmten Gegenwart angesiedelt, Covid19 wird nicht erwähnt. Es ist dies bereits der 15. Band dieser Reihe. Auch ohne Kenntnisse der Vorgängerbände kam ich als Quereinsteigerin problemlos in die Geschichte hinein und überblickte auch den Personenkreis ohne weiteres. Die nordfriesische Atmosphäre wird anschaulich beschrieben, die Weite, Windkraftanlagen und Solarfelder. Unterstrichen wird das Lokalkolorit auch durch den hie und da in die Dialoge eingebauten friesischen Dialekt. En passant lernt man so einiges über den Golfsport.

„Friesendämmerung“ ist ein typischer Whodunit-Krimi, wodurch die Spannung vorwiegend auf der Suche nach dem Mörder und dessen Motiv basiert. Zahlreiche Verdächtige und Spuren animieren zum Miträtseln. Durch die Perspektivenwechsel zwischen den polizeilichen Ermittlungen und den inoffiziellen Nachforschungen des rüstigen Rentners Haie gestaltet sich die Handlung abwechslungsreich, bis sich letztlich in einem packenden Showdown alles schlüssig klärt.

Da ich die vorherigen Bände nicht kenne, fehlte mir natürlich die kontinuierliche Verfolgung des roten Fadens, die Geschehnisse der Vergangenheit, die die Protagonisten prägten. Dennoch konnte ich mir anhand diverser Anmerkungen ein vages Bild der Beziehungen und ihrer Lebensumstände machen. Die Charaktere, auch Nebenfiguren, wirken lebendig, zeigen gewisse Eigenheiten und markante Wesenszüge. Die Kommissare, Haie und ihr privates Umfeld wirken sympathisch. Meine Neugier auf die früheren Fälle wurde jedenfalls geweckt.

Auch wenn „Friesendämmerung“ nicht gerade der hochspannendste Kriminalroman ist, so hat mir das Buch dennoch kurzweilige Lesestunden beschert. Gerne empfehle ich das Buch weiter und vergebe 4 von 5 Punkten.

Bewertung vom 17.03.2023
Alanam, Omar Khir

Danke


ausgezeichnet

Vom Glücksgefühl über eine neue Heimat

In „Danke! Wie Österreich meine Heimat wurde“ gibt Omar Khir Alanam kurze Einblicke in sein Leben in Damaskus, schildert seine Flucht, die Gründe dafür und schließlich, wie es kam, dass er in Österreich gelandet ist und wie es ihm hier anfangs ergangen ist.

Omar Khir Alanam wurde 1991 in Syrien geboren und flüchtete zunächst in den Libanon und dann nach Österreich. Nach Auftritten bei Poetry-Slams absolvierte er eine Ausbildung zum Fachsozialbetreuer mit Schwerpunkt Kulturvermittlung. Er lebt in Graz. „Danke“ ist sein erstes Buch.

In diesem Buch beschreibt er sein Leben in Damaskus, die schwierige Situation in Syrien und den Weg seiner 2jährigen Flucht. Es war ein entbehrungsreicher Weg, der ihn letztlich nach Österreich führte. Man erfährt von seinen Empfindungen, Ängsten wie auch von beglückenden Erlebnissen und Begegnungen.

Schon das Cover vermittelt Omars positive Einstellung zum Leben und seine sympathische Ausstrahlung. Der Schreibstil ist einfach und liest sich flüssig. Die Kapitel sind kurz, jeweils mit Überschriften versehen, die sich auf das Thema des jeweiligen Kapitels beziehen.

Omar Khir Alanam verkörpert in gewisser Weise ein Musterbeispiel eines Flüchtlings. Mit enormer Willenskraft und Disziplin, aber auch einem besonderen Sprachentalent erlernt er in Rekordzeit die deutsche Sprache. Er hatte bereits in Syrien Gedichte geschrieben. Sich sprachlich ausdrücken zu können, ist für ihn essentiell. Doch alle Eigeninitiative allein wäre zu wenig gewesen. Ohne Hilfe wäre es ihm schwerlich gelungen, sich in der Fremde so rasch zu integrieren. Zudem erweist Omar sich als sehr anpassungsfähig und anpassungswillig, und das ohne seine Religion, seine Kultur zu verleugnen. Man erfährt, wie viel Kraft, Einsatzwillen und Durchhaltevermögen Menschen abverlangt wird, die sich auf so eine Flucht begeben, aber auch mit welchen Schwierigkeiten sie bei ihrer Ankunft in der fremden Kultur zu kämpfen haben, mit Behörden und in Bezug auf Vorurteile.

Was mir an dem Buch besonders gefiel, war seine Sicht auf die Dinge. Einerseits klingt seine Liebe und Sehnsucht nach seiner ursprünglichen Heimat immer wieder durch. Nach den Schönheiten des Landes. Andererseits spürt man, wie glücklich er ist, nun in Österreich leben zu dürfen.

In einzelnen Kapiteln hebt er jene Menschen hervor, die ihm in Österreich geholfen haben, Fuß zu fassen, die Sprache zu erlernen, Anerkennung und Liebe zu erfahren, wieder Selbstbewusstsein zu erlangen. Er hatte Glück, an Menschen zu gelangen, die ihn akzeptierten, ihn unterstützten und förderten.

Die Geschichte hat mich berührt, mir auch Einblick in das Leben in Syrien gegeben, zum Verständnis beigetragen, warum die Menschen dieses Land verlassen (müssen). Als ich das Buch schloss, wünschte ich mir, dass es einerseits mehr Menschen gäbe, die so unvoreingenommen Flüchtlinge akzeptieren und ihnen über die Hürden in einer total anderen Weltanschauung hinweg helfen, und andererseits, dass auch mehr geflüchtete Menschen dieselbe Kraft, Ausdauer und Anpassungsfähigkeit hätten.

Bewertung vom 05.03.2023
Willem, J. H.

Eddies Coup


ausgezeichnet

In der Kürze liegt die Würze

„Eddies Coup“ von J.H. Willem ist ein spannender Kurzkrimi, ein gelungener Auftakt zu einer neuen Krimiserie.

Worum geht es?
Adam Starck ist ein ehemaliger, zwangspensionierter Kriminalbeamter. Eines Tages finden er und seine Nachbarin Lizzie, eine Computerexpertin, die Leiche ihres Nachbarn Eddie. Da die Polizei den Fall nicht mit dem nötigen Nachdruck bearbeitet, beginnen Adam und Lizzie selbst zu ermitteln und kommen dahinter, dass Eddie nicht das war, was er zu sein schien, sondern in zwielichtigen Kreisen verkehrte.

Der Schreibstil liest sich flüssig. Die Kapitel sind kurz gehalten, ohne Zeit- oder Ortsangaben. Das Buch erschien 2022 und spielt im Frühjahr 2021, Corona wird nicht erwähnt. Das Büchlein umfasst nur rund 130 Seiten, entpuppte sich aber trotz der Kürze als ausgezeichnet konzipierter Krimi mit zahlreichen Spannungsmomenten, Cliffhangern und Action. Die Handlungsorte, das Umfeld und die Charaktere sind gut vorstellbar beschrieben. Die Symbolik des Covers durchschaut man allerdings erst, sobald man die entsprechende Szene im Buch gelesen hat.

Die Handlung verläuft geradlinig und übersichtlich. Man ist auch sofort mitten in der Geschichte. In einem Kurzkrimi gibt es nicht genug Raum für mehrere ineinander verschlungene Handlungsstränge und langwierige Verfolgung in die Irre führender Spuren. Trotzdem hält sich die Spannung durchgehend auf gutem Niveau. Dazu tragen wesentlich die Perspektivenwechsel bei. Zeitweise ermitteln Adam und Lizzie getrennt, zudem erfährt man auch die Gedanken und Aktionen von Opfer und Täter. Dadurch gestaltet sich die Handlung abwechslungsreich. Einige Cliffhanger, gefahrvolle Situationen und eine Portion Action steigern die Spannung zusätzlich.

Es ist in gewissem Sinne kein üblicher Whodunit-Krimi, da man (als Wissensvorsprung zu den Ermittlern) den Täter bereits kennt, das Miträtseln, wer der Mörder sein könnte, somit wegfällt. Das Rätsel besteht in diesem Fall in der Motivsuche und die Spannung kreiert sich aus den die Hintergründe so nach und nach aufdeckenden Aktionen des Ermittler-Duos.

Das Duo Adam und Lizzie wirkt sympathisch, lebendig und vielversprechend für zukünftige Fälle. Für einen erfahrenen, schon etwas älteren Kriminalbeamten agiert Adam allerdings sehr spontan und leichtsinnig, was ihn immer wieder in prekäre Situationen bringt.

„Eddies Coup“ hat mir ausgezeichnet gefallen. Aufgrund seiner Kürze eignet sich der Krimi ideal für zwischendurch, man kann das Buch locker in einem Rutsch auslesen. Es hat mir spannende Lesestunden bereitet und große Lust auf weitere Fälle der beiden gemacht.

Eine 5-Sterne-Leseempfehlung.

Bewertung vom 28.02.2023
Scharner, Helmut

Mostviertler Grafen


ausgezeichnet

Geschmiedete Mordpläne

Mit „Mostviertler Grafen“ ist Helmut Scharner wiederum ein spannender Krimi mit viel Lokalkolorit gelungen; es ist mittlerweile der 5. Fall dieser Reihe.

Worum geht es?
Ein angesehener Mostviertler Schmied wurde ermordet. Als Täter kommen zahlreiche Personen in Frage – Konkurrenten ebenso wie eifersüchtige Ehemänner, denn er war nicht nur tonangebend unter den Schmieden und nicht allseits beliebt, sondern auch ein Frauenheld. Dann geschieht ein weiterer Mord …

Das Cover vermittelt sehr eindrucksvoll das Umfeld, in dem dieser Krimi spielt, nämlich das Schmiedehandwerk. Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt in Niederösterreich, und zwar im Mostviertel, im Oktober 2022, mit Rückblenden auf Juni desselben Jahres. Die Kapitel sind sehr kurz gehalten, jeweils mit Orts- und Zeitangaben versehen, was ich immer besonders schätze, weil man den Ermittlungsablauf chronologisch optimal nachvollziehen kann.

Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen, ist bildhaft und dialogreich. Obwohl es eine Reihe ist, steht der Fall für sich alleine, man muss also die Vorgängerbände nicht kennen. Für mich war dies das zweite Buch mit dem sympathischen Major Brandner, dem nunmehr eine junge, noch unerfahrene, charakterlich interessante Kollegin an die Seite gestellt wurde. Durch die neue Konstellation ergibt sich auch im Teamwork so manch knifflige Situation, die der erfahrene Brandner exzellent meistert.

Ein Merkmal dieser Krimis ist auch (was ich als sehr angenehm empfinde), dass es keine grausig-detaillierten Beschreibungen der Mordopfer gibt. Der Schwerpunkt liegt auf der zeitaufwendigen Ermittlungstätigkeit, den Befragungen, Beobachtungen; kombiniert mit kurzen Einblicken ins Privatleben der Kriminalbeamten, wodurch diese authentisch und lebendig werden. Zur Abrundung der Charaktere tragen auch die in Kursivschrift zwischengeschobenen Gedanken der Ermittler bei.

Es ist ein typischer Regionalkrimi mit viel Lokalkolorit, anschaulichen Schilderungen der Landschaft und in diesem Fall auch interessanten Informationen über Ybbsitz, das man die Schmiedehauptstadt Mitteleuropas nennt. Selbst ich als Österreicherin habe davon nur ansatzweise gehört und kenne diese Region meines Heimatlandes noch nicht. Bin aber jetzt neugierig geworden, einmal hinzufahren.

Die Handlung entwickelt sich so nach und nach. Die Spannung bleibt stets am Köcheln, nicht zuletzt auch durch die Perspektivenwechsel – Brandner und seine Kollegin Lindner ermitteln meist getrennt. Durch den großen Kreis an Verdächtigen, das stetige Auftauchen neuer Erkenntnisse und infolge unerwarteter Wendungen, hat man als Leser reichlich Gelegenheit zum Mitraten. Doch wie die Ermittler, so verfolgt man lange Zeit über die falschen Spuren und wird letztlich – nach einem packenden Showdown – von der schlüssigen Lösung des Falles überrascht.

„Mostviertler Grafen“ hat mir nicht nur spannende Lesestunden beschert, sondern mir auch einen Teil meines Heimatlandes nähergebracht, den ich bislang nicht kannte. Brandner und Lindner bilden ein vielversprechendes Team – ich freue mich schon auf deren nächsten Fall!

Ich empfehle das Buch gerne weiter und vergebe 5 Punkte.

Bewertung vom 26.02.2023
Stiglmeier, Alexandra

Männer, Mord und Remmidemmi


gut

Unterhaltsam, bayrisch, aber noch zu wenig Krimi

„Männer, Mord und Remmidemmi“ von Alexandra Stiglmeier ist ein Cosy-Krimi, bei dem typisch bayrischer Humor und Situationskomik im Vordergrund stehen.

Klappentext:
Elli Fuchs wäre gerne Kriminalerin geworden. Hat nicht geklappt, Fünfer im Turnen und überhaupt. Jetzt verkauft sie Klodeckel – bis sie unter einem Wannensockel einen Toten entdeckt, eingetütet in einen Futtermittelsack. Ein mysteriöser Fall um tragische Familiengeheimnisse drängt sich der Elli auf, in dem sie unbedingt ermitteln muss. Wenn da nur nicht der Fasching, die Kinder und diese verdammte Männersuche wären, die die Sache unnötig kompliziert gestalten …

Das Cover stimmt schon auf das Umfeld ein: gestandene bayrische Männer und Volksfeststimmung. Denn eines der Kernthemen für Elli ist ja die Suche nach dem richtigen Mann! Das Buch erschien 2022. Die Kapitel sind angenehm kurz und mit keinen Zeitangaben versehen. Die Handlung spielt zu einem nicht näher beschriebenen Zeitpunkt in der Gegenwart. Nachdem es keinerlei coronabedingten Einschränkungen bei all den Faschingsveranstaltungen gibt, nehme ich an, vor der Pandemie. Ja, so heftiges Remmidemmi kann schon einiges durcheinander bringen, auch für die Autorin. So begehen die Protagonisten den Valentinstag über zwei Wochen nach dem Aschermittwoch – das passt zwar harmonisch in den Handlungsablauf, ist aber kalendermäßig unmöglich, also dichterische Freiheit.

Ich mag bayrische Regionalkrimis sehr, den Dialekt und die meist urigen Typen, die sich in diesem Genre tummeln. Deshalb gefiel mir auch der Schreibstil der Autorin. Nicht nur des Dialekts wegen, sondern auch wegen der vielen humorvollen Szenen, wegen der Situationskomik. Die Geschehnisse werden aus Sicht von Elli geschildert. Somit sind nicht nur ihre Gespräche mit den anderen Dorfbewohnern im Dialekt verfasst, sondern auch ihre Gedanken. Als Österreicherin hatte ich sprachlich keine Verständnisprobleme. Notfalls hilft das Glossar am Ende des Buches weiter.
Das Lokalkolorit kommt sehr lebendig und authentisch, teils auch sehr deftig zum Ausdruck. Das Leben in einem so kleinen Ort, wo jeder jeden kennt, der Tratsch nur so blüht, aber auch das Gemeinschaftsleben und die Feierlaune. Mir hätte ein bisschen weniger Remmidemmi besser gefallen. Während dieser feuchtfröhlichen Passagen ging mir etwas die Spannung verloren.

Elli steht im Mittelpunkt der Handlung. Ihr Alltag, ihr Umfeld, ihre Beziehungen, ihr Hoppalas. Der Schwerpunkt des Romans liegt auf der Unterhaltung. Dass die Autorin aus der Kabarettszene kommt, ist offensichtlich. Man wird eher zum Schmunzeln oder Lachen animiert als zum Miträtseln, wer nun der Mörder gewesen sein könnte. Der kriminelle Teil bzw. die Ermittlungstätigkeit von Elli läuft nur so nebenbei. Erst im dramatischen Showdown fühlt es sich wie ein Krimi an. Dann wird auch alles schlüssig gelöst.

Die Charaktere sind ziemlich überzeichnet dargestellt, schräg-komisch, gut vorstellbar, urwüchsig, wie es sie irgendwo im bayrischen Hinterland durchaus geben könnte, nicht immer sonderlich sympathisch. Doch letztlich schloss ich das Buch mit dem Gefühl, dass das Team Elli und Lenz in den Folgebänden ein ausgezeichnetes Ermittler-Duo bilden werden, und dass ich mir in Zukunft intensivere kriminalistische Aktivitäten erwarte kann.

„Männer, Mord und Remmidemmi“ stellt ein amüsantes Romandebut der Autorin dar, schwächelt jedoch noch bezüglich der Krimispannung. Daher vergebe ich nur 3 von 5 Sternen. Dennoch: Wenn jemand Urbayrisches mag und gerne Unterhaltsames liest, dem empfehle ich dieses Buch gerne weiter.

Bewertung vom 21.02.2023
Plötner, Astrid

Ruhrpott-Connection


ausgezeichnet

Knisternde Spannung rund um mordende Antikenschmuggler

„Ruhrpott-Connection“ von Astrid Plötner ist ein spannungsgeladener Krimi, der 5. Fall der Kommissare Maike Graf und Max Teubner.

Klappentext:
Überfall auf eine Antiquitätenhandlung in Unna. Die Inhaberin wird getötet, der zur Hilfe geeilte Kripobeamte niedergeschossen. Quasi vor den Augen seiner Freundin, Hauptkommissarin Maike Graf. Ermitteln darf sie nicht, wegen Befangenheit. Doch während ihr Freund im künstlichen Koma liegt, stellt sie eigene Nachforschungen an. Immer tiefer dringt sie in die Welt des organisierten illegalen Antikenhandels ein. Ihre Recherchen führen sie bis in eine Totenstadt am Nil.
Derweil stoßen ihre Unnaer Kollegen Teubner und Reinders bei ihren Ermittlungen auf einen Cold Case. Vor über 30 Jahren wurde die Schwester der ermordeten Antiquitätenhändlerin brutal erschlagen. Gibt es einen Zusammenhang zu dem aktuellen Fall? Und vor allem zu den Nachforschungen von Maike Graf?

Das Cover mit dem nächtlichen Motiv ist ein Eyecatcher, lässt aber keine Rückschlüsse auf den Inhalt zu. Das Buch erschien 2022 und spielt auch im Frühjahr desselben Jahres. Speziell positiv will ich anmerken, dass die Autorin en passant Aktuelles einfließen lässt, in dem neben den Folgen von Covid19, nämlich Personalknappheit infolge zahlreicher Krankenstände, auch der Ukrainekrieg und hohe Benzinkosten Erwähnung finden. Das Buch kann übrigens problemlos ohne Kenntnis der Vorgängerbände gelesen werden.

Der Schreibstil liest sich flüssig und locker, die Kapitel sind kurz und mit exakten Zeitangaben versehen. Die stetigen Orts- und Perspektivenwechsel gestalten die Handlung tempo- und abwechslungsreich. Die meisten Kapitel enden mit einem Cliffhanger, was die Spannung zusätzlich steigert. Es ist ein Buch, das man kaum aus der Hand legen will.

Sehr anschaulich ist auch das jeweilige Handlungsumfeld beschrieben. Ob es sich nun um das Interieur eines Hauses oder Geschäftslokal, besondere Örtlichkeiten in Unna oder um die ägyptische Landschaft bzw. das bunte Treiben dort handelt.

Das Kernthema, nämlich Antikenschmuggel bzw. –hehlerei wurde eingehend recherchiert, und ist ausführlich, dennoch gut dosiert mit der Handlung verwoben. Die Zusammenhänge und das riesige Ausmaß dieser sehr realen kriminellen Machenschaften offenbaren sich erst so nach und nach. Ich fand das äußerst interessant und informativ.

Im Mittelpunkt steht die Ermittlungstätigkeit, die durch Maikes abenteuerliche Recherchen besondere Würze erhält. Wobei man ihren Alleingang nicht zu realistisch bewerten darf. Viele Romane verlören ihre Spannung, würden die Protagonisten stets auf ihre eigene Sicherheit Bedacht nehmen, keine Risken eingehen und vernünftig agieren. Maikes „Reise“ nach Ägypten ist DER Spannungsmacher! Verursacht Gänsehaut und lässt einen mitzittern. Zusätzlich bietet auch der Handlungsstrang um Jana, die Verwandte der ermordeten Antiquitätenhändler, zusätzliche Spannungsmomente, und ein mit den aktuellen Geschehnissen in Verbindung stehender Cold Case gibt Rätsel auf. Es ist ein vielschichtiger Kriminalfall voller überraschender Wendungen und mit einer unerwarteten, aber schlüssigen Lösung.

Die Charaktere sind lebendig gezeichnet, zeigen Emotionen, Stärken und Schwächen. Insbesondere Maikes Antrieb, den Mörder bzw. denjenigen zu finden, der ihren Freund angeschossen hat, ist nachvollziehbar. Das Team ist aufeinander eingespielt und es herrscht eine harmonische Atmosphäre. Das Privatleben der Protagonisten wird nur gestreift, durch die intensiven Ermittlungen bleibt ihnen aber auch kaum Freizeit. Auch Nebenfiguren, wie z.B. der ägyptische Taxifahrer, wirken authentisch.

„Ruhrpott-Connection“ ist ein packender Kriminalroman, der mir sehr fesselnde Lesestunden beschert hat. Ich freue mich schon jetzt auf die Fortsetzung!

Eine unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 16.02.2023
Uliczka, Rolf

Anglermord in Altfunnixsiel. Ostfrieslandkrimi


ausgezeichnet

Ermittlerarbeit kann so spannend sein

„Anglermord in Altfunnixsiel“ von Rolf Uliczka ist bereits der 16. Band dieser Reihe, die ich seit Band 12 mit Begeisterung verfolge.

Worum geht es?
Auf einem Campingplatz wird ein Angler getötet, ein allseits, auch bei den Frauen beliebter Handwerker. Was war das Motiv? Eifersucht? Oder war es einer der Einbrecher, die ebenfalls am Campingplatz logieren und von dort auf Raubzug gehen?

Schon nach wenigen Seiten war ich wieder heimisch in der Polizeistation Wittmund. Sind mir doch alle längst vertraut. Doch auch Neueinsteiger haben sicher kein Problem, in die Geschichte hineinzufinden. Zudem gibt es immer wieder Hinweise auf frühere Fälle bzw. auf die Vorgeschichte der Protagonisten.

Bereits das Cover vermittelt einen Eindruck von dem an einem Fluss gelegenen Campingplatz und von der Weite des Umlandes. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge, sind allerdings weder mit Orts- noch mit Zeitangaben versehen. Dass es sich um einen „Ostfrieslandkrimi“ handelt, wird durch einige im ostfriesischen Dialekt geführte Dialoge unterstrichen, was problemlos verständlich ist. Das Buch erschien 2022. Die Handlung spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart. Corona wird nicht erwähnt.

Szenen-, Orts- und Perspektivenwechsel gestalten die Handlung abwechslungsreich. Im Mittelpunkt stehen die aufwendigen, akribischen Ermittlungsarbeiten, deren Ablauf sehr detailliert geschildert wird. Es wird sehr deutlich veranschaulicht, wie sehr die Polizeiarbeit heutzutage von den technischen Hilfsmitteln profitiert, vom Fingerabdruck- und DNA-Abgleich angefangen, über Internetrecherchen, GPS-Tracking und Auswertung von Handy- oder PC-Daten. Allerdings arbeiten auch die Täter damit. Auch die Aktionen der Verdächtigen oder Tätern kann man mitverfolgen, hat somit einen Wissensvorsprung gegenüber der Polizei.

Das sympathische Ermittler-Duo Nina und Bert ist mit Leib und Seele dem Beruf verbunden, die beiden wirken authentisch und bestechen auch durch ihre Art und Weise, wie sie mit ihren KollegInnen umgehen. Mir gefällt dieses harmonisch zusammenarbeitende Team. Da sich die Ermittlungen nur über wenige Tage erstrecken, ist diesmal wenig Raum für das Privatleben.

Dadurch, dass mit dem Mordfall auch noch eine Einbruchserie verwoben ist, sich immer wieder neue Verdächtige und mögliche Mordmotive herauskristallisieren, ergeben sich viele Möglichkeiten zum Miträtseln. Die mühsame Ermittlungstätigkeit wird so detailliert geschildert, dass man sich richtig integriert fühlt. Man verfolgt wie die Kriminalisten immer wieder in die Irre führende Spuren, wird von neuen Erkenntnissen überrascht, bis der Fall schließlich eine völlig unerwartete Wendung nimmt, sich fast alles schlüssig löst – sehr realistisch wird auch aufgezeigt, wo die Grenzen der Ermittler bzw. der Gerichtsbarkeit liegen, dass man manchen Tätern ihre Taten leider nicht nachweisen kann und sie damit ungeschoren davonkommen, oder durch „geschickte“ Anwälte ein geringeres Strafmaß erzielt wird.

„Anglermord in Alfunnixsiel“ hat mir wieder einmal äußerst fesselnde Lesestunden beschert. Ich freue mich schon jetzt auf den nächsten Fall!

Bewertung vom 12.02.2023
Kürschner, Marita

Lapislazuli & Mr Wichtig


ausgezeichnet

Katzenliebe, Katzenfreundschaft, Katzenrache

„Lapislazuli & Mr Wichtig“ von Marita Kürschner ist ein ganz entzückender Katzenkrimi.

Klappentext:
Anton ist ein Straßenkater. Er liebt Pizza, er liebt seine Freiheit und er liebt Lapislazuli, eine weiße Katze, gleichsam eine Katzengöttin mit strahlend blauen Augen. In Lapislazulis Zuhause wird eingebrochen und ein wertvolles Gemälde entwendet. Anton eilt seiner Angebeteten zur Hilfe. Sie nennt ihn fortan Mr. Wichtig. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem Einbrecher und entdecken, dass viel mehr hinter diesem Diebstahl steckt, als zunächst angenommen. Ein Geheimnis, das Lapislazuli das Leben kosten könnte.

Bereits das Cover hat mich angesprochen – einfach gehalten und doch ausdrucksstark. Das rund 160 Seiten umfassende Büchlein gliedert sich in 25 kurze Kapitel ohne Überschriften. Sehr ansprechend ist die auf jeder Seite im oberen Eck befindliche Zeichnung eines Katzenfuß-Abdruckes. Auch die Seitennummerierung befindet sich in einem solchen Fußabdruck. Der Schreibstil liest sich flüssig. Beschreibungen sind bildhaft, gut vorstellbar. Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt – so erlebt man abwechselnd Antons Abenteuer, verfolgt die Ermittlungen der Polizei und wird Zeuge der Aktionen der Täter.

Die Krimihandlung war für mich der Rahmen, aber im Mittelpunkt standen die Katzen, allen voran natürlich Anton und Lapislazuli, aber auch die Straßenkatzen-Gang. Man muss diese entzückende Schar einfach lieben. Mit ausgezeichneter Beobachtungsgabe und Kenntnis, wie sich Katzen bewegen und agieren, hat die Autorin jede einzelne ganz individuell gezeichnet, nicht nur rein äußerlich, was Fellzeichnung anbelangt, sondern auch in ihrem Wesen. Da gibt es bösartige, scheue und ängstliche, aber auch mutige Katzen bzw. Kater. Sie verbünden sich, unterstützen einander, helfen einander. Besonders einfallsreich und amüsant fand ich auch die Art und Weise, wie sie miteinander kommunizieren und sich auch den Menschen gegenüber verständlich machen.

Wenn man von einigen grausigen Details absieht, ist es ein liebenswürdiger Wohlfühlkrimi, den ich in einem Rutsch ausgelesen habe. Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung!

Bewertung vom 10.02.2023
Winger, Luc

Mord im Kollektiv


ausgezeichnet

Lucie Girard im Krisenmodus

„Mord im Kollektiv – Wer ist schuld“ von Luc Winger ist kein herkömmlicher Whodunit-Krimi, sondern vor allem ein packender Roman mit einer gesellschaftskritischen Thematik, voller Emotion, Dramatik und Tragik.

Klappentext:
Commissaire Lucie Girard stellt ihr Leben auf den Kopf. Sie beginnt eine Affäre mit ihrer Assistentin Louisa Benin. Gemeinsam setzen sie sich für die Rechte der Frauen ein. Eröffnen die Fotoausstellung Femmes pour Femmes in Saint-Tropez. Dort werden kurz darauf zwei Männer erschossen. Die Presse wittert einen Skandal. Beschuldigt das Liebespaar. Eine Hetzjagd beginnt. Wer wird das nächste Opfer?

Schon das Cover – ich assoziiere die rote Glut mit Feuer – scheint auf das brandheiße Thema hinzuweisen. Das Buch gliedert sich in Prolog, 13 kurze Kapitel und Epilog, meist mit Orts- und Zeitangaben versehen, wodurch man sich ausgezeichnet chronologisch zurechtfindet. Das französische Flair wird durch kurze französische Gesprächsfetzen (mit Übersetzung) unterstrichen. Immer wieder reizvoll finde ich die Tatsache, dass die Romane dieser Reihe in den 70er Jahren spielen, wo die Polizeiarbeit noch mit wenig Technik auskommen musste, ohne Mobiltelefon, ohne Internet und als Informationsquelle lediglich Zeitungen und Rundfunk/Fernsehen dienten.

Dies ist mittlerweile der 18. Band dieser Saint-Tropez Krimis mit Kommissarin Lucie Girard als Protagonistin. Die Krimis sind grundsätzlich in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden. Nichtsdestotrotz offenbart sich Lucies Charakter erst dann in all seinen Facetten, wenn man möglichst viele Bände dieser Reihe kennt.

Wiederum hat der Autor als Basis für den Kriminalfall ein damals hochexplosives Thema gewählt: die nicht nur in Frankreich Ende der 70er Jahre entstandene Lesbenbewegung. Dadurch, dass Lucie Girard persönlich in eine lesbische Affäre verwickelt ist, noch dazu mit einer Kollegin, verstärkt sich die Brisanz. Die gegensätzlichen Emotionen und Ansichten in der Gesellschaft werden eindrucksvoll geschildert. Voller Dramatik und mit tragischen Konsequenzen. Zwar schlägt dieses Thema mittlerweile (jedenfalls hierzulande) nach rund 50 Jahren nicht mehr so hohe Wogen, polarisiert jedoch nach wie vor. Intoleranz, Vorurteile und Diskriminierung existieren leider noch immer.

Bereits mit dem Prolog befindet man sich mitten im Geschehen, wird Zeuge von Morden. In Rückblenden wird – mittels Perspektiven- und Ortswechsel - die Vorgeschichte aufgerollt. Es entwickelt sich in Folge keine übliche Krimihandlung mit der Frage nach dem Täter, sondern wie es zu der Tat kommen konnte und endet schließlich mit der Verfolgung der Tatverdächtigen. Die Spannung entspringt den dramatischen Ereignissen, der emotionalen Atmosphäre und dem Gewissenskonflikt der Akteure.

Wenn man wie ich Lucie Girards Entwicklung schon über zehn Bände lang verfolgt hat, sie als vernünftige, coole Kommissarin kennt, die ihren Mann und ihre Kinder sehr liebt, dann ist man natürlich überrascht, dass ihr eine solche gefühlsstarke Entgleisung passieren kann. Aber diese neue Facette ihres Charakters lässt diese stets stark erscheinende Person nur noch etwas menschlicher wirken. Denn kein Mensch ist perfekt, jeder hat Schwächen, begeht mal Fehler, weicht einmal vom geraden Weg ab. Ich bin überzeugt, Lucie wird aus dieser emotionalen und tragischen Sache gestärkt hervorgehen. Sehr angetan bin ich von der Art und Weise, wie sich Gendarm Hugo entwickelt hat, nämlich von einem tollpatschig wirkenden Menschen zu einer tatkräftigen Stütze der Kommissarin. Lucies Assistentin Louise ist als fanatische Lesbe sehr authentisch gezeichnet.

Wiederum hat mir eine Story rund um Lucie Girard spannende Lesestunden beschert und Neugierde nicht nur auf einen weiteren Kriminalfall entfacht, sondern auch darauf, wie es für die Kommissarin privat und dienstlich weitergehen wird, wie sie diese Affäre geprägt hat.