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SusanK
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Osnabrück

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Insgesamt 234 Bewertungen
Bewertung vom 14.05.2020
Matt, Irene

Schonungslos offen


ausgezeichnet

Die Waldshuter Kommissarin Alexandra Rau und ihr Assistent Isidor Rogg werden mit einer Serie von Morden und verschwundenen jungen Menschen konfrontiert. Da der Täter absolut keine Spuren hinterlässt, geraten die Ermittlungen schnell ins Stocken und das Team beschließt, den Täter öffentlich zu provozieren. Doch nun gerät auch Alexandra ins Visier des Mörders....

Die Autorin Irene Matt beschreibt den Alltag der Kriminalisten auf eine schonungslose Art und zeigt die mühsame, frustrierende Arbeit auf. Dennoch zieht sich durch das gesamte Buch eine immer weiter ansteigende Spannungskurve, die in einem dramatischen Show-down endet und alle Rätsel für den Leser auflöst.

Überaus spannend ist auch der zweite Erzählstrang, der neben den polizeilichen Ermittlungen steht: Eingeschoben sind regelmäßig Therapiegespräche des Täters, in denen deutlich wird, wie und warum seine Psyche geprägt wurde und die ein gewisses Verständnis erwecken, trotz aller Krankheit. Hier stellt sich die Frage nach der Schuld eines Täters.

Die Figuren werden von Irene Matt überaus authentisch gekennzeichnis. Sie sind nicht nur bildhaft beschrieben, sondern auch mehrdimensional und zeigen eine fortlaufende Entwicklung. Das sympathische Ermittlerteam von Alexandra und Isidor ist mir dabei schnell ans Herz gewachsen.

Neben hoher Krimi-Erzählkunst bestückt die Autorin ihr Werk ebenso mit einer guten Prise Humor und Wissen, besonders festzustellen bei den eingeflochtenen etymologischen Erklärungen des Hobby-Wortforschers Isidor, die mir viel Spaß gemacht haben.

Ganz nebenbei ist das Setting am wunderschönen Hochrhein angesiedelt - zwischen Waldshut, Todtmoos und Murg, Bad Säckingen und Wehr, was mir ein zusätzliches Maß Heimweh garantiert.

Für diesen intelligenten Krimi spreche ich eine deutliche Leseempfehlung aus!

Bewertung vom 13.05.2020
Durst-Benning, Petra

Die Welt von morgen / Die Fotografin Bd.3


sehr gut

Die Fotografin Mimi versucht, als Wanderfotografin ihren Lebensunterhalt zu verdienen und reist gemeinsam mit Anton, der mit dem Verkauf von Portkarten einen neuen Geschäftszweig entdeckt, durch die Lande. Durch das Aufkommen der kleinen neuen Kameras, die sich nun viele Menschen leisten können, wird es immer schwerer für sie, Anstellungen zu finden und Aufträge zu erhalten. In Berlin entdeckt sie die Werbe-Fotografie, eine völlig neue Art der Werbung - und lernt fortschrittliche, selbstbestimmte Frauen kennen. Dann verschlägt es sie zurück auf die Schwäbische Alb, wo Schafzucht ein bedeutender, wenn nicht sogar der einzige Wirtschaftszweig ist .....

"Die Welt von morgen" ist bereits der 3. Band um "Die Fotografin" Mimi Reventlow. Bereits ab der ersten Seite fühlte ich mich auch ohne Kenntnis der vorhergehenden Bände mitten im Geschehen angekommen, und auch kurze Rückblicke machten es mir leicht, mich einzufinden.

Petra Durst-Benning knüpft in ihren Roman um die Fotografin viele spannende Geschichten aus der Zeit von vor gut 100 Jahren und macht so Geschichte höchst anschaulich. Auch das karge Leben auf der Schwäbischen Alb und die Arbeit der Schafbauern wird äußerst ausdrucksvoll dargestellt.

Die Figuren, die Durst-Benning beschreibt, werden lebendig vor den Augen des Lesers; und gerade Mimi und Anton sind mehrdimensional gezeichnet und entwickeln sich weiter. Beeindruckend ist, dass bei der Autorin zahlreiche starke Frauen im Mittelpunkt stehen, die "ihren Mann stehen" und sich über die Einschränkungen gerne hinwegsetzen und sich selbst behaupten. Nicht nur bei den Schilderungen der vielen Vorurteile der männlichen Bevölkerung gegenüber radfahrenden Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist immer die Emanzipation des weiblichen Geschlechts das Ziel!
Da ich Mimi schnell ins Herz geschlossen hatte, fand ich es ein wenig Schade, dass die zweite, eher komplett eigene Geschichte der Schäferei sehr ausführlich und vorhersehbar nebenher lief.

Der Schreibstil von Petra Durst-Benning ist absolut leicht und flüssig und ich fühlte mich sehr gut unterhalten. Wirklich Spannung kam allerdings nicht auf, was zum Teil sicher auch daran lag, dass sehr viele Zufälle und Hervorsehbares jede Situation letztlich zum Guten führten und es eigentlich kaum Momente gab, in denen ich mit den Figuren wirklich mitfiebern konnte.

Überhaupt nicht gefallen hat mir der Schluss: Mitten im Drama bricht die Geschichte einfach ab und wird mit Band 4 fortgesetzt, was noch schlimmer als ein knackiger Cliffhanger ist.

Insgesamt gefiel mir dieser historische Roman über die Fotografin sehr gut und ich gebe gerne eine Leseempfehlung. Gute Unterhaltung, starke Frauen und viele Informationen zeichnen dieses Buch aus!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.04.2020
Fischler, Joe

Die Toten vom Lärchensee / Ein Fall für Arno Bussi Bd.2


sehr gut

Arno Bussi, beim Bundeskriminalamt Wien in die Abteilung für Statistik abgeschoben, wird von dem ihm nicht gerade wohlgesonnenen Innenminister nach Stubenwald am Lärchensee geschickt, um einen fünf Jahre alten Fall aufzuarbeiten. Und nicht nur, weil ihm dort lediglich der schweigsame Dorfpolizist Bernhard mit seinem Bernhardiner zur Seite gestellt ist, hat Bussi die Vermutung, dass es etwas ganz anderes als der Cold Case hinter seinem Besuch in Tirol steckt. Bald gibt es eine weitere Leiche, und der Mord scheint mit dem Cold Case in Verbindung zu stehen, und der Gruppeninspektor stürzt sich mit vollem Elan in die Ermittlungen - nicht zur Freude aller....

Der Autor Joe Fischler legt mit "Die Toten vom Lärchensee" nun bereits seinen zweiten Fall um den aus Tirol stammenden Gruppeninspektor Arno Bussi vor; und auch ohne den ersten Fall zu kennen, hatte ich keinerlei Einstiegsprobleme.

Ich muss zugeben, dass dieser Tirol-Krimi mich durchaus positiv überrascht hat, denn ich hatte befürchtet, dass die Krimihandlung hinter Klamauk zurückstehen würde, doch glücklicherweise wurde ich getäuscht. Am Lärchensee entwickelt sich ein durchaus spannender Krimi, gute Polizeiarbeit und eine überraschende Auflösung des Falles.

Geschrieben hat Joe Fischler seine Geschichte mit einer guten Portion Humor, viel österreichischem Charme und oftmals mit einem kräftigen Augenzwinkern. So heißen beispielsweise Hund und Herrchen beide Bernhard und haben auch beide kein Interesse an zuviel Aufregung. Der Schreibstil mag nun nicht gerade literarisch wertvoll sein, vermittelt jedoch gute Unterhaltung mit einem eiskalten Fall im brandheißen Alpenland-Sommer und findet ein logisches Ende. Nur die mysteriösen Eigenschaften des Brunnenwassers im Dorf und die Person der Laura bleiben ein Rätsel.

Die Figuren sind liebevoll gezeichnet und ich hatte schnell ein Bild vor Augen. Der strahlende Held Arno Bussi ist dabei definitv nicht der trottelige Kriminalist, den man vielleicht erwarten könnte, sondern ein engagierter, schlauer Mann, der durchaus liebenswert ist und zutiefst menschlich. Gerne habe ich mit ihm mitgelitten. Auch seine (wieder einmal) unglückliche Liebe macht ihn sehr authentisch.

Eine Skizze des Ortsplanes auf der Innenseite rundet das Buch ab.

Gerne empfehle ich diesen Krimi als nicht ganz bierernsten unterhaltsamen Lesestoff für zwischendurch - bestimmt herrlich als Sommer-Urlaubs-Lektüre!

Bewertung vom 18.04.2020
Vöhringer, Sabine

Karl Valentin ist tot / Hauptkommissar Tom Perlinger Bd.3


sehr gut

Das Münchner Karl-Valentin-Gymnasium gilt nicht nur dank eines überaus engagierten Schuldirektors als Vorzeige-Schule, doch Eltern und Schülern berichten von krassen Missständen. Als bei einem Brand die Vize-Direktorin Marianne Eichstätt tot aufgefunden wird, beginnt Tom Perlinger zu ermitteln und findet bald einen Sumpf von erschreckenden Tatsachen. Und auch der Todesfall des 17jährigen Fabians in der Schule zwei Jahre zuvor scheint eine Rolle bei der Aufklärung zu spielen. Während immer mehr Verdächtige ein Motiv zu haben scheinen, sieht Tom auch plötzlich seine Familie in Gefahr....

Mit dem Krimi "Karl Valentin ist tot" legt die Münchner Autorin Sabine Vöhringer nun bereits den dritten Regionalkrimi um den Münchner Kommissar Tom Perlinger vor, der sich auch ohne Vorkenntnis der Reihe problemlos lesen lässt. Dabei hat die Autorin das überaus beliebte Münchner Original in den Mittelpunkt ihres Buches gestellt, der in kleinen Andeutungen (ob als nach ihm benannter Schule oder Brunnen, ob in Zitaten oder nach seinem Leben ausgerichteter Escape-Room) immer wieder auftaucht und für so manches Augenzwinkern sorgt.

Wenngleich auch viele Münchner Straßen, Plätze und Attraktionen im Plot auftauchen und der Kommissar aus einer alten Münchner Brauer-Familie stammt, die noch immer ein bekanntes und beliebtes Brauhaus führt, so geht die Qualität des Krimis meiner Meinung nach über einen simplen Regionalkrimi hinaus. Im Vordergrund steht ein verzwickt aufgebauter Kriminalfall, der mit vielen Wendungen und sehr spannend erzählt wird; die von der Wahl-Münchnerin geliebten Orte, Lebensart und Geschichte Münchens fließen dabei harmonisch in die Geschichte ein.

Wie immer hat die Autorin gut recherchiert und gibt dem Leser viele neue Informationen; und auch Schüler und Lehrer werden sicher vieles aus ihrem Schul-Alltag wiedererkennen.

Tom Perlinger als strahlender Mittelpunkt, sowie seine Assistentin Jessica stechen aus den Figuren heraus und wachsen dem Leser schnell ans Herz. Die Nebenfiguren bleiben doch eher eindimensional und grenzen sich hierdurch ab. Wer noch nicht ganz vertraut mit den Personen ist, findet im Anhang eine gute Übersicht.

Sabine Vöhringer beherrscht einen locker leichten und sehr fließenden Erzählstil, der mich das Buch einfach nur so weglesen lässt. Dabei kommt auch eine Prise Humor und Augenzwinkern nicht zu kurz, was sehr gekommt eingesetzt ist und den Ermittlungen sowie der Spannung keinesfalls widerspricht. In diesem Zusammenhang sei auch der alte Mitbewohner mit seinem Hund erwähnt, der sich fast täglich von Tom Perlingers Ermittlungen berichten lässt und diese zu einem Buch zusammenfasst. ;)

Immer neue Wendungen und Verdächtige sowie Verwicklungen halten den Leser in Atem; beim Mitraten wird man oft auf falsche Pfade geführt. Das Ende ist durch einen großen Showdown gekennzeichnet, in dem sich dann alles zufriedenstellend klärt und sich der Leser schon auf den nächsten Fall Perlingers freuen darf!

Meiner Meinung nach hat sich die Autorin mit diesem dritten Band noch einmal gesteigert. Ich empfehle dieses Buch allen Krimi-Lesern und München-Fans gerne weiter - mir gefällt der erfrischende Stil Sabine Vöhringers sehr.

Bewertung vom 18.04.2020
Anappara, Deepa

Die Detektive vom Bhoot-Basar


ausgezeichnet

Der neunjährige Jai lebt, zusammen mit seinen Eltern und seiner großen Schwester Runu, in einem Elendsviertel am Rande einer nordindischen Stadt. Während seine Familie nur eine illegale Hütte mit einem Raum und einem Bett bewohnt, Wasser von einem Wasserhahn mitten im Basti geholt werden muss, die Familie selbst zum Waschen (mit kaltem Wasser!) und zum Toilettengang anstehen muss und meist nur Geld für täglichen Reis mit Linsen da ist, sind die Hochhäuser der oberen Mittelschicht in Sichtweite. Als der gleichaltrige Bahadur verschwindet, ernennt Jai, der großer Liebhaber von Fernsehserien wie "Police Patrol" ist, sich zum Detektiv und beginnt mit seinen Freunden Pari und Faiz zu ermitteln. Verbotenerweise streunen die Kinder durch den Bhoot-Basar mit seinen vielfältigen Geschäften. Doch immer mehr Kinder verschwinden, und trotz immer größer werdender Ausflüge beginnt den Kindern die SAche über den Kopf zu wachsen - während die Polizei untätig bleibt ...

Deepa Anappara, aufgewachsen in Indien, und als Journalistin intensiv mit dem Leben der Armenkinder auseinandergesetzt, ist mit ihrem Debütroman ein brillianter Roman aus dem heutigen Indien gelungen, der den Leser tief in seinen Bann zieht.

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des neunjährigen Jais, der unaufgeregt und eben aus der Sichtweise eines Kindes erzählt. Voller Details wirkt sein Bericht absolut authentisch und vermittelt einen tiefen Blick in den Alltag, das Alltagsleben und das Verschwinden der Kinder; meiner Meinung nach viel berührender, als ein auktoriale Erzählperspektive es erreichen könnte.Durch die Sprache, die insgesamt, neben den indischen Eigennamen, sehr viele indische Wörter (die in einem Glossar am Ende des Buches übersetzt bzw. erklärt werden), wird die Authentizität verstärkt. Ergänzt wird Jais Sicht durch kurze Einschübe eines personalen Erzählers über die letzten Erlebnisse der Verschwundenen und Mythen und Legenden, die den Kindern Hoffnung verleihen sollen. Bei aller Schwere der Themen beherrscht die Autorin eine hervorragende Erzählkunst, die die Dramatik abfedert, ohne sie vergessen zu machen.

Die Figuren sind perfekt ausgearbeitet, mehrdimensional und werden sofort zum Leben erweckt. Noch mehr als der Erzähler Jai selbst ist mir seine patente, kluge Freundin Pari ans Herz gewachsen, die intelligent und strebsam ihren Weg geht. Interessanterweise schreibt Anappara insgesamt sehr viel von starken Frauen, die häufig den Männern überlegen sind.

Auch, wenn der Titel des Buches, das Verschwinden der Kinder und die Detektivarbeit der Kinder vielleicht anderes vermuten lassen, handelt es sich bei "Die Detektive vom Bhoot-Basar" keinesfalls um einen Krimi, denn die Aufklärung spielt eine eher untergeordnete Rolle und die Spannung ist nur eingeschränkt vorhanden. Dagegen vielmehr im Vordergrund steht die Erzählung von dem wahren Leben im heutigen Indien, seinen Widersprüchen, den sozialen und religiösen Spannungen zwischen Hindus und Moslems, Korruption und Ungerechtigkeiten, aber auch von der Freundschaft der Kinder, ihrer Fantasie und ihrer Unschuld. Wenn die Autorin im Nachwort kundtut, dass es ihr ein großes Bedürfnis war zu zeigen, dass auch oder gerade diese Elends-Kinder frech, witzig, selbstbewusst und voller Energie und Träume sind, so ist dieses ihr großartig gelungen.
So darf der Leser auch nicht mit einer vollumfänglichen Aufklärung des Verschwindens der Kinder und Verurteilung der Täter rechnen. Das Ende, das ich als einzig richtiges empfunden habe, und das mich voller tiefer Gefühle und Gedanken zurücklässt, ist ein offenes - wie eben auch die Zukunft der Kinder und des Bastis.

Für mich ist dieses Buch ein wahres Highlight, das ich jedem Leser ans Herz legen möchte - und es lässt mich in Demut zurück und dem Gefühl, in einem Paradies leben zu dürfen!

Bewertung vom 28.03.2020
Dennig, Constanze

Verkauft


gut

Die Psychiaterin Alma Liebekind sieht während eines eigenen Krankenhausaufenthaltes, wie nachts eine schwangere Migrantin in einem Lieferwagen in die Klinik gebracht wird, doch die Mitarbeiter scheinen nichts davon zu wissen. Als dann auch noch diese Migrantin in einem Flüchtlingsheim von ihrem Bruder, angeblich als Ehrenmord, umgebracht worden sein soll, beginnt Alma, gemeinsam mit ihrer tatkräftigen Mutter, zu ermitteln.

"Verkauft" ist bereits der vierte Krimi um die patente Psychiaterin Dr. Alma Liebekind, und es ist nicht nötig, die vorhergehenden Bücher zu kennen; alle wichtigen Figuren sind anfangs des Buches kurz vorgestellt, so dass der Leser nicht fremdeln muss.

Der Schreibstil von Constanze Dennig ist sehr eigenwillig, worauf ich mich zunächst erst einmal einlassen musste. Dies liegt keinesfalls an den überaus zahlreichen typisch österreichischen Ausdrücken, den Jiddischen Worten oder den lateinischen Ausdrücken, denn diese werden in Fußnoten übersetzt. Nein, die Sätze sind kurz und knapp und Handlungen werden teilweise sehr sprunghaft erzählt. So hatte ich zwar keine Verständnisprobleme, musste mich aber erst an den ungewöhnlichen Stil anpassen.

Die Figuren sind überaus liebevoll beschrieben, erscheinen mir aber auch recht klischeehaft. Vor allem mit dem jugendlichen Lover Michael, genannt Michelangelo, der eigentlich ein fauler, choatischer Lebenskünstler ist, der sich von Alma aushalten lässt, die aufgrund seiner sexuellen Qualitäten sein fragwürdiges Verhalten aber duldet und die über Achtzigjährige Mutter, die trotz ihres Alters immer noch die Praxis von Alma "schmeißt" und sehr aktive Ermittlungen durchführt, verhalfen mir doch das eine oder andere Mal zu einem großen Fragezeichen.

Spannung kommt bereits auf den ersten Seiten auf, als Alma ihre Entdeckung macht - und wird auch bis zum Ende des Buches aufrecht gehalten, bis der Fall einigermaßen plötzlich aufgelöst wird. Hier wurde mir die Dramatik der Handlung zu kurz und einfach abgehakt. Dass dabei manchmal etwas mehr Drumherum erzählt wird (wie zum Beispiel das Liebesleben der Freundinnen Alma und Erika) und die Ermittlungen meist nur kurz abgehakt werden, empfand ich insgesamt jedoch nicht schlimm.

Positiv zu bemerken ist, dass Constanze Dennig aktuelle Themen und Fragestellungen in ihrem Buch behandelt, wie Migranten, Flüchtlingsheime, Engagement, Alleinerziehende, Genforschung, Leimutterschaften, Scharia, Ehrenmorde.... DIese regen den Leser durchaus zum Nachden an.

Die Autorin nimmt ihre Leser*innen mit auf eine Reise nach Wien und sie beschreibt viele Wiener Orte und gibt auch ein paar nette Gastronomietipps in ihrer Handlung ("Der goldene Drachen" als erstes chinesisches Restaurant usw.); auch Straßennamen oder Viertel werden häufig genannt.

Dass Constanze Dennig selbst Psychiaterin ist, ist durchaus auffallend; immer wieder ist zu erkennen, dass sie sich mit den Themen auskennt und auch gerne Fachbegriffe einfließen lässt (die ebenfalls in den Fußnoten übersetzt sind).

Für mich war "Verkauft" ein außergewöhnliches Buch, das mir durchaus Lesevergnügen bereitet hat, und ich kann es durchaus weiterempfehlen an alle Leser, die auch gerne einmal einen Krimi jenseits des Mainstreamings lesen mögen.

Bewertung vom 24.03.2020
Henn, Carsten Sebastian

Der Gin des Lebens / Kulinarische Kriminalromane Bd.1


sehr gut

Benoit Lerchenfeld, von allen außer seiner Mutter nur Bene genannt, steht an einem Wendepunkt in seinem Leben, als seine Freundin Annika ihn verläßt, er seinen Oldtimer in einen Fluss stürzt und seine Werkstatt eigentlich nur Schulden abwirft. Da kann man sich eigentlich nur betrinken – doch einzige Flasche, die er von seinem früh verstorbenen Vater erhalten hat, stellt sich als unvergleichlicher Gin heraus. Hals über Kopf fliegt Bene nach England, als er eine Visitenkarte von einem Bad&Breakfast in den Unterlagen seines Vaters findet. In der Pension von Cathy Callaghan als weitere Rätsel stößt, zu denen auch der Mord an einem Obdachlosen in ihrem Garten gehört, machen sich die beiden ungleichen Partner auf die Suche nach Lösungen….

„Der Gin des Lebens“, dessen Geheimnis Bene und Cathy finden wollen, ist eine ungewöhnliche Geschichte des Autors Carsten Sebastian Henn , in dem mehrere Genres vereint sind:
Aufgrund des Mordes und den Ermittlungen des unsympathischen Kommissars Dolliver ist das Buch als Kulinarischer Kriminalroman deklariert, doch eigentlich ist die Krimihandlung doch sehr untergeordnet und eingefleischte Krimi-Leser könnten enttäuscht werden.
Einen großen Raum nehmen die zwischengeschobenen (im übrigen auf grauem Papier gedruckten Seiten und schon dadurch auffälligen) Seiten ein, in denen sich alles Wissenswerte zum Thema GIN findet. Hier kann der geneigte Leser viel lernen!
Wichtiger noch ist der (Liebes-)Roman um die etwas schrägen Charaktere Cathy und Bene, die auf der Suche nach dem großen Geheimnis ihrer Väter sind und dabei mehr Gemeinsamkeiten entdecken, als ihnen zunächst lieb ist.
Im Laufe der Handlung finden sich noch etliche weitere Figuren, die alle mehr oder weniger sympahtisch und vor allem schräg zu nennen sind: Cathys Bruder Matt, ihr Exfreund und Ersatz-Jesus Andrew, der pedantische MacAllister, die kernige Eudora, die junge Vicci und natürlich der Corgi King George. Alle sind exzentrisch, aber mit sehr viel Sorgfalt und vor allem Liebe ausgearbeitet und schnell hat man ein genaues Bild vor sich.
Das Setting im idyllischen Plymouth und dem geheimnisvollen Dartmoor sowie zahlreiche Anspielungen auf „typisch Britisches“ lassen auch den England-Freund voll auf seine Kosten kommen. Da könnte ich mir eine Verfilnung sehr gut vorstellen!
Die Spannung zieht sich durch das gesamte Buch und der Autor lässt den Leser mit immer neuen Informationen und Wendungen mitraten bei Benes und Cathys Suche. Schließlich kommt es zu einem imposanten Finale, in dem alle Fragen geklärt werden und auch den Leser mit einem guten Gefühl zurücklassen.
Der Schreibstil insgesamt gefiel mir sehr gut, er war flüssig und nicht zu lange an Einzelheiten klebend, so dass ich zügig vorankam.
Das Buch hat mich wunderbar unterhalten und ich kann es nicht nur Gin-Fans wärmstens weiterempfehlen!

Bewertung vom 23.03.2020
Stassen, Lorenz

Opferfluss / Nicholas Meller Bd.3


sehr gut

Nicholas Meller, Anwalt in Köln, wird von dem Kommissar Thomas Rongen beauftragt, seine Verteildigung zu übernehmen, obwohl die beiden bei früheren Fällen erbitterte Widersacher gewesen sind: Rongen ist vom Dienst suspendiert und wird des Mordes angeklagt, da er im Einsatz möglicherweise eigene Ziele verfolgt haben könnte - und eine entscheidende Tatwaffe verschwunden ist. Wegen einiger Ungereimtheiten, die Polizei und Staatsanwalt nicht zu sehen scheinen, beginnt Meller selbst zu ermitteln und sticht in ein Wespennest, sodass er sich selbst in Lebensgefahr begibt....

"Opferfluss" ist bereits der dritte Teil einer Trilogie um den Anwalt Nicholas Meller, doch es gab für mich keinerlei Verständnisprobleme, obwohl ich die beiden vorhergehenden Fälle nicht kannte.

Lorenz Stassen gelingt es von Anfang an, die Geschichte auf höchstem Niveau zu erzählen und die Spannungskurve nimmt noch weiter zu, so dass ich das Buch überhaupt nicht mehr aus der Hand legen konnte. Die Handlung ist sehr komplex mit vielen unerwarteten Wendungen, die einen immer wieder aufs Neue überraschen, und doch verbinden sich alle Handlungsstränge zu einem logischen und befriedigendem Ende, das keine offenen Fäden behält.

Die Figuren sind authentisch beschrieben und scheinen meist mehrdimensional, was ich überaus angenehm empfand.

Dass der Autor in Köln wohnt, ist in dem Thriller durch genaue Ortskenntnisse ersichtlich; es muss aber deutlich sagen, dass es sich NICHT um einen Regionalkrimi handelt.

Mir hat dieser beziehungsreiche Thriller sehr gut gefallen und ich empfehle ihn sehr gerne weiter! Schade, dass die Serie um den Anwalt Nicholas Meller hiermit beendet ist, denn ich habe ihn und seine Partnerinnen sehr geschätzt. Hoffentlich gibt es dann bald wieder Neues von Lorenz Stassen zu lesen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.03.2020
Schorlau, Wolfgang;Caiolo, Claudio

Der freie Hund / Ein Fall für Commissario Morello Bd.1


sehr gut

Der sizialinische Commissario Antonio Morello (genannt »Der freie Hund«) wird auf unbestimmte Zeit nach Venedig versetzt, da er nach einigen Erfolgen gegen die Mafia auf deren Todesliste steht. Er hasst die Lagunenstadt von Anfang an und steht darin seinen Kollegen und anderen Bewohnern nichts nach, die große Vorbehalte gegen Süditaliener haben. Doch zum Glück gibt es ja auch noch eine Assistentin, die dann doch zu dem Sizilianer passt und eine hübsche Nachbarin namens Silvia, die Morello die Schönheit der Stadt näherbringt.
Sein erster Fall besteht darin, den Mord an dem jungen Anführer einer Bürgerinitiative aufzuklären, die gegen die Kreuzfahrtschiffe protestiert, die die Lagune verpesten und deren Reisende die Stadt überschwemmen, ohne wirtschaftlich zu nützen - eine Haltung, die Morello gut nachvollziehen kann.

Wolfgang Schorlau hat sich mit diesem Krimi von seinem bisherigen Ermittler Dengler abgewandt und erschafft - zusammen mit dem sizialinischen Schauspieler Claudio Caiolo - den unbequemen Antonio Morello als Ermittler in einer neuen Serie.

Im Mittelpunkt steht die imposante Lagunenstadt Venedig; und den Autoren gelingt es hervorragend, ein vielschichtiges Bild von der dieser besonderen Stadt zu zeichnen, die zunächst durch ihre Schönheit blendet, deren Verfall und Probleme einen entsetzen und die ein einziges Kunstwerk ist, das man erst nach und nach begreifen lernt. Viele meiner eigenen Empfindungen habe ich so auf den Punkt gebracht gesehen.
Natürlich bleibt es nicht aus, dass man als Leser gar nicht darum herum kommt, einen Vergleich zu den Brunetti-Krimis von Donna Leon zu ziehen; doch in diesen ist der Blickwinkel doch - neben Korruption und Verbrechen - noch mehr aus dem Blickwinkel von Brunettis Liebe zu seiner Stadt gekennzeichnet und ich habe den Eindruck, dass Ortskenntnis und Detailgenauigkeit bei Leon mehr im Vordergrund stehen.

Alle Figuren sind in diesem Krimi detailreich beschrieben und überraschen durchaus auch mit ihrem Verhalten. Die unterschiedlichen Standpunkte waren gut nachzuvollziehen und erschufen ein buntes Bild.

Schorlau wäre nicht Schorlau, wenn nicht auch in diesem Krimi mehr als ein "einfacher Mord" besprochen würde: Korruption und Vetternwirtschaft, wirtschaftliche und Umweltprobleme (nicht nur) Venedigs und vor allem das Treiben der Mafia, die offensichtlich nicht nur allein in Sizilien wirkt, werden dem Leser intensiv nähergebracht. So gelingt es den Autoren, immer auch sachliche Informationen in die unterhaltsame Handlung mit einzubauen. Gekrönt wird das Ganze dann aber durch die herrliche Beschreibung der korrekten Zubereitung der "Caponata". ;)

Der Schreibstil ist locker und flüssig, die Sprache eher einfach. Negativ empfand ich allerdings den etwas zu inflationär gebrauchten Ausdruck "cazzo", der Morello einfach ständig in den Mund gelegt wird. Und auch einen Schmunzler hatte ich das ein oder andere Mal auf den Lippen, sowie das Buch überraschende Wendungen enthielt - ich denke da nur an den doch sehr unkonventionellen Assistenten Morellos.

Für einen echten Kriminalroman ist der Spannungsbogen eher niedrig gehalten, denn, wie schon beschrieben, ist die Verbrechensaufklärung doch eher das Mittel zum Zweck, die gravierenden Missstände im allgemeinen und die Venedigs im speziellen aufzuzeigen. Doch trotzdem wollte ich das Buch nicht aus der Hand legen und hatte viel Lese-Vergnügen.

Mir hat der Auftakt dieser neuen Venedig-Krimi-Reihe um den Commissario Antonio Morello gut gefallen und ich freue mich auf die weiteren Folgen!

PS:
Zu den Vorwürfen, dass das Autorenduo Schorlau/Caiolo bei der Autorin Petra Reski geklaut haben soll, kann ich mich nicht äußern.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.02.2020
Engman, Pascal

Feuerland


gut

In der Colonia Rhein, einer Wohnsiedlung von ehemaligen Nazi-Deutschen in Süd-Chile, herrscht der Patriarch Carlos, der die Arbeit seiner Vaters fortführt, in der vor allem die Clinica Bavaria mit illegalen Organtransplantationen eine wichtige Rolle spielt.
In Stockholm benötigt der Ex-Soldat Nicolas Geld, um seine authistische Schwester zu schützen und steht deshalb im Zusammenhang mit einem Überfall eines exklusiven Uhrengeschäftes und dem Verschwinden von reichen Geschäftsmännern.
Die 42jährige Kriminalkommissarin Vanessa Frank, die nach einer Alkoholfahrt vom Dienst suspendiert ist, langweilt sich sehr und stürzt sich mit Feuereifer in die Aufklärung der Stockholmer Verbrechen, wo sie bald internationale Verbindungen aufdeckt und selbst in Gefahr gerät.

"Feuerland" ist der Auftakt einer neuen Thriller-Serie um Vanessa Frank, eine Kriminalkommissarin mit einem (wieder einmal) schwierigen Privatleben, das Einfluss auf ihre Arbeit hat. Die Personen sind durchaus mehrdimensional angelegt und gut beschrieben, allerdings konnte ich mich mit keiner wirklich identifizieren.

Der Schreibstil ist sehr flüssig, die Sprache eher einfach und direkt.

Meine größte Kritik an diesem Thriller bezieht sich auf die Spannung:
Während Pascal Engmann in der ersten Buchhälfte die Personen genau einführt und ihre Intentionen und Handlungen beschreibt, baute sich leider überhaupt keine Spannung auf und ich habe mich über lange Strecken gelangweilt, bevor es in der zweiten Hälfte richtig spannend wurde und ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Die einzelnen Abschnitte über die drei zentralen Personen, die anfangs einfach völlig zusammenhanglos dastanden und bei mir viele Fragen auslösten, fügten sich nach und nach immer weiter zusammen.

Die dem Thriller zugrundeliegenden Themen der "Colonia Rhein" und ihrem Wirken, gerade die Menschenrechtsverletzungen in der Pinochet-Ära und die Praktiken des Menschen- und Organhandels, sind wichtige und hochbrisante Fragen, über die ich gerne noch ausführlicher gelesen hätte. Sie kamen für mich hier eindeutig zu kurz.

Die Handlung weist einige unlogische Sequenzen auf, auf die ich wegen des Spoilerns hier nicht genauer eingehen möchte; auf jeden Fall haben unsere Helden immer das nötige Glück oder übermenschliche Fähigkeiten. Ob man sich daran festbeißt oder diese eher überliest, ist wohl eine Frage der Einstellung des Lesers. Durch sie konnte schließlich der Sieg der "Guten" gegen "das Böse" gefeiert werden.

Warum das Buch den Titel "Feuerland" trägt, erschließt sich mir allerdings auch nach der Lektüre nicht. Weder die Handlung ist feuerlastig, noch liegt das Setting in Feuerland, wenn auch mit Südchile wenigstens in geografischer Nähe. Immerhin wird die Entstehung des Namens kurz erklärt.

Insgesamt tue ich mich wegen der vorgenannten Kritikpunkte schwer mit einer Bewertung, insbesondere aufgrund der zweiten Hälfte fühlte ich mich allerdings gut unterhalten.