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haberlei
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Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 332 Bewertungen
Bewertung vom 27.08.2023
Kramp, Ralf

Blaues Blut (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Unfall oder Mord?

„Blaues Blut“ von Ralf Kramp ist bereits der 11. Band dieser Reihe rund um Herbie Feldmann und seinen imaginären Freund Julius.

Worum es geht?
Herbie versucht bei einem Flohmarkt Luxus-Küchenmaschinen zweifelhafter Herkunft zu verkaufen und lernt ein Trödler-Ehepaar kennen, das einen Helfer für die Räumung einer Burg sucht. Der Burgherr ist jedoch, nicht wie Herbie angenommen hat, verstorben, sondern hat sich nach dem Tod seiner Partnerin aus Trauer zurückgezogen. Er ist überzeugt, dass sie keinen Unfall hatte, sondern jemand nachgeholfen hat, dass sie mit dem Wagen in den Abgrund stürzte. Herbie lässt sich engagieren, nachzuforschen.

Das Cover ist sehr stimmig – eine Burg in bläulich-nebliger Abendstimmung. Das Buch erschien 2023, die Handlung spielt in der Gegenwart. Die Kapitel sind angenehm kurz gehalten. Der Schreibstil ist nicht nur flüssig und bildhaft, sondern besticht auch durch witzige Dialoge. Mit etwas Lokalkolorit in Form von Landschaftsbeschreibungen, Dialekt und Gebräuchen, wie das Martinsfeuer, wird dem Leser auch so en passant die Eifel nahegebracht. Für mich war es das erste Buch dieser Krimiserie. Ich kam problemlos ohne Vorkenntnisse in die Geschichte hinein.

Man steigt in die Handlung mit einer Rückblende auf den Unfall ein und lernt so nach und nach die handelnden Personen kennen. Im Mittelpunkt agiert Herbie, meist fremdbestimmt, vielfach setzt er spontane, kaum durchdachte Aktionen, stets begleitet von dem „Geist“ Julius, der alles besser weiß und überall seinen ironischen Senf dazu gibt. Der Fall erweist sich als einigermaßen komplex und auch mysteriös. Da hätten etliche ein Motiv und es kristallisieren sich mehr und mehr Verdächtige heraus, sodass man bis zur erstaunlichen, schlüssigen Auflösung ausgezeichnet miträtseln und eigene Theorien aufstellen kann. Zusätzlich geben die dazwischen eingestreuten Textstellen aus einem alten Brief Rätsel auf. Gefährliche Situationen und Action halten die Spannung stets am Köcheln.

Die Charaktere sind sehr lebendig gezeichnet, zeigen Stimmungen und Emotionen, Trauer, Mitgefühl, Aggressionen. Herbie ist einfach sympathisch und liebenswert in seiner gutmütigen, naiven Art. Aber er ist nicht dumm, einfallsreich und verfügt über eine gute Beobachtungsgabe. Stets hilfsbereit schlittert er in Situationen, die bestenfalls in einem Schlamassel enden, ihn aber manchmal auch in Gefahr bringen.

Mit Herbie und Julius hat der Autor zwei originelle Typen geschaffen, die mich blendend unterhalten und Lust auf weitere Abenteuer dieses Duos gemacht haben. Ich empfehle den Krimi gerne weiter und vergebe 5 Sterne.

Bewertung vom 27.08.2023
Nebl, Monika

Mords-Partie


sehr gut

Minnie geht der Mörder ins Netz

„Mords-Partie“ von Monika Nebl ist bereits der fünfte Band dieser Reihe, für mich war es nach Band 3 die zweite Geschichte mit Minnie.

Der Fall lt. Klappentext:
Eine Tote im bayrischen Himmelbett, undurchsichtige Angler. Alibis, die besser geheim bleiben sollten, und jede Menge Eifersucht. Minnie ermittelt zwischen Fischweihern und Bauernhöfen.

Ansprechend bunt und ins Auge stechend ist auch dieses Cover gestaltet, harmonisch zur Serie passend. Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Als Wasserburg-am-Inn-Regionalkrimi bietet das Buch selbstverständlich ausgiebig Lokalkolorit, sowohl landschaftlich, sprachlich, als auch von den bayrischen Typen her. Der Schreibstil ist flüssig, dialogreich und humorvoll. Die Kapitel sind übertitelt und von angenehmer Länge. Das Buch verfügt über ein Glossar zur Erklärung der Dialektausdrücke und einen skizzenhaften Plan von Wasserburg.

Ich kannte die Protagonisten ja bereits, aber ich glaube, ohne Vorkenntnis der Vorgängerbände ist es für Quereinsteiger anfangs, wo man ereignisbedingt mit einer Vielzahl von Personen aus dem Umkreis der Protagonistin konfrontiert wird, etwas schwierig durchzublicken, wer zu wem gehört und wie sie mit der Hauptpersonen in Verbindung stehen. Ich würde daher raten, die Bücher der Reihe nach zu lesen.

Die Personen sind recht anschaulich gezeichnet, gut vorstellbar. Sie wirken bodenständig und zum Umfeld passend, gut typisiert, urig. Minnie ist eine taffe, engagierte, lebhafte Person, die meist sagt, was sie denkt, sie ist sympathisch, unkonventionell und kreativ.

Wenn Minnie mit einem Todesfall, offensichtlich einem nicht natürlichen, konfrontiert ist, dann kann sie das Ermitteln natürlich nicht lassen. Neben Minnies Recherchen bzw. Befragungen nehmen allerdings die Hochzeitsvorbereitungen für ihre Freundin Toni und die bevorstehende Geburt von Tonis Baby etwas zu viel Raum ein, was der Handlung Spannung entzieht. Puzzlesteinchen für Puzzlesteinchen sammelt Minnie Informationen, durchschaut schließlich doch gewisse falsche Aussagen und das Motiv des Mörders. Das alles verläuft ziemlich unspektakulär, bis sich die Lage am Ende doch etwas zuspitzt und Minnie im wahrsten Sinne des Wortes tatkräftig dazu beiträgt, den Mörder zu fassen.

„Mords-Partie“ ist ein typischer Cosy-Regionalkrimi, nicht nur unblutig, sondern auch nicht gerade prickelnd spannend, aber mit vorwiegend sympathischen Protagonisten, die trotz mancher Divergenzen in einer Wohlfühlatmosphäre agieren, in einer idyllischen Umgebung und von reichlich Lokalkolorit geprägt. Ich fand das Buch ganz unterhaltsam, schon allein der Typen und der urwüchsigen Sprache wegen.

Bewertung vom 21.08.2023
Wacker, Florian

Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1


sehr gut

Wertvolle kleine Fische

„Die Spur der Aale“ von Florian Wacker ist der Auftakt einer neuen Reihe rund um die Staatsanwältin Greta Vogelsang.

Worum geht es?
Ein Zollfahnder, der einem Schmugglerring auf der Spur war, wird ertrunken aufgefunden. Die polizeilichen Ermittlungen gehen von einem Unfall aus, doch Greta Vogelsang vermutet Mord, folgt ihrem Spürsinn und beginnt, obwohl offiziell nicht zuständig, auf eigene Faust zu ermitteln. Sie stösst auf Hinweise, dass großangelegt Schmuggel von Glasaalen betrieben wird. Und es bleibt nicht bei einem Toten …

Das Cover ist auffällig und farblich ins Auge fallend, offenbart jedoch wenig Bezug zur Thematik. Der Schreibstil ist eher einfach, aber flüssig, die Kapitel sind angenehm kurz, nummeriert und teilweise betitelt. Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt in der Gegenwart, in Frankfurt am Main und in Honkong. Abgesehen von etwas Lokalkolorit bietet der Krimi auch interessantes Wissen über Schmuggel und Artenschutz, insbesondere über Aale.

Greta Vogelsang ist als Staatsanwältin eigentlich nur für Umwelt- bzw. Artenschutzdelikte zuständig, nicht für Mord, doch sie kannte den ermordeten Zollfahnder und ist entgegen der Meinung ihrer Kollegen im Morddezernat überzeugt, dass er Verbrechern zu nahe kam. Der Fall ist einfach konstruiert, ohne in die Irre führende Spuren, ohne jegliche Verwirrungen. Anhand von drei Protagonisten – der Staatsanwältin sowie Mian und Paul, zwei Mitarbeitern der Bande - ist man als Leser in sämtliche Geschehnisse chronologisch mit eingebunden, lernt die handelnden Personen, ihr privates Umfeld, aber auch ihre Vorgeschichte kennen. Diese Perspektiven- bzw. Ortswechsel gestalten die Handlung abwechslungsreich und informativ. Dadurch, dass man auch die Aktionen der Schmuggler verfolgt, verfügt man stets auch über einen Wissensvorsprung gegenüber den polizeilichen Ermittlungen. Zum Miträtseln bietet dieser Krimi kaum Möglichkeiten, aber ein wenig zum Mitfiebern, wenn Protagonisten in prekäre, ja gefährliche Situationen geraten. Dennoch, wirklich prickelnde Spannung kommt nicht auf.

Greta Vogelsang ist eine sympathische und charakterlich interessante Protagonistin. Ihre Herkunft aus dem Arbeitermilieu hat sie geprägt. Sie musste sich immer durchkämpfen und gegenüber Menschen, die in besseren Verhältnissen aufwuchsen, durchsetzen. Eigenwilligkeit und Zielstrebigkeit sind neben ausgezeichnetem Spürsinn ihre markantesten Eigenschaften. Der Einblick in ihr Privatleben, sie umgibt ein verständnisvoller Partner, eine demenzkranke Mutter und ein überforderter Vater, lässt sie als Mensch wie du und ich und lebendig erscheinen. Auch die Nebenfiguren wirken authentisch. Menschen, wie die Chinesin Mian oder der Franzose Paul schlittern ungewollt aufgrund ihrer misslichen gesellschaftlichen Situation in solche Machenschaften.

„Die Spur der Aale“ ist ein angenehm und rasch zu lesender Wohlfühl-Krimi mit etwas Frankfurter Lokalkolorit und ist durch sein Artenschutzthema auch wissenserweiternd. Ich bin neugierig, wie es für Greta Vogelsang beruflich und privat weitergeht. Für mich war es ein gelungener, aber noch entwicklungsfähiger Auftakt: der Plot könnte noch etwas komplexer sein, ein bisschen mehr Spannung und Dramatik enthalten. Ich empfehle das Buch gerne weiter und vergebe 4 Sterne.

Bewertung vom 15.08.2023
Huwyler, Marcel

Der lila Seeteufel / Eliza Roth-Schild Bd.2


ausgezeichnet

Nacht- und Nebelaktionen am Bodensee

„Der lila Seeteufel“ von Marcel Huwyler, ist der zweite Band der Reihe mit Eliza Roth-Schild als Protagonistin.

Worum geht es?
Eliza erhält den Auftrag, Ken, den zukünftigen Schwiegersohn des Selfmade-Millionärs Kuno Schenk, zu durchleuchten, dem Kens Geldquellen suspekt erscheinen. Sie wird als Gast bei Kens Geburtstagsparty auf seinem schicken Hausboot eingeschleust und stößt bald auf geheimnisvolle Aktionen.

Das Cover ist sehr ansprechend, vermittelt Urlaubsfeeling – blauer Himmel, blaues Wasser – und stimmt auf den Inhalt ein. Das Buch erschien 2023 und spielt in der Gegenwart. Die kurz gehaltenen Kapitel sind nummeriert, ohne Orts- oder Zeitangaben.

Marcel Huwylers Schreibstil ist flüssig, besticht vor allem durch sein Spiel mit der Sprache, die bildhaften Wortschöpfungen, die witzigen Dialoge und die immer wieder vorkommenden Ausdrücke im Schwyzer Dialekt.

Obwohl ich Band 1 noch nicht gelesen hatte, kam ich problemlos in die Geschichte hinein. Der relevante Personenkreis ist überschaubar, soweit erforderlich werden Fakten aus Elizas Vorgeschichte erwähnt.

Es ist ein Wohlfühlkrimi, in dem hervorragend Spannung mit Humor und auch ein bisschen Liebe kombiniert ist. Sowohl die Perspektivenwechsel zwischen Elizas Recherchen und den Liebesproblemen ihres Mitbewohners Fabio tragen zur abwechslungsreichen Handlung bei, als auch etliche überraschende Wendungen, prekäre, ja sogar gefährliche Situationen, in die Eliza gerät. Cliffhanger feuern die Spannung noch zusätzlich an. Am meisten amüsierten mich Elizas fantasievollen Einfälle und Racheaktionen.

Die taffe, couragierte und ideenreiche Eliza steht zwar im Mittelpunkt, doch haben sich auch der unglücklich verliebte Fabio und insbesondere Elizas Chauffeur Wälti in mein Herz geschlichen. Welch unerwartete Qualitäten und Fähigkeiten bei Wälti ans Tageslicht kamen! Für mich hat er Eliza fast den Rang abgelaufen nicht nur durch seine Kenntnisse, sondern vor allem durch sein Wesen. Er verströmt Liebenswürdigkeit, Herzenswärme, Verlässlichkeit und Loyalität. Ich denke, Eliza hat in ihm auch für zukünftige Fälle einen kongenialen Partner gefunden.

Ich habe das Buch fast in einem Zug verschlungen. Es war so vergnüglich zu lesen! Humorvoll, liebenswürdig, fantasievoll, spannend und romantisch zugleich. Jetzt möchte ich unbedingt Band 1 nachholen und natürlich freue ich mich auf eine Fortsetzung!

Bewertung vom 09.08.2023
Wollschläger, Stefan

MBK Friesenhass - Diederike Dirks ermittelt 11


ausgezeichnet

Ein fast perfekter Mord

Mit „Friesenhass“, mittlerweile dem 11. Band dieser Reihe, ist Stefan Wollschläger wieder ein vom Beginn bis zum Ende spannender Krimi gelungen.

Worum geht es?
Ein erfolgreicher Immobilienmakler wird mit einer Harpune erstochen aufgefunden. Mysteriöserweise war er knapp vor seinem Tod zwei Tage auf Norderney, wo er vor Jahrzehnten lebte, arbeitete und Freunde hatte. Hauptkommissarin Diederike Dirks recherchiert, was er dort getan bzw. wen er getroffen haben könnte. Es kristallisieren sich einige Verdächtige aus seinen Jugendkontakten heraus. Zur selben Zeit ereignen sich nach einem Kurzbesuch ihres Bruders Erik in Lina Winterboers Leben seltsame Dinge. Als sie ihn nicht mehr erreichen kann, beginnt sie nachzuforschen.

Ich bin seinerzeit bei Band 8 quer in die Serie eingestiegen und seither gehören Diederikes Fälle zu meinen Favoriten. Auch dieser Band besticht durch den flüssigen Schreibstil, überraschende Wendungen, zahlreiche Verdächtige und unerwartete Ereignisse. Die Kapitel sind kurz, nummeriert und betitelt, ohne Orts- oder Zeitangaben. Das Buch erschien 2023 und spielt in der Gegenwart.

Für mich war es ein erfreuliches Wiedersehen mit sympathischen Protagonisten und dem Nordsee-Flair, aber auch als Neueinsteiger findet man leicht in die Geschichte hinein. Natürlich zieht sich ein die persönliche Entwicklung des Ermittler-Duos betreffender roter Faden durch die Reihe, doch ist dieser nicht dominant bzw. wird zum leichteren Verständnis das eine oder andere aus der Vorgeschichte erklärend erwähnt, sodass die einzelnen Bände unabhängig voneinander problemlos lesbar sind. Aber am besten ist es dennoch, wie stets bei Reihen, mit Band 1 zu beginnen.

Die Handlung gliedert sich in zwei Stränge, von denen man ahnt, dass sie irgendwie in Verbindung stehen müssen, doch eröffnen sich die Zusammenhänge erst gegen Ende. Die Ermittlungsarbeit geht anfangs nur langsam voran, die Suche nach dem Verbindungsglied zwischen dem Opfer und seiner Reise nach Norderney gestaltet sich mühsam, viele Spuren verlaufen im Nichts, keiner der Verdächtigen erweist sich als der einzig Richtige. Dem Leser bietet sich viel Stoff zum Miträtseln. Die Perspektiven- und Ortswechsel, sowie das Switchen zwischen den beiden Handlungsfäden halten die Spannung stets am Köcheln. Rätselhaftes, gefahrvolle Momente und Action sowie so manch Cliffhanger steigern die Dramatik der Ereignisse. Man hat zwar als Leser einen Wissensvorsprung gegenüber den Kommissaren, tappt dennoch bis zum dramatischen Showdown im Dunkeln, bis sich alles ziemlich überraschend, aber schlüssig löst.

Die handelnden Personen, sowohl jene im Umfeld des Opfers als auch die Ermittlerseite, sind anschaulich beschrieben, wirken authentisch. Insbesondere der gut dosierte Einblick in das Privatleben und in die Gefühlswelt der Kommissarin macht sie lebendig, menschlich, mit Ecken und Kanten.

„Friesenhass“ hat mir packende Lesestunden beschert. Mit Vorfreude blicke ich dem nächsten Band entgegen.
Eine unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 05.08.2023
Ziegert, Susanne

Küstendorf


ausgezeichnet

Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben

„Küstendorf“ von Susanne Ziegert ist ein spannender Nordsee-Krimi, bereits der 4. Band, in dem Friederike von Menkendorf ermittelt.

Das Cover fällt in seiner Buntheit gut auf und zeigt einen für die Gegend typischen Backsteinhof, sodass man sich ausgezeichnet vorstellen kann, wie das Gebäude in etwa aussieht, in dem einige der Protogonisten wohnen. Die Handlung spielt in der nicht näher festgelegten Gegenwart. Das Buch erschien 2023 und ist bereits der vierte Band dieser Reihe, ist jedoch auch für Quereinsteiger problemlos ohne Vorkenntnisse lesbar. Dennoch wurde mein Interesse an den Vorgängerbänden und dem Werdegang der Ermittlerin geweckt.

Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft. Eindrucksvoll wird die düstere Moorlandschaft beschrieben, die im Dorf herrschende Stimmung, dieser besondere Menschenschlag dort, wenig offen für Neues, für Fremdes. Die Kapitel sind angenehm kurz gehalten, lediglich nummeriert, ohne Zeit- oder Ortsangaben.

Die Spannung baut sich relativ schnell auf und steigert sich im Laufe der Ereignisse. Zwar braucht man einige Zeit, bis man die Vielzahl der agierenden Personen überblickt, doch von Anfang an ist diese brodelnde Stimmung gut spürbar, die in diesem Dorf vorherrscht. Das fängt bei der Ablehnung und Unfreundlichkeit fremden bzw. zugezogenen Bewohnern gegenüber an, erstreckt sich bis zu handfesten Streitigkeiten mit Nachbarn und Mobbing von Außenseitern und gipfelt schließlich in Hassaktionen bis zur Selbstjustiz.

Auch die Ermittlungen werden durch die verschlossene bis feindselige Haltung der Dorfbewohner erschwert. Je intensiver Friederike von Menkendorf sich mit dem Leben des Opfers und dessen Beziehungen befasst, desto komplexer erweisen sich die Zusammenhänge und die Ursachen des Eklats, desto mehr erweitert sich der Kreis der Verdächtigen, offenbart sich der schwelende Hass und Neid, enthüllen sich lang gehütete Geheimnisse. Für Rike entwickelt sich der Fall zu einer persönlichen Herausforderung, als ihre eigene Familie mit hineingezogen wird. Immer wieder führen Spuren auch in die Irre, aber sie lässt nicht locker bis sich letztlich alles klärt.

Die Charaktere sind nicht nur äußerlich gut vorstellbar gezeichnet, sondern sie zeigen sehr markante, in die Tiefe gehende Wesenszüge – einerseits die engstirnigen, im Althergebrachten verhafteten Dorfbewohner, der von allen seit der Kindheit ins Out geschobene, tierliebende Eigenbrötler, andererseits die eigentlich das Beste wollende, aber total überforderte Auguste und die kluge, feinfühlige und überaus hilfsbereite Freundin Margo, nicht zu vergessen Rike, an sich ein schwieriger Charakter, aber eine verbissen nach Gerechtigkeit suchende Ermittlerin.

„Küstendorf“ hat mich vom Anfang bis zum Ende gepackt: Ein rätselhafter Kriminalfall, reich an bedrohlichen Situationen, in dem Themen wie Ausgrenzung, Reichsbürger und Selbstjustiz eingearbeitet sind, der in einer düster-stimmungsvoller Moorlandschaft spielt, und mit einer sympathischen Kommissarin, von der ich gerne noch weitere Fälle lesen möchte.
Ein unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 01.08.2023
Nentwich, Vera

Tote Trainer pfeifen nicht


sehr gut

Spannendes, vor allem unterhaltsames Eishockey-Flair

„Tote Trainer pfeifen nicht“ von Vera Nentwich ist ein unterhaltsamer Cosy-Krimi.

Worum geht es?
Der Eishockeystar Toby steht unter Verdacht, den Trainer erschlagen zu haben. Seine Freundin bittet Sabine (Biene) Hagen um Hilfe. Die Detektivin vertieft sich in das Umfeld des Eishockeyvereins und fragt sich u.a., wie sich der kleine Verein so einen Top-Trainer leisten konnte bzw. wieso der überhaupt bereit dazu war? Weshalb hat der Vereinsvorsitzende ausgerechnet ihn engagiert und worüber gab es Streit mit dem Trainer?

Der Schreibstil ist flüssig, dialogreich und humorvoll. Die Kapitel haben eine angenehme Länge. Das Buch erschien 2023. Das Cover passt nicht nur zum Thema, sondern auch optisch zu den anderen Bänden. Die Handlung spielt in der nicht näher bestimmbaren Gegenwart in Grefrath, Nordrhein-Westfalen. Obwohl dies bereits der siebente Band der Reihe ist, hatte ich als Quereinsteigerin kein Problem, in den Fall und Bienes Umfeld hineinzukommen, obwohl mir natürlich der rote Faden, also Sabines Werdegang, fehlte. Das Ambiente rund ums Eishockey ist anschaulich beschrieben, wie es im Training zugeht und die Stimmung bei einem Match. War erstaunt, wie sehr sich auch Frauen für diesen Sport begeistern können.

Die Spannung liegt, wie bei jedem Whodunit-Krimi primär in der Frage, wer die Tat beging. Die Ermittlungen gehen nur langsam voran, stützen sich zunächst auf fadenscheinige Informationen und Gerüchte. Zudem kommt Biene parallel zum Mordfall auch noch in einem Überwachungsauftrag zum Einsatz, was so einige Turbulenzen mit sich bringt und auf falsche Spuren führt. Der Kreis der Verdächtigen ist zwar überschaubar, dennoch kristallisiert sich erst nach einigen Flops der wahre Täter sowie das Motiv heraus.

Eigentlich besteht die Detektei aus zwei Personen, Jago und Sabine. Doch im Mittelpunkt des Romans steht eindeutig Sabine, aus deren Perspektive auch in Ich-Form erzählt wird. Man befindet sich somit mitten im Fall bzw. eigentlich in zwei Fällen und erlebt sämtliche Befragungen und Aktionen mit ihr mit – und kann miträtseln. Man kann all ihre Gedankengänge mit verfolgen, auch ihre Fehleinschätzungen und Hoppalas, was erfrischend wirkt und oftmals einen zum Schmunzeln bringt. Denn Biene spricht und handelt vorrangig ohne viel nachzudenken und gerät durch ihre Impulsivität immer wieder in prekäre bis gefährliche Situationen.

Sehr im Vordergrund steht auch Sabines Privatleben. Neben den Ermittlungen liegt der Fokus des Romans nämlich auf den zwischenmenschlichen Beziehungen, auf Sabines wunderbarer, verständnisvoller Großmutter, ihrem Freundeskreis und ihrer langjährigen, nicht ganz konfliktfreien Beziehung zu ihrem Freund Jochen.

„Tote Trainer pfeifen nicht“ ist ein Wohlfühl-Krimi mit liebenswürdigen Charakteren, spannend und vor allem vergnüglich zu lesen.

Bewertung vom 31.07.2023
Poljak, Ingrid J.

ALT BÖSE TOT


ausgezeichnet

Eine alte Dame betreibt „Verbrechensaufklärung“

Der Kriminalroman „Alt böse tot“ von Ingrid J. Poljak ist der Auftakt zu einer neuen Reihe mit der über 80-jährigen Melanie (Melli) Pospischil als Protagonistin.

Das Cover zeigt die Hermesvilla im Lainzer Tiergarten, passend zu den erwähnten Tatorten. Einen guten Überblick über das Gebiet, die Leichenfundorte und die von Melli benutzten Wegstrecken bietet eine Skizze am Beginn des Buches. Das Buch erschien 2023. Die Kapitel sind mit Tages- und Uhrzeitangaben übertitelt, was ich stets sehr schätze, weil man den chronologischen Ablauf gut verfolgen kann. Die Handlung spielt im Wien in der Gegenwart. Das Wiener Flair wird sprachlich durch Dialektausdrücke unterstrichen, die man in einem Glossar nachschlagen kann. Als Wienerin fühlte ich mich natürlich heimisch und kannte etliche Straßen und Plätze, die beschrieben wurden. Der Schreibstil ist dialogreich, bildhaft und humorvoll.

Die Spannung steigert sich kontinuierlich, mit jedem Mord wird der Fall komplexer, erweitert sich der Kreis der Verdächtigen, die Mordmotive erscheinen immer undurchsichtiger. Melli kommt bei ihren Ermittlungen nicht nur immer wieder den Kriminalbeamten in die Quere, sondern gerät auch in gefährliche Situationen. Sie liefert aber immer wieder hilfreiche Hinweise und trägt schließlich wesentlich zur Klärung der Mordfälle bei.

Für eine alte Dame ist Melli erstaunlich energiegeladen und unternehmungslustig, was ich aber als plausibel ansah, marschiert sie doch regelmäßig durch den Lainzer Tierpark. Mit gutem Spürsinn, Beobachtungsgabe und einer ordentlichen Portion Sturheit verbeißt sie sich in die Recherchen. Sie ist lebendig und authentisch charakterisiert, geistig rege, unerschrocken bis leichtsinnig, aber wehrhaft in Worten und Taten. Sie gerät immer wieder in prekäre Situationen, ihre Hoppalas und die Situationskomik amüsieren, ihre Schlagfertigkeit und Reaktionsfähigkeit sind oft verblüffend. Die Autorin hat eine originelle Protagonistin geschaffen, die vom Alter her an Miss Marple erinnert, jedoch wesentlich aktiver und körperlich fitter erscheint. Auch ihr Umfeld, der Alltag in einem Pensionistenheim, die teils neugierigen, teils geistig abwesenden Mitbewohner, das kulinarische Angebot, all das ist sehr anschaulich geschildert. Auch die Nebenfiguren sind gut vorstellbar gezeichnet, wobei mir vor allem die liebenswürdige Elfi, die Melli stets bemuttert und unterstützt ans Herz gewachsen ist.

Mir hat „Alt böse tot“ sehr unterhaltsame und spannende Lesestunden beschert und Lust auf weitere Erlebnisse dieser taffen „Verbrechensaufklärerin“ gemacht. Gerne empfehle ich diesen Krimi weiter und vergebe 5 Sterne.

Bewertung vom 31.07.2023
Matthies, Moritz

Schiffe versenken / Erdmännchen Ray & Rufus Bd.8


ausgezeichnet

Viel Geld und wenig Skrupel

„Schiffe versenken“ von Moritz Matthies ist eine vergnügliche leichte Urlaubslektüre.

Worum geht es?
Die Protagonisten dieser Reihe sind die Erdmännchen Ray und Rufus sowie Phil, jener Mensch, der mit ihnen kommunizieren kann. Auf der Suche nach dem verschwundenen Kriminalbeamten Wandlitz heuern sie auf dem Kreuzfahrtschiff Golden Silverstar als Entertainment-Truppe „Phil & Friends“ an, um im Auftrag von Interpol undercover zu ermitteln.

Bereits das Cover mit den beiden putzigen Erdmännchen vermittelt eine unterhaltsame Lektüre. Das 2023 erschienene Buch ist bereits der 8. Band dieser Reihe. Der Schreibstil ist flüssig, dialogreich. Nicht nur das amüsante und turbulente Treiben der Erdmännchen, sondern auch die jeweils nur wenige Seiten langen Kapitel animieren einfach dazu, ein weiteres Kapitel zu lesen und noch eins und noch eins ...

Vor etlichen Jahren hatte ich bereits Band 1 gelesen, doch Details waren mir jetzt nicht mehr geläufig. So brauchte auch ich einige Kapitel, bis ich so richtig in der Geschichte drinnen war. Man wird anfangs mit einer Menge Namen und Hinweisen zu vorherigen Ereignissen konfrontiert, wo es von Vorteil wäre, alle Bände gelesen zu haben.

Die Handlung wird aus Sicht des Erdmännchens Ray erzählt: seine Gedanken, seine Beobachtungen, Aktionen und Gespräche. Mit einer erstaunlichen Ideenvielfalt unterhalten die zwei possierlichen Tierchen nicht nur die Gäste auf dem Schiff, sondern den Leser gleichermaßen. Insbesondere Rufus‘ IT-Kenntnisse faszinieren. Was er nicht so alles an Informationen herbeizaubert! Mit unerschöpflichem Know-how, Erfindungsgeist, einem Quentchen List und Tücke und vollem körperlichen Einsatz gelingt es ihnen letztlich, dieser Bande, die über „viel Geld und wenig Skrupel“ verfügt, das Handwerk zu legen.

Nicht nur die Mischung aus Spannung und Humor ist bestens gelungen, auch Gefühle kommen nicht zu kurz. Das Trio ist witzig und liebenswert. Es macht einfach Spaß, ihre turbulenten Abenteuer zu lesen. Ich fühlte mich bestens unterhalten und habe mir jedenfalls vorgenommen, die davorliegenden Bände nachzulesen.

Bewertung vom 30.07.2023
Loibelsberger, Gerhard

Zerrüttung


ausgezeichnet

1933 – Schicksalsjahr für Österreich

„Zerrüttung“ von Gerhard Loibelsberger ist, obwohl Joseph Maria Nechyba als einer der Protagonisten agiert, kein Kriminalroman, sondern ein auf Fakten basierender historischer Roman.

Klappentext:
Joseph Maria Nechyba genießt seinen wohlverdienten Ruhestand. Was den pensionierten Ministerialrat und vormaligen Oberinspector des k. k. Polizeiagenteninstituts aber zunehmend beunruhigt, ist die politische Entwicklung: Österreich wird unter Kanzler Dollfuß aufgrund des kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes aus dem Jahr 1917 autoritär regiert. In Deutschland ist Hitler Reichskanzler. Der nationalsozialistische Terror setzt mit aller Macht ein und schwappt immer heftiger nach Österreich über. Hass, Intoleranz, Verleumdung und Unversöhnlichkeit sorgen für ein Klima der Zerrüttung.

Das Cover zeigt, passend zur gesamten Nechyba-Reihe, Gustav Klimts Bild der Pallas Athene, jener Göttin, deren Statue groß und mächtig vor dem österreichischen Parlament steht, jenem Gebäude, wo die Regierenden im Jahr 1933 Entscheidungen trafen, die einen fatalen Stein ins Rollen brachten.

„Zerrüttung“ ist zwar kein Nechyba-Krimi, schließt diese Reihe jedoch endgültig ab. Nechyba fungiert als einer der Protagonisten, doch ist es nicht von Belang, die Vorgängerbände gelesen zu haben. Soweit für die Verständlichkeit seines Charakters erforderlich, wird seine Vorgeschichte erwähnt. Nichtsdestotrotz würde ich die Krimis sehr empfehlen; sie bieten neben Spannung vor allem ein wunderbares Bild von Wien ab der Jahrhundertwende.

Der 2023 erschienene und exzellent recherchierte Roman ist in einige mit Überschriften versehene, unterschiedlich lange Abschnitte unterteilt. Nicht nur die Liste der historischen Personen empfand ich als sehr hilfreich, sondern für Nicht-Österreicher einerseits das Glossar der Wiener Ausdrucke sowie die Übersetzungen in den Fußnoten. Für historisch sehr Interessierte ermöglichen die am Ende des Buches abgedruckten QR-Codes das Lesen der im Buch vorkommenden Zeitungsartikel im Original.

Der Schreibstil ist flüssig und trotz der komplexen Thematik locker lesbar. Die mit vielen urwienerischen Ausdrücken sehr authentisch wirkenden Dialoge holen einen nicht nur gut in die Zeit, sondern machen die Personen lebendig und emotional. Die anschaulichen Beschreibungen meiner Heimatstadt, wo ich im Geiste so manche Strecke mit Nechyba mit spazierte, genoss ich ebenso wie Nechybas tiefsinnige Gedanken und diverse Stimmungsbilder. Nechybas Kochkünste lockern die doch recht erschütternde Thematik etwas auf, machten mich stets hungrig.

Die Handlung erstreckt sich über eine Zeitspanne von rund einem Jahr und basiert auf den historischen Ereignissen insbesondere des Jahres 1933, dokumentiert durch Original-Zeitungsberichte. Ich muss zugeben, dass meine geschichtlichen Kenntnisse über diese Zeit sehr rudimentär sind. Etliche historische Persönlichkeiten waren mir bislang unbekannt, so manche Details und Zusammenhänge eröffneten sich mir erst durch die Lektüre. Die Art und Weise, wie der Autor die nüchternen Tatsachen verpackt und den Leser in diese Zeit hineinführt, macht den Reiz des Buches aus. Durch den Blick auf den ganz gewöhnlichen Alltag der Protagonisten werden die Auswirkungen der politischen Ereignisse auf das Volk augenscheinlich. Die Perspektivenwechsel gestalten die Handlung abwechslungsreich, da man auch in verschiedene Milieus blickt. Nechyba, der Oberkellner Novak und der Hausmeister Loibelsberger kennen einander persönlich, ihre Vorgeschichte, ihr Leben, ihr Schicksal differiert jedoch, ebenso wie ihre jeweilige Interpretation der Zeitungsartikel. Aber alle beobachten die politische Entwicklung mit Sorge.

Die handelnden Personen, auch jene am Rande, sind gut vorstellbar beschrieben. Nicht nur der alternde, grantelnde Ministerialrat i.R. Nechyba, der erschüttert die Zeichen der Zeit als bedrohlich empfindet, seine religiöse, politisch etwas blauäugige Gattin Aurelia, die sich mehr um die wohlhabende Frau Schmerda kümmert als um ihren Ehemann, der böhmische Oberkellner Novak, der mit einer Jüdin verheiratet ist, und der cholerische Hausmeister Loibelsberger und dessen familiäre Krise. Wobei insbesondere letztere Figur nicht zufällig den Namen des Autors trägt, sondern einer seiner Großonkeln und tatsächlich Hausmeister in jenem Haus war. Dass der Autor einen Teil seiner eigenen Familiengeschichte mit in die Handlung verwoben hat, gibt dem Roman noch einen besonderen, sehr persönlichen Anstrich.

Ob der in „Zerrüttung“ beschriebenen tragischen Ereignisse wirkt es vielleicht etwas eigenartig zu behaupten, es sei die Lektüre ein Lesegenuss gewesen. Doch in gewissem Sinne war es das. Mir wurden historische Fakten in einer Form präsentiert und bewusst gemacht, die dennoch eine Leichtigkeit in sich trug, in Person der Protagonisten, mit denen man mit lebt, mitfühlt.

Dieses Buch sollte man unbedingt lesen!
Selbstverständlich 5 Sterne.