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haberlei
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Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

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Insgesamt 334 Bewertungen
Bewertung vom 05.09.2023
Mona Frick

Mord in der Manege


ausgezeichnet

Raub und Mord unter dem Zirkuszelt

„Mord in der Manege“ von Mona Frick ist der elfte Band der Kurzkrimi-Reihe rund um Oberkommissar Schäfer.
Worum geht es?
Schäfer und das mit ihm befreundete Ehepaar Bromstetter besuchen eine Zirkusvorstellung. Prompt sind sie wieder mit einem Toten konfrontiert. Vor ihren Augen wird ein Clown getötet. Schäfer, wenn auch pensioniert, ermittelt mit seinem Nachfolger Florian. Hängt der Mord mit dem kürzlich gemeldeten Diebstahl eines kostbaren Diadems zusammen, das dem Zirkusdirektor bzw. dessen Tochter gehörte?

Das farbenfrohe Cover mit der den Zirkusdirektor darstellenden Badeente passt wieder stimmig zur Reihe und zum Inhalt. Diesmal gibt es sogar auf der Rückseite noch eine zweite Badeente, die arabische Prinzessin symbolisierend, deren Krönchen jenen Edelstein enthält, um dessen Raub es im Roman geht. Der 2023 erschienene Kurzkrimi ist mit rund 190 Seiten bislang der umfangreichste der Reihe. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Die Kapitel sind datiert, was den chronologischen Ablauf sehr überschaubar dokumentiert. Obwohl es natürlich einen roten Faden gibt, ist dieser Krimi problemlos ohne Kenntnis der Vorgängerbände verständlich. Ein paar Hinweise zu früheren Ereignissen sind eingestreut. Trotzdem, ich empfehle, mit Band 1 zu beginnen.

Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft. Die Zirkusatmosphäre ist sehr anschaulich dargestellt, sowohl die Aktionen bei der Vorstellung, als auch das unstete Leben der Akrobaten und deren Zusammenhalt. Signifikant für diese Serie ist der urige schwäbische Dialekt von Oberkommissars i.R. Schäfer, der der spannenden Handlung einen humorvollen Anstrich gibt. Die Perspektivenwechsel gestalten die Handlung nicht nur abwechslungsreich, sondern bieten durch den Blick auf die Aktivitäten der Täterseite der Leserschaft einen Informationsvorteil gegenüber der Polizei. Miträtseln ist angesagt, immerhin kristallisieren sich im Zuge der Ermittlungen einige Verdächtige heraus. Letzten Endes wird man dann doch überrascht, nach allerlei dramatischen Entwicklungen.

Für tiefgehende Charaktere bleibt in einem Kurzkrimi zu wenig Raum. Dennoch sind markante Wesenszüge und Eigenarten erkennbar. Die Personen wirken authentisch und lebendig, ihre Aktionen sind nachvollziehbar. Obwohl mittlerweile außer Dienst, steht Schäfer nach wie vor im Mittelpunkt, voller Energie und begeistert darüber, mitten im Geschehen zu sein, ermitteln zu dürfen. Im Prinzip wirken alle Figuren sympathisch, selbst die Täter.

Verglichen mit den Vorgängerbänden fand ich, dass die Fälle immer besser konstruiert sind, immer mehr Fleisch auf die Rippen bekommen. In diesem Fall in Form der Vorgeschichte der Zirkusleute. „Mord in der Manege“ war spannend, humorvoll, getragen von liebenswerten Protagonisten, hat mich bestens unterhalten. Ein wunderbarer Wohlfühlkrimi, den man locker in einem Zug auslesen kann, einfach zwischendurch, unterwegs. Wohlverdiente 5 Sterne!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.08.2023
Korten, Astrid

Overkill - Tod der Schwalben


ausgezeichnet

Das aktuelle alltägliche Grauen

„Overkill – Tod der Schwalben“ von Astrid Korten ist der dritte Band der Reihe mit Hauptkommissarin Mo Celta als Protagonistin.

Worum geht es?
In der Ukraine wird eine grausam zugerichtete Leiche gefunden. Es handelt sich um den Sohn des Ex-Ministers Kanyukov. Sowohl die ukrainische Polizei, Hauptmann Felix Bojko und die deutsche Austausch-Kommissarin Mo Celta, als auch der russischer Polizist Alexander Markow, der vom Vater des Ermordeten angeheuert wurde, begeben sich unabhängig voneinander in die verbotene Zone Tschernobyl, um den Mörder zu fangen. Und immer wieder finden sie präparierte Tiere, vorrangig Schwalben – quasi die Signatur des Mörders.

Das Cover versinnbildlicht durch Stacheldraht die gesperrte Zone, die Schwalbe im Mittelpunkt unterstreicht deren Bedeutung im Roman. Der Thriller erschien 2023. Die Handlung spielt knapp nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges. Die Kapitel sind mit Ortsangaben übertitelt, exakte Zeitangaben sind nicht vorhanden; die angenehm kurzen Kapitel sind auch noch thematisch in Abschnitten zusammengefasst. Dass ich die ersten beiden Bände dieser Reihe noch nicht kannte, hatte keinerlei Belang. Es steht wohl jeder Roman für sich.

Das Buch liest sich flüssig vom Schreibstil her, vom Inhalt her benötigt man des Öfteren Pausen, um das Gelesene sickern zu lassen. Denn nicht nur die fiktiven grausamen Morde schockieren, sondern was mich vor allem betroffen machte, sind die Zustände in der heutigen Ukraine. Die Recherchen der Autorin sind beachtenswert, sowohl was die Gegenwart anbelangt, als auch die detaillierten Beschreibungen des Reaktorunfalls 1986 und dessen Folgen. Ich persönlich hätte mir auch eine Landkarte der Ukraine, insbesondere des Gebietes rund um Tschernobyl, gewünscht, um besser nachvollziehen zu können, in welchen Regionen sich die Protagonisten in etwa bewegt haben.

Es ist der Autorin auf faszinierende Weise gelungen, die Fakten mit fiktiven Ereignissen zu verweben. Das Buch ist vom Beginn bis zum dramatischen Ende aufwühlend und packend. Nicht nur die Spannung beginnt ab der ersten Seite und hält bis zur letzten an, auch das Grauen zieht sich durch den gesamten Roman. Wobei es für mich nicht einmal so sehr die doch recht detailliert beschriebenen übel zugerichteten Mordopfer waren, die mich am meisten schockierten, denn letztlich waren es fiktive Morde. Sondern was ich als so erschreckend, so beklemmend empfand, waren die Schilderungen der Realität, dass nach wie vor Menschen an den Folgen der Strahlenbelastung erkranken und sterben, behinderte Kinder zur Welt kommen, des Weiteren die Zustände in dem radioaktiv verseuchten (Sperr-)Gebiet, wo tatsächlich wieder Menschen unter unzumutbaren Lebensbedingungen hausen, und dass kontaminierte Waren von dort in alle Welt gelangen. Und nicht nur das. Generell machen die Lebensumstände der Menschen, ob in Russland oder in der Ukraine, betroffen. Wie unfrei sie sind, wie Korruption vorherrscht, wie schlecht die Ausrüstung der Soldaten ist, u.v.a.m.

Im Prinzip sind es zwei sich erst gegen Ende vereinigende Handlungsstränge, einerseits der offiziell ermittelnde Hauptmann Bojko mit Mo Celta, andererseits Alexej, der über geheime Wege und mit Hilfe von Insidern ins Sperrgebiet gelangt. Zu welchen Erkenntnissen sie auch gelangen, als Leser verfügt man immer wieder über einen Wissensvorsprung. Durch die stetigen Perspektiven- und Ortswechsel wird die Spannung zusätzlich erhöht. Cliffhanger, dramatische Szenen tun ihr Übriges dazu, dass man das Buch gar nicht mehr zur Seite legen möchte. Zudem ist so vieles rätselhaft – die Symbolik der Schwalben, die Zusammenhänge der aktuellen Mordfälle mit jenem alten Mordfall, der am Tag des Reaktorunfalls geschah. Die Spannung steigert sich von Abschnitt zu Abschnitt, bis in einem dramatischen Showdown die wahren Begebenheiten ans Licht kommen.

Die Charaktere der handelnden Personen sind sehr ausführlich und daher gut vorstellbar dargestellt. Sowohl Bojko als auch Alexej sind außergewöhnliche Menschen, schicksalsbehaftet, geprägt durch ihre Herkunft, ihren Werdegang, ihre familiäre Situation. Beide beweisen Stärke und Mut, indem sie in dem verseuchten Territorium tätig sind, sie wirken ehrenhaft und verlässlich, zeigen aber durchaus auch Schwächen; wirken dadurch authentisch und lebendig. Mo Celta wirkt kompetent, engagiert und strebsam, ist jedoch eher eine Nebenfigur.

„Overkill – Tod der Schwalben“ ist für mich der beste Thriller, den ich je gelesen habe, nicht der bestialischen Morde wegen, sondern aufgrund des höchst aktuellen Umfelds, in dem die Ereignisse spielen und der Art und Weise, wie umfassend darüber berichtet wird. Dieses Buch lässt einen nicht unberührt, macht nachdenklich und dankbar, dass man woanders leben darf.

Eine unbedingte Leseempfehlung und selbstverständlich 5 Sterne!

Bewertung vom 27.08.2023
Kramp, Ralf

Blaues Blut (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Unfall oder Mord?

„Blaues Blut“ von Ralf Kramp ist bereits der 11. Band dieser Reihe rund um Herbie Feldmann und seinen imaginären Freund Julius.

Worum es geht?
Herbie versucht bei einem Flohmarkt Luxus-Küchenmaschinen zweifelhafter Herkunft zu verkaufen und lernt ein Trödler-Ehepaar kennen, das einen Helfer für die Räumung einer Burg sucht. Der Burgherr ist jedoch, nicht wie Herbie angenommen hat, verstorben, sondern hat sich nach dem Tod seiner Partnerin aus Trauer zurückgezogen. Er ist überzeugt, dass sie keinen Unfall hatte, sondern jemand nachgeholfen hat, dass sie mit dem Wagen in den Abgrund stürzte. Herbie lässt sich engagieren, nachzuforschen.

Das Cover ist sehr stimmig – eine Burg in bläulich-nebliger Abendstimmung. Das Buch erschien 2023, die Handlung spielt in der Gegenwart. Die Kapitel sind angenehm kurz gehalten. Der Schreibstil ist nicht nur flüssig und bildhaft, sondern besticht auch durch witzige Dialoge. Mit etwas Lokalkolorit in Form von Landschaftsbeschreibungen, Dialekt und Gebräuchen, wie das Martinsfeuer, wird dem Leser auch so en passant die Eifel nahegebracht. Für mich war es das erste Buch dieser Krimiserie. Ich kam problemlos ohne Vorkenntnisse in die Geschichte hinein.

Man steigt in die Handlung mit einer Rückblende auf den Unfall ein und lernt so nach und nach die handelnden Personen kennen. Im Mittelpunkt agiert Herbie, meist fremdbestimmt, vielfach setzt er spontane, kaum durchdachte Aktionen, stets begleitet von dem „Geist“ Julius, der alles besser weiß und überall seinen ironischen Senf dazu gibt. Der Fall erweist sich als einigermaßen komplex und auch mysteriös. Da hätten etliche ein Motiv und es kristallisieren sich mehr und mehr Verdächtige heraus, sodass man bis zur erstaunlichen, schlüssigen Auflösung ausgezeichnet miträtseln und eigene Theorien aufstellen kann. Zusätzlich geben die dazwischen eingestreuten Textstellen aus einem alten Brief Rätsel auf. Gefährliche Situationen und Action halten die Spannung stets am Köcheln.

Die Charaktere sind sehr lebendig gezeichnet, zeigen Stimmungen und Emotionen, Trauer, Mitgefühl, Aggressionen. Herbie ist einfach sympathisch und liebenswert in seiner gutmütigen, naiven Art. Aber er ist nicht dumm, einfallsreich und verfügt über eine gute Beobachtungsgabe. Stets hilfsbereit schlittert er in Situationen, die bestenfalls in einem Schlamassel enden, ihn aber manchmal auch in Gefahr bringen.

Mit Herbie und Julius hat der Autor zwei originelle Typen geschaffen, die mich blendend unterhalten und Lust auf weitere Abenteuer dieses Duos gemacht haben. Ich empfehle den Krimi gerne weiter und vergebe 5 Sterne.

Bewertung vom 27.08.2023
Nebl, Monika

Mords-Partie


sehr gut

Minnie geht der Mörder ins Netz

„Mords-Partie“ von Monika Nebl ist bereits der fünfte Band dieser Reihe, für mich war es nach Band 3 die zweite Geschichte mit Minnie.

Der Fall lt. Klappentext:
Eine Tote im bayrischen Himmelbett, undurchsichtige Angler. Alibis, die besser geheim bleiben sollten, und jede Menge Eifersucht. Minnie ermittelt zwischen Fischweihern und Bauernhöfen.

Ansprechend bunt und ins Auge stechend ist auch dieses Cover gestaltet, harmonisch zur Serie passend. Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Als Wasserburg-am-Inn-Regionalkrimi bietet das Buch selbstverständlich ausgiebig Lokalkolorit, sowohl landschaftlich, sprachlich, als auch von den bayrischen Typen her. Der Schreibstil ist flüssig, dialogreich und humorvoll. Die Kapitel sind übertitelt und von angenehmer Länge. Das Buch verfügt über ein Glossar zur Erklärung der Dialektausdrücke und einen skizzenhaften Plan von Wasserburg.

Ich kannte die Protagonisten ja bereits, aber ich glaube, ohne Vorkenntnis der Vorgängerbände ist es für Quereinsteiger anfangs, wo man ereignisbedingt mit einer Vielzahl von Personen aus dem Umkreis der Protagonistin konfrontiert wird, etwas schwierig durchzublicken, wer zu wem gehört und wie sie mit der Hauptpersonen in Verbindung stehen. Ich würde daher raten, die Bücher der Reihe nach zu lesen.

Die Personen sind recht anschaulich gezeichnet, gut vorstellbar. Sie wirken bodenständig und zum Umfeld passend, gut typisiert, urig. Minnie ist eine taffe, engagierte, lebhafte Person, die meist sagt, was sie denkt, sie ist sympathisch, unkonventionell und kreativ.

Wenn Minnie mit einem Todesfall, offensichtlich einem nicht natürlichen, konfrontiert ist, dann kann sie das Ermitteln natürlich nicht lassen. Neben Minnies Recherchen bzw. Befragungen nehmen allerdings die Hochzeitsvorbereitungen für ihre Freundin Toni und die bevorstehende Geburt von Tonis Baby etwas zu viel Raum ein, was der Handlung Spannung entzieht. Puzzlesteinchen für Puzzlesteinchen sammelt Minnie Informationen, durchschaut schließlich doch gewisse falsche Aussagen und das Motiv des Mörders. Das alles verläuft ziemlich unspektakulär, bis sich die Lage am Ende doch etwas zuspitzt und Minnie im wahrsten Sinne des Wortes tatkräftig dazu beiträgt, den Mörder zu fassen.

„Mords-Partie“ ist ein typischer Cosy-Regionalkrimi, nicht nur unblutig, sondern auch nicht gerade prickelnd spannend, aber mit vorwiegend sympathischen Protagonisten, die trotz mancher Divergenzen in einer Wohlfühlatmosphäre agieren, in einer idyllischen Umgebung und von reichlich Lokalkolorit geprägt. Ich fand das Buch ganz unterhaltsam, schon allein der Typen und der urwüchsigen Sprache wegen.

Bewertung vom 21.08.2023
Wacker, Florian

Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1


sehr gut

Wertvolle kleine Fische

„Die Spur der Aale“ von Florian Wacker ist der Auftakt einer neuen Reihe rund um die Staatsanwältin Greta Vogelsang.

Worum geht es?
Ein Zollfahnder, der einem Schmugglerring auf der Spur war, wird ertrunken aufgefunden. Die polizeilichen Ermittlungen gehen von einem Unfall aus, doch Greta Vogelsang vermutet Mord, folgt ihrem Spürsinn und beginnt, obwohl offiziell nicht zuständig, auf eigene Faust zu ermitteln. Sie stösst auf Hinweise, dass großangelegt Schmuggel von Glasaalen betrieben wird. Und es bleibt nicht bei einem Toten …

Das Cover ist auffällig und farblich ins Auge fallend, offenbart jedoch wenig Bezug zur Thematik. Der Schreibstil ist eher einfach, aber flüssig, die Kapitel sind angenehm kurz, nummeriert und teilweise betitelt. Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt in der Gegenwart, in Frankfurt am Main und in Honkong. Abgesehen von etwas Lokalkolorit bietet der Krimi auch interessantes Wissen über Schmuggel und Artenschutz, insbesondere über Aale.

Greta Vogelsang ist als Staatsanwältin eigentlich nur für Umwelt- bzw. Artenschutzdelikte zuständig, nicht für Mord, doch sie kannte den ermordeten Zollfahnder und ist entgegen der Meinung ihrer Kollegen im Morddezernat überzeugt, dass er Verbrechern zu nahe kam. Der Fall ist einfach konstruiert, ohne in die Irre führende Spuren, ohne jegliche Verwirrungen. Anhand von drei Protagonisten – der Staatsanwältin sowie Mian und Paul, zwei Mitarbeitern der Bande - ist man als Leser in sämtliche Geschehnisse chronologisch mit eingebunden, lernt die handelnden Personen, ihr privates Umfeld, aber auch ihre Vorgeschichte kennen. Diese Perspektiven- bzw. Ortswechsel gestalten die Handlung abwechslungsreich und informativ. Dadurch, dass man auch die Aktionen der Schmuggler verfolgt, verfügt man stets auch über einen Wissensvorsprung gegenüber den polizeilichen Ermittlungen. Zum Miträtseln bietet dieser Krimi kaum Möglichkeiten, aber ein wenig zum Mitfiebern, wenn Protagonisten in prekäre, ja gefährliche Situationen geraten. Dennoch, wirklich prickelnde Spannung kommt nicht auf.

Greta Vogelsang ist eine sympathische und charakterlich interessante Protagonistin. Ihre Herkunft aus dem Arbeitermilieu hat sie geprägt. Sie musste sich immer durchkämpfen und gegenüber Menschen, die in besseren Verhältnissen aufwuchsen, durchsetzen. Eigenwilligkeit und Zielstrebigkeit sind neben ausgezeichnetem Spürsinn ihre markantesten Eigenschaften. Der Einblick in ihr Privatleben, sie umgibt ein verständnisvoller Partner, eine demenzkranke Mutter und ein überforderter Vater, lässt sie als Mensch wie du und ich und lebendig erscheinen. Auch die Nebenfiguren wirken authentisch. Menschen, wie die Chinesin Mian oder der Franzose Paul schlittern ungewollt aufgrund ihrer misslichen gesellschaftlichen Situation in solche Machenschaften.

„Die Spur der Aale“ ist ein angenehm und rasch zu lesender Wohlfühl-Krimi mit etwas Frankfurter Lokalkolorit und ist durch sein Artenschutzthema auch wissenserweiternd. Ich bin neugierig, wie es für Greta Vogelsang beruflich und privat weitergeht. Für mich war es ein gelungener, aber noch entwicklungsfähiger Auftakt: der Plot könnte noch etwas komplexer sein, ein bisschen mehr Spannung und Dramatik enthalten. Ich empfehle das Buch gerne weiter und vergebe 4 Sterne.

Bewertung vom 15.08.2023
Huwyler, Marcel

Der lila Seeteufel / Eliza Roth-Schild Bd.2


ausgezeichnet

Nacht- und Nebelaktionen am Bodensee

„Der lila Seeteufel“ von Marcel Huwyler, ist der zweite Band der Reihe mit Eliza Roth-Schild als Protagonistin.

Worum geht es?
Eliza erhält den Auftrag, Ken, den zukünftigen Schwiegersohn des Selfmade-Millionärs Kuno Schenk, zu durchleuchten, dem Kens Geldquellen suspekt erscheinen. Sie wird als Gast bei Kens Geburtstagsparty auf seinem schicken Hausboot eingeschleust und stößt bald auf geheimnisvolle Aktionen.

Das Cover ist sehr ansprechend, vermittelt Urlaubsfeeling – blauer Himmel, blaues Wasser – und stimmt auf den Inhalt ein. Das Buch erschien 2023 und spielt in der Gegenwart. Die kurz gehaltenen Kapitel sind nummeriert, ohne Orts- oder Zeitangaben.

Marcel Huwylers Schreibstil ist flüssig, besticht vor allem durch sein Spiel mit der Sprache, die bildhaften Wortschöpfungen, die witzigen Dialoge und die immer wieder vorkommenden Ausdrücke im Schwyzer Dialekt.

Obwohl ich Band 1 noch nicht gelesen hatte, kam ich problemlos in die Geschichte hinein. Der relevante Personenkreis ist überschaubar, soweit erforderlich werden Fakten aus Elizas Vorgeschichte erwähnt.

Es ist ein Wohlfühlkrimi, in dem hervorragend Spannung mit Humor und auch ein bisschen Liebe kombiniert ist. Sowohl die Perspektivenwechsel zwischen Elizas Recherchen und den Liebesproblemen ihres Mitbewohners Fabio tragen zur abwechslungsreichen Handlung bei, als auch etliche überraschende Wendungen, prekäre, ja sogar gefährliche Situationen, in die Eliza gerät. Cliffhanger feuern die Spannung noch zusätzlich an. Am meisten amüsierten mich Elizas fantasievollen Einfälle und Racheaktionen.

Die taffe, couragierte und ideenreiche Eliza steht zwar im Mittelpunkt, doch haben sich auch der unglücklich verliebte Fabio und insbesondere Elizas Chauffeur Wälti in mein Herz geschlichen. Welch unerwartete Qualitäten und Fähigkeiten bei Wälti ans Tageslicht kamen! Für mich hat er Eliza fast den Rang abgelaufen nicht nur durch seine Kenntnisse, sondern vor allem durch sein Wesen. Er verströmt Liebenswürdigkeit, Herzenswärme, Verlässlichkeit und Loyalität. Ich denke, Eliza hat in ihm auch für zukünftige Fälle einen kongenialen Partner gefunden.

Ich habe das Buch fast in einem Zug verschlungen. Es war so vergnüglich zu lesen! Humorvoll, liebenswürdig, fantasievoll, spannend und romantisch zugleich. Jetzt möchte ich unbedingt Band 1 nachholen und natürlich freue ich mich auf eine Fortsetzung!

Bewertung vom 09.08.2023
Wollschläger, Stefan

MBK Friesenhass - Diederike Dirks ermittelt 11


ausgezeichnet

Ein fast perfekter Mord

Mit „Friesenhass“, mittlerweile dem 11. Band dieser Reihe, ist Stefan Wollschläger wieder ein vom Beginn bis zum Ende spannender Krimi gelungen.

Worum geht es?
Ein erfolgreicher Immobilienmakler wird mit einer Harpune erstochen aufgefunden. Mysteriöserweise war er knapp vor seinem Tod zwei Tage auf Norderney, wo er vor Jahrzehnten lebte, arbeitete und Freunde hatte. Hauptkommissarin Diederike Dirks recherchiert, was er dort getan bzw. wen er getroffen haben könnte. Es kristallisieren sich einige Verdächtige aus seinen Jugendkontakten heraus. Zur selben Zeit ereignen sich nach einem Kurzbesuch ihres Bruders Erik in Lina Winterboers Leben seltsame Dinge. Als sie ihn nicht mehr erreichen kann, beginnt sie nachzuforschen.

Ich bin seinerzeit bei Band 8 quer in die Serie eingestiegen und seither gehören Diederikes Fälle zu meinen Favoriten. Auch dieser Band besticht durch den flüssigen Schreibstil, überraschende Wendungen, zahlreiche Verdächtige und unerwartete Ereignisse. Die Kapitel sind kurz, nummeriert und betitelt, ohne Orts- oder Zeitangaben. Das Buch erschien 2023 und spielt in der Gegenwart.

Für mich war es ein erfreuliches Wiedersehen mit sympathischen Protagonisten und dem Nordsee-Flair, aber auch als Neueinsteiger findet man leicht in die Geschichte hinein. Natürlich zieht sich ein die persönliche Entwicklung des Ermittler-Duos betreffender roter Faden durch die Reihe, doch ist dieser nicht dominant bzw. wird zum leichteren Verständnis das eine oder andere aus der Vorgeschichte erklärend erwähnt, sodass die einzelnen Bände unabhängig voneinander problemlos lesbar sind. Aber am besten ist es dennoch, wie stets bei Reihen, mit Band 1 zu beginnen.

Die Handlung gliedert sich in zwei Stränge, von denen man ahnt, dass sie irgendwie in Verbindung stehen müssen, doch eröffnen sich die Zusammenhänge erst gegen Ende. Die Ermittlungsarbeit geht anfangs nur langsam voran, die Suche nach dem Verbindungsglied zwischen dem Opfer und seiner Reise nach Norderney gestaltet sich mühsam, viele Spuren verlaufen im Nichts, keiner der Verdächtigen erweist sich als der einzig Richtige. Dem Leser bietet sich viel Stoff zum Miträtseln. Die Perspektiven- und Ortswechsel, sowie das Switchen zwischen den beiden Handlungsfäden halten die Spannung stets am Köcheln. Rätselhaftes, gefahrvolle Momente und Action sowie so manch Cliffhanger steigern die Dramatik der Ereignisse. Man hat zwar als Leser einen Wissensvorsprung gegenüber den Kommissaren, tappt dennoch bis zum dramatischen Showdown im Dunkeln, bis sich alles ziemlich überraschend, aber schlüssig löst.

Die handelnden Personen, sowohl jene im Umfeld des Opfers als auch die Ermittlerseite, sind anschaulich beschrieben, wirken authentisch. Insbesondere der gut dosierte Einblick in das Privatleben und in die Gefühlswelt der Kommissarin macht sie lebendig, menschlich, mit Ecken und Kanten.

„Friesenhass“ hat mir packende Lesestunden beschert. Mit Vorfreude blicke ich dem nächsten Band entgegen.
Eine unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 05.08.2023
Ziegert, Susanne

Küstendorf


ausgezeichnet

Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben

„Küstendorf“ von Susanne Ziegert ist ein spannender Nordsee-Krimi, bereits der 4. Band, in dem Friederike von Menkendorf ermittelt.

Das Cover fällt in seiner Buntheit gut auf und zeigt einen für die Gegend typischen Backsteinhof, sodass man sich ausgezeichnet vorstellen kann, wie das Gebäude in etwa aussieht, in dem einige der Protogonisten wohnen. Die Handlung spielt in der nicht näher festgelegten Gegenwart. Das Buch erschien 2023 und ist bereits der vierte Band dieser Reihe, ist jedoch auch für Quereinsteiger problemlos ohne Vorkenntnisse lesbar. Dennoch wurde mein Interesse an den Vorgängerbänden und dem Werdegang der Ermittlerin geweckt.

Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft. Eindrucksvoll wird die düstere Moorlandschaft beschrieben, die im Dorf herrschende Stimmung, dieser besondere Menschenschlag dort, wenig offen für Neues, für Fremdes. Die Kapitel sind angenehm kurz gehalten, lediglich nummeriert, ohne Zeit- oder Ortsangaben.

Die Spannung baut sich relativ schnell auf und steigert sich im Laufe der Ereignisse. Zwar braucht man einige Zeit, bis man die Vielzahl der agierenden Personen überblickt, doch von Anfang an ist diese brodelnde Stimmung gut spürbar, die in diesem Dorf vorherrscht. Das fängt bei der Ablehnung und Unfreundlichkeit fremden bzw. zugezogenen Bewohnern gegenüber an, erstreckt sich bis zu handfesten Streitigkeiten mit Nachbarn und Mobbing von Außenseitern und gipfelt schließlich in Hassaktionen bis zur Selbstjustiz.

Auch die Ermittlungen werden durch die verschlossene bis feindselige Haltung der Dorfbewohner erschwert. Je intensiver Friederike von Menkendorf sich mit dem Leben des Opfers und dessen Beziehungen befasst, desto komplexer erweisen sich die Zusammenhänge und die Ursachen des Eklats, desto mehr erweitert sich der Kreis der Verdächtigen, offenbart sich der schwelende Hass und Neid, enthüllen sich lang gehütete Geheimnisse. Für Rike entwickelt sich der Fall zu einer persönlichen Herausforderung, als ihre eigene Familie mit hineingezogen wird. Immer wieder führen Spuren auch in die Irre, aber sie lässt nicht locker bis sich letztlich alles klärt.

Die Charaktere sind nicht nur äußerlich gut vorstellbar gezeichnet, sondern sie zeigen sehr markante, in die Tiefe gehende Wesenszüge – einerseits die engstirnigen, im Althergebrachten verhafteten Dorfbewohner, der von allen seit der Kindheit ins Out geschobene, tierliebende Eigenbrötler, andererseits die eigentlich das Beste wollende, aber total überforderte Auguste und die kluge, feinfühlige und überaus hilfsbereite Freundin Margo, nicht zu vergessen Rike, an sich ein schwieriger Charakter, aber eine verbissen nach Gerechtigkeit suchende Ermittlerin.

„Küstendorf“ hat mich vom Anfang bis zum Ende gepackt: Ein rätselhafter Kriminalfall, reich an bedrohlichen Situationen, in dem Themen wie Ausgrenzung, Reichsbürger und Selbstjustiz eingearbeitet sind, der in einer düster-stimmungsvoller Moorlandschaft spielt, und mit einer sympathischen Kommissarin, von der ich gerne noch weitere Fälle lesen möchte.
Ein unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 01.08.2023
Nentwich, Vera

Tote Trainer pfeifen nicht


sehr gut

Spannendes, vor allem unterhaltsames Eishockey-Flair

„Tote Trainer pfeifen nicht“ von Vera Nentwich ist ein unterhaltsamer Cosy-Krimi.

Worum geht es?
Der Eishockeystar Toby steht unter Verdacht, den Trainer erschlagen zu haben. Seine Freundin bittet Sabine (Biene) Hagen um Hilfe. Die Detektivin vertieft sich in das Umfeld des Eishockeyvereins und fragt sich u.a., wie sich der kleine Verein so einen Top-Trainer leisten konnte bzw. wieso der überhaupt bereit dazu war? Weshalb hat der Vereinsvorsitzende ausgerechnet ihn engagiert und worüber gab es Streit mit dem Trainer?

Der Schreibstil ist flüssig, dialogreich und humorvoll. Die Kapitel haben eine angenehme Länge. Das Buch erschien 2023. Das Cover passt nicht nur zum Thema, sondern auch optisch zu den anderen Bänden. Die Handlung spielt in der nicht näher bestimmbaren Gegenwart in Grefrath, Nordrhein-Westfalen. Obwohl dies bereits der siebente Band der Reihe ist, hatte ich als Quereinsteigerin kein Problem, in den Fall und Bienes Umfeld hineinzukommen, obwohl mir natürlich der rote Faden, also Sabines Werdegang, fehlte. Das Ambiente rund ums Eishockey ist anschaulich beschrieben, wie es im Training zugeht und die Stimmung bei einem Match. War erstaunt, wie sehr sich auch Frauen für diesen Sport begeistern können.

Die Spannung liegt, wie bei jedem Whodunit-Krimi primär in der Frage, wer die Tat beging. Die Ermittlungen gehen nur langsam voran, stützen sich zunächst auf fadenscheinige Informationen und Gerüchte. Zudem kommt Biene parallel zum Mordfall auch noch in einem Überwachungsauftrag zum Einsatz, was so einige Turbulenzen mit sich bringt und auf falsche Spuren führt. Der Kreis der Verdächtigen ist zwar überschaubar, dennoch kristallisiert sich erst nach einigen Flops der wahre Täter sowie das Motiv heraus.

Eigentlich besteht die Detektei aus zwei Personen, Jago und Sabine. Doch im Mittelpunkt des Romans steht eindeutig Sabine, aus deren Perspektive auch in Ich-Form erzählt wird. Man befindet sich somit mitten im Fall bzw. eigentlich in zwei Fällen und erlebt sämtliche Befragungen und Aktionen mit ihr mit – und kann miträtseln. Man kann all ihre Gedankengänge mit verfolgen, auch ihre Fehleinschätzungen und Hoppalas, was erfrischend wirkt und oftmals einen zum Schmunzeln bringt. Denn Biene spricht und handelt vorrangig ohne viel nachzudenken und gerät durch ihre Impulsivität immer wieder in prekäre bis gefährliche Situationen.

Sehr im Vordergrund steht auch Sabines Privatleben. Neben den Ermittlungen liegt der Fokus des Romans nämlich auf den zwischenmenschlichen Beziehungen, auf Sabines wunderbarer, verständnisvoller Großmutter, ihrem Freundeskreis und ihrer langjährigen, nicht ganz konfliktfreien Beziehung zu ihrem Freund Jochen.

„Tote Trainer pfeifen nicht“ ist ein Wohlfühl-Krimi mit liebenswürdigen Charakteren, spannend und vor allem vergnüglich zu lesen.

Bewertung vom 31.07.2023
Poljak, Ingrid J.

ALT BÖSE TOT


ausgezeichnet

Eine alte Dame betreibt „Verbrechensaufklärung“

Der Kriminalroman „Alt böse tot“ von Ingrid J. Poljak ist der Auftakt zu einer neuen Reihe mit der über 80-jährigen Melanie (Melli) Pospischil als Protagonistin.

Das Cover zeigt die Hermesvilla im Lainzer Tiergarten, passend zu den erwähnten Tatorten. Einen guten Überblick über das Gebiet, die Leichenfundorte und die von Melli benutzten Wegstrecken bietet eine Skizze am Beginn des Buches. Das Buch erschien 2023. Die Kapitel sind mit Tages- und Uhrzeitangaben übertitelt, was ich stets sehr schätze, weil man den chronologischen Ablauf gut verfolgen kann. Die Handlung spielt im Wien in der Gegenwart. Das Wiener Flair wird sprachlich durch Dialektausdrücke unterstrichen, die man in einem Glossar nachschlagen kann. Als Wienerin fühlte ich mich natürlich heimisch und kannte etliche Straßen und Plätze, die beschrieben wurden. Der Schreibstil ist dialogreich, bildhaft und humorvoll.

Die Spannung steigert sich kontinuierlich, mit jedem Mord wird der Fall komplexer, erweitert sich der Kreis der Verdächtigen, die Mordmotive erscheinen immer undurchsichtiger. Melli kommt bei ihren Ermittlungen nicht nur immer wieder den Kriminalbeamten in die Quere, sondern gerät auch in gefährliche Situationen. Sie liefert aber immer wieder hilfreiche Hinweise und trägt schließlich wesentlich zur Klärung der Mordfälle bei.

Für eine alte Dame ist Melli erstaunlich energiegeladen und unternehmungslustig, was ich aber als plausibel ansah, marschiert sie doch regelmäßig durch den Lainzer Tierpark. Mit gutem Spürsinn, Beobachtungsgabe und einer ordentlichen Portion Sturheit verbeißt sie sich in die Recherchen. Sie ist lebendig und authentisch charakterisiert, geistig rege, unerschrocken bis leichtsinnig, aber wehrhaft in Worten und Taten. Sie gerät immer wieder in prekäre Situationen, ihre Hoppalas und die Situationskomik amüsieren, ihre Schlagfertigkeit und Reaktionsfähigkeit sind oft verblüffend. Die Autorin hat eine originelle Protagonistin geschaffen, die vom Alter her an Miss Marple erinnert, jedoch wesentlich aktiver und körperlich fitter erscheint. Auch ihr Umfeld, der Alltag in einem Pensionistenheim, die teils neugierigen, teils geistig abwesenden Mitbewohner, das kulinarische Angebot, all das ist sehr anschaulich geschildert. Auch die Nebenfiguren sind gut vorstellbar gezeichnet, wobei mir vor allem die liebenswürdige Elfi, die Melli stets bemuttert und unterstützt ans Herz gewachsen ist.

Mir hat „Alt böse tot“ sehr unterhaltsame und spannende Lesestunden beschert und Lust auf weitere Erlebnisse dieser taffen „Verbrechensaufklärerin“ gemacht. Gerne empfehle ich diesen Krimi weiter und vergebe 5 Sterne.