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Magnolia
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Bayern

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Insgesamt 157 Bewertungen
Bewertung vom 28.07.2025
Sauer, Anne

Im Leben nebenan (MP3-Download)


sehr gut

Was wäre wenn… ein spannendes Szenario

„Vielleicht denk ich mir einfach ein zweites Leben für mich aus“ hatte sie gemeint…

Toni wacht auf und fühlt sich wie im falschen Film. Wo ist sie? Und wem gehört dieses Baby? Gut, sie und Jakob, ihr langjähriger Freund, haben einen Kinderwunsch, doch bis jetzt hat es nicht geklappt. Also – das Baby ist nicht ihres, auch ist ihre Wohnung in der Großstadt eher beengt und diese hier ist direkt luxuriös, die Umgebung vertraut – hier, in diesem Dorf, ist sie aufgewachsen, wie ein Blick aus dem Fenster verrät. Es war eben noch Sommer…

…und plötzlich ist es Herbst. In diesem anderen Leben ist sie Antonia, sie lebt mit Adam im Dorf ihrer Kindheit, sie hat Mann und Kind.

Was wäre wenn? Ein spannendes Szenario, direkt abstrakt. Anne Sauer erzählt zwei Geschichten parallel - von Kinderwunsch und Mutterschaft, von Toni und von Antonia. Das Hineinfinden in diese beiden Leben war zunächst befremdlich, da alles andere als alltäglich. Aber bald konnte ich mich damit anfreunden, dieses Wechselspiel hat mir zunehmend Spaß gemacht.

Ich hab mich darauf eingelassen, mich zurückgelehnt und mir „Im Leben nebenan“ von Chantal Busse vorlesen lassen. Sie ist für dieses Buch die absolut richtige Sprecherin, ihre jugendliche Stimme passt hervorragend zu der jungen Toni bzw. zu Antonia. Sie hat Anne Sauers Idee, zwei Lebensszenarien nebeneinander aufzuzeigen, perfekt in Szene gesetzt.

Bewertung vom 28.07.2025
Kelly, Julia R.

Das Geschenk des Meeres


ausgezeichnet

So traurig und doch so wundervoll

Es ist Winter in Schottland, wir schreiben das Jahr 1900. Wir beobachten Joseph, als er mitten auf der Straße von Skerry einen kleinen Jungen trägt. Er hält auf das Haus des Pfarrers zu, der Junge hustet, er hat nur einen braunen Stiefel an. Am Strand hat er ihn gefunden, wird er später berichten. Auch in Mrs Browns Laden wird diese Szene registriert und an Jahre zuvor erinnert, als an diesem Strand ein Junge verschwand, der diesem Jungen verblüffend ähnlich sieht. Als ob das Meer ihn nach all der Zeit zurückgebracht hätte.

Julia R. Kelly hat einen leisen, einen sehr atmosphärischen Roman geschrieben, der von Dorothy erzählt. Wie sie ihre Stelle als Lehrerin hier antritt. Sie kommt direkt aus Edinburgh, von Begräbnis ihrer Mutter. Dort hält sie nun nichts mehr, der Pfarrer holt sie vom Bahnhof ab, er bringt sie direkt ins Schulhaus. Erzählt wird auch von dem Joseph, dem Fischer und vom Leben noch so einiger anderer, die das große Glück suchen, das sie nicht unbedingt finden. Sie alle haben viele Geheimnisse, Lügen und Intrigen machen so manchem das Dasein schwer, es geht und Verlust und Neuanfang, um Schuld und Schuldzuweisungen, um Trauer und um die Liebe geht es auch.

„Das Geschenk des Meeres“ erzählt von einer eingeschworenen Gemeinschaft, in der es auch Außenseiter gibt. Dorothy ist eine davon, sie möchte in ihrer Unsicherheit es jedem recht machen. Sie weiß, dass sie tuscheln, dass sie genauestens beobachtet wird. Ihre Gefühle zu einem Mann lässt sie nicht zu, obwohl es beide zueinander hinzieht. Irgendwann heiratet sie den Falschen, sie bekommt ihren kleinen Jungen, den sie Moses tauft und dieser Junge ist es, der eines Tages verschwindet. Zuletzt wird er am Strand gesichtet. Und nun erinnert alles an Moses, Dorothy bietet an, sich um den anderen, gerade dem Meer entkommenen Jungen zu kümmern. Wer ist dieser Junge? Wo kommt er her? Alte Geschichten werden hervorgekramt und immer wieder sind es Dorothy und Joseph, die im Focus stehen. Die Frauen treffen sich in Mrs Browns Laden. Hier wird gestrickt, gebacken und getratscht, die Männer findet man eher im Pub.

So traurig und doch so wundervoll ist diese Geschichte, die zuweilen wie entrückt daherkommt, die mich sehr beeindruckt hat. Gebannt bin ich Dorothy gefolgt, der ich öfter mal zurufen wollte, nicht so viel auf das Geschwätz der Leute zu geben. Nicht nur sie hatte ich direkt vor Augen, auch die anderen Charaktere sind gut gezeichnet, zu jedem einzelnen hatte ich genaue Vorstellungen. Ihre Wünsche, ihre Sehnsüchte und die raue Wirklichkeit sind authentisch und gut nachvollziehbar beschrieben. Daneben ist das Leben an sich um 1900 gut eingefangen. Die Rolle des Mannes und der der Frau sind klar definiert, Romantik hat hier nicht unbedingt Platz. Kälte, Regen und Schnee verstärken die düstere Stimmung, dazu das Meer und das Mystische um die Wellenkinder, die ihnen zuflüstern, mitzukommen. Und ja - dieses so eindrucksvolle Buch ist es wert, gelesen zu werden.

Bewertung vom 27.07.2025
Völler, Eva

Der Sommer am Ende der Welt


sehr gut

Bewegend, erschütternd, emotional

Die Journalistin Hanna reist mit ihrer 15jährigen Tochter Katie nach Borkum, sie will neben ihren Recherchen um die Verschickungskinder, die hier in den 1960er Jahren für jeweils sechs Wochen zur Erholung hier waren, auch ein wenig Privatleben genießen. Sie mieten sich im luxuriösen Dünenschloss ein, das von Isa Martens und ihrem Bruder Jan Guterson betrieben wird.

Früher diente das Haus, die damalige Villa Aurelia, als Erholungsheim für Kinder. Aus dem Ruhrgebiet kam Sabine, mit der Hanna jetzt in Kontakt ist, mit sechseinhalb Jahren zur gleichen Zeit nach Borkum wie ihre Mutter Cornelia, die damals noch jünger war. Für die Kinder, die den Sommer über der Willkür der Betreiber dieser Heime ausgesetzt waren, waren es schreckliche Wochen, die sie Zeit ihres Lebens verfolgten. Als erstes wurden sie ihrer Namen beraubt, sie wurden durchnummeriert, Kopfnüsse und Ohrfeigen waren an der Tagesordnung, der Tag genauestens durchstrukturiert, minderwertiges Essen wurde ihnen notfalls eingetrichtert, auch kam es zu Medikamententests, die ärztliche Versorgung wurde vernachlässigt, es waren schlichtweg Horrorwochen.

Es sind zwei sich abwechselnde Zeitstränge, von denen ich lese. Hanna findet heraus, dass hinter diesem System der Verschickungskinder viele Institutionen beteiligt waren. Missstände wurden vertuscht oder bagatellisiert, den Kindern, die es wagten, von ihren seelischen und körperlichen Qualen zu berichten, wurde nicht geglaubt. Hannas Recherchen über diese Verschickungskinder und dem ganzen Hintergrund drumherum gefallen auch heute nicht jedem. Je mehr sie gräbt, je mehr sie herausfindet, desto mehr erkennt sie, warum ihre Recherchen boykottiert werden.

Die beiden Erzählstränge greifen ineinander über. Hanna findet vor ihrer Tür ein altes Tagebuch, später dann eine Karte mit einem entscheidenden Hinweis. Auch die Gespräche mit der heute älteren Sabine geben viel von dem stramm geführten Heim preis.

Eva Völlers Schwester war in den frühen 1960ern auf Norderney, sie hat nach ihrer Kur weniger gewogen als zuvor. Ihr Bruder war auf Borkum und erst jetzt, nach vielen Jahren des Schweigens, hat er sich ihr doch geöffnet. Dieser familiäre Hintergrund hat sie letztendlich dazu bewogen, diesen Roman zu schreiben, der aufwühlt, der fassungslos macht.

Die Figuren und die Örtlichkeiten sind fiktiv, die Thematik allerdings ist es nicht. Der Roman legt den Finger auf dieses finstere Kapitel, diese Heime und die Erziehungsmethoden waren sehr real. Borkum hat sich schon früh mit dem Stempel „judenfrei“ gebrüstet, begehrte Objekte waren alsbald in den Händen strammer Nationalsozialisten. Auch wird der Bogen bis nach Litzmannstadt und den Kinder-KZ, dem heutigen Lodz, gespannt. Dieser Handlungsstrang von damals ist so eindringlich, so bewegend geschildert, dass die Geschichte um die private Hanna direkt banal wirkt. Und doch lockern so einige wenige Szenen dieses doch sehr ernste Thema etwas auf. Ein Roman, der aufwühlt, ein Roman, der gelesen werden will.

Bewertung vom 23.07.2025
Engelmann, Julia

Himmel ohne Ende (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Großartig

Julia Engelmann hat einen sehr lebensklugen Roman geschrieben. Ihr „Himmel ohne Ende“ hat mich, je weiter ich gelesen habe, mehr und mehr in seinen Bann gezogen.

Die 15jährige Charlie kommt sich ziemlich verloren vor. Der Vater ist weg, ihre beste Freundin Kati spricht nicht mehr mit ihr, überhaupt ist sie eine Außenseiterin, die sich in ihr Schneckenhaus verkriecht. Bis zu dem Tag, als Pommes auftaucht. Er ermutigt sie, ihren eigenen Weg zu gehen, dabei darf sie ruhig auch ängstlich sein, sie muss nicht perfekt sein, darf Fehler machen. Es ist diese Prise Ich, wie er es nennt, die sie nie hintanstellen sollte.

„Und dann wusste ich es. Dass ich etwas Eigenes aus meinem Leben machen musste. Dass ich es wenigstens versuchen musste…“ Bis dahin ist es ein nicht immer einfacher Weg, er kann und wird durchaus auch mal steinig sein.

Julia Engelmann ist für mich eine Neuentdeckung, dabei ist sie schon lange sehr erfolgreich. Sie ist eine Wortakrobatin, sie ist Dichterin und Sängerin, sie nahm schon früh an Poetry-Slams teil, ihre Bücher sind Bestseller. Gebannt habe ich ihren Gedichten gelauscht, sie hat mich ganz einfach verzaubert.

Und auch mit ihrem „Himmel ohne Ende“ hat sie mich restlos begeistert. Sie ist eine scharfsinnige Beobachterin, Charlies Geschichte ist direkt aus dem Leben gegriffen. Es geht um Freundschaft und um Ausgrenzung, um die ersten zaghaften Bande und auch um Trauer und um das Erwachsenwerden. Die ganze Gefühlspalette einer Fünfzehnjährigen bringt die Autorin ihren Lesern nahe, untermalt mit einer Prise Humor. Das ganze Buch kommt trotz dieser Themen leichtfüßig daher, es ist ein intelligentes Buch, das nachdenklich macht und dabei ein gutes Gefühl zurücklässt. Es ist ein großartiges Buch, das ich sehr gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 22.07.2025
Schoeters, Gaea

Das Geschenk (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Klug, gewitzt – eine Tragikkomödie vom Feinsten

Einer Tragikkomödie gleich kommt „Das Geschenk“ daher. Nicht immer leichtfüßig, zuweilen sehr schwer – was der Anatomie eines Elefanten eher entspricht.

„Aktuell ist von achtunddreißig die Rede“ bekommt Bundeskanzler Winkler zur Antwort auf seine Frage, wie viele es denn nun sind, die vor dem Reichstag stehen. Kurz darauf sind es vierundfünfzig, noch hält sich der Schaden in Grenzen, auch wenn es schon etliche Unfälle gegeben hat.

Der Präsident von Botswana ruft an, es geht um das von den Deutschen verschärfte Elfenbeingesetz. Er macht klar, was dies für sein Land bedeutet, er bedankt sich dafür mit 20.000 Elefanten, die ersten wurden schon in Berlin gesichtet, Winkler hat sie mit eigenen Augen gesehen.

Die Einfuhrbeschränkung des Elfenbeins stellt unser Denken gegen das des afrikanischen Landes, das die Population der Tiere genau regelt und das nun außer Kontrolle gerät. Probleme sind global, kein Land hat ein Alleinstellungsmerkmal.

Die Ausgangssituation ist brisant, es stellt Politiker und ihre Denkweise bloß. Das Wichtigste ist, Wahlen zu gewinnen, dafür schaut mal dem Volk aufs Maul, es darf nicht verprellt werden. Noch sind die Elefanten eine exotische, geschützte Spezies. Bald aber richten sie hohen Schaden an, Massenkarambolagen sind die Folge. Menschen sterben. Sind Abschüsse gerechtfertigt? Nicht der Moral, eher der Wiederwahl wegen.

Eine Realsatire, wie sie so oder so ähnlich sein könnte, ist „Das Geschenk“ allemal. Eine so kluge wie gewitzte Story, die trotz der riesigen Elefantenherde und ihrem großen Hunger mitsamt ihrer Hinterlassenschaften zuweilen zum Schmunzeln anregt. Aber nicht nur das, es macht nachdenklich und ein Stück weit betroffen. Man sollte es lesen – unbedingt.

Bewertung vom 21.07.2025
Eschbach, Andreas

Die Auferstehung (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die drei ??? sind auferstanden – beste Unterhaltung ist garantiert

Andreas Eschbach bürgt für intensive Lesestunden, bei seinen Büchern greife ich unbesehen zu, er hat mich noch nie enttäuscht. Und die drei ??? - welcher Junge kennt sie nicht, die Detektivgeschichten um Justus, Peter und Bob. Nun, sie sind erwachsen geworden, sie sind ihrer Wege gegangen und nun führt ein ziemlich mysteriöser Fall sie wieder zusammen.

Eine auf den ersten Blick verwahrloste Frau taucht bei einer Police Station am Rande des brasilianischen Regenwaldes auf mit der Bitte, die US-Botschaft zu verständigen. Vor sieben Jahren war sie mit einer Filmcrew unterwegs, diese kam in ein fürchterliches Unwetter. Es gab Tote und bis heute Vermisste, auch sie war eine von ihnen – Tracy Hitfield. Sie lebte im Amazonasdschungel mit einem indigenen Stamm, ihre Geschichte klingt unglaublich.

Eine alte Visitenkarte der drei ??? ist es, die die drei Detektive auf sehr verschlungenen Pfaden wieder zusammenführt. Tracys Tante Mary sucht Justus auf, um dieser Sache nachzuspüren. Und Tracy erzählt von einem Schamanen, den sie unbedingt finden will und nicht nur ihn gilt es zu suchen – es gibt viel zu tun.

Eine auch für mich aufregende Spurensuche beginnt. Bald nimmt ein ungeheurer Verdacht mehr und mehr Form an, er lässt immer wieder zweifeln, verfestigt sich aber dann doch. Neben der ganzen Detektivarbeit bleibt auch das Zwischenmenschliche nicht auf der Strecke. Justus und Peter haben sich damals entzweit, ihre Sprachlosigkeit dauert an und diese Ermittlungen sind es, die sie zusammenarbeiten lassen. Nicht zu vergessen Bob, der in gefährlicher Mission unterwegs ist.

Auch wenn ich anfangs ob dieser damals jugendlichen drei ??? ein wenig gezögert habe, so war doch Andreas Eschbach als Autor dieser „Auferstehung“ es, der mich zu dem Buch hat greifen lassen - es war eine gute Entscheidung. Sein Schreibstil spricht sowieso für sich, die so spannende Story hat mich sofort gefangen genommen, ich konnte und wollte das Buch nicht mehr weglegen. Und musste ich es doch, so waren meine Gedanken bei Justus Jonas, Bob Andrews und Peter Shaw, bei Tracy und Mary und noch so einigen Protagonisten und ihrem beileibe nicht immer fairen Spiel. Mehr sei nicht verraten, nur so viel – es lohnt sich für jeden Krimi- und Thriller-Fan, Eschbachs neuestes Werk, das sich von seinen anderen Büchern durchaus unterscheidet, zu lesen. Ach was, zu verschlingen.

Bewertung vom 21.07.2025
Knecht, Doris

Ja, nein, vielleicht (eBook, ePUB)


sehr gut

So wie das Leben eben ist

Die Kinder sind aus dem Haus, der Mann hat sich schon lange verabschiedet - und sie? Ja, sie ist so frei wie sie sich fühlt. Bis auf Kleinigkeiten natürlich, die sind immer irgendwo da. Momentan ist es der Zahn, der ihr Kummer macht, denn er wackelt und nicht nur das, auch schmerzt er. Aber sonst? Hat sie es gut getroffen. Ihre kleine Stadtwohnung wird grad von ihrer Schwester belagert, was aber nicht weiter schlimm ist. Auf dem Land hat sie noch ein altes Haus, das idyllisch am Wasser liegt. Da fühlt sie sich wohl, da fühlt sie sich heimisch. Im nahen Supermarkt trifft sie auf Friedrich, einen Mann, der ihrer Vergangenheit angehört. Er wohnt nicht weit weg, also kommt er zu Besuch.

Doris Knecht (vielmehr ihre Protagonistin) habe ich vor geraumer Zeit beim Entrümpeln ihrer Wohnung (und ihres Lebens irgendwie auch) getroffen und nun ist sie einen Schritt weiter, sie ist fünfzig, sie lebt allein und das ziemlich gerne. Auch wenn sie gelegentlich damit hadert, denn manchmal ist man als Paar einfach besser dran. Nun, sie hinterfragt schon, ob Friedrich wieder in ihr Leben passen würde. Ja? Nein? Oder vielleicht doch?

Sie ist noch nicht alt, aber jung ist sie auch nicht mehr. Das Älterwerden an sich und der Blick auf das Leben ist es, was das Buch ausmacht. Vieles wird hinterfragt, Gewohnheiten haben sich eingeschlichen, in ihrem Umfeld könnte es auf eine Scheidung hinauslaufen, auch bahnt sich ein Neubeginn an. Ihre beste Freundin will es nochmal wissen, sie soll Trauzeugin sein. Es passiert noch so einiges, eigentlich ist es das ganz normale Leben, zuweilen könnte man dies als den ganz normalen Wahnsinn beschreiben. Braucht sie Friedrich? Braucht sie einen Mann? Tja, auch diesem Gedanken spürt sie nach. Und da sind Freunde, gute Freunde, Nachbarn, auf die Verlass ist.

Alltägliches vermischt sich mit Aufregendem und wenn man es genau bedenkt, kommt sie zu dem Schluss, dass sie ganz gut alleine zurechtkommt – oder? „Ja, nein, vielleicht“ ist direkt aus dem Leben gegriffen. Sie blickt ein wenig selbstironisch, mit einem Augenzwinkern, aber immer ehrlich auf ihr Dasein. Ein Buch, nicht nur für die Frau ab fünfzig, das sich locker wegliest.

Bewertung vom 17.07.2025
Sonnberg, Elena

Das Versprechen eines Sommertags


sehr gut

Sommerfeeling und mehr

Eine Sommerlektüre mit Tiefgang – so würde ich „Das Versprechen eines Sommertags“ mit wenigen Worten beschreiben.

Isabelle fliegt mit Mann und ihren beiden Kindern nach Mallorca zu ihren Eltern. Diese wollen ihr Eheversprechen nach fünfzig gemeinsamen Jahren erneuern und selbstredend sollte ihre Goldene Hochzeit dementsprechend gefeiert werden. Isabelles Bruder Daniel ist schon da, sein guter Freund Ben hat sich zu Isabelles Überraschung dazugesellt. Erinnerungen werden wach.

Damals, vor fünfzehn Jahren, hatten Ben und Daniel einen Roadtrip geplant, alles war gebucht, alles bezahlt und dann – hat sich Daniel den Fuß gebrochen. Er hat seine große Schwester bekniet, mit Ben statt seiner zu fahren und so sind sie mit dem Camper los, mit Zwischenstopps bis Amsterdam. Ben ist heute Galerist, er hat sich damals nach dem schönsten Sommer ihres Lebens gen Australien verabschiedet und wie es so ist – sie haben sich aus den Augen verloren. Und nun steht er da, vor ihr.

Elena Sonnberg entführt mich an die Ostküste Mallorcas, in einen der schönsten Orte der Insel, nach Portocolom, in die Finca von Isabelles Eltern. Schon das Cover weckt Sehnsucht und die Beschreibung der zauberhaften Buchten, des kristallklaren Wassers, der Bergdörfer mit ihren Treppen und ihren hübschen Häusern machen Lust auf die Insel, dazu der Duft der Zitrusfrüchte und noch sehr viel mehr fangen den Inselflair perfekt ein. Dieser Roman hat noch sehr viel mehr zu bieten als Mandelkuchen, dessen Rezept auf der vorderen und rückwärtigen Coverinnenseite abgedruckt ist.

Die nach außen hin heile Welt ist gar nicht so rosig. Isabelle steht vor dem Aus ihrer Ehe. Ihr Mann Stefan, mit dem sie sich ihre Immobilienfirma aufgebaut hat, hat innerlich mit der Ehe abgeschlossen. Er zieht sich immer mehr zurück, hat für die Familie, für die Kinder, wenig Zeit. Stefans Alleingänge kann ich nicht viel abgewinnen, Isabelle dagegen möchte, dass die anderen unbeschwerte Tage genießen können. Sie schraubt mit ihrem Vater an seinem geliebten Oldtimer, ihre virtuellen Reisen schweißen sie zusammen. Auch er ist mit über siebzig nicht mehr so fit, seine Marianne achtet aber schon auf ihn, auch wenn er zuweilen etwas abseits vom Trubel sich seine Auszeiten gönnt.

„Es war nur ein Sommer“ und an den denkt Isabelle gerade jetzt zurück. Ben erinnert sie an ihr Zeichentalent, das sie zugunsten der Familie nicht weiter verfolgt hat. Die Autorin hat nicht nur diese beiden Figuren fein gezeichnet, sie sind nahbar, ihre Gedanken, ihre Gefühle nachvollziehbar. Sie spürt dem wahren Leben mit all den Problemen nach, zeigt auch die Schattenseiten auf. Und doch ist es ein stimmungsvoller, luftig-leichter Sommerroman, was schon allein der Umgebung geschuldet ist. Probleme sind da, um gelöst zu werden – wenn das nur immer so einfach wäre.

Bewertung vom 16.07.2025
Shepherd, Catherine

Das heimliche Zimmer: Thriller


ausgezeichnet

Wer treibt hier sein grausames Spiel?

Catherine Shepherd bereitet mir seit ihrem ersten Zons-Thriller schlaflose Nächte und nicht nur in Zons, auch in Berlin sind die Nächte kurz für die Spezialermittlerin Laura Kern und ihrem Kollegen Max Hartung. Sie werden zu einer stillgelegten U-Bahn-Station gerufen, ein Obdachloser hat die Leiche eines Jungen gefunden. Er wurde geknebelt, an eine Säule fixiert, er ist voller Blut, alle Anzeichen sprechen für ein grausames Verbrechen. Bald gerät ein 16jähriger Mitschüler in Verdacht, dieser jedoch hat einen kompletten Filmriss.

Es ist der mittlerweile zehnte Band der Laura-Kern-Reihe, er ist in sich abgeschlossen, man kann also getrost damit anfangen, „Das heimliche Zimmer“ zu suchen.

In dieser U-Bahn-Station feiern Teenager Partys, Obdachlose suchen sich hier ihre Bleibe und nicht zuletzt dient dieser Ort als Umschlagplatz für Drogen aller Art. So einige zwielichtige Gestalten werden mir präsentiert, auch führt eine Spur in die Schule, ich schaue mich auch im Zuhause der Mitschüler des toten Jungen um, es sind definitiv so einige Typen, die mir sehr suspekt sind. Und dann – geschieht ein weiterer Mord.

Passt dieses zweite Verbrechen ins Schema? Kann vom selben Täter ausgegangen werden? Laura hat für ihr Privatleben keine Zeit, auch Max ist extrem eingespannt, die Ermittlungen haben nun mal Vorrag. Es sieht ganz danach aus, als ob hier ein Serienmörder sein Unwesen treibt.

Wie gesagt – ich konnte auch dieses Buch nicht weglegen. Den geschickt gelegten Spuren bin ich gefolgt, die Autorin hat mich wieder mal ganz schön in die Irre geführt. Ihre Charaktere sind gut ausgearbeitet. Ob gut oder böse oder irgendwas dazwischen – allesamt sind sie glaubhaft. Bis zuletzt war mir nicht klar, wie es denn enden wird, was es mit diesem heimlichen Zimmer auf sich hat. Und ja – die losen Fäden werden letztendlich dann doch verknüpft, die komplexe, äußerst schwierige Ermittlungsarbeit hat ihnen alles abverlangt, die Auflösung hat mich dann fassungslos zurückgelassen.

Der mittlerweile zehnte Laura-Kern-Thriller ist brillant, voller Spannung und überraschenden Wendungen, die Aufklärung hat mich dann nochmal total verblüfft, sie ist so gar nicht vorhersehbar. Die Ermittlung hat mir so etliche Schockmomente beschert, ich hatte bis zuletzt keinen Durchblick. Perfekt!

Bewertung vom 16.07.2025
Teige, Trude

Wir sehen uns wieder am Meer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Berührend

„Ich hatte niemals vor, eine Trilogie zu schreiben“ lässt Trude Teige wissen. Und doch ist es mit diesem hier das dritte Buch, das von wahren Geschehnissen während des Zweiten Weltkrieges erzählt. Schon „Als Großmutter im Regen tanzte“ hat mich tief bewegt und auch den zweiten Roman über ihren Ehemann musste ich danach unbedingt lesen. Ja, „Und Großvater atmete mit den Wellen“ geht unter die Haut, beide Bücher möchte ich nicht missen, genau so ergeht es mir mit diesem letzten Buch „Wir sehen uns wieder am Meer“.

Die meisten Bücher über die schlimmen Schicksale, die der Zweite Weltkrieg verursacht hat, handeln von Männern. Frauen werden leicht vergessen, obwohl ihre Kriegserlebnisse genauso schrecklich sind. Als Trude Teige die Geschichte einer Frau erfährt, die ursprünglich aus Weißrussland stammt und 1943 von den Deutschen nach Norwegen verschleppt wurde, um dort als Zwangsarbeiterin ihr Dasein zu fristen, hat sie das Thema nicht mehr losgelassen.

Juni Bjerke erzählt hier von ihrer Großmutter Tekla, die als „Deutschenmädchen“ verachtet wird. Ihre Freundin Birgit geht als Krankenschwester in den Norden, dort begegnet sie der 16jährigen Nadja, die aus der Ukraine zur Zwangsarbeit in einer Fischfabrik verschleppt wird. Wir gehen zurück ins Jahr 1944, die Deutschen haben Norwegen besetzt.

Birgit will helfen, darum ist sie in diesem Krankenhaus. Bald jedoch gerät sie zwischen die Fronten. Der stramme Nazi Sven Svendsen umwirbt sie, irgendwann dann verfolgt er sie – eine gefährliche Konstellation für Birgit, die in einer Widerstandsgruppe aktiv ist. Dieser Svendsen macht für den Gestapochef Holck die Drecksarbeit, ich bin ganz nah dabei, ich bin entsetzt. Ein mehrstöckiges Haus dient als Hauptquartier und Folterkammer, des Öfteren musste ich ganz tief durchatmen. „Nicht alle Deutschen sind Nazis“ sagt der Lagerarzt. Das glaube ich schon, aber viele, viel zu viele waren es doch. Die einen tragen ihre Gesinnung ganz offen zur Schau, andere eher verkappt und später dann will es keiner gewesen sein.

Mit Nadja wird gnadenlos umgesprungen. Was der Mensch alles aushalten kann, ist unvorstellbar und noch schlimmer ist es, was diese rechte Gesinnung aus Menschen macht. Wie verroht und gefühlskalt muss man sein, dass sichtlich kranke, extrem geschwächte junge Frauen zur Arbeit gepeitscht werden. Nadjas Freundin Daria hält diesem Druck nicht mehr stand und auch viele andere klappen zusammen, fallen, bleiben liegen.

Dieses dritte Buch ist in vier Teile gegliedert, bis Juli 1945 sind wir im Zwangsarbeiterlager, in der Fabrik, bei den Gestapo-Leuten und deren menschenverachtenden Methoden. Wir sind im Krankenhaus, treffen einen Kollaborateur, Birgit dolmetscht dank ihrer Russischkenntnisse. Ab August 1947 erfahren wir, wie es mit den Freundinnen weitergeht. Ich möchte nicht detailliert darauf eingehen, aber einmal in diesen Strudel hineingezogen, ist es schier unmöglich, dem jemals zu entkommen. Oder doch?

Trude Teige ist eine wunderbare Erzählerin, die Geschichten um die drei Frauen sind fiktiv, sie basieren jedoch auf wahren Begebenheiten, sie erzählen von einer Zeit, die nie vergessen werden darf. Ich bin erschüttert, ich bin zutiefst bewegt. Auch dies ist ein Buch, das man lesen sollte.